Wi­sła­wa Szym­bor­ska

Und so denn glit­zert der to­te Kä­fer am Weg, un­be­weint der Son­ne ent­ge­gen. Es ge­nügt, an ihn für die Dau­er ei­nes Blicks zu den­ken: er liegt, als wä­re ihm nichts von Be­deu­tung pas­siert. Be­deu­tung be­trifft an­geb­lich nur uns. Nur un­ser Le­ben, nur un­se­ren Tod, den Tod, der er­zwun­ge­nen Vor­rang ge­nießt. aus: Wi­sła­wa Szym­bor­ska – Von ...

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Weih­nach­ten mit Wolf­diet­rich Schnur­re

      Sum­mend und pfei­fend gin­gen wir los; Va­ter den Spa­ten auf dem Rücken, ich ei­nen Sack un­ter dem Arm. Hin und wie­der hör­te Va­ter auf zu pfei­fen, und wir san­gen zwei­stim­mig »Mor­gen, Kin­der, wird’s was ge­ben« und »Vom Him­mel hoch, da komm’ ich her«. Wie im­mer bei sol­chen Lie­dern, hat­te Va­ter Trä­nen in den Au­gen, und auch mir war schon ganz fei­er­lich zu­mu­te.
      Dann tauch­te vor uns der Fried­richs­hain auf, und wir schwie­gen.
      Die Blau­tan­ne, auf die Va­ter es ab­ge­se­hen hat­te, stand in­mit­ten ei­nes stroh­ge­deck­ten Ro­sen­ron­del­ls. Sie war gut an­dert­halb Me­ter hoch und ein Mu­ster an eben­mä­ßi­gem Wuchs.
      Da der Bo­den dicht un­ter der Ober­flä­che ge­fro­ren war, dau­er­te es auch gar nicht lan­ge, und Va­ter hat­te die Wur­zeln frei­ge­legt. Be­hut­sam kipp­ten wir den Baum dar­auf um, scho­ben ihn mit den Wur­zeln in den Sack, Va­ter hing sei­ne Jop­pe über das En­de, das raus­sah, wir schipp­ten das Loch zu. Stroh wur­de drü­ber­ge­streut. Va­ter lud den Baum auf die Schul­ter, und wir gin­gen nach Hau­se.

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»Frü­her wuss­te der Adel, was an so ei­ner Stel­le zu tun ist ...«

Es wur­de und wird viel ge­schrie­ben und ge­sagt zum Come­back-Ver­such von Karl Theo­dor zu Gut­ten­berg und mit der Zeit (und viel­leicht auch mit der »Zeit«) wer­den die im In­ter­view ge­nann­ten Be­haup­tun­gen suk­zes­si­ve ei­ner Über­prü­fung un­ter­zo­gen wer­den.

Mit ei­ner ha­be ich schon mal be­gon­nen.

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Ob­szö­ne Durch­hal­ter­he­to­rik

In­zwi­schen kommt kaum noch ei­ne Dis­kus­si­on über den Eu­ro und die ent­spre­chen­den (so­ge­nann­ten) Sta­bi­li­sie­rungs­maß­nah­men oh­ne war­nen­de Hin­wei­se aus. Be­reits vor ei­ni­gen Mo­na­ten be­schwor der Vor­sit­zen­de der Eu­ro-Grup­pe Jean-Clau­de Jun­cker (der auch gleich­zei­tig Mi­ni­ster­prä­si­dent ei­ner eu­ro­päi­schen Steu­er­oa­se ist), wenn der Eu­ro schei­te­re, wür­de Eu­ro­pa wie­der dro­hen, in die Bar­ba­rei des Krie­ges zu­rück­zu­fal­len (»Ein Tag Krieg in Eu­ro­pa ist teu­rer als uns die gan­ze Eu­ro-Ret­tungs­ak­ti­on je­mals ko­sten wird«). Als hät­te man bis 2000 im Kriegs­zu­stand mit Frank­reich ge­lebt und ak­tu­ell deut­sche Trup­pen an den dä­ni­schen und schwei­zer (Nicht-EU!) Gren­zen ste­hen wür­den. Die­se Dro­hung wird in un­ter­schied­li­chen Nu­an­cen ar­ti­ku­liert. Wenn der Eu­ro schei­te­re, so die noch harm­lo­se­ste Va­ri­an­te, schei­te­re die eu­ro­päi­sche In­te­gra­ti­on. Darf man dar­an er­in­nern, dass die Grün­der der EWG ei­ne ge­mein­sa­me Wäh­rung gar nicht in­ten­dier­ten?

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Die Pa­nik­ex­per­ten

In den letz­ten Ta­gen konn­te man be­ob­ach­ten, wie Pe­ter Slo­ter­di­jks Dik­tum von der Streß­ge­sell­schaft von den Me­di­en mit Bra­vour um­ge­setzt wur­de.

Die Re­de ist von den ver­meint­li­chen Ein­brü­chen auf den in­ter­na­tio­na­len Ak­ti­en­märk­ten. Tat­säch­lich schei­nen die­se auf den er­sten Blick dra­ma­tisch; Rück­gän­ge der In­di­zes von 5–7% an ei­ni­gen Bör­sen an ei­nem Tag sind si­cher­lich un­ge­wöhn­lich. Aber das reicht nicht. Sie wer­den als hal­be Apo­ka­lyp­se ge­schil­dert. Ver­brau­cher­ma­ga­zi­ne ge­ben rüh­ren­de Rat­schlä­ge, die mit dem Be­griff »Ru­he be­wah­ren« zu­sam­men­ge­fasst wer­den kön­nen.

Ein Rat­schlag, der mit dem Hype, der da un­ab­läs­sig er­zeugt wird, schwer in Ein­klang zu brin­gen ist. Da ist von Mil­li­ar­den Eu­ro die Re­de, die »ver­nich­tet« wor­den sind – ein ha­ne­bü­chen­der Un­sinn, weil die mei­sten An­le­ger ih­re Ak­ti­en ge­hal­ten ha­ben (s. u.). Da wird sich schnell an den höch­sten Ak­ti­en­kurs ori­en­tiert und ein ima­gi­nä­rer Ver­lust aus­ge­rech­net.

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Pro­zent­rech­nung

Pro­zess­ko­sten bei Zi­vil­ver­fah­ren sind nach ei­nem neu­en Ur­teil des Bun­des­fi­nanz­ho­fes jetzt steu­er­lich ab­setz­bar. Die »ta­ges­schau« be­rich­te­te in ih­rer 20-Uhr-Aus­­­ga­­be dar­über und woll­te zei­gen, wie die Er­stat­tung, die nach dem Ein­kom­men ge­staf­felt ist, aus­se­hen könn­te. Man nahm ei­nen un­ver­hei­ra­te­ten Ar­beit­neh­mer mit ei­nem Jah­res­ein­kom­men von 70.000 Eu­ro an. Das Ur­teil sieht wohl in die­sem Fall ei­ne Selbst­be­tei­li­gung ...

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Ich be­ken­ne, al­so bin ich

Vor­erst ist die La­wi­ne »Atom­kraft – nein dan­ke!« zum Still­stand ge­kom­men. Die Face­book-Pro­fil­bild­chen wer­den wie­der ge­än­dert. Als näch­ste Be­kennt­nis­se wer­den fa­vo­ri­siert: »S21 oben blei­ben« – ein Re­vi­val – (ins­be­son­de­re nach Be­kannt­ga­be even­tu­ell prag­ma­ti­scher Ko­ali­ti­ons­ver­hand­lungs­er­geb­nis­se in Ba­den-Würt­tem­berg) oder »Frei­heit für Ai Wei­Wei«. Scha­de, dass sich »Free Li­bya« nicht so rich­tig durch­ge­setzt hat, aber den Atom­kraft­geg­nern war das Hemd nä­her als der Rock.

So rich­tig voll­wer­ti­ges Mit­glied in den »so­zia­len Netz­wer­ken« ist man ja nur mit ent­spre­chen­dem Be­kennt­nis. Und das soll schon am Pro­fil­bild er­kenn­bar sein. Ich be­ken­ne, al­so bin ich. Schon op­tisch wird deut­lich: Dis­kus­si­on sinn­los. Hier hört der Spaß auf. Wie hal­te ich mir si­cher an­ders­lau­ten­de Ur­tei­le vom Hals? Ich be­ken­ne mich bei Face­book. Da spielt dann auf ein­mal die an­de­re Iko­ne – der Da­ten­schutz – kei­ne Rol­le mehr.

Nie war es so ein­fach im woh­li­gen Mief der glei­chen Mei­nung un­ter sich zu blei­ben – und sich da­bei gut zu füh­len. Der Preis auf die­sem Sub­prime-Markt der po­li­ti­schen Ge­sin­nungs­pro­sti­tu­ti­on ist klein. Das Ver­spre­chen auf An­er­ken­nung ist groß; das Ri­si­ko ge­ring. Wenn man sich jetzt nicht en­ga­giert, wann dann?

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