Sehn­sucht nach dem gu­ten Kö­nig

Wie­der ein­mal wird ge­fragt: »Wo blei­ben die In­tel­lek­tu­el­len?« Nein, nicht in der 3sat-Sen­dung »Kul­tur­zeit« (die hat Som­mer­pau­se), die sich im­mer wie­der dar­um sorgt, dass die so­ge­nann­ten In­tel­lek­tu­el­len sich zu al­len mög­li­chen The­men der Po­li­tik zu Wort mel­den. Dies­mal ist es ein Ar­ti­kel der NZZ, in dem der Ger­ma­nist und Pu­bli­zist Pe­ter von Matt die­se Fra­ge ge­stellt wird.

»Der In­tel­lek­tu­el­le müs­se über­ra­schen und die ‘Rou­ti­nen des Schrei­bens und Le­sens bre­chen’, sagt von Matt.« Das ist rück­halt­los zu un­ter­schrei­ben. Aber was pas­siert ei­gent­lich, wenn ge­nau das ge­schieht? Klop­fen dann nicht die glei­chen, die das En­ga­ge­ment des In­tel­lek­tu­el­len mit Ver­ve ge­for­dert ha­ben, die ent­spre­chen­den Äu­ße­run­gen auf ih­re ei­ge­ne Mei­nung ab? Und was pas­siert, wenn dies dann nicht mit dem längst vor­ge­bil­de­ten Ur­teil der Re­dak­ti­on, der Par­tei, der NGO über­ein­stimmt? Min­de­stens winkt dann das Eti­kett »um­strit­ten«, wenn nicht gar noch Schlim­me­res: Der Aus­stoß aus dem mehr oder we­ni­ger ex­klu­si­ven Club der gut­mei­nen­den Welt­erklä­rer.

Wei­ter­le­sen ...

Ei­ne Sa­che der Prio­ri­tä­ten

Frank Schirr­ma­cher sah sich ge­nö­tigt, ei­ni­ge kla­re Wor­te zum Suhr­kamp-Streit (ist es schon ein Dra­ma?) zu sa­gen. Dem wä­re ei­gent­lich nichts hin­zu­zu­fü­gen. Aber wie so oft, wenn auf FAZ oder in ir­gend ei­nem an­de­ren so­ge­nann­ten Le­ser­fo­rum dann die Kom­men­ta­re her­ein­pur­zeln, sind die­se noch von ei­ner ganz an­de­ren »Qua­li­tät«.

Dem ho­hen Ton des dro­hen­den Un­ter­gangs vom ein oder an­de­ren Au­tor oder Weg­ge­fähr­ten wird das Schul­ter­zucken ent­ge­gen ge­setzt. Was soll das denn? Suhr­kamp sei doch nur ein Ver­lag. Die so­ge­nann­te Suhr­kamp-Kul­tur (in der Tat ei­ne schreck­li­che For­mu­lie­rung) ist für die mei­sten Kom­men­ta­to­ren eli­tär, gest­rig, zu ver­nach­läs­si­gen, ha­be sich über­holt. Ih­re Prot­ago­ni­sten sei­en alt, ver­bie­stert und – na­tür­lich – In­tel­lek­tu­el­le, die nicht mit Geld um­ge­hen kön­nen. (Wie blöd­sin­nig die­ses Vor­ur­teil ist zeigt sich, wenn man die Brief­wech­sel Un­seld mit Bern­hard und Hand­ke liest.) Man gönnt ih­nen teil­wei­se auch den Ab­sturz.

Wei­ter­le­sen ...

Herbst­laub

Als ich Pe­ter Hand­ke im Ok­to­ber bei Pa­ris be­such­te, kehr­te er ge­ra­de vor dem Haus das Laub und schien mich erst gar nicht zu be­mer­ken, wie ich den klei­nen baum­ge­säum­ten Pfad auf das Tor zu­ging. Ein wun­der­ba­res Bild, die­ser fast Sieb­zig­jäh­ri­ge, wie er da­steht mit hoch­ge­krem­pel­ten Är­meln, in fei­ner, aber ab­ge­tra­ge­ner An­zug­ho­se und bar­fuß im ...

Wei­ter­le­sen ...

Jen­seits der Öko­no­mie

Die Re­ak­tio­nen schwan­ken zwi­schen Un­ver­ständ­nis, Hä­me und ei­nem wei­he­vol­lem »Seht-wie-wich­tig-das-doch-al­les ist«: Die Eu­ro­päi­sche Uni­on hat den Frie­dens­no­bel­preis 2012 be­kom­men. Am Ran­de in­ter­es­sant ist da­bei, dass das Ko­mi­tee in den letz­ten Jah­ren im­mer, wenn ei­ne Or­ga­ni­sa­ti­on aus­ge­zeich­net wur­de auch ei­ne Per­son, die un­trenn­bar mit die­ser Or­ga­ni­sa­ti­on in Ver­bin­dung stand, aus­zeich­ne­te. Bei den Ver­ein­ten Na­tio­nen 2001 war das Ko­fi An­nan, bei der In­ter­na­tio­na­len Atom­ener­gie­be­hör­de 2005 Mo­ham­med al Bara­dei und 2006 wur­de der Preis so­wohl Mu­ham­mad Yu­nus als auch der Gra­meen-Bank zu­ge­spro­chen. Bei der heu­ti­gen Aus­zeich­nung blieb es bei der In­sti­tu­ti­on. Wen hät­te man auch als Per­son, als Iden­ti­fi­ka­ti­ons­fi­gur aus­zeich­nen kön­nen? Herrn Bar­ro­so? Herrn Van Rom­puy? Auf ei­ne fast ko­mi­sche Wei­se zeigt sich wie­der ein­mal, dass Eu­ro­pa kei­ne Te­le­fon­num­mer hat, die man an­ru­fen kann, wie dies schon vor lan­ger Zeit Hen­ry Kis­sin­ger (üb­ri­gens auch ein Frie­dens­no­bel­preis­trä­ger) be­klag­te.

Wei­ter­le­sen ...

Re­zen­sie­ren nach Ge­ruch

Selbst un­ter Re­zen­sen­ten der Zei­tun­gen ist es üb­lich, dass ein Buch an­ge­le­sen, dann durch­ge­blät­tert wird und dann nach Ge­ruch re­zen­siert wird. Ba­zon Brock in ei­nem Vor­trag1. (Klei­ne Er­gän­zung hier­zu.) tran­skri­biert; Link zum Vor­trag lei­der de­ak­ti­viert ↩

Ab­leh­nung aus dem Jen­seits?

Ja, man ist ge­blen­det vom »Flir­ren der Vi­tri­nen«, wenn man im Mu­se­um der Mo­der­ne beim Deut­schen Li­te­ra­tur­ar­chiv in Mar­bach den Raum der Dau­er­aus­stel­lung be­tritt. Ich hat­te mich bis zum Schluß nicht an die­ses Licht­ge­wit­ter ge­wöhnt und konn­te mich auf die schier zahl­lo­sen Re­li­qui­en Aus­stel­lungs­stücke, die die deutsch­spra­chi­gen Dich­ter der Neu­zeit vor- oder hin­ter­las­sen ha­ben, kaum kon­zen­trie­ren. So hat­te ich auch die­ses Stück zu­nächst nicht be­ach­tet:

Wei­ter­le­sen ...