»...nur noch ge­dul­det« – Der ‘bö­se’ Franz Xa­ver Kroetz

In der Sen­dung „Druck­frisch“ am ver­gan­ge­nen Sonn­tag in der ARD führ­te Den­nis Scheck ein In­ter­view mit Franz Xa­ver Kroetz an­läss­lich sei­nes neu­en Bu­ches „Blut und Bier“.

Vom üb­li­chen Ge­plau­der ent­wickel­te es sich rasch – wie bei Kroetz nicht an­ders zu er­war­ten – zu ei­nem sehr poin­tier­ten »Ge­schimp­fe«.

An­fangs noch Sei­ten­hie­be auf Kol­le­gen, die nicht wie er beim Schrei­ben „lei­det“:

    Ich ver­ach­te je­den, der beim Schreiben.....ein dum­mer Schau­spie­ler, der an sei­ner Au­to­bio­gra­phie ar­bei­tet oder ein son­sti­ges Arschloch...Es gibt kein Schrei­ben aus dem Glück.

Da­nach ist Kroetz nicht mehr zu hal­ten in sei­nem Hei­li­gen Zorn. Rück­blickend auf die Ver­gan­gen­heit, als auch mal grö­sse­re Tei­le des Pu­bli­kums wäh­rend der Vor­stel­lung sei­ner Stücke das Thea­ter ver­lie­ssen, kon­sta­tiert Kroetz trot­zig:

    Von mir aus hät­ten sie al­le raus­ge­hen kön­nen. ... Sub­ven­tio­nen ha­ben wir, da­mit wir leer sein kön­nen. Wir ma­chen Kunst. Wir ma­chen nicht Un­ter­hal­tung. Die­ses ist mir voll­kom­men ab­han­den gekommen...Alle lau­fen wir mit in die­sem Wind­ka­nal in Rich­tung Quo­te. Der Ap­plaus ist wich­tig ge­wor­den, frü­her war mal scheiß­egal.

»War­um lau­fen wir al­le mit Rich­tung Quo­te?«

    Ich glau­be ein­mal, wir ha­ben ein­fach Angst, dass die Ge­sell­schaft merkt, wie un­nö­tig wir in­zwi­schen ge­wor­den sind. Das Thea­ter wird nicht mehr ge­liebt, nicht mehr ge­braucht, es wird nur noch ge­dul­det...

    Heu­te ver­su­chen wir der Ge­sell­schaft – das sind die Stadt­vä­ter, das sind die Käm­me­rer und die Kul­tur­mi­ni­ster – wir ver­su­chen viel mehr, Ih­nen in den Arsch zu krie­chen, wer­den aber da­mit viel un­wich­ti­ger, weil wir ih­nen in den Arsch krie­chen und das Er­geb­nis ist, das was un­wich­tig ist, kann man viel leich­ter zu­sper­ren, als das was sper­rig ist, was wich­tig ist, was po­li­tisch ist, was aneckt...Diese Art von Af­ter­äs­the­tik, die kann mich am Arsch lecken. Wenn das Thea­ter so ist, dann ist es nichts wert...Das Thea­ter muss...irgendetwas sein, was man nicht mit an­de­ren Me­di­en auch sa­gen kann.

Auch das Fern­se­hen fin­det bei ihm kei­ne Gna­de:

    Die Me­di­en lie­ben mich ja schon lan­ge nicht mehr. In den Me­di­en hab’ ich schon lang nichts mehr ver­lo­ren. Es gab mal ei­ne Zeit, da wur­den Stücke von mir um 20.15 Uhr in der ARD ge­sen­det, heute...3sat um 2 Uhr früh! Die Me­di­en ha­ben sich in ei­ne Nut­to­lo­gie ver­wan­delt.

    Die Fern­seh­ent­wick­lung, die wir im Mo­ment ha­ben, hat dem Volk das gei­stig-mo­ra­li­sche Rück­grat ge­bro­chen und es ist ja auch ei­ne Frech­heit, sie kön­nen doch heu­te die­sen Äther voll­sauen mit je­dem Scheiß­dreck. Ja, ge­gen Volks­ver­het­zung gibt’s ei­nen Pa­ra­gra­phen, aber ge­gen Volks­ver­dum­mung... Wenn ich je­den Abend das Volk mit ei­nem Scheiß­dreck über­gie­sse, was bis in die Frech­heit, in die Ge­mein­heit hin­ein­geht – ich se­he viel – ...die­se Leu­te ge­hö­ren ja ins Ge­fäng­nis. Wenn es ei­nen Pa­ra­gra­phen der Volks­ver­blö­dung gä­be, wür­den ja die mei­sten Funk­häu­ser leer sein, weil die Leu­te ja sit­zen wür­den, und zwar mit Recht.

Sei­ne Wort­wahl mag ab­schrecken (er hat sich al­so nicht ge­än­dert), aber er liegt in vie­lem (lei­der) gold­rich­tig.

Die­se Er­kennt­nis­se mö­gen ihn da­vor be­wah­ren, nach über 20 Jah­ren ei­ne Fort­set­zung der Fern­seh­se­rie »Kir Roy­al« zu dre­hen.

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