Das »Schwarz­buch WWF« – und zwei Dé­jà-vu-Er­leb­nis­se

Wilfried Huismann: Schwarzbuch WWF

Wil­fried Hu­is­mann: Schwarz­buch WWF

Schwarz­bü­cher ha­ben ih­re ei­ge­ne Dy­na­mik; ihr Ti­tel ist Pro­gramm. Sie sind von vorn­her­ein par­tei­isch, blen­den Ent­la­sten­des in ih­ren Be­trach­tun­gen non­chalant aus, in­ter­pre­tie­ren Fak­ten, zie­hen groß­zügige Schlüs­se und po­le­mi­sie­ren da­bei wie ent­täuschte Lieb­ha­ber ge­gen Per­so­nen und In­sti­tu­tio­nen. Da­bei neh­men sie durch­aus recht­li­che Ausein­andersetzungen in Kauf und stei­gern da­mit ih­ren Be­kannt­heits­grad. (Das Schwarz­buch ge­gen ei­ne gan­ze Ideo­lo­gie – den Kom­mu­nis­mus – brauch­te zum Er­schei­nungs­zeit­punkt kei­ner­lei Rechts­streit zu be­fürch­ten; nie­mand moch­te sich hier zum An­walt ma­chen.) Neu­es er­fährt man aus ih­nen sel­ten; zu­meist wird nur das Be­kann­te auf poin­tier­te Art und Wei­se ge­bün­delt. Schwarz­bü­cher ver­stär­ken Af­fek­te. Da­bei ren­nen sie oft ge­nug be­reits halb­of­fe­ne Tü­ren ein. Das Ziel ist we­ni­ger Be­keh­rung als Mu­ni­tio­nie­rung. In Zei­ten des In­ter­net er­schei­nen sie ei­gent­lich über­holt. Mit we­nig Auf­wand kann man heu­te ent­spre­chen­de Web­sei­ten be­trei­ben und lau­fend ak­tua­li­sie­ren.

Den­noch: Was zwi­schen zwei Deckeln steht, ge­nießt ei­nen hö­he­ren Ruf als ei­ne im­mer noch als eher »schnö­de« ein­ge­schätz­te In­ter­net­prä­senz. Wil­fried Hu­is­mann ist noch ei­nen an­de­ren Weg ge­gan­gen: zu­nächst war da ein Film, »Der Pakt mit dem Pan­da«, der die Prak­ti­ken des all­seits be­kann­ten und be­lieb­ten WWF (»World Wi­de Fund For Na­tu­re«) kri­tisch be­frag­te. Im Som­mer 2011 erst­mals aus­ge­strahlt er­zeug­te er be­trächt­li­ches Auf­se­hen (ei­ne Ver­lin­kung auf den Film un­ter­las­se ich; je­der mö­ge ent­spre­chen­de Such­ma­schi­nen kon­sul­tie­ren). Die Wie­der­ho­lun­gen ei­ni­ge Mo­na­te spä­ter in Drit­ten Pro­gram­men der ARD sorg­ten für zu­sätz­li­che Fu­ro­re. Der WWF re­agier­te mit ei­nem »Fak­ten­check« (s. auch hier, hier und hier), um dem Au­tor Feh­ler nach­zu­wei­sen. Hu­is­mann ant­wor­te­te im Ja­nu­ar 2012 auf die bis da­hin ge­äu­ßer­ten Vor­wür­fe auf sei­ner Web­sei­te. Zum Film er­wirk­te der WWF meh­re­re Einst­wei­li­ge Ver­fü­gun­gen (hier Nr. 1, hier Nr. 2 und hier Nr. 3).

Das Buch zum Film

Über­ra­schend, dass der Au­tor nun ein »Schwarz­buch WWF« nach­legt. Es ist nicht im­mer iden­tisch mit dem Film, lehnt sich je­doch eng dar­an an. Ei­ni­ge der im Film ge­nann­ten und mo­nier­ten Pas­sa­gen fin­den sich auch hier; zum Teil nur ge­ring­fü­gig ab­ge­wan­delt. So et­wa die Aus­sa­ge ei­nes Na­tur­schutz­ak­ti­vi­sten in In­do­ne­si­en, dass auf ei­ner 15.000 ha Plan­ta­ge nur ein Wald von 80 ha als Na­tur­re­ser­vat ge­blie­ben sei. Laut Nr. 1 und Nr. 3 darf dies nicht mehr be­haup­tet wer­den, weil es nicht stim­me. Die Aus­sa­ge, der WWF ko­ope­rie­re mit dem Soja­produzenten »Wil­mar In­ter­na­tio­nal« – per Nr. 3 un­ter­sagt – wur­de nur leicht ver­än­dert (S. 130: Nie­mand ver­nich­tet in Asi­en mehr Re­gen­wald als Wil­mar; trotz­dem pflegt der WWF mit die­sem Kon­zern ei­ne Ko­ope­ra­ti­on.) Auf sei­ner Web­sei­te schreibt Hu­is­mann jetzt: »Mit Wil­mar und den an­de­ren gro­ßen Palm­öl­pro­du­zen­ten ar­bei­tet der WWF […] im Round­ta­ble on Su­s­tainable Palm Oil (RSPO) zu­sam­men.«

Im Schluss­ka­pi­tel des Bu­ches über den be­droh­ten Le­bens­raum des Ka­nu­me-Stam­mes in Pa­pua ist die im Film ver­wand­te For­mu­lie­rung »Die Ur­ein­woh­ner des Lan­des wis­sen noch nicht, dass ih­re Zeit ab­ge­lau­fen ist« (Nr. 3, Punkt g) in Er [Häupt­ling Ka­si­mi­rus Sang­ga­ra] kann nicht glau­ben, dass sei­ne Zeit ab­ge­lau­fen ist ab­ge­än­dert (S. 243). Und statt im Film »Im Stam­mes­ge­biet der Ka­nu­me sol­len ei­ne Mil­li­on Hekt­ar Öl­pal­men hin­kom­men« heißt es im Buch: Hier sol­len ei­ne Mil­li­on Hekt­ar mit Öl­pal­men voll­ge­pflanzt wer­den (S. 240).

Fol­ge­rich­tig gab es auch ge­gen das »Schwarz­buch« ge­richt­li­che Ak­ti­vi­tä­ten des WWF. Man er­reich­te aber nur ei­nen Teil­erfolg; die ak­tu­el­le Auf­la­ge kann im Han­del ver­blei­ben. Nach­besserungen ha­ben erst in der näch­sten Auf­la­ge zu er­fol­gen (un­ter an­de­rem die oben ge­nannten Stel­len); zum Teil ver­gleich­ten sich Au­tor, Ver­lag und der WWF. Er­staun­lich in die­sem Zu­sam­men­hang, dass gro­ße Buch­han­dels­ket­ten in vor­aus­ei­len­dem Ge­hor­sam das Buch aus dem Sor­ti­ment nah­men. Zwar war es aus­drück­lich nicht der ge­sam­te Buch­han­del (wie die FAS sug­ge­rier­te), aber wenn »Gi­gan­ten« wie Ama­zon, Li­bri oder auch Tha­lia das Buch nur aus ei­nem blo­ßem Ver­dacht her­aus nicht mehr an­bie­ten, ist dies ein beun­ruhigendes Zei­chen. An­de­rer­seits ver­schafft der WWF ge­ra­de durch sei­ne gericht­lichen Kla­gen dem Buch die Pu­bli­ci­ty, die er ei­gent­lich ver­mei­den möch­te.

Die 10%-Regel

Ko­ope­riert der WWF nun mit Monsan­to? Ab wann ist et­was ei­ne »Ko­ope­ra­ti­on«, wann »Zu­sam­men­ar­beit« und wor­in be­steht der Un­ter­schied zum »Dia­log«? Wel­che Rol­le nimmt der WWF im Ver­hält­nis zu den Pro­du­zen­ten im »Run­den Tisch«, dem »RSPO« wirk­lich ein? (»Ox­fam« und »Con­ser­va­ti­on In­ter­na­tio­nal« ha­ben auch Mit­glie­der im »Exe­cu­ti­ve Board«.) Ver­kauft der WWF sei­ne See­le, wenn er im Rah­men des Schlag­wor­tes ei­ner »Green Eco­no­my« Zer­ti­fi­ka­te für »nach­hal­ti­gen« An­bau an Kon­zer­nen ver­gibt, die An­bau­flä­chen vor­her ge­ro­det hat­ten? (Ab­ge­se­hen da­von wä­re es in­ter­es­sant, die Fra­ge nach der »See­le« sel­ber zu stel­len.) Kann man An­bau aus gen-ver­än­der­tem Saat­gut oder ei­ne Lachs­zucht mit enor­men An­ti­bio­ti­ka-Men­gen im Fut­ter als »nach­hal­tig« be­zeich­nen? Wie ver­hält es sich mit Ja­son Clay, WWF-Vi­ze­prä­si­dent, und sei­nem un­be­ding­ten Plä­doy­er für die Gen­tech­nik (sie­he hier und hier; An­mer­kun­gen 52 + 54, S. 247), um die Er­näh­rung der Welt­be­völ­ke­rung in der Zu­kunft zu si­chern? Spricht er als Funk­tio­när für den WWF (er wird auf der Web­sei­te als »Se­ni­or Vice Pre­si­dent Mar­ket Trans­for­ma­ti­on« auf­ge­führt) oder ver­tritt er, wie die Or­ga­ni­sa­ti­on glau­ben ma­chen möch­te, nur ei­ne Min­der­hei­ten­mei­nung? Man wird doch wohl noch fra­gen dür­fen.

Laut Stu­di­en (auch des WWF) sind heu­te noch 30% der Erd­ober­flä­che mehr oder we­ni­ger un­be­rühr­te Na­tur­räu­me, in de­nen vor al­lem in­di­ge­ne Völ­ker le­ben. Hu­is­mann schreibt in sei­nem Buch, dass, um ei­nen Teil die­ser Bio­to­pe zu er­hal­ten, der WWF be­reit sei, ei­nen weit­rei­chen­den Kom­pro­miss ein­zu­ge­hen. Man op­fe­re gro­ße Wald­flä­chen …, so­lan­ge ein Rest von et­wa 10 Pro­zent der Er­ober­flä­che als ge­schütz­te Na­tur­räu­me er­hal­ten blei­ben – in Form von Na­tio­nal­parks. Die­se 10%-Regel – sehr at­trak­tiv für mul­ti­na­tio­na­le Kon­zer­ne – ha­be der WWF von der Welt­bank über­nom­men, so Hu­is­mann, der dies mit ei­nem Schrei­ben von 1997 nach­wei­sen will (S. 233). Ge­ra­de hier hät­te ich ei­ne et­was ge­naue­re De­fi­ni­ti­on der Be­grif­fe »Erd­ober­flä­che« und »un­be­rühr­te Na­tur­räu­me« ge­le­sen: Tat­säch­lich kön­nen ja auch Was­ser­flä­chen »un­be­rührt« sein (dort leb­ten dann al­ler­dings kaum die an­ge­spro­che­nen in­di­ge­nen Ein­woh­ner). Den­noch: Auf den »Faktencheck«-Seiten des WWF ha­be ich zu die­ser bri­san­ten Ent­hül­lung kei­ner­lei Hin­wei­se ge­fun­den.

Hu­is­mann kon­ze­diert: Der WWF tut bei­des: Er schützt Wäl­der und hilft gleich­zei­tig den Kon­zer­nen, sich Land un­ter den Na­gel zu rei­ßen, das ih­nen vor­her nicht ge­hört hat und auf dem Men­schen le­ben und ar­bei­ten. Die­se Men­schen, die ih­ren Le­bens­raum nie­mals zer­stö­ren wür­den und in Har­mo­nie mit der Na­tur le­ben (bit­te jetzt nicht die Kitsch­bil­der des »gu­ten Wil­den« aus der Mot­ten­ki­ste ho­len), »stö­ren«, wer­den um­ge­sie­delt und oft­mals – über­spitzt for­mu­liert – teil-ver­sklavt. Sie dür­fen ihr ehe­ma­li­ges Land fast nur noch als Ar­bei­ter auf der ent­ste­hen­den Plan­ta­ge oder zu we­ni­gen fest­ge­setz­ten Zei­ten be­tre­ten. Al­lein in Afri­ka sind 14 Mil­lio­nen Men­schen ge­gen ih­ren Wil­len um­ge­sie­delt wor­den. Dies hat bei­lei­be nicht al­lei­ne der WWF zu ver­ant­wor­ten, aber er hängt eben auch ei­nem »eli­tä­ren Na­tur­schutz­mo­dell« (ei­ne For­mu­lie­rung des in­di­schen Na­tur­schüt­zers Ullash Ku­mar) an.

Es ge­hört zu den in­ter­es­san­te­sten Ka­pi­teln im Buch, wie Hu­is­mann die me­dia­len Kam­pa­gnen der 1960er Jah­re in Be­zug auf die Se­ren­ge­ti und die ost­afri­ka­ni­schen Na­tio­nal­parks auf­greift. Ei­ner der fe­der­füh­ren­den Prot­ago­ni­sten in Deutsch­land war der Frank­fur­ter Zoo­di­rek­tor und Fern­seh­fil­mer Bern­hard Grzimek. Mit sug­ge­sti­ven Mit­teln wur­de dem eu­ro­päi­schen Wohl­stands­bür­ger er­klärt, dass es von Men­schen un­be­rühr­ter Re­ser­va­te be­darf, um die Wild­tie­re zu schüt­zen. »Se­ren­ge­ti darf nicht ster­ben« hieß die Kam­pa­gne nebst Film, die das Bild von der Na­tur als menschenfreie[m] Ort trans­por­tier­te – und bis heu­te fort­schreibt. In Ost­afri­ka wur­den bei­spiels­wei­se die Mas­sai häu­fig ge­gen ih­ren Wil­len und mit Trink­gel­dern ab­ge­speist ver­trie­ben. Und dies nur, da­mit dort ein Na­tio­nal­parkt­ou­ris­mus in fast neo­ko­lo­nia­lem Stil eta­bliert wer­den konn­te.

Wäh­rend der WWF sug­ge­riert, dass die Ele­fan­ten­po­pu­la­ti­on be­droht sei, sieht die Wirk­lich­keit in ei­ni­gen Re­gio­nen an­ders aus. Da­nach gibt es näm­lich nicht zu we­ni­ge und da­her schüt­zens­wer­te Ele­fan­ten, son­dern zu vie­le. (S. 121) Die­ser Ent­wick­lung wird längst in der Er­gän­zung zum Sa­fa­ri- und Na­tio­nal­parkt­ou­ris­mus im Rah­men ei­nes Jagd­tou­ris­mus Rech­nung ge­tra­gen. Der wei­ße Jä­ger kehrt zu­rück. Und so kön­nen gut be­tuch­te Da­men und Her­ren (die Gleich­be­rech­ti­gung for­dert wo­mög­lich auch hier ih­ren Tri­but) in ost- und süd­afri­ka­ni­schen Na­tio­nal­parks bei­spiels­wei­se für 30.000 US-Dol­lar ei­nen Ele­fan­ten er­schie­ßen (aber auch an­de­re Wild­tie­re ste­hen auf Wunsch zum Ab­schuss be­reit). Die Tro­phä­en­bil­der von Kö­ni­gen mit to­ten Tie­ren ken­nen ja in­zwi­schen so­gar Leser/innen aus Yel­low-Press-Ma­ga­zi­nen.

Ulli Pfau/Horst Stern: Das Horst Stern Lesebuch

Ul­li Pfau/Horst Stern: Das Horst Stern Le­se­buch

Vet­tern­wirt­schaft­lich

Bei die­ser Form der Tro­phä­en­jagd den­ke ich so­fort an den wohl wich­tig­sten deut­schen Wis­sen­schafts- und Natur­journalisten des 20. Jahr­hun­derts, Horst Stern. Im­mer noch un­ver­ges­sen, wie die ARD am Hei­li­gen Abend 1971 um 20.15 Uhr sei­ne Sen­dung »Sterns Stun­de – Be­mer­kun­gen über den Rot­hirsch« aus­strahl­te. Stern räum­te in sei­ner un­nach­ahm­li­chen Art gleich mit meh­re­ren lieb­ge­wor­de­nen Vor­ur­tei­len auf. Es gab (und gibt im­mer noch) zu viel Rot­wild in deut­schen Wäl­dern, wel­ches pa­ra­do­xer­wei­se im Win­ter so­gar noch ge­füt­tert wird. Die­ses Wild ver­beißt jun­ge Bäu­me; die ent­spre­chen­de Pfle­ge, da­mit die saf­ti­gen Rin­den nicht ab­ge­schält wer­den, ko­stet viel Geld. Da die na­tür­li­chen Fein­de (Bär, Luchs, vor al­lem aber der Wolf) aus den deut­schen Wäl­dern ver­trieben und/oder aus­ge­rot­tet wa­ren, be­darf es der kon­se­quen­ten Jagd. Dies pas­siert je­doch viel zu sel­ten. Und wenn dann ge­jagt wird, ge­schieht es mit ei­nem Brim­bo­ri­um, das Stern un­nach­ahm­lich poin­tiert wie folgt be­schrieb:

»Je­des Jahr ein­mal tref­fen sich die Jä­ger ei­nes aus vie­len Klein­re­vie­ren be­stehen­den Rot­wildrings und hal­ten Ern­te­dank­fest. Sie nen­nen es Tro­phä­en­schau. Jagd­bio­lo­gisch und als ge­ne­ti­sche Wild­be­stands­auf­nah­me sind die­se Kno­chen­schau­en ganz zwei­fel­los wich­tig. In der Stim­mung sind sie ei­ne Mi­schung aus Kirch­weih und Hei­li­gen­ver­eh­rung. Der hier­ar­chi­sche Pri­vi­le­gi­en­cha­rak­ter der Rot­wild­jagd wird deut­lich. […] Die nicht ge­ring­ste wirt­schaft­li­che Be­deu­tung der Rot­wild­jagd ist die vet­tern­wirt­schaft­li­che. Die gro­ßen Tie­re drücken die klei­nen im Kampf um Beu­te und Tro­phäe and die Wand.«

Welch’ ver­blüf­fen­de Par­al­le­le. Nur, dass es in Hu­is­manns Buch nicht um den deut­schen Wald geht. Son­dern um afri­ka­ni­sche Na­tio­nal­parks.

Hu­is­mann be­rich­tet von der Grün­dung des WWF, ei­ner Pro­test­be­we­gung von oben. Es han­del­te sich von An­fang an um ein so­ge­nann­tes Eli­ten­pro­jekt. Aus­gie­big ar­bei­tet er sich an Prinz Bern­hard der Nie­der­lan­de, der den WWF von 1962 bis 1976 führ­te und sei­ne Ver­strickun­gen wäh­rend des Na­tio­nal­so­zia­lis­mus, ab. Die ver­hält­nis­mä­ßig ho­he An­zahl süd­afri­ka­ni­scher Mit­glie­der in den 1970er/1980er Jah­ren im ge­heim­bün­di­schen »Club der 1001« soll ein ge­wis­ses ideo­lo­gi­sches Kon­ti­nu­um sug­ge­rie­ren. Es fand sich so­gar, so Huis­mann, mit Sheik Sa­lim Bin La­din der al­te­re Bru­der Osa­ma Bin La­dins auf der Clubmit­gliederliste. Als gä­be es den äl­te­ren Bru­der. Über­flüs­sig auch sei­ne Po­le­mik von der Al­li­anz aus Geld- und Bluta­del, die sich hier zei­gen soll. 1981 über­nahm dann Prinz Phil­ip, Du­ke of Edin­burgh, die Spit­ze. De­ko­ra­tiv stellt Hu­is­mann ei­nen blö­den Aus­spruch von ihm als Mot­to vor­ab (»Im Fal­le mei­ner Re­inkar­na­ti­on wür­de ich ger­ne als töd­li­ches Vi­rus zu­rück­keh­ren, um et­was zur Lö­sung des Pro­blems der Über­be­völ­ke­rung bei­zu­tra­gen«). Wenn Ver­ach­tung Em­pö­rung er­zeu­gen soll, wird sie fast im­mer schwach. Das zeigt sich in die­sem Ka­pi­tel deut­lich.

Le­gi­ti­ma­ti­on von NGOs

Spöt­tisch schreibt Hu­is­mann an ei­ner Stel­le, dass es beim WWF so et­was Alt­mo­di­sches wie Wah­len nicht ge­be. Das mag sein, ist aber als Ar­gu­men­ta­ti­on un­brauch­bar, da fast al­le NGOs nur äu­ßerst li­mi­tiert als de­mo­kra­ti­sche In­sti­tu­tio­nen agie­ren. Hu­is­mann führt die­ses Di­lem­ma lei­der nicht wei­ter aus; es dient ihm le­dig­lich als rhe­to­ri­sche Vol­te. In­ter­es­sant wä­re es ja, ge­ne­rell so­wohl die in­ner­or­ga­ni­sa­to­ri­schen Struk­tu­ren als auch die ge­sell­schaft­li­che und me­dia­le Be­deu­tung von WWF, Green­peace, BUND oder auch an­de­ren, nicht dem Na­tur- und Um­welt­schutz ver­pflich­te­ten NGOs, zu be­fra­gen. War­um wer­den Stu­di­en, Gut­ach­ten und Pres­se­er­klä­run­gen von be­stimm­ten Nichtregierungs­organisationen per se mit ei­nem ho­hen Wahr­heits­ge­halt und da­mit auch Aufmerksam­keitspegel ver­se­hen? War­um sind Me­di­en be­reit, be­stimm­ten zivilge­sellschaftlichen, pri­va­ten Ak­teu­ren ei­nen ho­hen Sta­tus im Dis­kurs zu­zu­er­ken­nen – an­de­ren je­doch eher nicht? Ent­schei­det hier die Grö­ße? Die Pro­mi­nenz und/oder die Ver­net­zung der Re­prä­sen­tan­ten der Or­ga­ni­sa­tio­nen? Ge­ra­de in ei­nem Buch über den WWF, der ja aus­drück­lich kei­ne »Gras­wur­zel­be­we­gung« dar­stellt (wie so manch an­de­re Or­ga­ni­sa­ti­on ein­mal ge­star­tet ist), hät­te man hier­zu ger­ne mehr ge­le­sen. Der WWF ist ja nicht zu­letzt auf­grund per­ma­nen­ter Zi­tat­prä­senz der­art be­kannt.

Die häu­fig ge­äu­ßer­te The­se, dass NGOs kei­ner de­mo­kra­ti­schen Le­gi­ti­ma­ti­on be­dür­fen, so­lan­ge sie kei­ne »kei­ne kol­lek­tiv bin­den­den Ent­schei­dun­gen tref­fen kön­nen«, ist in ei­ner Ge­sell­schaft, in der Ent­schei­dun­gen auch fast im­mer öko­no­mi­sche Per­spek­ti­ven ge­rie­ren, un­zu­rei­chend. Im Fal­le des WWF (aber nicht nur hier) ist es auch falsch. Wie Hu­is­mann be­legt (und nicht be­strit­ten wird), wird die Mar­ke »WWF« (»die mit dem Pan­da«) ge­zielt als Wer­be-Si­gnal ver­wen­det, um Kon­su­men­ten in ei­ne be­stimm­te Rich­tung zu in­for­mie­ren bzw. – am En­de – zu be­ein­flus­sen. Pro­duk­te mit ent­spre­chen­der »Zer­ti­fi­zie­rung« ei­ner gut be­leu­mun­de­ten Or­ga­ni­sa­ti­on er­hal­ten ei­nen gra­vie­ren­den Wett­be­werbs­vor­teil ge­gen­über Er­zeug­nis­sen, die (aus wel­chen Grün­den auch im­mer) nicht ent­spre­chend ge­kenn­zeich­net sind. Da­mit ist je­doch im Fal­le des WWF we­nig über die ei­gent­li­che Pro­dukt­qua­li­tät des Er­zeug­nis­ses ge­sagt (wie bei­spiels­wei­se ei­nem Bio-Sie­gel). Wenn es denn stimmt, dass das Han­deln von NGOs »so­lan­ge le­gi­ti­miert ist, wie es ih­nen ge­lingt, die Bür­ger von der Not­wen­dig­keit ih­res Be­stehens und ih­rer Ar­beit zu über­zeu­gen«, kann man so­fort die Auf­re­gung des WWF um die Re­cher­chen von Hu­is­mann ver­ste­hen.

Un­ge­ach­tet der ge­richt­li­chen Strei­te bleibt die Be­haup­tung, der WWF agie­re auf Augen­höhe mit dem Jet­set der glo­ba­len Un­ter­neh­men, un­wi­der­spro­chen. Noch vor ei­nem Jahr be­zeich­ne­te man sich als »Part­ner der Wirt­schaft« [Sei­te 4]. Hier of­fen­bart sich der ei­gent­li­che Dis­sens die­ser Or­ga­ni­sa­ti­on, die im Ge­gen­satz bei­spiels­wei­se zu Green­peace ei­nen eher ko­ope­ra­ti­ven, dis­kur­si­ven Um­gang mit den po­ten­ti­el­len »Geg­nern« pflegt. Die Fra­ge ist da­bei we­ni­ger, ob ei­ne bra­chia­le Po­li­tik der Ra­di­kal­ver­wei­ge­rung für ei­ne NGO auf Dau­er zähl­ba­re Er­fol­ge bringt (au­ßer, die ei­ge­nen An­hän­ger in stän­di­ger Mo­bi­li­sie­rung zu hal­ten). Hu­is­manns Bei­spie­le sol­len zei­gen, wie der WWF Kom­pro­miss­li­ni­en schon vor je­der Dis­kus­si­on an­ti­zi­piert. Er deckt auf, dass die Or­ga­ni­sa­ti­on nicht nur Spen­den aus der In­du­strie er­hält, son­dern auch von der Bank HSBC 100 Mil­lio­nen US-Dol­lar. Da­bei ist es aus­ge­rech­net die HSBC, die, so Hu­is­mann, der größ­te Fi­nan­cier der So­ja­pro­du­zen­ten sein soll. Be­legt wird das nicht. Es passt je­doch in das Cre­do des Bu­ches: die »gu­te Mar­ke« WWF dient all­zu be­reit­wil­lig be­stimm­ten Kon­zer­nen als grü­ner Ab­lass­han­del. Für klein­ste Ent­ge­gen­kom­men – so wird sug­ge­riert – gibt es Zer­ti­fi­zie­run­gen und Ho­no­rie­run­gen. Der WWF sei durch die­se Form der Spen­den nicht mehr un­ab­hän­gig. Da­mit wird, so Hu­is­mann, die größ­ten­teils her­vor­ra­gen­de Ar­beit von WWF-Mit­ar­bei­tern bei­spiels­wei­se in Deutsch­land gleich mit dis­kre­di­tiert.

Das Mär­chen von der »Ver­söh­nung« zwi­schen Öko­no­mie und Öko­lo­gie

In Wirk­lich­keit ver­sucht der WWF die »Ver­söh­nung« zwi­schen Öko­no­mie und Öko­lo­gie. Ex­pli­zit sagt dies im Buch nur Héc­tor Lau­rence, So­jaun­ter­neh­mer und lang­jäh­ri­ger Prä­si­dent des WWF Ar­gen­ti­ni­en (FVS) (S. 184–186). (Ver­zwei­felt ver­sucht der WWF nach­zu­wei­sen, dass es den WWF Ar­gen­ti­ni­en nicht gibt bzw. der »FVS« nicht als Part­ner zu in­ter­pre­tie­ren sei. Merk­wür­dig da­bei, dass von der WWF-Web­sei­te bei »Ar­gen­ti­nia« di­rekt ein Link auf den FVS ge­setzt ist.) Lau­rence lud 2003 zum Fo­rum der 100 Mil­lio­nen ein, ei­nem Run­den Tisch zum Aus­bau der So­ja­in­du­strie. Er selbst lei­te­te so­wohl die De­le­ga­ti­on der Na­tur­schüt­zer als auch die der Un­ter­neh­mer. Ein drei­stes Bei­spiel für ei­ne Per­ver­si­on von Na­tur­schutz. Am En­de wur­de üb­ri­gens be­schlos­sen, in Ar­gen­ti­ni­en den An­bau von 100 Mil­lio­nen Ton­nen So­ja und Mais für die En­er­gie­ge­win­nung zu­zu­las­sen.

Und hier dann das zwei­te Dé­jà-vu in Be­zug auf Horst Stern, der im­mer wie­der dar­auf hin­ge­wie­sen hat, dass die­se »Ver­söh­nung« ei­ne Schi­mä­re ist. 1990 schrieb Stern in ei­nem Auf­satz mit dem trocke­nen Ti­tel »Baum oder Zahl«:

»Es ist mir im­mer ver­bor­gen ge­blie­ben, wie ein Mi­nus, das man mit ei­nem Mi­nus mul­ti­pli­ziert, ein Plus er­ge­ben kann, und dar­auf läuft es in mei­nem Ver­ständ­nis von Na­tur im Grun­de ja hin­aus, wenn man zer­stör­te Na­tur mit ei­nem zu­tiefst ge­stör­ten mensch­li­chen Ver­hal­ten ihr ge­gen­über mul­ti­pli­ziert und sich da­von Ge­winn für bei­de, Mensch und Na­tur, ver­spricht. Und ist ein Ver­hal­ten nicht tief ge­stört, das die Bi­lan­zie­rungs­kün­ste des Mark­tes auf Öko­sy­ste­me an­wen­den will und Land­schafts­rui­nen dem­nächst wo­mög­lich be­han­deln möch­te wie Ab­schrei­bungs­ob­jek­te, auf wel­che Öko­steu­ern nach­zu­zah­len sind, wenn ei­ne steu­er­be­gün­stig­te scho­nen­de Nut­zung der Na­tur zu Aus­beu­tung und Zer­stö­rung ge­riet? Und was dann? Geld­strö­me zu ih­rer Neu­be­le­bung ein­lei­ten in die ge­stör­ten Ka­pil­lar­net­ze von Tie­ren und Pflan­zen?« Und re­si­gnie­rend bi­lan­ziert Stern: »Die Na­tur, so­weit sie die­sen Na­men noch ver­dient, ist ja heu­te schon den nord­ame­ri­ka­ni­schen In­dia­nern ver­gleich­bar, de­nen man, nach­dem man sie in die Ge­fahr des Ver­schwin­dens brach­te, Re­ser­va­te von frag­wür­di­gem Wert zu­wies. Die ’so­zia­le Ak­zep­tanz’ des In­dia­ners durch die üb­ri­ge Ge­sell­schaft stei­ger­te man da­durch nicht. Man mach­te ihn zu ei­nem be­su­chens- und be­stau­nens­wer­ten Ex­po­nat in ei­nem Frei­land­mu­se­um für Völ­ker­kun­de; an­statt ihn – mit al­len so­zia­len Chan­cen – zu in­te­grie­ren, grenz­te man ihn aus.«

Das al­les ist al­so schon im­mer kom­pli­ziert ge­we­sen. Und hier­in liegt auch die Ver­su­chung, Na­tur- und Um­welt­schutz an Or­ga­ni­sa­tio­nen zu de­le­gie­ren, die mit schö­nen Bil­dern, wuch­ti­gen PR-Maß­nah­men, grif­fi­gen Pa­ro­len und pro­mi­nen­ten Per­sön­lich­kei­ten die Il­lu­si­on ver­mit­teln, al­les wer­de gut. Die Haupt­sa­che da­bei: Nie­mand braucht wirk­lich sein Le­ben än­dern. Hu­is­manns Buch zeigt die­se Hal­tung an­hand der for­cier­ten so­ge­nann­ten »Biosprit«-Produktion (da­bei ist al­lei­ne das Wort »Bio­sprit« ein Wi­der­spruch in sich). Vor­der­grün­dig schei­nen die Pro­ble­me ge­löst, in Wirk­lich­keit frisst der An­bau die Acker­flä­chen weg und sorgt da­für, dass die Le­bens­mit­tel­prei­se welt­weit stei­gen und Grund­nah­rungs­mit­tel in we­ni­ger ent­wickel­ten Re­gio­nen der Welt un­er­schwing­lich wer­den, weil es für die In­du­strie lu­kra­ti­ver ist Pflan­zen für die En­er­gie­ge­win­nung an­zu­bau­en. Es ist zu be­fürch­ten, dass Hu­is­manns Aus­sa­ge, dass Bio­die­sel in vie­len Län­dern der Welt zu ei­ner neu­en Wel­le struk­tu­rel­ler Ge­walt ge­führt hat, nur leicht über­trie­ben ist.

So ist Na­tur­schutz längst zur Er­satz­hand­lung ver­kom­men. Wir tren­nen den Müll, däm­men die Häu­ser, fah­ren Au­tos, die Ver­brauchs­wer­te an­ge­ben, die höch­stens un­ter Labor­bedingungen mög­lich sind, las­sen uns von schwer­me­tall­gif­ti­gen Spar­lam­pen heim­leuchten und kau­fen uns bei Flü­gen mit ei­ner vir­tu­el­len CO2-Ab­ga­be los. Der Staat sub­ven­tio­niert die so­ge­nann­te Elek­tro­mo­bi­li­tät, oh­ne gleich­zei­tig zu be­rück­sich­ti­gen, wo­her der Strom kommt. Wenn dann auch noch ir­gend­ein Lo­go auf un­se­ren Ein­käu­fen prangt, sind wir glück­lich. Beim Mö­bel­kauf ach­ten wir auf das FSC-Sie­gel, des­sen Kri­te­ri­en, wie Hu­is­mann am »FSC-Mix«-Label auf­zeigt, zum Teil ziem­lich ver­wäs­sert sind (was den Ver­lag nicht ge­hin­dert das, am En­de des Bu­ches just die­ses »FSC Mix«-Siegel ab­zu­drucken).

Na­tur ist nicht kor­rum­pier­bar

Aber es gibt kei­nen rich­ti­gen Weg, das Fal­sche zu tun. Dass die Na­tur nicht kor­rum­pier­bar ist, wird er­folg- und wort­reich ver­drängt. Aber mehr ist ein­fach nicht drin. Das ha­ben in Deutsch­land auch längst die Grü­nen er­kannt. Gren­zen des Wachs­tums? Ver­zicht? Das ist den Wäh­lern, die die Par­tei deut­lich jen­seits von 5% in Regierungs­verantwortung hie­ven soll, nun wirk­lich nicht zu­zu­mu­ten. Das be­vor­zug­te Or­gan, an das sich die bio­be­weg­ten Pa­ro­len rich­ten, ist nicht das Ge­hirn des Bür­gers, son­dern des­sen Ge­wis­sen.

Und mit­ten­drin ei­ne Or­ga­ni­sa­ti­on wie der WWF. Nicht als Ver­hin­de­rer und zä­her Kämp­fer, son­dern als kon­zi­li­an­ter Mit­spie­ler, der sich mit klei­nen Zu­ge­ständ­nis­sen zu­frie­den gibt und, so der Vor­wurf, ei­nen or­ga­ni­sier­ten Ab­lass­han­del mit Nachhaltigkeits­zertifikaten be­treibt und da­mit Un­ter­neh­men ko­sten­gün­stig grün wäscht (S. 140). Ver­ständ­lich, dass man so­was un­gern hört; die Bot­schaft ist un­an­ge­nehm. Man hat­te sich ein­ge­rich­tet zu wis­sen, wer »gut« und wer »bö­se« ist. Wenn jetzt »Bö­se« mit den »Gu­ten« hin­ter und so­gar vor den Ku­lis­sen in­ter­agie­ren, wird das so müh­sam »ver­söhn­te« Welt­bild er­schüt­tert. Und man weiß ja, wie be­liebt der Über­brin­ger der schlech­ten Bot­schaft im All­ge­mei­nen ist.

Der WWF ge­fan­gen in ei­nem auf Dau­er un­ge­winn­ba­ren fau­sti­schen Pakt mit der In­du­strie oder ein ge­schick­ter Na­tur-Lob­by­ist? Hu­is­manns Buch zeigt wie heh­re Zie­le durch An­pas­sungs­pro­zes­se an so­ge­nann­te Sach­zwän­ge kon­ter­ka­riert wer­den kön­nen bis von den vor­mals mit Ver­ve ver­tre­te­nen Ab­sich­ten kaum noch et­was üb­rig bleibt. Der WWF stellt dies an­ders dar. Er ar­bei­te lö­sungs­ori­en­tiert und nicht kon­fron­ta­tiv. Die Fra­ge bleibt, wie weit die Lö­sun­gen dann ge­hen. In­zwi­schen sind Be­grif­fe wie »nach­hal­tig« oder »grün« in ih­rem in­fla­tio­nä­ren Ge­brauch längst zu wohl­fei­len Be­ru­hi­gungs­pil­len ge­wor­den – ob mit oder oh­ne WWF. Im Rah­men der in Deutsch­land be­schwo­re­nen En­er­gie­wen­de wer­den wir noch er­le­ben, wie sich »grü­ne« Welt­bil­der (»er­neu­er­ba­re En­er­gien« vs. »Land­schafts- und Na­tur­schutz«) ge­gen­sei­tig auf die Fü­ße tre­ten wer­den.

Aber die­ses Schwarz­buch ist weit mehr als nur ei­ne An­samm­lung von Ver­wer­fun­gen durch den WWF, die viel­leicht nicht im­mer so stim­men und auch längst nicht ex­klu­siv die­ser Or­ga­ni­sa­ti­on zu­ge­ord­net wer­den kön­nen. Das Buch zeigt (wo­mög­lich un­ge­wollt) die Un­mög­lich­keit ei­ner wie auch im­mer ge­dach­ten »Über­ein­kunft« zwi­schen Na­tur­schutz und un­se­rem Le­bens­stil. Ent­we­der man wählt mit ei­nem Pro­jekt das ei­ne oder das an­de­re. Al­les an­de­re ge­rinnt frü­her oder spä­ter zur blo­ßen Sym­bol­po­li­tik. Mit der Na­tur las­sen sich kei­ne Kom­pro­mis­se schlie­ßen. »Green­wa­shing« bleibt auch Un­sinn, wenn die In­du­strie ein Mehr­fa­ches be­zah­len wür­de; Zer­stö­rung bleibt Zer­stö­rung. Hu­is­mann über­sieht, dass der WWF längst das prak­ti­ziert was man prag­ma­tisch als »Um­welt­po­li­tik« be­zeich­net – und das in kol­la­bo­ra­ti­vem Stil. Das Wort »Um­welt­po­li­tik« spricht Bän­de. Es fehlt näm­lich der Ein­schub »schutz«. Das ist nicht mehr vor­ge­se­hen. Aber ei­ne sol­che Po­li­tik, die nur in Haus­halts­grö­ßen und Mach­bar­kei­ten denkt, wird im­mer Ge­fahr lau­fen, den ei­gent­li­chen Ge­gen­stand ih­res Han­delns aus dem Au­ge zu ver­lie­ren.

Wenn in ei­nem klei­nen Re­ser­vat in In­do­ne­si­en nur noch zwei Orang Utans le­ben, die zu­dem dem Hun­ger­tod na­he sind, ist es nicht nur blan­ker Zy­nis­mus dar­auf hin­zu­wei­sen, dass die­se bei­den oh­ne ent­spre­chen­de In­ter­ven­ti­on auch schon längst tot sei­en. Die­se Aus­sa­ge de­mon­striert an­schau­lich ei­ne Sicht auf den Na­tur­schutz, der am En­de nur noch Fei­gen­blatt­cha­rak­ter hat. Na­tür­lich kann man wis­sen, dass Orang Utans gro­ße Re­vie­re be­nö­ti­gen und sich da­bei nicht an die Vor­ga­ben der grün-lackier­ten Pseu­do-Um­welt­­­schüt­zer hal­ten. Aber es geht gar nicht um die zu schüt­zen­den Tie­re oder Pflan­zen. Es geht um ei­ne Zahl. Ex­em­pla­risch wird da­mit der Ali­bi­ch­a­rak­ter sol­cher »Na­tur­re­ser­va­te« deut­lich. Auf die­se ein­dring­li­che Pas­sa­ge wird man in der zwei­ten Auf­la­ge des Bu­ches wohl ver­zich­ten müs­sen; ein Ver­gleich zwi­schen Au­tor, Ver­lag und WWF sieht dies vor. Es le­be der Kom­pro­miss.

Horst Stern be­en­de­te 1975 sei­nen zwei­tei­li­gen Film über Spin­nen mit ei­ner Epi­so­de, die als Me­ta­pher auf die heu­ti­gen Ver­hält­nis­se ge­se­hen wer­den kann. Auf ei­nem US-ame­ri­ka­ni­schen Raum­flug in den 1970er Jah­ren nahm man für Ex­pe­ri­men­te in der Schwe­re­lo­sig­keit auch Spin­nen mit. Da, so Stern iro­nisch, bei Raum­fahrt­pro­jek­ten in­zwi­schen auf­grund von öf­fent­li­chem Druck auch ge­spart wer­den müs­se, gab es als Nah­rung für die Spin­nen nur zwei Flie­gen. Als man fest­stell­te, dass die Spin­nen am Ver­hun­gern wa­ren, woll­te man sie mit Rin­der­fi­let füt­tern. Man hat­te nicht be­rück­sich­tigt, dass Spin­nen nur le­ben­de Nah­rung an­neh­men. Die Tie­re star­ben. »Sie, mei­ne Da­men und Her­ren, wis­sen es nun bes­ser«, sag­te Stern und trat ab.


Die kur­siv ge­setz­ten Pas­sa­gen sind Zi­ta­te aus dem »Schwarz­buch WWF«; teil­wei­se ist die Sei­ten­zahl der 1. Auf­la­ge an­ge­ge­ben. Die Zi­ta­te von Horst Stern sind aus dem »Horst Stern Le­se­buch«, her­aus­ge­ge­ben von Ul­li Pfau, dtv 1992.


Kom­men­ta­re sind will­kom­men. In An­be­tracht der recht­li­chen Di­men­sio­nen, die im The­ma an­ge­legt sind, be­hal­te ich mir je­doch evtl. Ein­grif­fe aus­drück­lich vor, bei­spiels­wei­se bei der Set­zung be­stimm­ter Links.

3 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Dan­ke, ich ha­be be­reits über­legt das Buch zu kau­fen.

    Zum Le­gi­ti­ma­ti­ons­pro­blem der NGOs: Ich den­ke, sie ver­hal­ten sich grund­sätz­lich wie Un­ter­neh­men, brau­chen da­her wie die­se nicht zwin­gend ei­ne de­mo­kra­ti­sche Le­gi­ti­mie­rung. Pro­blem­tisch wird es al­ler­dings, wenn sie ver­su­chen de­zi­diert Ein­fluss auf de­mo­kra­ti­sche Ent­schei­dun­gen zu neh­men, oh­ne dass die ent­spre­chen­den in­sti­tu­tio­nel­len We­ge re­spek­tiert wer­den (lob­by­ing).

  2. Na­ja, et­li­che NGOs wol­len ja ge­ra­de durch ih­re me­dia­le Prä­senz Ein­fluss auf po­li­ti­sche Ent­schei­dun­gen neh­men. Sie sit­zen häu­fig als »Ex­per­ten« an den Kon­fe­renz­ti­schen. Am En­de be­trei­ben sie »Lob­by­ing« wie In­du­strie­ver­tre­tun­gen auch. Da­bei wir­ken sie in der Öf­fent­lich­keit aber im­mer et­was glaub­wür­di­ger als bspw. die Po­li­tik oder Wirt­schaft. Das kann man aber – wie ein sol­ches Buch ex­em­pla­risch zeigt – durch­aus be­fra­gen.

  3. Ja, das muss ei­ner­seits auf the­ma­ti­scher Ebe­ne, an­de­rer­seits auf der der Vor­gangs­wei­se ge­sche­hen. Au­ßer Acht las­sen soll­te man auch nicht die Da­seins- und da­mit Zweck­be­grün­dung der je­wei­li­gen NGOs.