Es gibt Bücher, denen man nicht gewachsen ist. Wenigstens nicht sofort. Man liest sie, aber es fällt einem nichts dazu ein. Oder es fällt einem zuviel ein. Zuviel, was man nicht aufschreiben kann oder will.
Ein solches Buch ist »Der Idiot des 21. Jahrhunderts« von Michael Kleeberg. Ich bekam es im August letzten Jahres zugeschickt. Ich schätze Kleebergs Literatur sehr. Seine Novelle »Barfuß« etwa und die Karlmann-Romane (»Karlmann« und »Vaterjahre«), die auf kluge und zugleich poetische Weise Zeitgeschichte spiegeln, aber auch evozieren. Hier sind Mittelschichtler die Protagonisten, keine Intellektuellen, stattdessen Kaufleute, Angestellte, Ärzte, Schuldenmacher, Millionäre und Gescheiterte. Es war natürlich sofort klar, dass der »Idioten«-Roman etwas anderes ist.
Nach fast einem Jahr immer noch mit leichten Problemen mit dem orientophil-verkitschenden Roman »Kompass« von Mathias Énard, begann ich das Buch im heißen Sommer zu lesen. Natürlich sind die Anspielungen sofort klar. Im Untertitel ist einem »Divan« die Rede – also Goethe. Die Form ist tatsächlich an den West-östlichen Diwan angelehnt; 12 Kapitel, Bücher genannt. Wie bei Goethe (und Énard) spielt der persische Dichter Hafis eine wichtige Rolle. Der Hinweis auf den Idioten im Titel lässt auf den Fürsten Myschkin schließen. Und dann gibt es noch die Geschichte von Leila und Madschnun, die hier mit Maryam und Hermann fortgeschrieben wird.
Und tatsächlich handelt es sich bei dem Roman um eine Geschichtensammlung. Dabei erstaunt es, dass die Hauptfiguren in einer Art Wohngemeinschaft in Mühlheim, in der Nähe zu Frankfurt, leben. Es sind, wie ein übellauniger Kritiker anmerkte, allesamt »Gutmenschen«, die unter anderem beim Kartoffelschneiden oder Gemüseschnibbeln über die großen Themen Flucht, Exil, Orient und Okzident, Deutschland und die Welt »vernünftig« sprechen (so einer der Protagonisten im Buch). Nicht auszudenken was dieser Kritikerwitzbold gesagt hätte, wenn es »böse Menschen« gewesen wären.
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