Zugegeben, es ist keine sehr wichtige Frage in diesen Zeiten. Aber ich hätte schon gerne gewusst, wer denn der Mann dort ist, der über die Lecks der Shell-Bohrinsel semi-optimistische Aussagen tätigt.
Tagesschau
Prozentrechnung
Prozesskosten bei Zivilverfahren sind nach einem neuen Urteil des Bundesfinanzhofes jetzt steuerlich absetzbar. Die »tagesschau« berichtete in ihrer 20-Uhr-Ausgabe darüber und wollte zeigen, wie die Erstattung, die nach dem Einkommen gestaffelt ist, aussehen könnte. Man nahm einen unverheirateten Arbeitnehmer mit einem Jahreseinkommen von 70.000 Euro an. Das Urteil sieht wohl in diesem Fall eine Selbstbeteiligung ...
Das neue Amt
Wie Journalisten ein neues Amt erfinden, um den Fall eines Politikers zu dramatisieren
Es mag ja ein gewisser Genuß darin liegen, der Demontage Guido Westerwelles in Scheibchen beizuwohnen. Die Hauptstadtjournaille setzt dabei auf einen Dreisprung. Der Sturz als FDP-Vorsitzender seit gestern abgehakt. Über die Diskussion um die Fortführung des Außenministers haben die Medien nun einen Zwischenschritt eingefügt: Die Aufgabe des »Amtes« des Vizekanzlers.

Nachrichten nach Gutsherrenart
Am 22.03.2010 wurde die Verhaftung von Jörg Kachelmann gemeldet. Er wird der Vergewaltigung verdächtigt, was er bestreitet. Alle Medien berichten von dem Ereignis; einige ereifern sich in vorauseilendem Richterspielen (nicht nur die üblichen Verdächtigen der Volksverdummungsagentur ‘Bild’). Auch das ZDF berichtet in ihrer »heute«-Sendung um 19 Uhr über die Verhaftung und erwähnt ausdrücklich, dass Kachelmann die Vorwürfe bestreitet.
Alle Medien? Nein, »tagesschau« und »tagesthemen« der ARD schweigen dazu. Kachelmanns Firma »Meteomedia« produziert für die ARD einige Wettersendungen, u. a. in den »tagesthemen« (in der »tagesschau« wird die Vorhersage des Deutschen Wetterdienstes gezeigt; ein mühsam ausgehandelter Kompromiss zwischen den widerstreitenden Anbietern). Ist das der Grund? Immerhin nimmt der »Erste Chefredakteur« von »ARD-aktuell«, Dr. Kai Gniffke, im »tagesschau«-Blog noch am gleichen Tag Stellung zur Nichtberichterstattung und bestreitet das. Als Begründung für das Schweigen in den von ihm betreuten Nachrichtensendungen bemüht er unter anderem die Folgen, falls sich der Verdacht als falsch herausstellen sollte:
Aber was, wenn sich Kachelmanns Unschuld herausstellt? Dann machen wir eine saubere Meldung, dass der ganze Medienzauber halt nur ein klitzekleiner Irrtum war. Dabei kann nach der heutigen Berichterstattung der Wetterkundler doch jetzt schon einpacken.
Es entwickelte sich eine durchaus kontroverse Diskussion (man muss wissen, dass die Kommentare im »tagesschau«-Blog »moderiert« werden). Gniffke sah sich genötigt, zwei Tage später noch einen Beitrag zu verfassen – obwohl die Zahl der Befürworter seiner Position leicht überwog. Dabei ging er in die Offensive und formulierte einen für »tagesschau«- und »tagesthemen«-Zuschauer neuen journalistischen Ansatz:
Gegenüber gestern hat sich aus meiner Sicht qualitativ nichts geändert. Der Verdacht einer Vergewaltigung besteht weiter. Insofern gilt meine Argumentation von gestern auch heute. Nun haben Kommentatoren im Blog eingewandt, wir hätten vor sechs Jahren auch über den Fall Türck berichtet. Stimmt, wir hatten eine Meldung, und zwar über die Anklageerhebung. Das hat eine andere juristische Qualität. Das ist der Maßstab, der für uns heute noch gilt wie 2004.
Gniffke erklärt nonchalant eine Anklageerhebung als Kriterium für die Berichterstattung in den Nachrichtensendungen der ARD. So weit, so gut, könnte man sagen. Wer’s anders möchte, kann ja die anderen Sendungen anschauen.
Das unwürdige Count-Up
Als im Laufe des heutigen Vormittags (27. Februar 2010) die Meldungen über das schreckliche Erdbeben vor der Küste Chiles aufkamen, wurde dies natürlich auch Gegenstand diverser Medien. Das bei diesen Gelegenheiten erbärmliche und würdelose »Count-Up« begann fast sofort: Trotz unsicherster Nachrichtenlage werden immer wieder sinnlose Zahlen von Todesopfern weitergemeldet.
Es begann mit vermeintlich 16 Opfern, die auch bei SWR1 gemeldet wurden. Die Geographiekenntnisse des Redakteurs waren jedoch eher bescheiden, wie man sehen kann:
Der Balken im Auge der Journalisten
Eigentlich wollte Petra Gerster in der »heute«-Sendung vom 05.11.09 zeigen, wie »dramatisch« die Einbrüche bei den Steuereinnahmen sind. Da jedoch bei Kategorien von 500 Milliarden Euro und mehr die Relationen schwer vermittelbar sind, schritt man zur hyperdeutlichen Graphik, in der die Balken nur ab 500 Milliarden gezeigt wurden:
heute ./. tagesschau
Erdbeben in Padang. Peter Kunz berichtet für das ZDF in »heute«. »95% der Großstadt sind intakt«; die Zerstörungen der Stadt seien lokal auf einzelne Häuser bzw. Viertel begrenzt. Die Bilder, so Kunz vorsichtig, würden leicht einen anderen Eindruck vermitteln (»ZDF«-Mediathek; 19 Uhr-Sendung vom 01.10.09 ab ca. 03:15).
In der »tagesschau« um 20 Uhr der Korrespondent Philipp Abresch live via Satellitentelefon: Padang liege »in Trümmern« (ab 02:16).
Desinformation bei der »tagesschau«
Die »tagesschau« ist auch nicht mehr das, was sie früher war. Soeben konnte man dies deutlich feststellen, hieß es doch in einem an prominenter Stelle platzierten Beitrag von Pia Bierschbach in der Sendung von 20 Uhr, dass das Wahlrecht kurz vor der Bundestagswahl in der Diskussion gekommen sei. Es gehe, so der Film, um die Regelung der Überhangmandate. Detailliert wurde erklärt, wie Überhangmandate zustande kommen. Dabei wurde erläutert, dass eine Partei unter bestimmten Umständen mehr Mandate bekommen kann, als ihr gemäss der abgegebenen Stimmen zustehen. Dann wird behauptet, dass das Bundesverfassungsgericht eine Regelung bis 2011 verordnet habe, dies abzustellen.
Dieser Schluss ist nachweislich falsch. Das Bundesverfassungsgericht hat keinesfalls die Regelung der Überhangmandate beanstandet, wie dies im Beitrag der »tagesschau« suggeriert wurde. Zwar ist im Beitrag versteckt an einer Stelle von »Teilen der Überhangmandatsregelung« die rede, die beanstandet wurde, aber welcher Teil das ist, bleibt undeutlich. Der Zuschauer muß annehmen, es betreffe generell die Überhangmandate.