
Der Mangel
Irgendwo im Fränkischen, um 1960 herum. »Die Hut«, ein Baugebiet. Es sollen Einfamilienhäuser entstehen für Zugezogene. Im Winter ist dort hart, ein »riesiges Dach aus Glas«, ein Anstieg, fast nicht zu bewältigen. Roseggerhafte Bilder von Menschen, die Naturgewalten trotzen. Jahrelang wird gebaut, immer wieder Unterbrechungen, weil Wasser von oben wie von unten eindringt, die Baufortschritte immer wieder zerstört. Riesige Pumpen, die nicht immer funktionieren. Feindseligkeiten von den lokalen Bauern, »stiernackige Brutalität«. Sie sind Flüchtlinge, keine Kinder des Wirtschaftswunders. Die Einheimischen sind gegen die Siedlung. Eine Parzelle für den Bau einer Schule wird verweigert. Man haust lange im Rohbau, spät erst mit Elektrizität. Die Neuen bilden »symbolische Gruppen des Scheiterns«.
Es gibt einen Wir- später Ich-Erzähler, damals Kind, heute um die 60. Die Neuansiedler und ihre »seltsame Schwermut«. »Unscheinbare, schweigsame Männer«, von den ungelösten Problemen aufgezehrt. Es herrschte ökonomischer Mangel. Mangel statt Zuversicht – ganz gegen den Zeitgeist.
Man reibt sich die Augen. Hat das wirklich DER Oskar Roehler geschrieben? Das (sozusagen) letzte verbliebene Enfant terrible des deutschen Regiefilms, der mit seinem Roman »Selbstverfickung« einen kleinen Skandal auslöste? Der Oskar Roehler, der zuweilen auf »Tele 5« sogenannte Skandalfilme analysiert? (Es sind Analysen, die meist besser sind als die Filme danach.)