Mo­nod und Sar­ra­zin

Ich ha­be Mo­n­ods Buch nach et­li­chen Jah­ren wie­der in die Hand ge­nom­men, weil ich mich an ei­ne Stel­le er­in­ner­te, die an­schei­nend bei Thi­lo Sar­ra­zin wie­der auf­taucht war.

Auf et­wa ein­ein­halb Sei­ten streift Mo­nod in sei­ner knap­pen, tref­fen­den Art ein ge­sell­schafts­po­li­ti­sches The­ma und stellt ei­ne The­se auf, die man als ei­nen der Haupt­punk­te (wenn nicht so­gar den Kern) von Sar­ra­zins Ar­gu­men­ta­ti­on be­zeich­nen kann.

Mo­nod dis­ku­tiert die Be­deu­tung von Spra­che und Kul­tur für die Evo­lu­ti­on un­se­res Ge­hirns und den Zu­sam­men­halt von Grup­pen. Kul­tur war ein be­deu­ten­der Se­lek­ti­ons­fak­tor, al­ler­dings […] nur bis zu dem Au­gen­blick, wo sich we­gen der zu­neh­men­den Ge­schwin­dig­keit der Kul­tur­ent­wick­lung die­se und die ge­ne­ti­sche Evo­lu­ti­on voll­stän­dig von ein­an­der lö­sen soll­ten.

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Jac­ques Mo­nod: Zu­fall und Not­wen­dig­keit

Jacques Monod: Zufall und Notwendigkeit
Jac­ques Mo­nod: Zu­fall und Not­wen­dig­keit

Jac­ques Mo­nod legt an­hand zen­tra­ler Er­kennt­nis­se der mo­der­nen Bio­lo­gie ei­ne Angst frei, die uns al­le, be­wusst oder un­be­wusst, zeich­net. Sie ent­springt dem Ver­sa­gen un­se­rer sub­jek­ti­ven Deu­tung der Welt, das wir auch als das Un­be­ha­gen an der Mo­der­ne ken­nen — und der Ur­sprung die­ser Angst liegt, was über­ra­schen mag, in der Evo­lu­ti­on des Men­schen be­grün­det.

Mo­n­ods Dar­stel­lung ist knapp, zu­ge­spitzt, la­ko­nisch: Dar­in ist er ein Mei­ster; doch er hü­tet sich vor Ver­ein­fa­chun­gen, und wo er fürch­tet es den­noch zu tun, merkt er es an. Mo­nod zau­dert nicht, sei­ne Schlüs­se sind mes­ser­scharf, und er bleibt nicht ste­hen, ehe zu­letzt ei­ne ge­sell­schafts­po­li­ti­sche Uto­pie er­scheint; aber er weiß auch was Zwei­fel be­deu­tet, und wie we­nig, trotz al­ler Lo­gik und Ent­schlos­sen­heit, am En­de ge­won­nen ist.

»Zu­fall und Not­wen­dig­keit« ist das Werk ei­nes Auf­klä­rers, der sich we­der als sol­chen be­zeich­net, noch das Wort Auf­klä­rung im Mund führt — man merkt die­sem Buch sei­nen vier­zig­jäh­ri­gen Ge­burts­tag kaum an.

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Ri­chard Daw­kins: Der Got­tes­wahn

Richard Dawkins: Der Gotteswahn
Ri­chard Daw­kins:
Der Got­tes­wahn

»Der Got­tes­wahn« ist ein Mis­sio­nie­rungs­ver­such, ei­ne Kampf­schrift wi­der al­les und al­lem, was in ir­gend­ei­ner Form mit Tran­szen­denz in Ver­bin­dung ge­bracht wer­den kann. Der ra­tio­na­li­sti­sche Fu­ror des bri­ti­schen Evolu­tionsbiologen Ri­chard Daw­kins ist ei­ne Mi­schung zwi­schen kru­dem Welt­ver­bes­se­rungs­pa­thos, der Pa­ra­noia from­mer Ex­or­zi­sten, die über­all nur noch Be­ses­se­ne se­hen, die von ih­rer Krank­heit zu hei­len sind und ei­nem ar­cha­isch-ja­ko­bi­ni­schem Mo­ral­ver­ständ­nis. Der mono­theistischen Chau­vi­nis­mus spe­zi­ell des Christen­tums hat es ihm an­ge­tan (früh wer­den Konfu­zianismus und Bud­dhis­mus aus­ge­klam­mert; sie wer­den flugs als ethi­sche Sy­ste­me ein­ge­ord­net) und sein Bil­der­sturm für ei­nen ra­di­ka­len Athe­is­mus nimmt im Lau­fe des Bu­ches wahr­haft kultur­revolutionärere Zü­ge an (ver­flacht dann al­ler­dings auf den letz­ten 50 Sei­ten).

Re­li­gi­on ist ei­ne »psych­ia­tri­sche Krank­heit«

Es ist ei­gent­lich ganz ein­fach. Zu­nächst ein­mal wird der Athe­is­mus als tap­fe­res, gross­artiges Ziel aus­ge­ge­ben. Dann ver­wei­gert Daw­kins aus­drück­lich und de­zi­diert den reli­giösen Ge­füh­len von Men­schen sei­nen Re­spekt – ver­mut­lich, um hi­sto­ri­sche Unge­rechtigkeiten ein für al­le­mal aus­zu­glei­chen (der be­wusst­seins­er­wei­tern­de Femi­nismus der 68er ist da sein »Lehr­mei­ster«). Ei­gent­lich al­so ein Vor­ge­hen, wel­ches dem frei­mü­tig be­kann­ten Zweck der Be­keh­rung zu­wi­der­läuft, denn ge­mein­hin ge­winnt man ei­nen Men­schen für ei­ne Idee nicht da­durch, in dem man sei­ne bis­he­ri­gen Über­zeugungen in den Dreck zieht. Nach­dem dann Al­bert Ein­stein und – et­was spä­ter ‑Tho­mas Jef­fer­son als Ge­sin­nungs­ge­nos­sen ver­ein­nahmt wur­den (bei Jef­fer­son unter­schlägt Daw­kins al­ler­dings des­sen Be­wun­de­rung dem Neu­en Te­sta­ment ge­gen­über, wel­ches in der so­ge­nann­ten »Jef­fer­son Bi­ble« mün­de­te) geht es dann los: Re­li­gi­on ist ei­ne psych­ia­tri­sche Krank­heit, ein Vi­rus, sie ent­steht durch Fehl­funk­tio­nen ein­zel­ner Gehirn­module; ih­re Ver­fech­ter sind sehr viel düm­mer als Athe­isten (gläu­bi­ge Ka­tho­li­ken ha­ben – im­mer noch nach Daw­kins – ei­ne un­ter­durch­schnitt­li­che In­tel­li­genz).

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