Chri­sto­pher Hit­chens: Der Herr ist kein Hir­te

Christopher Hitchens: Der Herr ist kein Hirte
Chri­sto­pher Hit­chens: Der Herr ist kein Hir­te

In dem Film »Mo­dern Times« (»Mo­der­ne Zei­ten«) von 1936 muss der Ar­bei­ter Char­lie (ge­spielt von Char­lie Chap­lin) mit zwei Schrau­ben­schlüs­seln lau­fend Schrau­ben an­zie­hen. Char­lie ver­in­ner­licht die­se im­mer­glei­chen Fliess­band­be­we­gun­gen so stark, dass er ir­gend­wann die­se auch an den Brust­war­zen, Na­sen oder Hin­ter­tei­len sei­ner Kol­le­gen, an ir­gend­wel­chen Knöp­fen, an Hy­dran­ten – und schliess­lich auch an vor­bei­fla­nie­ren­den Frau­en wie der Se­kre­tä­rin des Chefs und ei­ner kor­pu­len­ten Da­me auf der Stra­sse aus­üben möch­te. Char­lie sieht über­all nur noch Schrau­ben. Al­les muss von ihm fest­ge­schraubt wer­den. Er steht vor dem Wahn­sinn; die Mo­no­to­nie sei­ner Ar­beit hat sei­ne Sin­ne vor­über­ge­hend de­for­miert.

Ar­beits­ver­hält­nis­se wie 1936 gibt es kaum noch. Den­noch kann es auch heu­te noch pas­sie­ren, dass ei­ne ein­sei­ti­ge Aus­rich­tung ei­ner Tä­tig­keit zu der Aus­blen­dung des­sen, was man viel­leicht ‘voll­stän­di­ge Wahr­neh­mung’ nen­nen könn­te, füh­ren kann. Ich ha­be Grund zu der An­nah­me, dass dies bei dem Jour­na­li­sten Chri­sto­pher Hit­chens der Fall ist. Hit­chens’ se­lek­ti­ve Wahr­neh­mung do­ku­men­tiert sein Buch Der Herr ist kein Hir­te.

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Ri­chard Daw­kins: Der Got­tes­wahn

Richard Dawkins: Der Gotteswahn
Ri­chard Daw­kins:
Der Got­tes­wahn

»Der Got­tes­wahn« ist ein Mis­sio­nie­rungs­ver­such, ei­ne Kampf­schrift wi­der al­les und al­lem, was in ir­gend­ei­ner Form mit Tran­szen­denz in Ver­bin­dung ge­bracht wer­den kann. Der ra­tio­na­li­sti­sche Fu­ror des bri­ti­schen Evolu­tionsbiologen Ri­chard Daw­kins ist ei­ne Mi­schung zwi­schen kru­dem Welt­ver­bes­se­rungs­pa­thos, der Pa­ra­noia from­mer Ex­or­zi­sten, die über­all nur noch Be­ses­se­ne se­hen, die von ih­rer Krank­heit zu hei­len sind und ei­nem ar­cha­isch-ja­ko­bi­ni­schem Mo­ral­ver­ständ­nis. Der mono­theistischen Chau­vi­nis­mus spe­zi­ell des Christen­tums hat es ihm an­ge­tan (früh wer­den Konfu­zianismus und Bud­dhis­mus aus­ge­klam­mert; sie wer­den flugs als ethi­sche Sy­ste­me ein­ge­ord­net) und sein Bil­der­sturm für ei­nen ra­di­ka­len Athe­is­mus nimmt im Lau­fe des Bu­ches wahr­haft kultur­revolutionärere Zü­ge an (ver­flacht dann al­ler­dings auf den letz­ten 50 Sei­ten).

Re­li­gi­on ist ei­ne »psych­ia­tri­sche Krank­heit«

Es ist ei­gent­lich ganz ein­fach. Zu­nächst ein­mal wird der Athe­is­mus als tap­fe­res, gross­artiges Ziel aus­ge­ge­ben. Dann ver­wei­gert Daw­kins aus­drück­lich und de­zi­diert den reli­giösen Ge­füh­len von Men­schen sei­nen Re­spekt – ver­mut­lich, um hi­sto­ri­sche Unge­rechtigkeiten ein für al­le­mal aus­zu­glei­chen (der be­wusst­seins­er­wei­tern­de Femi­nismus der 68er ist da sein »Lehr­mei­ster«). Ei­gent­lich al­so ein Vor­ge­hen, wel­ches dem frei­mü­tig be­kann­ten Zweck der Be­keh­rung zu­wi­der­läuft, denn ge­mein­hin ge­winnt man ei­nen Men­schen für ei­ne Idee nicht da­durch, in dem man sei­ne bis­he­ri­gen Über­zeugungen in den Dreck zieht. Nach­dem dann Al­bert Ein­stein und – et­was spä­ter ‑Tho­mas Jef­fer­son als Ge­sin­nungs­ge­nos­sen ver­ein­nahmt wur­den (bei Jef­fer­son unter­schlägt Daw­kins al­ler­dings des­sen Be­wun­de­rung dem Neu­en Te­sta­ment ge­gen­über, wel­ches in der so­ge­nann­ten »Jef­fer­son Bi­ble« mün­de­te) geht es dann los: Re­li­gi­on ist ei­ne psych­ia­tri­sche Krank­heit, ein Vi­rus, sie ent­steht durch Fehl­funk­tio­nen ein­zel­ner Gehirn­module; ih­re Ver­fech­ter sind sehr viel düm­mer als Athe­isten (gläu­bi­ge Ka­tho­li­ken ha­ben – im­mer noch nach Daw­kins – ei­ne un­ter­durch­schnitt­li­che In­tel­li­genz).

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