Nicht, daß ich mit Philipp Mißfelder Mitleid hätte. Nein. Und natürlich ist Dirk Kurbjuweits Artikel »Der Schattenmann« (Spiegel v. 22.05.09; pdf-Dokument) irgendwie ein »exemplarischer Text«. Aber auch wenn Kurbjuweit Mißfelder als exemplarisch für einen bestimmten Typus Politiker nimmt – geht er nicht manchmal zu weit?
Politik
Koch-Mehrin – eine Lügnerin?
Das ist die Information zur Präsenzquote der FDP-Spitzenkandidatin Silvana Koch-Mehrin aus dem Internet-Portal »Parlorama.eu«:
Présence125 séance(s) plénière(s) : 41 %
From 20/07/2004 to 07/05/2009
Mit ihrer 41%-Präsenzquote liegt Frau Koch-Mehrin auf Platz 104 von 104 deutschen EU-Parlamentariern. Sie selber behauptet in einer eidesstattlichen Versicherung, dass es rund 75% sein sollen, was die F.A.Z. zu der Vermutung treibt, dass die Dame eventuell gelogen haben könnte.
»Es haidert in Bayern«
Seit einigen Wochen kann man ein interessantes Experiment beobachten: Michael Spreng bloggt. Spreng ist ein Mann, der nicht nur phasenweise mittendrin im »politischen Geschäft« war (als Wahlkampfmanager von Edmund Stoiber beispielsweise), sondern der auf Fingerschnipsen vermutlich sofort diverse Angebote als Leitartikler gängiger Zeitungen oder Zeitschriften bekommen hätte. Stattdessen gibt es nun auf »Sprengsatz« einmal in der Woche einen Kommentar und eine Anekdote, in der Spreng aus dem Nähkästchen plaudert.
Der Anachronismus
Wirtschaftsminister Michael Glos war ein Spiegelbild der Institution des Wirtschaftsministers; ein Rest alte Bundesrepublik. Glos war jahrelang ein Strippenzieher, Friedens- oder Unruhestifter (je nach Bedarf) in der CDU/CSU-Fraktion und eine Art U‑Boot der CSU in Bonn und später Berlin. Das konnte der Mann, dessen Äusserungen manchmal von ein oder zwei Maß Bier beeinflusst schienen, ganz gut. Zum Wirtschaftsminister wurde er weil Stoiber hinwarf und der Parteienproporz eingehalten werden musste. Er, der Ungediente, wollte lieber Verteidigungsminister werden. (Und ich mal Busfahrer.)
Peter Sloterdijk: Theorie der Nachkriegszeiten

Es ist ja nicht so, dass sich Peter Sloterdijk darüber beklagt, dass das deutsch-französische Verhältnis vom Heroismus zum Konsumismus mutiert scheint und inzwischen mit wohlwollende[r], gegenseitige[r] Nicht-Beachtung vermutlich zutreffend charakterisiert ist. Am Ende empfiehlt er ja sogar den grossen Konfliktherden der Welt, sich nicht zu sehr füreinander zu interessieren. Denn erst gegenseitige Desinteressierung und Defaszination lassen Kooperation und Vernetzung zu.
Die Thesen basieren auf einer Rede, die 2007 gehalten wurde. Einerseits wird das deutsch-französische Verhältnis skizziert (zunächst weit ausholend und dann doch auf die Zeit nach 1945 konzentriert) und zum anderen die Rolle Deutschlands in Europa befragt. Ein Europa, für das die Bezeichnung »Nachkriegseuropa« 64 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs langsam obsolet sein dürfte.
»Metanoia« und »Affirmation«
Das 50jährige Jubiläum des gemeinsamen Gottesdienstes zwischen Adenauer und de Gaulle im Jahre 1962 in Reims antizipierend (Sloterdijk greift hier spitzbübisch dem »Jubiläumsjahr« 2012 vor [nur die Evangelische Kirche in Deutschland ist da geschäftiger: sie beginnt im Jahr 2008 die Feierlichkeiten, die sogenannte »Lutherdekade«, die 2017 ihren Höhepunkt haben soll]), stellt er trocken, aber wahrscheinlich zutreffend fest: Es gehört fast keine Phantasie dazu, um sich die Reden vorzustellen, die man…hören wird.
Der kleine Unterschied
Horst Seehofer gab das Amt Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz auf, weil er Ministerpräsident in Bayern wurde. Zur Neubesetzung des Ministeriums in Berlin ein paar Zitate aus unseren Qualitätsmedien aus den letzten Tagen:
DIE ZEIT:
Aigner ist über die Anfrage von Horst Seehofer, ob sie seine Nachfolge in Berlin antreten wolle, nach eigenem Bekunden zunächst »zusammengezuckt«. Sie habe »erst mal schlucken und nachdenken« müssen, sagte sie am Freitag im ARD-»Morgenmagazin«. »Aber mich freut das natürlich wahnsinnig, dass Horst Seehofer in mich das Vertrauen setzt.«
Zum letzten Gefecht
Man sagt immer, Geschichte wiederhole sich nicht. Kann sein. Aber merkwürdigerweise hatte ich gestern inmitten dieses Tohuwabohus, welches die SPD bot, ein Déjà-vu-Erlebnis: Es erinnerte mich an die Ausrufung von Franz Josef Strauß als Kanzlerkandidaten im Jahr 1980. Helmut Kohl, 1976 gescheitert, danach von Strauß fast offen als unfähig beschimpft, konnte die Ambitionen von Strauß nur noch schwer zügeln. Er entschloss sich zur Flucht nach vorne und liess die Nominierung zu. Er kalkulierte die Niederlage von Strauß, der ausserhalb Bayerns insbesondere bei liberalen CDU-Wählern wenig Sympathien genoss, ein und dachte strategisch auf das Jahr 1984 (das es dann durch den Schwenk der FDP schon 1982 reichte, konnte er noch nicht wissen).

Die Linken in der SPD konnten sich nicht durchsetzen und
Alaska First!
In Zeiten von »neuen Ländern« wie den Kosovo, Südossetien, Abchasien oder Lakota-Country ist es doch nichts besonderes mehr, wenn man einer Partei, die sich für die Unabhängigkeit Alaskas einsetzt, unterstützt.
Oder?