Spra­che und Macht

Es ge­hört zur rai­son d’être ei­nes Schrift­stel­lers, auf die Spra­che zu ach­ten. Die all­ge­mein im Ge­brauch ste­hen­de eben­so wie sei­ne per­sön­li­che Spra­che liegt ihm am Her­zen. Zu­min­dest mir geht es so, ich will die Spra­che nicht zer­stö­ren (wie einst ei­ni­ge Da­da­isten) oder ver­wahr­lo­sen se­hen, ich will sie er­wei­tern, aus ih­ren Mög­lich­kei­ten schöp­fen, sie not­falls auch schüt­zen. Wohl des­halb bin ich emp­find­lich, wenn aus ideo­lo­gi­schen oder bü­ro­kra­ti­schen Er­wä­gun­gen an ihr ge­mä­kelt, ge­zerrt und ge­rüt­telt wird.

»Sprecher*innen« und »Schreiber*innen« wür­de ich schrei­ben, woll­te ich mich po­li­tisch-mo­ra­lisch kor­rekt ver­hal­ten. Oder »Spre­chen­de und Schrei­ben­de«. Bei­des nicht schön. Zu die­sem The­ma ist schon viel Tin­te ge­flos­sen, ich will nicht mehr als ein paar Trop­fen hin­zu­zu­fü­gen, die deut­sche und die ro­ma­ni­schen Spra­chen be­tref­fend vor al­lem den Hin­weis, dass in so­ge­nann­ter in­klu­si­ver Spra­che auch die Ar­ti­kel und Ad­jek­ti­ve syn­chro­ni­siert und im Ge­nus-Be­zug plu­ra­li­siert wer­den müss­ten, was oft un­ter­bleibt oder in­kon­se­quent durch­ge­führt wird. Wenn aber strikt syn­chro­ni­siert wird, steigt in man­chen Wort­fol­gen die Um­ständ­lich­keit der Äu­ße­rung noch ein­mal an. Kürz­lich war ich bei ei­nem Se­mi­nar li­te­ra­ri­scher Über­set­zer. Der Groß­teil der Teil­neh­mer weib­lich, die Vor­tra­gen­den weib­lich, ab­ge­se­hen vom jun­gen Ein­füh­rungs­red­ner. Er be­gann mit dem Satz: »Ich bin kein stu­dier­ter Literaturwissenschaftler…in.« Das Suf­fix kam erst nach ei­ner kur­zen Pau­se, das Ad­jek­tiv und die Ne­ga­ti­on hät­te er ei­gent­lich an­pas­sen müs­sen, was im Münd­li­chen schwie­rig ist, aber auch schrift­lich: »kein*e studierte*r Literaturwissenschaftler*in«, oder was im­mer man an Schrift­zei­chen auf­bie­ten will.

Ich ha­be fast täg­lich mit Tex­ten in fünf bis sechs Spra­chen Um­gang. Die gen­der­be­wuss­ten Än­de­rungs­wel­len fal­len mir in den mei­sten von ih­nen auf; in ei­ni­gen, be­dingt durch die Struk­tur der Spra­che, mehr, in an­de­ren we­ni­ger. Be­son­ders stö­rend und de­struk­tiv emp­fin­de ich der­lei Än­de­run­gen im Fran­zö­si­schen und im Spa­ni­schen. Im Fran­zö­si­schen kom­men sie mir nur in der On­line-Zei­tung Me­dia­part un­ter, dort aber so mas­siv, dass die Les­bar­keit der Ar­ti­kel im­mer wie­der in Ge­fahr steht. Le Mon­de, sprach­lich kon­ser­va­tiv, brach­te letz­tes Jahr ei­nen Be­richt über ei­nen Ge­set­zes­vor­schlag des fran­zö­si­schen Se­nats, so­ge­nann­te »in­klu­si­ve Spra­che« in of­fi­zi­el­len Do­ku­men­ten zu ver­bie­ten. Der Ar­ti­kel be­gann leicht iro­nisch mit der Be­mer­kung, man kön­ne an die­ser Stel­le von »sé­na­teurs« und »sé­na­tri­ces« spre­chen, aber nicht von »sé­na­teu­rices« – wo­bei die kon­se­quen­te in­klu­si­ve Schreib­wei­se ei­gent­lich »sénat(eur)ices« lau­ten müss­te. Der Se­nat möch­te nicht zu­letzt so­ge­nann­te non-bi­nä­re, in Wör­ter­bü­chern bis­her nicht ent­hal­te­ne For­men wie das pro­no­mi­na­le »iel« (Ver­bin­dung von »il« und »el­le«), »cel­leux« oder »tou­stes« ver­ban­nen, die für mein Ohr tat­säch­lich gro­tesk klin­gen. Das Bil­dungs­mi­ni­ste­ri­um hat­te schon 2021 ei­nen Er­lass aus­ge­sandt, der sol­chen Sprach­ge­brauch an Schu­len un­ter­sagt.

Aber vor sol­chen Gro­tes­ken scheu­en die Ideolog*innen nicht zu­rück. In Spa­ni­en und noch mehr in ei­ni­gen la­tein­ame­ri­ka­ni­schen Län­dern prä­gen sie For­men wie »to­des«, um Per­so­nen zu in­klu­die­ren, die sich we­der als männ­li­che »to­dos« noch als weib­li­che »to­das« er­ken­nen kön­nen. Das er­gibt dann For­men wie »chi­ques« für non-bi­nä­re Jungs/Mädels/X (auch das X kommt mitt­ler­wei­le zu gram­ma­ti­schen Eh­ren), so­dass man sich im Plu­ral nicht nur an »querido.a.s chico.a.s« wen­den wird, son­dern auch an »quer­ides chi­ques«, am be­sten viel­leicht so: »querido.a.e.s chic(qu).a.e.s«. Dass sich so et­was dann nicht mehr le­sen lässt, ver­ste­hen wohl auch je­ne Le­ser, die des Spa­ni­schen nicht mäch­tig sind. In Ar­gen­ti­ni­en ver­sucht die Re­gie­rung von Staats­prä­si­dent Ja­vier Mi­lei in­zwi­schen, in­klu­si­ve Spra­che in den Äm­tern zu ver­bie­ten; das­sel­be tut seit letz­tem Jahr die Lan­des­re­gie­rung in Nie­der­öster­reich. Zwi­schen Kon­ser­va­ti­ven und Pro­gres­si­ven ist in vie­len Tei­len der Welt ein Ping-Pong-Kampf um die Spra­che im Gang. Der Schrift­stel­ler steht am Netz und be­wegt den Kopf hin und her. Schrei­ben wird er wei­ter­hin so, wie er es für gut hält. Wenn ihm nicht sen­si­ti­ve Lektor*innen im Ver­lag dicke Stri­che ins Ma­nu­skript set­zen.

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Wel­ten und Zei­ten IX

Trans­ver­sa­le Rei­sen durch die Welt der Ro­ma­ne

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Das Prot­e­i­sche bei Yo­ko Ta­wa­da. Stän­di­ge Ver­wand­lung. Aber bei ihr er­ge­ben sich im­mer wie­der neue Ge­schich­ten, es ist kein Zer­fled­dern und Zer­hacken von vor­lie­gen­dem hi­sto­ri­schem oder bio­gra­phi­schem Ma­te­ri­al. »Das Bett ver­wan­delt sich in ei­nen Schlit­ten, der von schwar­zen Rat­ten durch ei­ne Wü­ste ge­zo­gen wur­de. Den Rat­ten wuch­sen Flü­gel. Sie wur­den zu Fle­der­mäu­sen.« (Das Bad) Das ist na­tür­lich ein biß­chen gar zu flott, aber so er­ge­ben sich bei ihr die Ge­schich­ten, ei­ne aus der an­de­ren.

Die Mul­ti­per­spek­ti­vik des Ge­sell­schafts­ro­mans. Im­mer wie­der führt ei­nen der Er­zäh­ler oder die Er­zäh­lung zu ei­ner an­de­ren Fi­gur, ei­ner an­de­ren Grup­pe, ei­nem an­de­ren Haus. Wie es Tol­stoi so groß­ar­tig vor­ge­macht hat. Be­äng­sti­gend groß­ar­tig, wenn man dar­an denkt, wie der Ro­man ge­macht ist. Frei­lich, als Le­ser soll­ten wir uns ein­fach der Lek­tü­re über­las­sen, die uns hier- und dort­hin führt. Wir sind an vie­len Or­ten gleich­zei­tig, das heißt na­tür­lich nach­ein­an­der, trotz­dem mit dem Ein­druck der Gleich­zei­tig­keit.

Es ist das Ge­gen­teil des Ich-Ro­mans und al­ler zen­trie­ren­den (ego­zen­tri­schen) Er­zäh­lun­gen, ob in er­ster oder drit­ter oder hun­dert­ster Per­son. Schat­ten­froh, ob­wohl so um­fang­reich, ist Ich-Ich-Ich, die Welt mit­samt ih­ren Pro­ble­men ein Ich-Ab­klatsch. Und ich, mein klei­nes be­schei­de­nes Ich, hat die­sel­be Ten­denz. Ei­nen Ro­man kann ich bis­her nur in die­ser, wie mir scheint, »na­tür­li­chen« (?) Ich-Form schrei­ben. Wenn wir le­ben – so­gar wenn wir schla­fen und träu­men und nach in­nen schau­en –, schau­en wir doch un­wei­ger­lich aus un­se­rem Ich-Fen­ster und kei­nem an­de­ren Fen­ster her­aus. Gut, wir kön­nen uns in an­de­re hin­ein­ver­set­zen, und in Er­zäh­lun­gen tue ich das gern und weid­lich, aber der Ro­man soll­te doch das Le­ben, wie es ist, ab- oder um- oder neu- oder sonst­wie bil­den. Das Le­ben im Ich-Haus mit Blick ins Of­fe­ne – aber un­wei­ger­lich durch das Ich-Fen­ster, mit den ent­spre­chen­den Per­spek­ti­ven und Tö­nun­gen und Ein­schrän­kun­gen.

Ein­wand: Li­te­ra­tur, ins­be­son­de­re ih­re Kö­nigs­dis­zi­plin, ist eben nicht Wie­der­ho­lung von Le­ben. Ist nicht »Ab­bil­dung« oder was im­mer hier an ver­al­te­ten Be­grif­fen her­an­drängt. Wer schreibt, muß sich erst ein­mal – und bis zu­letzt – von sich di­stan­zie­ren. Muß Ab­stand neh­men. Ein an­de­rer wer­den. Vie­le an­de­re. Muß sei­nen Näch­sten ver­ste­hen und auch sei­nen Fern­sten, sei­nen schlimm­sten Feind. Li­te­ra­tur ist per se Ver­wand­lung, al­so prot­e­isch. Nicht Iden­ti­täts­fi­xie­rung. Nicht ein­mal Iden­ti­täts­su­che. Wo­zu Iden­ti­tät su­chen? Man hat sie so­wie­so, sie bleibt dir ein­ge­brannt. Die Kunst be­steht eher dar­in, sie los­zu­wer­den.

Al­so Ich-Ro­man? Ge­sell­schafts­ro­man?

Wie­der­mal bei­des. Das ewi­ge Hin und Her. Auf die Span­nung kommt es an. Geh aus, mein Herz, und su­che Freud: Wo Er, Sie, Es und Wir war, soll Ich wer­den. Und um­ge­kehrt.

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Wel­ten und Zei­ten VIII

Trans­ver­sa­le Rei­sen durch die Welt der Ro­ma­ne

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Auf­leuch­ten­de De­tails von Pé­ter Ná­das: ein un­ver­gleich­li­ches Buch. Kann man es mit ei­nem an­de­ren ver­glei­chen? Mir kommt Ca­na­le Mus­so­li­ni in den Sinn, der Do­ku­men­tar­ro­man des Ita­lie­ners An­to­nio Pen­n­ac­chi. Bei­de Bü­cher sind nicht pri­mär Fik­ti­on, bei­den geht es um kol­lek­ti­ve und in­di­vi­du­el­le Er­in­ne­rung, bei bei­den ist die Fa­mi­lie des Au­tors in­vol­viert, aber Fa­mi­li­en­ro­ma­ne im her­kömm­li­chen Sinn sind sie auch nicht. Es wur­de be­strit­ten, daß es so et­was wie kol­lek­ti­ve Er­in­ne­rung über­haupt ge­ben kön­ne: Er­in­nern kön­ne man sich nur an et­was, was man selbst er­fah­ren, was ei­nem per­sön­lich zu­ge­sto­ßen sei. Als ich mit dem Ar­gu­ment das er­ste Mal kon­fron­tiert war, schien es mir über­zeu­gend, mach­te mir aber Un­be­ha­gen, weil ich die Er­in­ne­run­gen, die ich aus Bü­chern, von Leh­rern, Groß­el­tern und an­de­ren Per­so­nen, aus den Me­di­en, nicht zu­letzt auch aus der Li­te­ra­tur, ob Fik­ti­on oder nicht, be­zo­gen ha­be, nicht ein­fach als Il­lu­si­on ab­tun und auf­ge­ben woll­te. Na­tür­lich gibt es ein kol­lek­ti­ves Ge­dächt­nis, und al­so auch kol­lek­ti­ve Er­in­ne­rung. Ob sie »zu­trifft«, ist ei­ne an­de­re Fra­ge. Das kol­lek­ti­ve Ge­dächt­nis ist Ver­än­de­run­gen un­ter­wor­fen, wie das in­di­vi­du­el­le Ge­dächt­nis auch. Nur funk­tio­niert das kol­lek­ti­ve Ge­dächt­nis an­ders als das in­di­vi­du­el­le. Aus ein­zel­nen Be­rich­ten wer­den öf­fent­li­che Er­zäh­lun­gen ge­bil­det, de­nen gro­ße Tei­le der Be­völ­ke­rung – nicht aber sämt­li­che In­di­vi­du­en – Glau­ben schen­ken. Wie bei fik­tio­na­len Tex­ten kommt es auch bei hi­sto­ri­schen, das heißt: Ge­schich­te kon­sti­tu­ie­ren­den Tex­ten auf ih­re Glaub­wür­dig­keit an.

Den Auf­leuch­ten­den De­tails eig­net, we­nig­stens für mich, ein ho­her Grad an Glaub­wür­dig­keit, und Pen­n­ac­chis Ca­na­le Mus­so­li­ni auch. War­um? Bei­de sind her­vor­ra­gend er­zählt und ge­schrie­ben. Ein we­sent­li­cher Wert sol­cher Ro­ma­ne liegt in ih­rer Zeu­gen­schaft, was viel­leicht ein bes­se­res Wort ist als »Do­ku­men­ta­ti­on«. Die Ro­man­haf­tig­keit, wohl auch die Not­wen­dig­keit, die Form des Ro­mans zu ver­wen­den, liegt in der Kom­ple­xi­tät des­sen, was es zu be­rich­ten gilt, und auch in der Viel­zahl der Stim­men, die zu Ge­hör ge­bracht wer­den müs­sen. Ná­das geht in sei­ner ti­ta­ni­schen Er­in­ne­rungs­tä­tig­keit von sich selbst aus, von ei­ge­nen Er­in­ne­run­gen, geht dann aber weit über sein in­di­vi­du­el­les Ge­dächt­nis hin­aus und gibt die münd­li­chen Er­zäh­lun­gen zahl­rei­cher Ver­wand­ter wie­der, ar­bei­tet dar­über hin­aus mit Ar­chiv­ma­te­ri­al, Ta­ge­bü­chern u. dgl. und setzt – das merkt man je­dem Satz an – sein ge­wal­ti­ges Vor­stel­lungs­ver­mö­gen ein. Pen­n­ac­chi hat da­ge­gen die Ge­schich­ten, von de­nen er er­zählt, gar nicht selbst er­lebt, ver­mut­lich aber Fa­mi­li­en­mit­glie­der und Be­kann­te be­fragt, Be­rich­te und Bü­cher ge­le­sen, denn er selbst, 1950 ge­bo­ren, war in La­ti­na auf­ge­wach­sen, der Haupt­stadt der Pon­ti­ni­schen Sümp­fe, die un­ter Mus­so­li­ni ur­bar ge­macht wur­den. Im Ver­gleich zu Auf­leuch­ten­de De­tails liest sich Ca­na­le Mus­so­li­ni mehr wie ein Ro­man mit Fi­gu­ren, die in dem ge­sell­schaft­li­chen und land­schaft­li­chen Raum le­ben, den er auf­baut, oh­ne daß man sich dau­ernd die Fra­ge stel­len müß­te, ob das al­les ei­ner Wirk­lich­keit ent­spre­che – ob­wohl die­se Sor­ge, der Wirk­lich­keit ge­recht zu wer­den, si­cher auch ein An­trieb für Pen­n­ac­chi war, viel­leicht so­gar der we­sent­li­che.

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Wel­ten und Zei­ten VII

Trans­ver­sa­le Rei­sen durch die Welt der Ro­ma­ne

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Es gibt ein Er­zäh­len oh­ne Fik­ti­on. Selbst­ver­ständ­lich. Wahr­schein­lich ist Fik­ti­on die spä­te­re Er­fin­dung, er­zählt wur­de seit Men­schen­ge­den­ken. Man kann nicht le­ben oh­ne Er­zäh­lung, des­we­gen brauch­te Ro­bin­son sei­nen Frei­tag. Aber viel­leicht trifft die­se Aus­sa­ge über­haupt nicht zu und bei­des, Er­zäh­len und Fik­ti­on, ist gleich­ur­sprüng­lich. Wenn er­zählt wird, wird auch ge­lo­gen, selbst dann, wann der Er­zäh­ler nichts als die Wahr­heit im Sinn hat.

All die vie­len zeit­ge­nös­si­schen Er­zäh­ler, die nichts er­fin­den oder vor­ge­ben, nichts zu er­fin­den. Die Rei­se­be­richt­erstat­ter, Re­por­ter, Bio­gra­phen, Do­ku­men­tar­schrift­stel­ler. Hi­sto­ri­ker wie Ju­les Mi­che­let, die Ge­schich­te in Ge­schich­ten er­zäh­len. Die Den­kend-Er­zäh­len­den, Es­say­isten à la Mon­tai­gne. In un­se­ren Brei­ten, ich nen­ne nur zwei, aus der sel­ben Schul­klas­se (in Salz­burg) her­vor­ge­gan­gen, recht un­ter­schied­li­chen Na­tu­rells: Pe­ter Ste­phan Jungk und Karl-Mar­kus Gauß.

Da­ge­gen je­ne, die sich ver­krampft um Fik­ti­on be­mü­hen. Als wä­ren Er­fin­dun­gen bes­ser als die Wirk­lich­keit. Da­ge­gen das – auch nicht sehr tief­grün­di­ge – Bon­mot, die Wirk­lich­keit sei phan­ta­sti­scher als die Pro­duk­te der Phan­ta­sie. »Kannst ned er­fin­den.«

Jean Paul, noch ein­mal: zu prall sein Sack – der Sprach­sack näm­lich, wo die Rea­li­en eher spär­lich sind. Zu we­nig Lee­re in den Er­zäh­lun­gen; zu we­nig Luft, zu we­nig Schwei­gen. Zu ba­rock? Die wah­ren Er­zäh­ler sind – Bo­la­ño sprach von Luft­poe­ten, ich möch­te, im hie­si­gen Kon­text, sa­gen: – die wah­ren Er­zäh­ler sind Aereo­nar­ra­to­ren. Wie hei­ßen sie? Ei­ni­ge ha­be ich schon ge­nannt.

Hier noch ein Na­me: Die Er­zäh­lun­gen des Dich­ters Dy­lan Tho­mas sind Schnitz­wer­ke der Sprach­kunst, und zu­gleich las­sen sie, nein, schaf­fen sie Luft­räu­me gleich je­nen Leer­stel­len in ei­ner gu­ten fran­zö­si­schen Ba­guette. Das könn­te ein Ide­al des Er­zäh­lens sein.

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The in­ward spi­ral II

[Ein nie statt­ge­fun­de­ner Pod­cast mit Till Rei­ners und Mo­ritz Neu­mei­er]

Du, Mo­ritz, ich muss mit dir über Fe­mi­nis­mus re­den.

- Och ne, da hab’ grad echt kei­nen Bock mehr drauf.

- Ja wie jetzt? Ha­ste dich nicht für ar­te als fe­mi­ni­sti­schen Mann ab­lich­ten las­sen?

- Da steh’ ich auch zu. Zieh’ wei­ter mei­ne Röcke an und sol­len die wei­ter ih­re Jau­che in die Kom­men­tar­spal­ten er­gie­ßen über den Prin­zen aus Wo­ki­stan.

- Das ist nur Be­stä­ti­gung. Ver­steh’ ich. Auch, dass man das The­ma dann zwi­schen­durch über hat. Aber bei mir ha­ben die 80er an­ge­klin­gelt.

- Wie in der heu­te Show noch in so ei­ne gel­be Te­le­fon­box?

- Ach noch alt­backe­ner als Poe­tik­vor­le­sung von Chri­sta Wolf. Und auch wenn die 1982 in mei­nem Ge­burts­jahr war, al­so noch viel zu früh als, dass ich das schon mit­be­kom­men ha­ben könn­te.

- Ja, was denn nu?

- Na, da lie­fen auf ein­mal so Strän­ge zu­sam­men, das ich dach­te, aha! Da kom­men ge­wis­se Prä­gun­gen her. Auch un­er­klär­li­che emo­tio­na­le Vor­ein­ge­nom­men­hei­ten. Ge­gen die Er­obe­rer von Troia zum Bei­spiel (»Achill, das Vieh«). Das ist aus die­sem Buch. Und ich hab dann spä­ter oder war das doch da­vor, so Dar­stel­lun­gen von der Sie­ger­sei­te mit ih­ren strah­len­den Hel­den ge­le­sen und sie in­stink­tiv für Ab­schaum ge­hal­ten.

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Kaf­kas Dop­pel­bot­schaf­ten

In Wil­helm Mei­sters Lehr­jah­re gibt es ei­ne Sze­ne, wo der jun­ge Mann, al­so der Ti­tel­held, sei­ne Ma­nu­skrip­te ver­brennt. Die­se »dich­te­ri­schen Ver­su­che« wa­ren wäh­rend der er­sten Lie­bes­lei­den­schaft sei­nes Le­bens zu­stan­de ge­kom­men; jetzt aber, nach der Tren­nung von sei­ner Ge­lieb­ten, be­fin­det er sie für wert­los. Sein durch und durch ra­tio­nal den­ken­der Freund Wer­ner, ein Kauf­mann, kommt da­zu, er will ihn an dem Ver­nich­tungs­werk hin­dern. Wil­helm in­si­stiert, ein Ge­dicht müs­se ent­we­der vor­treff­lich sein, oder es sol­le gar nicht exi­stie­ren. Wer­ner wi­der­spricht: Wenn je­mand zu ei­ner Tä­tig­keit Ta­lent und Nei­gung ha­be, soll er sie doch aus­üben, auch wenn kei­ne voll­kom­me­nen Er­geb­nis­se zu er­war­ten sind. Der jun­ge Wil­helm ist nicht nur in die­ser Si­tua­ti­on ra­di­kal, er geht stets aufs Gan­ze. Wer­ner rät zur Mä­ßi­gung, man sol­le sich auch mit Teil­erfol­gen zu­frie­den­ge­ben.

Ei­ne ähn­li­che Kon­stel­la­ti­on be­stand zwi­schen Franz Kaf­ka und sei­nem Freund Max Brod, der als Dich­ter und di­let­tie­ren­der Mu­si­ker im­mer auch ein we­nig kauf­män­nisch dach­te. In ei­nem Ta­ge­buch­ein­trag vom Au­gust 1914, we­ni­ge Ta­ge nach Aus­bruch des er­sten Welt­kriegs, sieht Kaf­ka sich selbst zur Spit­ze ei­nes Bergs flie­gen, wäh­rend an­de­re Au­toren sich in tie­fe­ren Re­gio­nen mü­hen, frei­lich mit viel grö­ße­ren Kräf­ten als er selbst. Es fehlt ihm an Aus­dau­er, Ge­sund­heit, Kom­pro­miß­be­reit­schaft, Sinn fürs So­zia­le, um sich dau­er­haft an der Spit­ze des Olymps zu eta­blie­ren. Was er be­sitzt, ist ein »traum­haf­tes in­ne­res Le­ben« und die Fä­hig­keit, sich der In­spi­ra­ti­on zu öff­nen, die ei­ner un­sicht­ba­ren Tür zu je­nem Traum­le­ben gleicht. Die Tür ist oft, manch­mal mo­na­te­lang, ver­schlos­sen, Kaf­ka müht sich ver­ge­bens um Ein­laß. Sein Le­ben ver­läuft zwi­schen zwei Re­gio­nen, die ihm ver­wehrt sind: auf der ei­nen Sei­te die Ehe, die Fa­mi­lie, die bür­ger­li­che Exi­stenz; auf der an­de­ren Sei­te der Olymp mit sei­nen Hier­ar­chien. In bei­den Re­gio­nen ist er be­sten­falls Gast. An­de­re sind in der La­ge, bei­de zu ver­ein­ba­ren, zum Bei­spiel der ho­mo­se­xu­el­le Tho­mas Mann, der ei­ne Fa­mi­lie um sich er­rich­te­te, die ihn da­vor be­wahr­te, ein Au­ßen­sei­ter zu wer­den. Kaf­ka blieb es zeit­le­bens, über­all. Die Vi­ru­lenz sei­ner Träu­me ließ ihn nicht schla­fen, er muß­te sie zu Pa­pier brin­gen und dort wei­ter ent­fal­ten, aber oft war ihm auch dies ver­wehrt, so ver­harr­te er dann wie ge­lähmt zwi­schen dem Hier und dem Dort.

Was er­war­te­te er sich von der Ehe? Be­ru­hi­gung, gu­ten Schlaf, ei­ne Ni­sche im Bür­ger­li­chen. Manch­mal so­gar: in Ru­he schrei­ben kön­nen, ir­gend­wo in der mitt­le­ren Zo­ne ar­bei­ten, nicht oben auf dem Olymp, son­dern im Wein­berg der Li­te­ra­tur. Aber der­lei Be­ru­hi­gun­gen lehn­te er zu­gleich ab, er hin­ter­trieb sie un­er­müd­lich. Kaf­ka konn­te nicht an­ders schrei­ben als in Wel­len, in klei­ne­ren, manch­mal nacht­lan­gen Erup­tio­nen oder – die Ro­ma­ne – in Rie­sen­wel­len, Tsu­na­mis gleich­sam, wo­bei er an­fangs dach­te, daß er kei­nen lan­gen Atem be­sit­ze und Kurz­for­men das ihm ent­spre­chen­de Gen­re sei­en. Doch der Lun­gen­kran­ke schaff­te wi­der die ei­ge­nen Wahr­schein­lich­kei­ten auch das, den gro­ßen Ro­man, ob­gleich er nie ei­nen »voll­ende­te«. Kaf­kas Ro­ma­ne sind ten­den­zi­ell un­end­lich, als sprach­li­che Ge­bil­de aber na­tur­ge­mäß end­lich: ein Wi­der­spruch, der sich nie­mals auf­he­ben läßt. Hier die kur­zen, viel­deu­ti­gen Pa­ra­beln, dort die rie­si­gen Frag­men­te. Und nichts in der Mit­te, kein ein­zi­ges wohl­kon­stru­ier­tes Werk, nur die Gip­fel­flü­ge und das Zer­schel­len am Bo­den, die an­hal­ten­de De­pres­si­on. Und da­zu die dau­ern­de Selbst­re­fle­xi­on, die Re­chen­schaft über die­se Pro­zes­se des Schrei­bens wie des Nicht­schrei­bens, und den an­de­ren Pro­zeß der ver­geb­li­chen, viel­leicht auch nur ein­ge­bil­de­ten, her­bei­ge­schrie­be­nen Lie­be zum Le­ben, zu ei­ni­gen Frau­en, von de­nen die am mei­sten um­wor­be­ne, Fe­li­ce Bau­er, über­haupt nicht zu ihm paß­te.

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Wel­ten und Zei­ten VI

Trans­ver­sa­le Rei­sen durch die Welt der Ro­ma­ne

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In der poe­to­lo­gi­schen Kor­re­spon­denz Aus der Zu­kunft des Ro­mans zwi­schen Ol­ga Mar­ty­n­o­va und mir, zu der sich dann an­de­re Au­toren ge­sell­ten und die sich über fast zwei Jah­re er­streck­te, fragt Kurt Neu­mann, das gan­ze Kon­vo­lut über­blickend, ob die Zu­kunft des Ro­mans nicht ei­ne mi­ni­ma­li­sti­sche sei. In der Tat neig­te vor al­lem Ol­ga im­mer wie­der zur Kür­ze; auch An­na Wei­den­hol­zer teil­te am En­de mit, sie wol­le künf­tig Er­zäh­lun­gen in der Art von Ray­mond Car­ver schrei­ben, und zi­tier­te He­ming­ways be­rühm­te Eis­berg-Theo­rie: »Al­les, was man eli­mi­niert, macht den Eis­berg nur noch stär­ker. Es liegt al­les an dem Teil, der un­sicht­bar bleibt.« Sich aufs We­sent­li­che kon­zen­trie­ren – so­fern man weiß, was das We­sent­li­che ist. Bei mir selbst ent­spricht die­se Ten­denz mei­ner spä­ten Ent­deckung der klei­nen Ro­ma­ne à la Mo­dia­no. Ich den­ke mir auch, daß wir auf schwe­res Ge­päck künf­tig ver­zich­ten soll­ten, und in der Wirk­lich­keit rei­se ich ge­nau so, nicht mal ei­nen Rei­se­füh­rer brau­che ich, kei­nen Com­pu­ter, nur ein Han­dy, für Ho­tel­re­ser­vie­run­gen. Und dann soll­ten wir viel­leicht aufs Rei­sen über­haupt ver­zich­ten… Zu an­stren­gend, bringt die na­tür­li­chen Le­bens­ab­läu­fe durch­ein­an­der.

An­de­rer­seits schrei­ben bei wei­tem nicht al­le Ro­man­au­to­ren mi­ni­ma­li­stisch. Hin und wie­der gibt es ge­gen­ge­rich­te­te Strö­mun­gen, oder soll man sa­gen: Mo­den? »Ach­tung, die dicken Ro­ma­ne kom­men!«, kün­de­te – oder warn­te? – Paul Jandl im Som­mer 2018 in der neu­en Zür­cher Zei­tung. Of­fen­sicht­lich ein Ar­ti­kel auf der Grund­la­ge von Ver­lags­ka­ta­lo­gen, die in vie­len Fäl­len wohl die Lek­tü­re der Bü­cher er­set­zen. Am Wel­ten­rand sit­zen die Men­schen und la­chen, von Phil­ip Weiss, ist da­bei, gut 1000 Sei­ten, ei­gent­lich aber fünf Ro­ma­ne, und auch Schat­ten­froh, von Mi­cha­el Lentz, ein Buch, das ich in­zwi­schen – Som­mer 2021 – ge­le­sen ha­be, quer­ge­le­sen, um ehr­lich zu sein, der Ro­man spielt kei­nes­wegs, wie der ir­re­ge­lei­te­te Jandl meint, in Chi­na, son­dern im Kopf des Au­tors, und der ist ziem­lich weit­läu­fig, weit­läu­fi­ger als Chi­na.

Hin­zu kommt, und das ist jetzt wirk­lich pein­lich, daß ich als Au­tor trotz neu­er Vor­lie­ben als Le­ser im­mer noch so schrei­be, wie ich es vor ei­nem Vier­tel­jahr­hun­dert zu recht­fer­ti­gen such­te, in­dem ich ei­nen ma­ni­fest­ar­ti­gen Text ver­faß­te: Für ei­ne ba­rocke Li­te­ra­tur! Un­ter »ba­rock« faß­te ich Ei­gen­schaf­ten wie aus­ufernd, schwei­fend, wu­chernd, ver­schnör­kelt, viel­di­men­sio­nal, lang-wei­lig (im Adal­bert Stif­ter­schen Sinn) zu­sam­men – al­les, was die stram­me deut­sche Li­te­ra­tur­kri­tik seit dem En­de des letz­ten Welt­kriegs ver­pönt. So schrei­be ich ver­al­tet in die Zu­kunft hin­ein… Pe­ter Hand­ke hat ja auch sol­che Bü­cher ge­macht, nur hat­te er nichts mit dem Ba­rock am Hut, hat viel­mehr sei­ne Epen an fast schon prä­hi­sto­ri­sche Zei­ten an­schlie­ßen wol­len: Gott­fried von Straß­burg wur­de zum Schutz­hei­li­gen er­nannt. Bei man­chen Au­toren ist das Neo­ba­rock ei­ne Al­ters­er­schei­nung, die Kon­zen­tra­ti­ons­kraft scheint ih­nen ab­han­den­ge­kom­men, ein bio­lo­gi­scher Vor­gang. Jun­ger Au­tor = Ge­dich­te, ra­san­te Er­zäh­lun­gen; al­ter Au­tor = be­hä­big aus­ufern­de Ro­ma­ne.

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Wel­ten und Zei­ten V

Trans­ver­sa­le Rei­sen durch die Welt der Ro­ma­ne

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Liest man Huys­mans‘ rück­blicken­des Vor­wort (1903) zu A re­bours (1884), er­kennt man so­gleich die Front­stel­lun­gen, li­te­ra­ri­schen Schu­len und Kon­stel­la­tio­nen, die die Au­toren je­weils zu über­win­den trach­te­ten. Huys­mans hebt die­se Re­li­efs noch her­vor. »Ge­gen den Strich«, das heißt auch: ge­gen die Li­te­ra­tur­ge­schich­te, ge­gen be­stimm­te Strö­mun­gen. Aber da es heu­te kei­ne sol­chen epo­cha­len oder schul­mä­ßi­gen Front­stel­lun­gen mehr gibt, er­üb­ri­gen sich auch die Kämp­fe da­ge­gen. Von wem soll ich mich in mei­nem Werk denn ab­gren­zen? Von El­frie­de Je­li­nek? Von … Ich wüß­te wirk­lich nicht, von wem. In den sieb­zi­ger Jah­ren des vo­ri­gen Jahr­hun­derts, kei­ne hun­dert Jah­re nach A re­bours – wie na­he die­se Da­ten jetzt bei­ein­an­der­lie­gen, um 1980 kam mir Huys­mans tief hi­sto­risch vor – galt das noch: Ex­pe­ri­men­tel­le Li­te­ra­tur ge­gen (so­zia­li­sti­schen) Rea­lis­mus, Neue In­ner­lich­keit ge­gen bei­de Fron­ten, dann noch ein­mal Rück­kehr zur Sach­lich­keit und zu­letzt – Post­mo­der­ne, d. h. anything goes, To­le­ranz ge­gen al­le und al­les. Da ste­hen wir heu­te noch, in der Post-post­mo­der­ne. Das Prä­fix läßt sich be­lie­big oft wie­der­ho­len, wie ein Ge­stot­ter. Wenn al­les geht, gibt es nichts zu er­le­di­gen.

A re­bours, der Ti­tel wur­de – mit gu­ten Grün­den – auch mit »Wi­der die Na­tur« über­setzt (na­he­lie­gend: ge­gen den Na­tu­ra­lis­mus). Was mich an A re­bours dann wie­der ab­stößt – nein, zu scharf for­mu­liert: was mich da­von wie­der weg­zieht, ist das The­sen­haf­te. Denn A re­bours ist ein The­sen­ro­man. Der Au­tor il­lu­striert er­zäh­lend-be­schrei­bend sei­ne The­se, daß Li­te­ra­tur und Kunst ih­rer ei­ge­nen Künst­lich­keit zu fol­gen ha­ben und nicht – wie es Goe­the sei­ner­zeit for­der­te – der Na­tur. Kunst ist ei­ne Art An­ti-Na­tur, so Huys­mans. Selt­sam, aber ein ganz an­de­rer Ro­man, den ich kürz­lich ge­le­sen ha­be, So­u­mis­si­on von Mi­chel Hou­el­le­becq, ist eben­falls ein The­sen­ro­man. Gar nicht so selt­sam, wenn man be­denkt, daß die Haupt­fi­gur dar­in Li­te­ra­tur­wis­sen­schaft­ler ist und als sol­cher Huys­mans-Spe­zia­list. Sti­li­stisch hat Hou­el­le­becq mit Huys­mans we­nig ge­mein­sam, und sei­ne The­se ist kei­nes­wegs ge­gen die Li­te­ra­tur­ge­schich­te ge­rich­tet – in die­ser Hin­sicht ist Hou­el­le­becq mit sei­ner Bal­zac-Be­wun­de­rung ziem­lich kon­ser­va­tiv. Nein, die vom Ro­man zu il­lu­strie­ren­de The­se be­trifft die Ge­sell­schaft und hat po­li­ti­schen Cha­rak­ter: »Der Is­lam über­nimmt die kul­tu­rel­le He­ge­mo­nie«. Der ge­sam­te Text ist auf die­se The­se hin ge­trimmt. In mei­nem Ver­ständ­nis – aber da bin ich Kaf­kaianer, nicht Tho­mas Man­nia­ner, moi aus­si j’ai choi­si mon camp – in mei­nem Ver­ständ­nis soll­te man als Au­tor ge­nau die­ses Trim­men ver­mei­den, sich viel­mehr ins Un­be­kann­te trei­ben las­sen. Der Schrei­ben­de soll­te nicht zu­viel wis­sen. Am be­sten: Gar nichts wis­sen; sein Wis­sen über Bord wer­fen.

Ich er­in­ne­re mich, wie Hand­ke vor vie­len Jah­ren ein­mal zu mir sag­te: »Sie wis­sen zu­viel.« Ich er­schrak, fühl­te mich plötz­lich wie in ei­nem Kri­mi. Ei­nen Mo­ment lang lau­te­te die Bot­schaft an mich: Wir müs­sen Sie be­sei­ti­gen. Das wer­den sie doch ver­ste­hen.

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