Von Ner­ven­sä­gen und Que­ru­lan­ten

Vor ei­ni­gen Wo­chen lief in der ARD ein Film mit dem Ti­tel „Ner­ven­sä­gen – Que­ru­lan­ten in Deutsch­land“. Un­ter an­de­rem wur­de dort Ha­rald Fied­ler ge­zeigt, ein schlan­ker, äl­te­rer, höf­li­cher Herr, wie er in Su­per­märk­ten, Kauf­häu­sern oder Fri­seur­sa­lons mit den Ab­tei­lungs­lei­tern, In­ha­bern oder Fi­li­al­lei­tern spricht und dar­um bit­tet, die be­schal­len­de Hin­ter­grund­mu­sik für die Dau­er sei­nes Auf­ent­hal­tes ein­fach ab­zu­stel­len.

Die­ses An­sin­nen ge­nügt of­fen­sicht­lich den Fil­me­ma­chern Thi­lo Kn­ops und Kir­sten Wasch­kau, Herrn Fied­ler die Rol­le ei­ner Ner­ven­sä­ge zu­zu­wei­sen. Zu­ge­ge­ben, das Vor­ge­hen er­scheint auf den er­sten Blick skur­ril oder als Lau­ne ei­nes pen­sio­nier­ten Her­ren, der sei­ne Zeit nicht an­der­wei­tig ver­bin­gen kann, aber ist es des­we­gen per se durch Schnitt, Zoom und ent­spre­chen­dem Kom­men­tar er­laubt, ihn der Lä­cher­lich­keit aus­zu­lie­fern?

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Au­ge um Au­ge, Zahn um Zahn

»SPIEGEL TV Spe­cial« zu Mün­chen 1972 und die Fol­gen

Es ist wohl et­was an­de­res, wenn sich ein Re­gis­seur wie Ste­ven Spiel­berg mit der The­ma­tik des Olym­pia-At­ten­tats 1972 be­schäf­tigt. Plötz­lich ist, in zeit­li­cher Nä­he zum Start sei­nes Fil­mes „Mün­chen“, das The­ma (me­di­al) in al­ler Mun­de. Par­al­lel hier­zu rückt na­tür­lich auch der über­ra­schen­de Wahl­sieg der „Ha­mas“ in den pa­lä­sti­nen­si­schen Ge­bie­ten, der Kon­flikt um das ira­ni­sche Atom­pro­gramm und die Hy­ste­rie (auf bei­den Sei­ten) um un­säg­li­che Mo­ham­med-Ka­ri­ka­tu­ren den „Na­hen Osten“ bzw. die mus­li­mi­sche Welt in den Fo­kus.

Der Be­richt von „SPIEGEL TV“ (auf „VOX“ ge­stern ab 21.55 Uhr) folg­te dem be­kann­ten Mu­ster: Aus­schnit­te aus (fik­tio­na­len) Dar­stel­lun­gen (als sol­che ge­kenn­zeich­net), do­ku­men­ta­ri­schen Fil­men oder Fo­to­gra­fien und Be­fra­gun­gen von Prot­ago­ni­sten – dies al­les ge­kop­pelt mit nach­ge­stell­ten Sze­nen soll­ten das Ra­che­pro­jekt der is­rae­li­schen Re­gie­rung nach dem An­schlag 1972 auf­zei­gen.

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Wolf­gang Koep­pen: Das Treib­haus

Wolfgang Koeppen: Das Treibhaus

Wolf­gang Koep­pen: Das Treib­haus

In An­be­tracht der jüng­sten Mer­kel-Re­de, in der die „trans­at­lan­ti­sche Freund­schaft“ wie­der be­schwo­ren wur­de, kam mir Wolf­gang Koep­pens Ro­man „Das Treib­haus“ von 1953 wie­der in Er­in­ne­rung – und auch die kon­ge­nia­le Ver­fil­mung von 1987 (ein­ge­rahmt mit je­weils ei­nem klei­nen In­ter­view mit dem da­mals be­reits über 80jährigen Au­tor).

Der Film be­ginnt mit ei­nem Re­de­aus­schnitt ei­ner Re­gie­rungs­er­klä­rung von Hel­mut Kohl, gip­felnd in dem Satz „Wir sind kei­ne Wan­de­rer zwi­schen Ost und West“ und eben­falls auf die Au­ssen- und Si­cher­heits­po­li­tik Ade­nau­ers re­kur­rie­rend („auf der Sei­te der Frei­heit“). Dann wird die Ge­schich­te des Ab­ge­ord­ne­ten Kee­ten­heuve er­zählt, der zur ent­schei­den­den De­bat­te nach Bonn an­reist. Es geht um das, was man „Wie­der­be­waff­nung“ nann­te. Als Koep­pen die­sen Ro­man 1953 her­aus­brach­te, wa­ren die Wei­chen ge­ra­de ge­stellt. Der Ro­man sorg­te für Auf­se­hen, da er ei­ne Sicht der Din­ge zeig­te, die man (1.) gar nicht se­hen woll­te und (2.) für ob­so­let hielt; Rück­blen­den gal­ten als hin­der­lich.

Koep­pen hat sei­nem Ro­man die who­le­sa­le nfl jer­seys po­li­ti­sche Di­men­si­on stets die der Per­son Kee­ten­heu­ves un­ter­ge­ord­net – so auch im In­ter­view mit dem Fil­me­ma­cher Pe­ter Goe­del. „Das Treib­haus“ sei, so Koep­pen sinn­ge­mäss, kein po­li­ti­sches Buch, son­dern ein Ro­man um die Ge­stalt des Ab­ge­ord­ne­ten Kee­ten­heuve; ei­nes „un­glück­li­chen Men­schen“, der es (!) „wie­der gut ma­chen will“.

Das ist na­tür­lich ei­ner­seits Ko­ket­te­rie – an­de­rer­seits aber auch durch­aus cheap jer­seys on­line ernst zu neh­men: Koep­pen sah sich als Po­et. Den­noch, die be­rühm­ten „drei Ro­ma­ne“ Koep­pens, die „Tri­lo­gie des Brun­nen Schei­terns“, („Tau­ben im Gras“, „Das Treib­haus“ und Alabilece?iniz „Tod in Rom“) al­le in­ner­halb kür­ze­ster Zeit in den 50er Jah­ren er­schie­nen, spie­geln, so un­ter­schied­lich ih­re Su­jets sind, doch im­mer nur ein The­ma: Die Bun­des­re­pu­blik der cheap nba jer­seys Re­stau­ra­ti­ons­zeit; das Ver­ges­sen der ge­ra­de erst zu En­de ge­gan­ge­nen Dik­ta­tur; die ver­geb­li­chen Ver­su­che, die Bun­des­re­pu­blik dau­er­haft ei­ner ir­gend­wie ge­ar­te­ten (sei sie auch noch so gut ge­mein­ten) Re­al­po­li­tik zu ent­zie­hen und das Schei­tern and der we­ni­gen Auf­rech­ten, die ei­nen „an­de­ren“ Staat woll­ten und sich ent­we­der zu ar­ran­gie­ren hat­ten oder in die Be­deu­tungs­lo­sig­keit zu ver­fal­len oder gar den Frei­tod zu wäh­len.

Kee­ten­heuve, Ly­rik­lieb­ha­ber (Cum­mings und Be­au­de­lai­re), der Exi­lant, bei Kriegs­en­de 39, der „oh­ne be­son­de­re An­stren­gung“ über cheap nba jer­seys ei­ne Son­der­re­ge­lung in den Bun­des­tag für die SPD (»die Op­po­si­ti­on«) ge­wählt wur­de, ist be­reits knapp vier Jah­re nach Grün­dung der Bun­des­re­pu­blik voll­kom­men des­il­lu­sio­niert.

Wür­de des Par­la­ments? Ge­läch­ter in den Schen­ken, Ge­läch­ter auf den Gas­sen. Die Laut­spre­cher hat­ten das Par­la­ment in die Stu­ben des Vol­kes ent­wür­digt, zu lan­ge, zu wil­lig war die Volks­ver­tre­tung ein Ge­sang­ver­ein ge­we­sen, ein ein­fäl­ti­ger Chor zum So­lo des Dik­ta­tors. Das An­se­hen der De­mo­kra­tie war ge­ring. Sie be­gei­ster­te nicht. Und das An­se­hen der Dik­ta­tur? Das Volks schwieg. Schwieg es in wei­ter­wir­ken­der Furcht? Schwieg es in an­häng­li­cher Lie­be? Die Ge­schwo­re­nen spra­chen die Män­ner der Dik­ta­tur von je­der An­kla­ge frei. Und Kee­ten­heuve? Er dien­te der Re­stau­ra­ti­on und rei­ste im Ni­be­lun­gen­ex­preß

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Mar­tin Wal­ser: Ein sprin­gen­der Brun­nen

Die Bür­ger­recht­ler der ehe­ma­li­gen DDR über­nah­men einst für sich Ador­nos Prä­mis­se: Es gibt bzw. gab kein gu­tes Le­ben im Schlech­ten. Dies soll­te vor Rein­wa­schun­gen, Weh­kla­gen und nach­träg­li­chem Wi­der­stands­pa­thos spe­zi­ell der ei­ge­nen in­tel­lek­tu­el­len Schicht war­nen. In »Ein wei­tes Feld« hat Gün­ter Grass die­sen Be­griff da­hin­ge­hend um­kreist, als er die DDR ei­ne »kom­mo­de Dik­ta­tur« nen­nen ließ und ...

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