Am 13. März 2016 sind drei Landtagswahlen in Deutschland: Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt. Während in Sachsen-Anhalt die CDU/SPD-Koalition (die man zu anderen Zeiten noch als »Große Koalition« bezeichnet hätte) auch weiter regieren dürfte, wird werden die Wahlen im Süden Deutschlands spannender. Vermutlich werden beide Ministerpräsidenten ihre Position verlieren.
Im Rheinland-Pfalz regiert Malu Dreyer (SPD), die 2013 das morsche Erbe von Kurt Beck übernommen hatte, in einer rot-grünen Koalition. Besonders interessant wird sein, ob Winfried Kretschmann (Grüne) seinen Überraschungserfolg nach der Fukushima-Katastrophe von 2011 wiederholen kann und die grün-gote Regierung bestehen bleibt.
Wie üblich gibt es vor solchen Wahlen in den lokalen Fernsehprogrammen eine Diskussionsrunde der Spitzenkandidaten. Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg liegen innerhalb der ARD beide im Zuständigkeitsbereich des Südwestrundfunks (SWR). Intendant ist Peter Boudgoust (CDU). Offensichtlich plante der SWR für die Fernsehrunde der Spitzenkandidaten auch Vertreter der aktuell nicht im Landtag vertretenen Parteien zuzulassen. Neben der FDP (die im Landtag von Rheinland-Pfalz fehlt) und der Linkspartei (in keinem der beiden Landtage dabei) sollte auch ein Repräsentant der AfD vertreten sein. All diese Parteien liegen derzeit in Umfragen bei 5% und mehr (die AfD derzeit bei 8%).
SPD und Grüne lehnten dies ab und drohten nun ihrerseits mit dem Boykott der Sendungen (besonders pikant ist dabei, dass Malu Dreyer Vorsitzende der Rundfunkkommission ist). »Mit zusammengebissenen Zähnen« beugte sich Boudgoust dieser Erpressung. Teilnehmen darf nun nur, wessen Partei im aktuellen Landtag vertreten ist. Dass man in Rheinland-Pfalz von dieser Regel 2011 eine Ausnahme machte, als man auch die Grünen in eine TV-Runde einlud, obwohl diese 2006 nur 4,6% erreicht hatten, wurde meist nicht erwähnt.
Medial erregte dies auch bei AfD-Gegnern große Aufregung. Dabei ging es weniger um das Aussperren der von vielen als faschistoid angesehen AfD als um die Tatsache, dass sich ein öffentlich-rechtlicher Sender den Vorgaben der Politik beugte. Das Vorgehen stärkt diejenigen, die im öffentlich-rechtlichen Rundfunk seit je einen »Staatsrundfunk« sehen und von politischen Kräften gelenkt.
In der Hysterie wurde kaum wahrgenommen, dass Kretschmann der Version der Boykott-Drohung und des politischen Einflusses vehement widersprach. Somit stand Aussage gegen Aussage. Wer lügt nun? Boudgoust oder Kretschmann?
Heute nun erklärte die Spitzenkandidatin der CDU, Julia Klöckner, die gute Chancen hat in einer schwarz-roten Koalition Ministerpräsidentin in Rheinland-Pfalz zu werden, dass sie an der Runde nicht teilnehmen wird. Die Gründe, die sie aufführt, sind interessant: Zum einen hätte sie bei einer Besetzung von CDU, SPD und Grüne nur mit einem Drittel der Redezeit Vorlieb nehmen müssen und sei damit der Regierungspolitik im Nachteil gewesen. Zum anderen führte sie an, dass man unliebsame politische Gegner nicht aussperrt, sondern sie mit Argumenten bekämpfen soll.
Beim näheren Hinsehen sind beide Aussagen nicht schlüssig. Zum einen hätte sie bei einer Runde mit sechs KandidatInnen (CDU, SPD, Grüne, FDP, Linke, AfD) noch weniger Redezeit gehabt. Geht man davon aus, dass CDU und FDP miteinander politisch harmonieren, wäre es bei einem Drittel geblieben. Zum anderen kann sich das Eintreten für die Diskussion mit der AfD zum Bumerang für Frau Klöckner erweisen. Man könnte ihr, die jede Kooperation mit der AfD ablehnt, dennoch eine Art von Unterstützung nachsagen.
Klöckner ist übrigens die Person, die abtrünnigen CDU-Abgeordneten am Montag in der Bundestagsfraktion (als Gast) empfahl, einfach mal »die Klappe« zu halten. Ihr Eintreten für Meinungsfreiheit und Rederecht ist also rein taktischer Natur: Sie will mit ihrer Nichtteilnahme die aktuelle Rheinland-pfälzische Regierung und gleichzeitig den SWR brüskieren.
Unvorstellbar, dass nun die Sendung ohne Klöckner als rot-grüner Talk ausgetragen wird. Denkbar ist jetzt nur noch eine Art Duell mit Klöckner und Dreyer (jeder 50% Redezeit). Aber damit würde Frau Klöckner die Nötigung der SPD durch ihre Nötigung ersetzen.
Es dürfte müßig sein, sich allzuviele Gedanken über »Burka« Klöckners Beweggründe zu machen. Logik und intellektuelle Redlichkeit sind für sie vermutlich eher vernachlässigbare Sekundärtugenden. Ihr ist schlichtweg jedes Mittel recht, um ständig öffentlich wahrgenommen zu werden. Das Traurige dabei: es funktioniert scheinbar.