Pe­ter Hand­ke / Al­fred Kol­le­rit­sch: Schön­heit ist die er­ste Bür­ger­pflicht

Die Phi­lo­lo­gi­sie­rung des Wer­kes von Pe­ter Hand­ke schrei­tet vor­an. Nach der Ver­öf­fent­li­chung des Brief­wech­sels mit Ni­co­las Born im Jahr 2005 und – ein Jahr spä­ter – Her­mann Lenz nun die Pu­bli­ka­ti­on der Kor­re­spon­denz zwi­schen Freun­den, die noch am Le­ben sind (Al­fred Kol­le­rit­sch).

Peter Handke / Alfred Kolleritsch: Schönheit ist die erste Bürgerpflicht

Pe­ter Hand­ke / Al­fred Kol­le­rit­sch: Schön­heit ist die er­ste Bür­ger­pflicht

Die­se ist zu­nächst ein­mal für den werk­in­ter­es­sier­ten und ein biss­chen kun­di­gen Le­ser von Be­deu­tung, aber oben­drein für den durch E‑Mail oder SMS in­zwi­schen dem Brief­schrei­ben ent­wöhn­ten Zeit­ge­nos­sen. So ist die­ser Brief­wech­sel zwi­schen Al­fred Kol­le­rit­sch (ge­bo­ren 1931) und dem elf Jah­re jün­ge­ren Hand­ke zu­sätz­lich ein Do­ku­ment ei­ner schwin­den­den Kul­tur­tech­nik – ei­ner Kul­tur­tech­nik des Wor­tes, der Nu­an­ce, der Al­bern­heit, der Ernst­haf­tig­keit, der Schwer­mut (und auch des Nach­schau­ens im Brief­ka­sten ob der sehn­suchts­voll er­war­te­ten Ant­wort).

Vie­le der – man ahnt es im Ver­lauf des Bu­ches – schö­nen, ja: rei­chen Brie­fe Kol­le­rit­schs sind nicht mehr da (der Ver­lust wohl Hand­kes zahl­rei­chen Um­zü­gen ge­schul­det), so dass die Kor­re­spon­denz von Pe­ter Hand­ke ei­ne Über­zahl bil­den. Manch­mal kann man auf­grund der Ant­wor­ten ein biss­chen er­ah­nen, was wohl im Brief ge­stan­den ha­ben mag – spä­ter, wenn dann auch Kol­le­rit­sch-Brie­fe ab­ge­druckt sind, merkt man, dass man die­sen Stil dann ver­misst.


Fast von An­fang sind die Vor­aus­set­zun­gen ver­dreht: Nicht der äl­te­re pro­te­giert den jun­gen Schrift­stel­ler – nein, es ist Kol­le­rit­sch der (be­son­ders zu Be­ginn) mas­siv um Hand­ke fast buhlt, der (na­tür­lich) das gro­sse Ta­lent er­kennt und im­mer Neu­es für sei­ne Li­te­ra­tur­zeit­schrift »Ma­nu­skrip­te« nach­fragt. Manch­mal kann Hand­ke die­sen Wün­schen gar nicht nach­kom­men, zu­mal er schnell ziem­lich »pro­mi­nent« wird (Dein Pe­ter Hand­ke, Er­folgs­au­tor zeich­net er ein­mal sel­ber halb ko­ket­tie­rend, halb er­schrocken) und – vor al­lem – sehr pro­duk­tiv und da »Ma­nu­skrip­te« im­mer nur bis da­to un­ver­öf­fent­lich­tes Ma­te­ri­al auf­nimmt, ist die Ex­klu­si­vi­tät der Bei­trä­ge häu­fig nur von kur­zer Dau­er und manch­mal kon­sta­tiert Hand­ke, er ha­be ein­fach nichts.

Nie­mals steigt Hand­ke der Er­folg zu Kopf. Im Ge­gen­teil: Er un­ter­stützt die Zeit­schrift fi­nan­zi­ell, so­bald sich sei­ne ei­ge­ne Si­tua­ti­on ver­bes­sert (das Buch be­ginnt mit ei­nem Brief Hand­kes, mit dem er um ei­nen Fahr­ko­sten­vor­schuss er­sucht). Er wird früh selb­stän­di­ger Schrift­stel­ler, wäh­rend Kol­le­rit­sch im­mer sei­ne Leh­rer­tä­tig­keit aus­übt und Schrift­stel­ler und Her­aus­ge­ber »ne­ben­bei« bleibt.

Bei al­ler Loya­li­tät be­an­stan­det Hand­ke im Ein­zel­fall sehr wohl Bei­trä­ge im Heft. Und auch die Ge­dich­te von Kol­le­rit­sch be­legt er ab und an mit sub­ti­ler Kri­tik: Ich hör­te dar­in ein we­nig zu sehr Dei­ne ei­ge­ne Stim­me, sah zu sehr Dei­ne Ge­stalt; das hie­sse, ein and­rer, der Dich nicht kenn­te, sä­he wahr­schein­lich zu we­nig Ge­stalt, d. h. Sprach­ge­stalt.

Es gibt viel Pri­va­tes in die­sen Brie­fen, vie­le Ter­min­ab­spra­chen, ei­ni­ge (un­er­hör­te) Wün­sche nach Tref­fen, Le­sun­gen, Ge­schrie­be­nem und nach ver­stan­den-wer­den- wol­len. Und es gibt auch ei­ni­ges Lu­sti­ge wie bei­spiels­wei­se die­ser Brief Hand­kes am Tag sei­ner Hoch­zeit mit Libgart Schwarz, den er in al­bern-eu­pho­ri­schem Duk­tus schreibt oder als Hand­ke ei­ne Elek­tro­gi­tar­re ge­schenkt be­kommt und be­merkt, dass jetzt nur noch et­was aus ihm wer­den müs­se. Meist aber vie­le Zwei­fel, Über­druss, ei­ne erd­um­span­nen­de Träg­heit oder ei­ne Nach­denk­lich­keit. Und im­mer mal wie­der Al­ko­hol (auf bei­den Sei­ten) und – de­zent – die Frau­en. Spä­ter die Va­ter­freu­den (und –lei­den).

Merk­wür­dig die­se schon früh auf­kom­men­de, ängst­li­che Zu­rück­hal­tung Hand­kes je­der Art von Ver­net­zung, je­der grup­pen­ähn­li­chen Ver­bin­dung ge­gen­über, die so­fort in den Ver­dacht ge­rät, Kum­pa­nei zu sein. So­gar bei Suhr­kamp ver­hiel­ten sich ei­ni­ge of­fen­sicht­lich knilchös. Und auch Kol­le­rit­sch ist für ihn ein­ge­dun­stet in den Be­trieb; sei­ne Ver­bin­dun­gen in und zur Gra­zer Li­te­ra­tur­sze­ne (u. a. »Fo­rum Stadt­park«) fast su­spekt. Was Hand­ke al­ler­dings spä­ter nicht dar­in hin­der­te, we­nig­stens teil­wei­se durch sein Ju­ro­ren­tum beim Pe­trar­ca- bzw. Her­mann-Lenz-Preis sel­ber ein Teil ei­nes li­te­ra­ri­schen Zir­kels zu sein. Und ir­gend­wie fühlt man sich an die letz­ten Sät­ze im fein­spü­ri­gen (und hö­rens­wer­ten) Ge­spräch mit Mi­cha­el Kerb­ler (un­längst im Wie­ser-Ver­lag als CD mit Text­buch er­schie­nen: »…und mach­te mich auf, mei­nen Na­men zu su­chen«) er­in­nert: »Das Al­lein­sein ist kei­ne Lö­sung, und das dau­ern­de Ge­mein­sam, das ist, glau­be ich, noch ver­derb­li­cher. Das gan­ze Ge­heim­nis im Le­ben ist der Ab­stand – der Ab­stand und der Rhyth­mus, was man aus dem Ab­stand macht.«

Ein­her geht die­se Scheu mit den oft er­staun­li­chen »Ge­ständ­nis­sen« Hand­kes, schon seit Ta­gen (5) nie­man­den mehr ge­trof­fen zu ha­ben au­sser ei­ner Por­tu­gie­sin, die seit ein paar Wo­chen manch­mal bei mir auf­räumt. Das sei, so Hand­ke, auch ei­ne Art Ex­pe­di­ti­on. Aber auch ei­ne Art Be­kennt­nis, wenn er da­von schreibt, sich aufs Woh­nen zu freu­en, wie ich mich noch nie auf so et­was ge­freut ha­be. Ste­tig ist da nur die Un­ste­tig­keit, die Am­bi­va­len­zen zwi­schen Sess­haf­tig­keit und Rei­se­lust (es gibt auch ei­nen lau­ni­gen Gruss von der ewi­gen Flucht an den Freund, dem es aber of­fen­sicht­lich ge­lingt, den »Flüch­ti­gen« ir­gend­wie zu er­rei­chen).

Dann wie­der ent­mu­tigt: Was für fal­sche Ideen ich vom Schrei­ben hat­te. Und auch die­se Ver­zagt­hei­ten, am stärk­sten En­de 1996, nach den bei­den Bü­chern »Ei­ne win­ter­li­che Rei­se zu den Flüs­sen Do­nau, Sa­ve, Mo­ra­wa und Dri­na oder Ge­rech­tig­keit für Ser­bi­en« und »Som­mer­li­cher Nach­trag zu ei­ner win­ter­li­chen Rei­se«, als Hand­ke Kol­le­rit­sch bit­tet mit »Pe­tar Sivec« (Mut­ter-Na­me, ju­go) zu ver­öf­fent­li­chen, denn durch das Zeug, was letz­tens schalt­satz­wei­se ge­gen mich in den »m« stand kann (oder will?) er nichts mehr mit mei­nem Na­men da pu­bli­zie­ren. Aber gleich die Ge­ste zum Freund: Klar, dass das nichts mit uns bei­den zu tun hat. Es ist ei­ne ob­jek­ti­ve Ge­ge­ben­heit, und un­ser bei­der Weih­nachts- und Pfingst­ge­schich­te wird um­so er­freu­li­cher wei­ter­ge­hen.

Der Re­spekt und die Freund­schafts­ge­füh­le auf bei­den Sei­ten – im­mer ge­gen­wär­tig. (Sie ha­ben selbst – wie Kol­le­rit­sch im Nach­wort schreibt – ein ge­mein­sa­mes Lied.) Trotz ge­le­gent­lich di­ver­gie­ren­der Mei­nun­gen, nicht er­hal­te­ner Ant­wor­ten (bei­de Sei­ten mah­nen manch­mal Aus­künf­te oder Fest­le­gun­gen an, de­rer sich der je­weils an­de­re non­cha­lant wi­der­setz­te) oder an­de­rer Emp­find­lich­kei­ten. So mo­niert Kol­le­rit­sch ein­mal, dass Hand­ke wäh­rend ei­nes Spa­zier­gangs ein No­tiz­buch zückt und et­was zu schrei­ben be­ginnt. Hand­ke be­schwich­tig­te, er soll es nicht so wich­tig neh­men – um dann ein Jahr spä­ter die­sen »Vor­falls« wie­der auf­zu­neh­men: Ich wer­de wohl nicht ‘in der Ar­beit’ sein, wie beim letz­ten Mal, wo Du, An­fang De­zem­ber, be­lei­digt warst von mei­nem Ab­drif­ten zum No­tiz­buch, als wir in den Wäl­dern gin­gen.

Der Ver­lag ver­si­chert, dass nichts ge­stri­chen wur­de und kei­ne »Rück­sich­ten« hin­sicht­lich de­spek­tier­li­cher Äu­sse­run­gen an­de­ren Per­so­nen ge­gen­über ge­nom­men wur­den. Ob­wohl In­vek­ti­ven nicht vor­kom­men, in­ti­me De­tails der bei­den Brief­schrei­ber eher sel­ten be­rich­tet wer­den (Ich le­be recht für mich im Mo­ment, oh­ne Vö­geln, und war­te auf die Frau mei­nes Le­bens – Hand­ke 1976) und Klatsch­ge­schich­ten sind eher rar (gut so). Dass Hand­ke sei­ne Frau Libgart mal als faul be­ti­telt (sie sor­tiert Kol­le­rit­schs Brie­fe, den Hand­ke mit Fre­dy an­re­det un­ter »Fred­dy Quinn«) oder Mar­cel Reich-Ra­nicki ein­mal als gemeindumme[s] Mon­ster von Frank­furt, ei­ni­ge an­de­re Li­te­ra­tur­kri­ti­ker als ei­ne Hor­de von Ge­sin­del be­zeich­net oder in Grass’ Buch kei­nen Mo­ment der Wahr­heit ent­deckt – das sind schon fast die def­tig­sten Sen­ten­zen.

Das Buch bie­tet ei­ni­ge Mi­nia­tu­ren zur zeit­ge­nös­si­schen Li­te­ra­tur bzw. Li­te­ra­ten aber nur sel­ten tie­fe Ein­blicke in den »Be­trieb«. Gleich am An­fang ei­ne Über­ra­schung, denn Pey­manns In­sze­nie­rung der »Pu­bli­kums­be­schimp­fung« (1968) fin­det Hand­ke ganz schlecht. Bis­wei­len wirkt er auch ein biss­chen hilf­los, et­wa wenn er Be­such von sei­nem da­ma­li­gen Über­set­zer hat: Mi­cha­el Rol­off ist im Mo­ment in Pa­ris und trägt ei­nen wild­le­der­nen Hut mit ei­ner lan­gen Fa­sa­nen­fe­der dar­an. Er isst Au­stern schon zum Früh­stück und ist freund­lich und auf ei­ne manch­mal wohl­tu­en­de Wei­se lang­wei­lig. Ein­fühl­sa­mes zu Ka­rin Struck (de­ren Li­te­ra­tur ihm nicht zu­sagt, aber ih­ren Fu­ror re­spek­tier­te er). Re­ser­viert Hand­kes Ur­teil über Ger­hard Roth, den er ei­ner zu gro­sser Rou­ti­ne be­zich­tigt.

Kol­le­rit­schs Kri­tik an John Ber­gers zwei­tem Er­zähl­band (stilisiert…nicht vom Le­ben durch­drun­gen, son­dern nach ei­ner Ideo­lo­gie ge­ar­bei­tet) setzt Hand­ke über­ra­schend we­nig ent­ge­gen und über den Tho­mas Bern­hard von 1985 gibt es von Kol­le­rit­sch die Ein­schät­zung, es han­de­le sich um ei­nen Zi­ta­ten­schatz der Ne­ga­ti­on, der den letz­ten Ernst, die letz­te Li­te­ra­tur + Sehn­sucht da­nach, ver­dampft. Jah­re vor­her schon Hand­ke (in an­de­rem Be­zug, aber durch­aus tref­fend): Elend macht ei­nen der Un­ernst.

Es gibt sehr schö­ne Stel­len, ja er­grei­fen­des, et­wa wenn Hand­ke von Kol­le­rit­schs Mut­ter, von der er so ehr­furchts­voll spricht, ih­rem Gar­ten und den To­ma­ten und die­sem Ort Brunn­see (Kol­le­rit­schs Ge­burts­ort) schwärmt. Brunn­see wird für bei­de zum fast my­thi­schen Sehn­suchts- und Freund­schafts­ort. Und Kol­le­rit­schs Be­mer­kun­gen, Ein­wür­fe und Re­fle­xio­nen zu Hand­kes Bü­chern sind, ob­wohl aus­nahms­los po­si­tiv nie de­vot, son­dern höchst an­re­gend und von stu­pen­der Ana­ly­se­kraft – üb­ri­gens auch, was die Re­zep­ti­on durch die Li­te­ra­tur­kri­tik an­geht. Das al­lei­ne lohnt die Lek­tü­re.


Al­le kur­siv ge­druck­ten Pas­sa­gen sind Zi­ta­te aus dem be­spro­che­nen Buch.


4 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Dan­ke
    fuer die vor­sich­ti­ge Dar­stel­lung. Die Brie­fe moech­te ich le­sen. Und »Die mo­ra­wi­sche Nacht« – bin erst zu der Ju­gend­ge­schich­te auf KrK ge­kom­men, le­se lang­sam und mit Ge­nuss.

  2. Hier Kommentar/e zu Lo­thars schö­nen Ein­drücken von der Handke/ Kol­le­rit­sch Kor­re­spon­denz –Die Phi­lo­lo­gi­sie­rung des Wer­kes von Pe­ter Hand­ke schrei­tet vor­an– vie­les wohl wie­der­holt aus mei­nem „Dem Hand­ke auf die Schli­che.«

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    Ich nu­me­rie­re was mir auf An­hieb und Über­le­gung da­zu ein­fällt. Auf Deutsch und auch auf Eng­lish. Das Buch hat mich noch nicht er­reicht, des­we­gen kommt spä­ter viel­leicht noch wei­te­res. Be­son­ders in­ter­es­sie­ren mich die frue­hen Jah­re bis zum en­der der er­sten Pa­ri­ser Pe­ri­ode so um 1978 her­um und den Um­zug nach Salz­burg da­nach, da ich Hand­ke zu der Zeit öf­ters sah und die­se Pe­ri­ode ja auch li­te­ra­risch am be­sten do­ku­men­tiert und des­we­gen der Ana­ly­se ge­öff­net ist.

    Handke’s „de­fen­ses“ und sei­ne Über­emp­find­lich­keit wur­den ja stark plötz­lich stark ge­te­stet zu der Zeit – von dem Selbst­mord der Mut­ter [1971], des Ab­hau­ens des Weibs [wie so bei vie­len an­de­ren Ver­nach­läs­si­gern war das dann „das schlimm­ste was mir in mei­nem Le­ben pas­siert ist“: ob es die­sen wie­der er­war­ten Miso­gy­ni­sten ver­än­dert hat? Ich sa­ge „wie­der Er­war­ten“ , da man doch, von der Lek­tü­re des „Wunsch­lo­sen Un­glücks“ das Ge­gen­teil von Miso­gy­nie an­neh­men wür­de, bis man sich das Ver­hält­nis zum ge­hass­ten aber doch Vor­bild Stief­va­ter über­legt, mal ge­nau das W.U. le­sen, so als Mediziner/Analytiker mit ein­füh­len­der lie­ben­der Fan­ta­sie!!!] ; al­lein ei­ne Toch­ter zu er­zie­hen war auch nicht teil Handke’s Zu­kunfts­traum!

    [1] Er­stens ‑kein Zi­tat – ich ha­be kein Ver­hält­nis zu Fred­dy Kol­le­rit­sch oder sei­nem Werk. Ha­be viel­leich ein oder zwei Ge­dich­te ge­le­sen, Hand­ke hällt sehr viel von ih­nen, ih­re Sim­pli­zi­tät. Daß ich die Ge­dich­te nicht ken­ne, hat da­mit zu tun daß ich kein Ar­gus bin. Man kann mei­nen Ar­beits­lauf ver­fol­gen http://www.roloff.freehosting.net/index.html Kol­le­rit­sch soll dem Heid­eg­ger ver­schwo­ren sein, Hand­ke ja nicht; na und was schon. Viel­eicht tu ichs nach der­Lek­tü­re.

    Kol­le­rit­sch und Hand­ke und Libgart wa­ren auf Kul­tur­gut Rei­se durch die USA [21 Le­sun­gen in 28 Ta­gen oder um­ge­kehrt] als sie bei mir 1971 auf­tauch­ten, da­mals noch Hand­ke Lek­tor bei Farr­ar, Straus, auch Über­set­zer, al­so auf Über­gang, zwi­schen den Schwel­len,

    http://www.handketrans.scriptmania.com

    [the pie­ce on trans­la­ting the­se ear­ly pie­ces]

    schon Suhr­kamp Ver­tre­ter durch Lan­tz-Do­na­dio, ehe­mah­li­ger Re­gis­seur der frü­hen Stücke mit ei­ner Trup­pe aus ech­ten wil­den Hip­pies. Ich war ge­ra­de ge­schie­den von der er­sten Frau, hat­te ei­ne Lieb­schaft mit ei­ner flax haa­re­nen Pro­fes­so­rin, Kunst­hi­stor­ke­rin mit zwei Kin­dern von Sa­rah Law­rence Col­lege, auch ge­ra­de ge­schie­den, und war so halb wild, aber da­mals noch viel zu höf­lich. Es gab die er­ste re­zen­sier­te Hand­ke Auf­füh­rung an der B.A.M. Libgart spiel­te ra­sant BODENSEE am Ge­län­der des Au­stri­an Cul­tu­ral In­sti­tuts. I took them to Elaine’s, we went to The Rus­si­an Tea Room. Hand­ke and Libgart and I sup­po­se K. too went to see a Broad­way show wi­th Lau­ren Ba­call that he has com­men­ted on it be­ing sad to see this star in this play.

    Hand­ke + Kol­le­rit­sch war ein in Li­te­ra­tur­ge­sprä­che ver­wick­le­tes Pär­chen als wel­ches sie ja auch [Kol­le­rit­sch als Oest­reischer Dra­ma­turg {?} so un­ge­fähr] in dem ra­san­ten Ro­man ‚Der Kur­ze Brief zum lan­gen Ab­schied’ er­schei­nen, Ge­sprä­che die ich wohl ver­stan­den hät­te, aber wir hat­ten ein an­de­res Vo­ka­bu­lar, oder sa­gen wir: an­de­re te­le­gra­phi­sche Kurz­for­meln; zu der Zeit hat­te ich schon viel ge­le­sen und ei­ni­ges durch­ge­macht. Der Ro­man soll­te, des­we­gen, auch mal mit die­ser Kor­re­spon­denz, dem Kol­le­rit­sch Ver­hält­niss im Sinn ge­le­sen wer­den.

    Was mich von Hand­ke über­zeug­te, wahr­lich nicht ‚Die Hor­nis­sen’, aber ei­ni­ge Pro­sa in „Be­grü­ßung des Auf­sicht­rats«, wa­ren ins­be­son­ders die “die frü­hen Stücke, die ich da­mals wohl schon al­le über­setzt hat­te, so­wie, „Der Hau­sie­rer“ vor des­sen Über­set­zung ich zu­rück­ge­schreckt war als Hand­ke er­zähl­te daß vie­les da­von aus ver­deutsch­ten Zi­ta­ten aus Ame­ri­ka­ni­schen Kri­mis und so be­stand, den “Tor­man;“ aber ins­be­son­ders die Ar­beit an den Auf­füh­run­gen: da bei den Übun­gen rausch­te die „Mu­sic of the Sphe­res“ aus oder durch oder mit in dem Syn­tax hin­ein in die­se Tex­te, mich über­zeug­te, wis­sen ließ daß der Bur­sche was ganz be­son­de­res los hat­te... ich wuß­te schon ir­gend­wie ist der Kerl ein Mu­si­ker der sich in die Spra­che an­stat­te Gi­tar­re ge­flüch­tet, kei­ne Ah­nung wie groß das wer­den könn­te, aber kaum; und war­um er im­mer so pro­duk­tiv sein muß­te. Im „Kur­zen Ab­schied“ ist auch be­merk­bar die ver­fol­gen­de Frau, ei­ne Über­set­zung, viel­leicht, des emo­tio­na­len Ver­suchs der schwer ver­nach­läs­sig­ten Libgart Hand­ke emo­tio­nal zu er­rei­chen; er fühl­te es wohl aber konn­te nicht emo­tio­nal ent­geg­nen, nur wei­ter flie­hen; es wür­de noch ei­ni­ge Jah­re dau­ern bis zum Mo­ment der »Emp­fin­dung«; Hand­ke gibt sei­ne emo­tio­nal­le Ver­kap­se­lung auch sei­nem Psy­cha­ter zu, vi­de „Ge­wicht der Welt“; dann wur­de es den Le­sern plötz­lich zu heiss; John Rock­well in der NY Times fand den „Kur­zen Brief“ schon gross­ar­tig, aber zu kalt.

    Wor­auf ich nicht vor­be­rei­tet war: daß Hand­ke sich als ein aü­ßerst ar­ro­gan­tes We­sen und wah­rer Dorf Töl­pel ent­pup­pen wür­de. „Toll­patchig“ nennt das ge­haß­te Reichs-Ka­nickel ihn. Das wur­de mir erst ver­ständ­lich als ich von Hand­kes Au­tis­mus er­fuhr: ein wah­rer Kas­par war er da­mals. Hät­te ich nicht die­se ver­schie­de­nen Ver­hält­nis­se zu ihm ge­habt, dass war so je­mand den man ei­gent­lich aus der Woh­nung bug­sie­ren soll­te.

    Als die drei von ih­rer Rund­rei­se zu­rück ka­men war Kol­le­rit­sch zu To­de er­schöpft, leg­te sich auf mein Ehe­bett, er hat­te ein leich­te Ta­chy­char­dia. Hand­ke woll­te so­fort zu ei­ner in­ter­na­tio­na­len Zeit­schrift Hand­lung, er war von land­brei­tem Schimpf­e­rei­en und Ex­hi­bi­tio­nen sei­nes Selbsts voll von En­er­gie. Das hat dann auch lan­des­weit Wun­den hin­ter­las­sen, ich be­kam Nach­richt da­von als ich wie­der auf der West­kü­ste. Libgart be­kam das Bett in mei­nem Ar­beits­zim­mer, wo ich die Ver­nach­lä­ßig­te ge­konnt flir­tie­ren­de be­lieba­ü­gel­te. Sie ist ja ihm auch bald ab­ge­hau­en. Manch­mal ist das arm­sein dann ein Glück .

    Du­ring Handke’s vi­sit to NY in 1976 Ami­na ma­de an unusual­ly quiet im­pres­si­on for a girl her age [6–7], and the­re was a time that Hand­ke con­tem­pla­ted li­ving the­re, and I checked out bi­lin­gu­al French/American schools for him; I think the months spent in NY wri­ting LANGSAME HEIMKEHR cu­red him of that fan­ta­sy, for­t­u­n­a­te­ly. On­ce on the ro­of of my loft at 65 West Broad­way – it was at about the time that he star­ted to wri­te “Lang­sa­me Heim­kehr” in the Ho­tels Adams [vi­de Nie­mands­bucht], he men­tio­ned »hier ist es aber hart« – I guess you could de­tect that just be wal­king the streets of the ci­ty. I did­n’t find the re­gu­lar New Yor­kers to be any mo­re or less call­ous than el­se­whe­re; if one can ge­ne­ra­li­ze about mat­ters of that kind, ex­cept of cour­se the class and mo­ney com­pe­ti­ve­ness. The­re we­re other vi­sits, other events, a nice evening at the shoe­box si­zed bar Barnabus Rex whe­re fri­end An­dre­as No­va [Ace] was the chief ten­der, and ex­tra­or­di­na­ry mo­ment of ge­ne­ro­si­ty on Handke’s part; a walk across the Brook­lyn Bridge to vi­sit Mi­cha­el Brod­s­ky which are de­scri­bed at so­me length in SCHLICHE at:

    as is a – Ein Be­such auf dem Mönchs­berg in 1980 –

    Our cor­re­spon­dence, from 1969 to 1986, con­sists of about 75 let­ters; the most im­portant du­ring the trans­la­ti­on of “Über die Doer­fer,” the most im­portant ex­cerp­ts can be found in my post­script to “Walk About the Vil­la­ges” as it is cal­led in Eng­lish [Ari­ad­ne Press]

    [2] ...des Wor­tes, der Nu­an­ce, der Al­bern­heit, der Ernst­haf­tig­keit, der Schwer­mut (und auch des Nach­schau­ens im Brief­ka­sten ob der sehn­suchts­voll er­war­te­ten Ant­wort).

    [2‑a] „Al­bern« – als die drei von der Rund­rei­se zu­rück, frag­ten sie mich ob ich wüß­te mit wel­chem Be­rühm­ten im sel­ben Flug­zeug nach At­lan­ta sie ge­we­sen sei­en. Ich woll­te mir gar nicht den Kopf zer­bre­chen über so et­was: es was der Mu­ham­med Ali und sie hat­ten sich ein Au­to­graph er­gat­tert! Und lach­ten im­mer noch wie Die­be.

    [2‑b]...Ja es war schon wun­der­lich, den ‚Er­folgs­au­tor’ ei­gent­lich dann ganz oder ziem­lich ver­einsamt in Pa­ris zu se­hen und sich Kor­re­spon­denz wün­schend, da er ja nicht lan­ge mit Men­schen im sel­ben Zim­mer blei­ben kann... und sie nach fünf Mi­nu­ten weg­schick­te – ob­wohl er sich Be­such wünsch­te... Ich kratz­te mir lan­ge den Kopf. „Du schreibst ja schon wie­der« no­tiert Hand­ke ei­ne Be­mer­kung der jun­gen Toch­ter Ami­na im „Ge­wicht der Welt«, das Buch, in dem er wohl mehr ver­öf­fent­lich­te, als er – sonst so er­picht auf »clea­ned-up« Bio­gra­phien und Es­say Samm­lun­gen über sein Werk – dann spä­ter an­ge­nehm ge­fun­den ha­ben mag.

    Zu­sam­men mit den an­de­ren au­tio­bio­gra­pisch an­ge­leg­ten Tex­ten der Zeit – „Wah­re Emp­fin­dung,“ Blaue Ge­dicht“,“ Le­ben oh­ne Poe­sie“, „Kin­der­buch“, auch der Über­gang zu dem er­lö­sen­den my­thi­schen, „Links­hän­di­ge Frau,“ wird die­se Kor­repon­denz ei­nen schö­nen wei­te­ren Ein­blick in die Gei­stes­ver­faßung des Dich­ters zu schwie­ri­ger Zeit ge­wäh­ren.

    [3] Vie­le der – man ahnt es im Ver­lauf des Bu­ches – schö­nen, ja: rei­chen Brie­fe Kol­le­rit­schs sind nicht mehr da (der Ver­lust wohl Hand­kes zahl­rei­chen Um­zü­gen ge­schul­det Wenn Libgart Schwartz da­zu de­li­giert war ei­ne Fred­dy »Quinn Samm­lung zu ma­chen und Hand­ke sei­ne ge­sam­mel­ten Ta­ges­t­aschen­blei­stift­sa­chen an Mar­bach so­wie an ein östrei­chi­sches De­pot ver­kauft hat.... [nur eins ist an­geb­lich ver­lo­ren ge­gan­gen] ist das eher wun­der­lich. So viel ist Hand­ke auch nicht um­ge­zo­gen. In Pa­ris war er lan­ge Jahr an der Rue Mont­mo­ren­cy, dann kür­zer in Meu­don, wo er das Ka­nin­chen­loch in der Hecke zur Nie­mands­bucht er­späh­te wo er dann in sei­nem zwei­ten Pa­ri­ser Auf­en­halt schon seit un­ge­fähr 1990 wohnt. Au­ßer der Er­dum­wan­de­rung hin und her Flie­gen, nach­dem Ami­na ih­re Ma­tu­ra in Salz­burg er­reicht, war er doch sess­haft, au­ßer vie­len Wan­de­run­gen durch vie­le Tei­le Yu­go­sla­vi­ens und Spa­ni­ens, etc. Brie­fe in den Ab­fall wahr­schein­lich.

    [3] . (Dein Pe­ter Hand­ke, Er­folgs­au­tor zeich­net er ein­mal sel­ber halb ko­ket­tie­rend, halb er­schrocken) Ich wür­de hier das un­si­che­re be­to­nen, was „self-con­scious« auf Eng­lish heißt, was nichts mit selbst­be­wußt zu tun hat. Hand­ke weiß, daß er von au­ßer­halb an­ge­se­hen wird, von ei­nem ver­äu­ßer­lich­ten Su­per-Ego Au­ge. Es taucht le­bens­lang auf. Die Un­si­cher­heit ist auch schön und pro­duk­tiv; es ist wenn er zu Na­po­le­on­haft wird dann lan­det er in der Sup­pe,

    [4]Nie­mals steigt Hand­ke der Er­folg zu Kopf. Na viel­leicht nicht in der Kor­re­spon­denz mit Fred­dy, aber sonst schon... Freund Lie­ber be­merk­te den ge­schwol­lenn Kopfs so­fort als ich mich schon dar­an ge­wöhnt hat­te; und ich Al­les­wis­sen­der weiss auch war­um!

    [5] Und auch die Ge­dich­te von Kol­le­rit­sch be­legt er ab und an mit sub­ti­ler Kri­tik: Ich hör­te dar­in ein we­nig zu sehr Dei­ne ei­ge­ne Stim­me, sah zu sehr Dei­ne Ge­stalt; das hie­ße, ein and­rer, der Dich nicht kenn­te, sä­he wahr­schein­lich zu we­nig Ge­stalt, d. h. Sprach­ge­stalt. Er­in­nert an ge­wis­se Pas­sa­gen in „Über die Dör­fer,« und den Grund sei­ner Handke’s Aes­the­tik.

    [6]Meist aber vie­le Zwei­fel, Über­druss, ei­ne erd­um­span­nen­de Träg­heit oder ei­ne Nach­denk­lich­keit. Und im­mer mal wie­der Al­ko­hol (auf bei­den Sei­ten) und – de­zent – die Frau­en. Spä­ter die Va­ter­freu­den (und –lei­den). Ja, wie er no­tiert in den Ta­ge­bü­chern, ent­we­der ar­bei­te ich oder ich lun­ge­re her­um, es ist wenn er her­um­lun­ger­te gibts we­ni­ger er­freu­li­che Sa­chen wie so bei al­len De­lin­quen­ten. Auch der Toch­ter ge­gen­über wenn man „Ge­wicht der Welt« ge­nau liest.

    Die Träg­heit hat auch si­cher­lich mit der tie­fen in Ute­ro an­ge­lau­fe­nen – ana­cly­tic – De­pres­si­on zu tun, er schreibt dann in­ten­si­ve et­was, am An­fang nie län­ger als drei Mo­na­te an ei­nem Buch, fühlt sich sie­ge­risch, der Le­ser taucht mit dem Au­tor in De­pres­si­on ein und steigt mit ihm er­löst er­frischt wie­der auf, ein Freu­den­stoff nann­te ein lie­ber Hand­ke­schaft­ler das, und es stimmt. Ge­sund ma­chend, er­hal­tend, vol­kom­men un­er­war­tet auf die­se Art Sur­ro­gat zu wer­den. So was hat auch Freud nicht vor­ge­stellt.

    [7] Merk­wür­dig die­se schon früh auf­kom­men­de, ängst­li­che Zu­rück­hal­tung Hand­kes je­der Art von Ver­net­zung, je­der grup­pen­ähn­li­chen Ver­bin­dung ge­gen­über, die so­fort in den Ver­dacht ge­rät, Kum­pa­nei zu sein. Hand­ke mach­te ei­ne gan­ze Zeit bei dem Ver­lag der Au­toren mit bis er dann sei­ne Sa­chen da zu­rück­ge­for­dert hat für den Suhr­kamp Ver­lag, für Un­seld. Das Wort „com­pad­re« hat die sel­be Wur­zel wie Kum­pa­nei. Hand­ke ist ak­ku­rat und ehr­lich wenn er schreibt, daß er mit­füh­lend ist auf Di­stanz – und wie! und mit wel­cher An­ten­ne auch – auf Nä­he eben nicht, weil er je­den­falls mit Män­nern im­mer gleich Pil­ze sam­meln ge­hen muß/te. Der Ekel an an­de­ren Kör­pern, der ihn zu­erst im In­ter­nat er­fass­te. Der Petrarca/ Lens Preis und Hand­ke ’s mit­tun da­bei wäh­re un­mög­lich au­sser sei­ner Freun­schaft zum Mae­zän Hu­bert Bur­da; er emo­ög­licht, dass Hand­ke Gu­tes für ver­nach­läs­sig­te Schrift­stel­ler tut.

    HANDKE ZITAT: »Das Al­lein­sein ist kei­ne Lö­sung, und das dau­ern­de Ge­mein­sam, das ist, glau­be ich, noch ver­derb­li­cher. Das gan­ze Ge­heim­nis im Le­ben ist der Ab­stand – der Ab­stand und der Rhyth­mus, was man aus dem Ab­stand macht.«— Das hät­te er je­der Frau als Vi­si­ten­kar­te in die Hand drücken sol­len und es hät­te we­ni­ger Ge­schimp­fe über „die mo­der­ne Frau« ge­ge­ben.

    [8] Ein­her geht die­se Scheu mit den oft er­staun­li­chen »Ge­ständ­nis­sen« Hand­kes, schon seit Ta­gen (nie­man­den mehr ge­trof­fen zu ha­ben au­ßer ei­ner Por­tu­gie­sin, die seit ein paar Wo­chen manch­mal bei mir auf­räumt. – Ja wenn man da bei Hand­ke auf­tauch­te und nach fünf Mi­nu­ten woll­te er nicht mehr. [sie­he wei­ter un­ten]

    [9] ei­ne Art Be­kennt­nis, wenn er da­von schreibt, sich aufs Woh­nen zu freu­en, ‚wie ich mich noch nie auf so et­was ge­freut ha­be.’ – Ja, so was be­merk­te ich ein­mal als ich ihm auf sei­nen Wunsch Vor­or­te in Long Is­land zeig­te. Ru­he, Zu­rück­ge­zo­gen­heit zum Ar­bei­ten. Hät­te mir zu der Zeit nicht vor­stel­len kön­nen, daß ich mich ein­mal ge­nau so füh­len wür­de.

    [10] Dann wie­der ent­mu­tigt: ‘Was für fal­sche Ideen ich vom Schrei­ben hat­te.’ Hier bin ich in­ter­es­siert am Da­tum die­ses Ge­ständ­nis­ses. Es gibt ja so ein hal­bes Dut­zend Pha­sen in Handke’s Ent­wick­lung.

    [11] Und auch die­se Ver­zagt­hei­ten, am stärk­sten En­de 1996, nach den bei­den Bü­chern »Ei­ne win­ter­li­che Rei­se zu den Flüs­sen Do­nau, Sa­ve, Mo­ra­wa und Dri­na oder Ge­rech­tig­keit für Ser­bi­en« und »Som­mer­li­cher Nach­trag zu ei­ner win­ter­li­chen Rei­se«, als Hand­ke Kol­le­rit­sch bit­tet mit ’ «Pe­tar Sivec« (Mut­ter-Na­me, ju­go) zu ver­öf­fent­li­chen, denn durch das Zeug, was letz­tens schalt­satz­wei­se ge­gen mich in den »m« stand’ kann (oder will?) er ’nichts mehr mit mei­nem Na­men da pu­bli­zie­ren.’ Aber gleich die Ge­ste zum Freund: Klar, daß das nichts mit uns bei­den zu tun hat. Es ist ei­ne ob­jek­ti­ve Ge­ge­ben­heit, und un­ser bei­der Weih­nachts- und Pfingst­ge­schich­te wird um­so er­freu­li­cher wei­ter­ge­hen. Ja, ich denk schon seit Jah­ren lie­ber an Pe­tar Sivec oder Pe­ter Schön­herr [der Na­me des Va­ters] als an „Hand­ke«; der Stief­va­ter, der nur Üb­les in ihn und sein Le­ben seit dem 2tn Le­bens­jahr ge­bracht hat; auch sein Ver­hält­nis zu Frau­en le­bens­lang tief ge­stört. Noch­mals: Die Leut’ soll­ten „Wunsch­lo­ses Un­glück« mal wie Me­di­zi­ner le­sen nicht nur wie Spa­ni­els prei­sen!

    [12] So mo­niert Kol­le­rit­sch ein­mal, daß Hand­ke wäh­rend ei­nes Spa­zier­gangs ein No­tiz­buch zückt und et­was zu schrei­ben be­ginnt.

    Daß Fred­dy nicht dar­an ge­wöhnt war ist wun­der­lich, das pas­sier­te doch über­all je­de paar Mi­nu­ten, die Ein­drucks­samm­lung. In je­der­mann and Frau­en An­we­sen­heit!

    Hand­ke be­schwich­tig­te, er soll es nicht so wich­tig neh­men – um dann ein Jahr spä­ter die­sen »Vor­falls« wie­der auf­zu­neh­men: Ich wer­de wohl nicht ‘in der Ar­beit’ sein, wie beim letz­ten Mal, wo Du, An­fang De­zem­ber, be­lei­digt warst von mei­nem Ab­drif­ten zum No­tiz­buch, als wir in den Wäl­dern gin­gen.

    He [Yeats] was known to pau­se in the midst of a hea­ted con­ver­sa­ti­on, lift his right hand li­ke a con­duc­tor and, to the be­fudd­le­ment of his com­pa­n­ions, be­gin re­ci­ting the li­nes in a low, drawn out chant. [von He­len Vendler’s Yeats Bio­gra­phie ge­ra­de ge­lernt]

    [13]Ob­wohl In­vek­ti­ven nicht vor­kom­men, in­ti­me De­tails der bei­den Brief­schrei­ber eher sel­ten be­rich­tet wer­den (Ich le­be recht für mich im Mo­ment, oh­ne Vö­geln, und war­te auf die Frau mei­nes Le­bens – Hand­ke 1976) Na ja, das Er­in­ne­rungs­ver­mö­gen, ei­ne Wo­che nicht Vö­geln – ist man dann schon ein Mönch???

    [14] Daß Hand­ke sei­ne Frau Libgart mal als faul be­ti­telt (sie sor­tiert Kol­le­rit­schs Brie­fe, den Hand­ke mit Fre­dy an­re­det un­ter »Fred­dy Quinn«) Libgart wur­de nicht nur ver­nach­läs­sigt, son­dern auch im „Ge­wicht der Welt« be­lei­digt; weil sie nicht Hand­kes li­te­ra­ri­schen An­sprü­chen ge­mes­sen war in ih­rem Ge­schmack. Un­mög­li­cher Ehe­mann! Pe­dant, Sa­dist!

    [15]oder Mar­cel Reich-Ra­nicki ein­mal als gemeindumme[s] Mon­ster von Frank­furt Stimmt lei­der was Hand­kes Werk be­trifft. Die bei­den wis­sen wie man ein­an­der auf Heiß­wut bringt, und Hand­ke „can’t stand the heat in the kit­chen« wie man auf ame­ri­ka­nisch sagt.

    [16] ei­ni­ge an­de­re Li­te­ra­tur­kri­ti­ker als ei­ne Hor­de von Ge­sin­del be­zeich­net Das ist so wie­der ein voll­kom­men un­dif­fe­ren­zier­te Hand­ke-Schimpf­e­rei, die ja nicht voll­kom­men zu­traf zu der frü­hen Zeit; in der USA schon kaum am An­fang: Ri­chard Gil­man, Stan­ley Kauf­mann, Kroll of News­week, Frank Con­roy, Mi­cha­el Wood, John Rock­well, und der er­ste Thea­ter­kri­ti­ker der New York Times der da zu­erst re­zen­siert hat, wa­ren kein Ge­sin­del, ernst­haf­te Leu­te die schon was von Li­te­ra­tur ver­stan­den; das Ge­sin­del, en gros, tauch­te hier spä­ter auf ... es liegt aber eher an den Re­dak­teu­ren die das Ge­sin­del an­heu­ern, auf es an­ge­wie­sen sind bei der Flut der Bü­cher, und des Er­in­ne­rungs­ver­mö­gens.

    Mo­men­tan – 2008- macht Hand­ke auf nett, be­dankt sich für den Em­fang, au­sser – na­tür­lich – dem Reichs-Ka­nickel, das wä­re der plötz­lich, si­cher­lich auch vom Ver­lag vor­ge­schla­ge­nen Lie­be zum Ge­sain­del zu viel. „Mal se­hen was er jetzt vor hat,“ wie – ‘Sie sind bei Erich Wolf­gang Skwa­ra’ – ein­mal trif­tig be­merk­te.

    [17] oder in Grass’ Buch ‚kei­nen Mo­ment der Wahr­heit ent­deckt’ – das sind schon fast die def­tig­sten Sen­ten­zen. Wel­ches Buch fra­ge ich mich, Hand­ke hat ein Grass-Pro­blem, er hat ein Pro­blem mit al­len an­de­ren Gro­ßen die ihm den Ruhm, das ‘Li­me­light« be­ein­träch­ti­gen.
    Ha­rold Bloom be­hält recht: Oedi­pus siegt bei Sta­lin­grad.

    [18] Das Buch bie­tet ei­ni­ge Mi­nia­tu­ren zur zeit­ge­nös­si­schen Li­te­ra­tur bzw. Li­te­ra­ten aber nur sel­ten tie­fe Ein­blicke in den »Be­trieb«. Gleich am An­fang ei­ne Über­ra­schung, denn Pey­manns In­sze­nie­rung der »Pu­bli­kums­be­schimp­fung« (1968) fin­det Hand­ke ganz schlecht. Bis­wei­len wirkt er auch ein biss­chen hilf­los, et­wa wenn er Be­such von sei­nem da­ma­li­gen Über­set­zer hat: Mi­cha­el Rol­off ist im Mo­ment in Pa­ris und trägt ei­nen wild­le­der­nen Hut mit ei­ner lan­gen Fa­sa­nen­fe­der dar­an. Er isst Au­stern schon zum Früh­stück und ist freund­lich und auf ei­ne manch­mal wohl­tu­en­de Wei­se lang­wei­lig.«

    My In­dia­na Jo­nes ty­pe lea­ther hat [which I wo­re be­cau­se I had lon­gish hair and nee­ded so­me­thing to keep it from blo­wing in­to my face when I was dri­ving in my Ka­brio­lett, first a Pon­ti­ac Fire­bird and then an MGB] while I li­ved on the beach on the Rocka­ways be­fo­re Uri­zen was star­ted. Then I al­so wo­re it el­se­whe­re and ma­ny peo­p­le re­mem­ber me wi­th hat. Hand­ke went for a few ri­des, on­ce wi­th Ami­na, in the MGB. Bo­th of which I re­call quite di­stinct­ly, on­ce to a sun­set at the beach Hand­ke pul­led out his pen­cil as the last slither of fiery glo­be di­s­ap­peared be­neath the wa­ter li­ke so­me Ger­man WW II batt­le­ship [THE GRAF SPEE]! that had be­en tor­ped­oed and was mel­ting in its own fur­nace [no green flash]; an MGB is a small car and it was crammed full what wi­th Ju­dith Thur­man [I think?] along and Mar­vin Kes­sel­man, who­se pho­to of the Twin Towers I used for the co­ver of NONSENSE AND HAPPINESS the th­ree long po­ems of the 70s Kronenberg/Paris pe­ri­od; the other time, he had as­ked me to show him so­me sub­urbs on Long Is­land be­fo­re drop­ping him and Ami­na off at JFK for the re­turn trip to Pa­ris. He pro­no­un­ced how much he lik­ed the quiet of tho­se sub­ur­ban streets – around the time I sup­po­se he had star­ted to dream of Meu­don and Cha­ville. To me the sub­urbs we­re ana­the­ma at the time, their edge is o.k. now. The se­cond time Uri­zen must have exi­sted, be­cau­se to my hor­ror I no­ti­ced the third Uri­zen Part­ner, one Leo Feldsberg, ge­t­ting on the sa­me pla­ne and ma­de su­re to keep Hand­ke and Feldsberg from be­ing in­tro­du­ced; Leo and his 40 mil­li­on of which be in­ve­sted 100 K in Uri­zen, was such a pro­found em­bar­rass­ment! And the pain it cost to keep him to his com­mit­ment!

    I must have vi­si­ted Hand­ke at the Rue Mont­mo­ren­cy about half a do­zen times, a my­ste­rious, stin­ky ex­ten­si­ve cel­lar ty­pe quar­tier at a shar­ply in­clined street, the legs of the passers­by th­rough the win­dow; and on­ce at his small Grün­der­zeit ty­pe cast­le [the sa­me one whe­re LINKSHAENDIGE was film­ed] in Meu­don. The­re we went – he took me – out­side at on­ce, he men­tio­ned that ever­yo­ne of the crew had smo­ked, as did I, and that he had star­ted to too; the view over­look of Pa­ris from the Meu­don height was much to my li­king I re­call. Hand­ke did not point out the rab­bit ho­le in the hedge whence he found a way to Cha­ville, if you read NIEMANDSBUCHT clo­se­ly... anyhow he plans his life pret­ty well....

    Usual­ly wi­thin fi­ve mi­nu­tes of my ap­pear­ance Hand­ke had his fill of me and even if I had wal­ked the­re did not of­fer as much as a glass of wa­ter... I had caught the fact that he could not be alo­ne wi­th an­o­ther per­son [or man] in a room in­si­de al­re­a­dy du­ring my vi­sit to him in Ber­lin in 69, it’s a shame he didn’t have a ch­ess board on a ta­ble so­me­whe­re, I got quite good again du­ring Bob­by Fischer’s pe­ri­od. On­ce the­re was a Back­fisch from Au­stria to whom Hand­ke ex­plai­ned la­ter he had ex­po­sed hims­elf who had blus­hed; he cal­led hims­elf “dia­bo­li­cal”, I re­g­ret­ted sub­se­quent­ly that I did­n’t have it in me to ask this grou­pie whe­ther she lik­ed to fuck two men at on­ce! They could be found world wi­de and dis­tri­bu­ted the clap. On­ce Hand­ke , Ami­na and I went wi­th the mo­del for Keu­sch­nig, the Au­stri­an cul­tu­ral at­ta­ché in Pa­ris, a slight man, I don’t re­call his na­me and may be con­fu­sing him wi­th an Ester­ha­zy I met on­ce, an­o­ther sin­gle dad wi­th a daugh­ter, Amina’s age, to the Bo­is de Bou­lo­gne, I think in the fellow’s car, I don’t re­call anything es­pe­ci­al­ly unusu­al or in­te­re­st­ing be­ing said or hap­pe­ning. But of cour­se when I read »Emp­fin­dung« I had so­me idea of what Hand­ke was do­ing in that book.

    Usual­ly af­ter the­se fi­ve mi­nu­tes we­re up Hand­ke would say »ruf doch wie­der an« oder »komm noch mal vor­bei« ... this was puz­zling in the ex­tre­me this be­ha­vi­or un­til I un­der­s­tood that it was yet one mo­re of the se­quae­lae of his au­tism, etc. It’s the sort of ex­pe­ri­ence that, un­less you are su­per con­fi­dent, makes you think the­re must be so­me­thing wrong wi­th you. Well, evi­dent­ly, asi­de Handke’s nau­se­as that still ru­led him at that time, he was quick­ly bo­red, es­pe­ci­al­ly com­pared to the pro­s­pect of wri­ting or thin­king about wri­ting. I un­der­stand that kind of im­pa­ti­ence a lot bet­ter now. Al­so, of cour­se! Hand­ke never ex­pres­sed the sligh­test in­te­rest in who one was as a per­son asi­de one’s func­tion as trans­la­tor, agent. On­ce in the mid 80s he than­ked me pro­fu­se­ly for the work do­ne in the 60s and 70s and that was app­re­cia­ted, still li­ving on Kas­par time, but mo­re than oc­cur­red to any of the others.

    At one vi­sit, it must have be­en on pu­bli­ca­ti­on of the book wi­th the th­ree long po­ems in Ger­man, he ga­ve me a co­py to trans­la­te, and I star­ted do­ing that at the air­port in Lu­xem­burg, whe­re so­me lan­dow­ner I will al­ways re­call, in ri­ding gear, met his af­fair. It see­med won­derful­ly ro­man­tic. Oh how I en­vied him who had step­ped out of, what?, a Fon­ta­ne no­vel?

    On­ce I brought my then clo­se fri­end, the ly­ri­cist com­po­ser Jer­ry Lei­ber, who­se ear­ly R +B and R+ R work Pe­ter lik­ed and un­der­s­tood, and his wi­fe Bar­ba­ra Ro­se along... and it ap­pears that at a mo­ment that I missed Hand­ke said »I don’t do sing spiel«... Bar­ba­ra Ro­se eli­ci­ted, ap­pro­pria­te­ly, Handke’s pro­pen­si­ty for nau­sea... so­me peo­p­le are Frosch­kö­ni­gin­nen and the be­au­ty of their cha­rac­ter shows th­rough, in Roses’s ca­se by this time, no lon­ger cu­te, the ug­li­ness of her cha­rac­ter, wi­th which I was not yet fa­mi­li­ar, would make her look even uglier than she might other­wi­se have ap­peared.

    I tried for ma­ny months of won­derful Lei­ber break­fasts at his Wa­shing­ton Mews [pre­vious­ly oc­cu­p­ied by EE Cum­mings and my fri­end Mi­cha­el Le­beck, a Mews whe­re mad Dju­na Bar­nes too had a pied de terre, ama­zing how ma­ny other peo­p­le I knew in this so ob­scu­re al­ley wi­th 17th cen­tu­ry hou­ses or con­ver­ted hor­se sta­bles re­al­ly] to shoe­horn so­me songs of his in­to DIE UNVERNÜNFTIGEN.... but then Lei­ber drop­ped out as he did of so ma­ny pro­jects...

    Vi­sits to aut­hor Wil­fred Bur­chett in Clamart and his Bul­ga­ri­an wi­fe we­re mo­re me­mo­rable and plea­sant, and I took a re­al­ly young girl­fri­end on­ly the­re. Hand­ke had be­en in­tro­du­ced to one, never again...
    I don’t know about that Por­tu­gie­si­sche clea­ning wo­man, but per­haps that was in Meu­don. Me­an­while as one reads about how he li­ves in Cha­ville, it seems again a tho­rough alt Jung­ge­sel­len Woh­nung ex­cept that Hand­ke will cook for vi­si­ting me­dia. That is cer­tain­ly one big ch­an­ge, the love of coo­king, the gar­dening.
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    > [19]Ein­fühl­sa­mes zu Ka­rin Struck (de­ren Li­te­ra­tur ihm nicht zu­sagt, aber ih­ren Fu­ror re­spek­tier­te er). Yes, but as I seem to re­call his re­view in ‘Der Spie­gel’ was quite a Ver­riss. I think her »ly­ri­cis­men« bo­the­red him as did tho­se of his first wi­fe. Hand­ke does not know how to hear past in­ar­ti­cu­la­ten­ess to so­me­thing el­se that might be ex­pres­sed the­re???
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    > [20] Kol­le­rit­schs Kri­tik an John Ber­gers zwei­tem Er­zähl­band (stilisiert…nicht vom Le­ben durch­drun­gen, son­dern nach ei­ner Ideo­lo­gie ge­ar­bei­tet) setzt Hand­ke über­ra­schend we­nig ent­ge­gen Stimmt doch Lo­thar, Ber­ger ist auf ganz in­ter­es­san­te Art tot. Al­les. Die Es­says nicht mit ein­ge­nom­men.
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    > [21] ..»und über den Tho­mas Bern­hard von 1985 gibt es von Kol­le­rit­sch die Ein­schät­zung, es han­de­le sich um ei­nen Zi­ta­ten­schatz der Ne­ga­ti­on, der den letz­ten Ernst, die letz­te Li­te­ra­tur + Sehn­sucht da­nach, ver­dampft. Jah­re vor­her schon Hand­ke (in an­de­rem Be­zug, aber durch­aus tref­fend): Elend macht ei­nen der Un­ernst.« Zu der Zeit lies Hand­ke sich bei Suhr­kamp zi­tie­ren über B. „Ich las und las und las«...Ich selbst ge­he hier nicht auf Bern­hard ein, au­sser: den Mann fand ich erz­dumm. Die Stücke kenn ich nicht ge­nug. Un­ter den hip Ame­ri­ka­ni­schen Ni­hi­li­sten sehr be­liebt. Ich fand das von An­fangs an ei­ne grün-brau­ne So­sse. Aber Hand­ke hat­te ja das sel­be pro­mi­nen­ten Pro­blem mit Bern­hard wie mit Grass; wie Freud mit Jung.
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    > [22] Es gibt sehr schö­ne Stel­len, ja er­grei­fen­des, et­wa wenn Hand­ke von Kol­le­rit­schs Mut­ter, von der er so ehr­furchts­voll spricht, ih­rem Gar­ten und den To­ma­ten und die­sem Ort Brunn­see (Kol­le­rit­schs Ge­burts­ort) schwärmt. Brunn­see wird für bei­de zum fast my­thi­schen Sehn­suchts- und Freund­schafts­ort. Und Kol­le­rit­schs Be­mer­kun­gen, Ein­wür­fe und Re­fle­xio­nen zu Hand­kes Bü­chern sind, ob­wohl aus­nahms­los po­si­tiv nie de­vot, son­dern höchst an­re­gend und von stu­pen­der Ana­ly­se­kraft.« Und dar­auf und des­we­gen Freue ich mich auf das Buch.
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    > Mi­cha­el Rol­off
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  3. Ei­ni­ge An- und Be­mer­kun­gen
    zu die­sem sehr in­ter­es­san­ten Kom­men­tar:

    [10] Das Da­tum ist der 17. De­zem­ber 1978 – er schreibt es aus Spa­ni­en. Die Ge­schich­te, die ich ver­su­che zu schrei­ben, zieht mich so tief, dass ich ganz neue un­er­hör­te Äng­ste ha­be. – Es geht na­tür­lich um »Lang­sa­me Heim­kehr«.

    [15] Stimmt nicht nur, was Hand­kes Werk be­trifft – aber auch und ge­ra­de. Man darf Hand­kes Auf­satz von 1968 (»Mar­cel Reich-Ra­nicki und die Na­tür­lich­keit«) al­ler­dings nicht ver­ges­sen: »Reich-Ra­nicki stellt sich schon lan­ge kei­ne Fra­gen über sich selbst mehr. Er, der un­wich­tig­ste, da­bei am mei­sten selbst­ge­rech­te deut­sche Li­te­ra­tur­kri­ti­ker seit lan­gem, kann frei­lich al­le An­grif­fe mit sei­nem Kom­mu­ni­qué­satz ab­weh­ren: ‘Ein Li­te­ra­tur­kri­ti­ker, der et­was taugt, ist im­mer ei­ne um­strit­te­ne Fi­gur.’ Von mir aus ist er nicht um­strit­ten.« – Das hat MRR als Ma­je­stäts­be­lei­di­gung auf­ge­fasst. Da­nach war es aus. (Was na­tür­lich wie­der ge­gen Reich-Ra­nicki spricht.)

    [16] Es ging um ei­ne Be­spre­chung über Ger­hard Roths Buch in der »Welt« von 1975; es wa­ren nicht ame­ri­ka­ni­sche Kri­ti­ker ge­meint.

    [17] Ge­meint ist »Der Butt«. Hand­ke hat neu­lich in ei­nem In­ter­view Grass als ei­nes der gröss­te Ta­len­te der Li­te­ra­tur be­zeich­net, das er ken­ne. Er, Grass, ha­be aber dar­aus nicht im­mer das Op­ti­ma­le her­aus­ge­holt (sinn­ge­mäss). – Dem kann man ei­gent­lich zu­stim­men (den »Butt« ken­ne ich al­ler­dings nicht).

    [20] Wenn Ber­ger so »tot« ist, war­um be­kam er dann den Preis? »Sau Er­de« war ja ei­gent­lich auch nur eher mit­tel­mä­ssig. Ich ha­be dann noch ein, zwei Bü­cher von ihm ge­le­sen (nicht die Kunst­es­says, die wohl sehr gut sein sol­len) und da­nach woll­te ich auch nicht mehr.

    [21] »Als ich ‘Ver­stö­rung’ von Tho­mas Bern­hard las« en­de­te mit »Ich las und las und las...« Die­se eu­pho­ri­sche Be­spre­chung mach­te Hand­ke 1967. Das Zi­tat aus dem Brief war von 1985! Da­zwi­schen ent­wickel­te sich Tho­mas Bern­hard – üb­ri­gens nicht nur für Hand­ke – zum eher poin­tier­ten »Wit­zel« (so ei­ne pe­jo­ra­ti­ve Be­zeich­nung Hand­kes En­de der 80er oder An­fang der 90er Jah­re) oder – noch bö­ser (un ver­mut­lich un­ge­recht) zu ei­ner Art Clown.

    In der Tat: Die frü­hen Ber­hard-Bü­cher wa­ren wun­der­ba­re Kunst­wer­ke – spä­ter ‘be­dien­te’ er ein biss­chen zu rou­ti­niert ei­ne Em­pö­rungs­ma­schi­ne­rie. Von sei­nen Stücken ha­be ich vie­le ge­se­hen; im Kern sind sie al­le gleich. »Hel­den­platz«, sein vor­letz­tes Stück, wel­ches den mei­sten Är­ger ver­ur­sach­te, war ei­nes der schwä­che­ren. Fast schien es so, als sei der Skan­dal mut­wil­lig in­sze­niert. Pey­mann hat ein üb­ri­ges da­zu ge­tan. Na­ja.

    Hier ei­ne klei­ne Ma­te­ri­al­samm­lung zu Tho­mas Bern­hard.

  4. com­men­tar zum com­men­tar zum....
    he­re is link to so­me­thing about DER BUTT...GRASS and HANDKE bo­th be­ing cooks ought to make peace and break bread tog­e­ther. The­re was al­so last year’s in­ci­dent of Hand­ke say­ing every 17 year old knew about the SS, a shame etc. What did P.H. know as a 17 year old in 1959 about po­li­tics??? you have to be from a fa­mi­ly that got se­ver­ely in­vol­ved in po­li­tics a fa­mi­ly that talks to be­co­me po­li­ti­ci­zed at an ear­ly age. »grass dances li­ke an ele­phant« the ame­ri­can cri­tic ir­ving ho­we ob­ser­ved, ra­ther un­f­air­ly al­so about Blech­trom­mel... but it is true, he is awful­ly cum­ber­so­me com­pared to hand­ke... on the other hand, handke’s so­le sub­ject in his pro­se is hims­elf... so i read him for the way he wri­tes.... chief­ly.. that is for his self.

    i be­lie­ve that das reich-ka­nickel then tried to make peace, he kept wri­ting hand­ke and hand­ke clai­med to have sent the let­ters back un­ope­ned but rr, as an old po­lish spy, could tell whe­ther a let­ter had be­en ope­ned and glued back shut. that re­minds me of hand­ke on­ce ad­mit­ting how he could lie li­ke the dickens. i know of other in­stance­es.

    rr hat sich hand­ke ge­gen­ueber von ei­ner klein­lich­keit be­nom­men die ihm al­les pa­ebst­li­che weg­tut. hand­ke of cour­se es­pe­ci­al­ly ha­ted the fact that un­seld, the smart gau­ner, then used rr for com­mer­cial pu­po­ses at in­sel ver­lag! vi­de NIEMANSBUCHT.

    well, Lang­sa­me Heim­kehr was most­ly writ­ten in ny in the ho­tel adams and tur­ned in­to a frag­ment. and he told his then farr­ar strauss edi­tor [nan­cy ma­sei­les].. that he had fucked it up. i could­n’t ca­re less that his ori­gi­nal gran­dio­se plan ca­me to naught. the Alas­ka chap­ter is all that re­al­ly counts and then the bit around san fran­cis­co. per­haps hand­ke ga­ve it an­o­ther try in spain. he was re­al­ly stuck, he had car­ri­ed the ope­ning sen­tence wi­th him for ye­ars, and then did­n’t get any­whe­re, got no trac­tion, he re­cent­ly clai­med that that was the on­ly time he had so­me pills pre­scri­bed; an­o­ther lie; i know that he fi­dd­led a bit wi­th it af­ter he left n.y. whe­ther in spain or the south of france pri­or to the ‘les­son of st. vic­toire’... the­re is mo­re about this in DEM HANDKE AUF DIE SCHLICHE...

    per­haps ber­ger got the preis for his es­says. that preis is not en­ti­re­ly un­po­li­ti­cal as li­te­ra­ry po­li­tics go.

    so much for now. got­ta run.
    x
    mr