Am 15.11.2019 verlinkte der Perlentaucher (»efeu«) einen Text von Peter Maass, in dem u. a. auf mein Buch über Peter Handke und Jugoslawien Bezug genommen wurde. Der Perlentaucher zitierte Maass’ Text, der behauptet, ich (und Kurt Gritsch) hätten die »Juroren« beeinflusst, Peter Handke den Nobelpreis zuzusprechen. Das Engagement von PR-Agenturen wie Ruder Finn für Kroatien, Bosnien-Herzegowina und den Kosovo wurde von Maass als Verschwörungstheorie dargestellt.
Daraufhin schrieb ich sofort einen Kommentar unter der Presseschau, der auch zu lesen war. Soeben fragte mich ein Freund, wo denn mein Kommentar im Perlentaucher stehen würde. Überrascht musste ich feststellen, dass er dort zwar in der Kommentarbox geteasert ist, aber nicht erreichbar. Daraufhin schrieb ich ihn noch einmal. Diesmal erscheint er, wenn auch nicht sofort.
Offensichtlich ist der Perlentaucher bzw. seine Redaktion nicht an Richtigstellungen und Wahrheiten interessiert. Damit werden elementare Regeln des Pressekodex verletzt. Die Perlen, die da gefischt werden, sind leider Talmi.
Hier im übrigen der Kommentar, den ich am gleichen Tag auch auf Facebook veröffentlichte:
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Der Text von Herrn Maass ist in ein Beleg, wie Verschwörungstheoretiker selber anderen Verschwörungen vorwerfen.
Zunächst einmal ist Herr Petersen, der angeblich meinem Einfluss unterlag (obwohl ich, wie Maass richtig schreibt, ein nahezu unbekannter Autor bin), kein »Juror« des Literaturnobelpreises. Petersen ist Mitglied des Nobelpreiskomitees, so etwas wie ein externer Berater. Aber geschenkt.
Etwas schwieriger zu recherchieren sind die Verwicklungen von Ruder Finn und anderen PR-Organisationen. Herr Maass suggeriert, ich hätte u. a. behauptet, Ruder Finn wäre beauftragt worden, die serbischen Gräuel als übertrieben darzustellen. Das ist nun leider eine veritable Lüge.
In meinem Buch, auf das Maass hinweist, zeige ich, dass Ruder Finn schon seit 1991 Bosnien, Kroatien und das Kosovo [tätig war] (und belege das auch). Auftraggeber waren Privatpersonen, Exilregierungen oder auch, später offiziell die Staaten selber. Die zum Teil erheblichen Summen lassen darauf schließen, dass es mehr als nur um schöne Prospekte und griffige Parolen ging. Man organisierte beispielsweise Treffen von amerikanischen Entscheidungsträgern mit Politikern aus der Region, vergnügte sich in Veranstaltungen oder auf Informations-Events oder bot Reisen nach Europa an. Aber auch Unterweisungen lokaler Politiker aus Bosnien und Kroatien, die mit den Gesetzmäßigkeiten in der medialen Welt nicht oder nur unzureichend vertraut waren, standen auf dem Programm.
In einem dieser Anträge von einem Dr. Golem, seines Zeichens »Authorized Representative Republic of Croatia« mit Datum 19. August 1991 heisst es über den Sinn des Vertrags mit Ruder Finn (Zitate mit orthographischen und grammatikalischen Fehlern):
»Development of a public relations work plan outlining communication objectives including advocacy for a positive Croatian image to Members of Congress, Administration officials, and the news media, and to advise and counsel the Authorized Representative of the Republic of Croatia on other aspects of the[…] government’s public relations program as he may direct.«
Weiter steht dort:
»Suggesting ways and means for dissemination the Republic of Croatia’s position on issues through writing and placing op-ed articles, guest columns, letters to the editor and similar communication techniques.«
All dies hat mit Verschwörungen nichts zu tun. Die Verträge zwischen den einzelnen Antragstellern und den PR-Agenturen sind per US-Gesetz frei im Internet auf der Seite des US-amerikanischen Justizministeriums abrufbar (https://www.justice.gov/nsd-fara/fara-efile). Fürs einfachere Suchen: Die »Registration-No« für Ruder Finn lautet 4315. Der Link zum pdf des Dokuments, aus dem ich gerade zitiert habe, ist dieser: https://efile.fara.gov/docs/4315-Exhibit-AB-19910801-D1L3HS02.pdf
Ich hatte zusammen mit meinem Jugoslawien-Buch einen sogenannten »Quellenband« herausgebracht (für 2,99 Euro hier: http://www.lehmanns.de/shop/geisteswissenschaften/25488396–9783954201068-der-mit-seinem-jugoslawien), in dem einige der Verträge auch mit anderen PR-Agenturen gesammelt sind.
Solche PR-Maßnahmen sind, das schreibe ich im übrigen auch, nichts Ehrenrühriges. Ab 1999 schalten auch serbische Institutionen PR-Agenturen in den USA ein. Auch dies habe ich dokumentiert.
Aus diesen Tatsachen eine Verschwörung zu konstruieren, ist lächerlich.
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Mal sehen, ob der Perlentaucher auch Frau Wölfls Artikel im Standard verlinken wird, der den Maass-Artikel einfach abschreibt.
Der Perlentaucher hat das auch bei mir schon gemacht. Das ist unschön.
Außerdem zensuriert das Portal disqus, wie ich aus eigener Erfahrung weiß. Davon angeregt, habe ich mich im Internet umgetan und herausgefunden, dass dieses Verhalten bei disqus gang und gäbe ist. Beispielsweise eine Verlinkung zu Claire Lehmanns top Psychologie- und Sozialpsychologie-Seite »Quillette« wurde sofort mit der Sperrung meines disqus-Kommentars quittiert. Ich kann mittlerweile auf disqus überhaupt nicht mehr verlinken, wenn ich recht sehe.
Ich habe in diesem und ähnlichen Fällen auch beim Perlentaucher nachgefragt, wo man versicherte, dass man an den Deaktivierungen meiner Kommentare wegen Links keinen Anteil habe.
Falsch finde ich auch, dass der Perlentaucher persönliche Attacken durch anonyme Kommentatoren zulässt.
Das sind alles kaum technische Probleme. Und die Diffamierungen besorgt die Perlentaucher Redaktion (also Herr Chervel) schon selber.
Wie das abläuft kann man 21.11. sehen. Er verweist dort auf die Schriftstellerin Nora Bossong, die für die »Zeit« einen Prozess vor dem Internationalen Gerichtshof beobachtet. Bossong wird vorgestellt als Autorin und »Unterzeichnerin eines Aufrufs pro Handke, dem vorgeworfen wird, Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu beschönigen, mehr hier«. Das »hier« ist ein Artikel des Handke-Besessenen Peter Maass, der in einem Rundumschlag jetzt alle als Genozid-Leugner rubriziert, die einfach nicht seiner Meinung sind.
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Schon der Ton (»vorgeworfen wird, Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu beschönigen«) ist ehrabschneidend. Statt jedoch einen Link auf den Offenen Brief zu setzen, verlinkt er auf den Halbwahrheitenerzähler und Saisonlügner Maass.
Der Perlentaucher war nie objektiv (das spielte er nur vor). Aber hier geht es nicht um einem sinnentstellenden Satz aus einer Rezension. Es ist ein perfides kulturrevolutionäres Schmierentheater.
Der Perlentaucher ist eine kleine Bude auf dem Markt der Aufmerksamkeiten – und die Erlöse aus den Verlagsanzeigen sind rückläufig. Der Markenkern des Perlentauchers ist linksdrehend. FR, TAZ – und nicht zu vergessen: Die Augstein-Verbindung, also die Verlinkung zu Spiegel-online – et vice versa... Mit kühlem Blick analysiert: Der Perlentaucher fürchtet um seine Klickzahlen. Zumal wohl die jungen Leserinnen nicht gerade auf diese Seite drängen – und die alten langsam – - – das Zeitliche segnen.
Ich hab’ mich übrigens über den Nobelpreis für Peter Handke sehr gefreut.
Im übrigen kontempleire ich gerade den coolen englischen Spruch »never complain, never explain«, den der greise Hans Magnus Enzensberger in »Fallobst« dem ja nun ebenfalls schnurgrad ins Greisenalter hineinwachsenden Mick Jagger zuschreibt – eine großzügige Geste under brothers, denn: Was Enzensberger auf Kuba begonnen hat, haben die Stones mit einem Free-Konzert daselbst vor Hunderttausenden enthusiasmierter Zuhörer – nun ja: Irgendwie – gerundet. – Kurz danach ist Jagger wieder Vater geworden. R ’n’ R, sagte Eckhard Henscheid, das ist doch ganz klar ein Fruchtbarkeitskult. Siehste wohl – / ‑der Geist tendiert zum Rock ’n’ Roll! – - Ahhh ned ganz falsch schunn älä (schon allein) deswege (deshalb), weil Tom Stoppard über Jahrzehnte einer der weiß Gott geschmackvollen und kenntnisreichen Stichwortgeber an Mick’s Teetischlein war. Eh!
Wenn ich bisweilen vom Perlentaucher Medienticker verlinkt werde, schwanken die Zugriffe direkt auf die Seite zwischen 20 und 80 (am ersten Tag; danach deutlich weniger). Keine Ahnung, ob das die richtigen Zahlen sind. Angeblich gab es mal die Zahl von 10.000 Abonnenten. Nicht zu eruieren ist, wieviele nur die Teaser lesen und nicht auf die Links klicken.
Hier gibt es ein paar Zahlen, die aber schon zweieinhalb Jahre alt sind. Demnach – wenn ich es richtig interpretiere – wird am Tag rd. 23.000 x auf die PT-Seiten geklickt (»Visits«). Eine Perlentaucher-Studie von 2013, die ich gefunden habe, zeigt, dass es damals mehr solcher Visits gegeben haben soll.
Ich habe meinen Unmut darüber dem Perlentaucher auch schon kundgetan. Einen neuen traurigen Tiefpunkt bildet nun der aktuelle Kommentar von Richard Herzinger. Das ist zu blöd, um’s zu kommentieren.