
Die gefährdete Republik
»Die gefährdete Republik – Von Bonn nach Berlin« – ein erstaunlicher Titel und wenn man noch dazu die Jahresreihe »1949 – 1989 – 2009« liest ahnt man, welche Melodie hier angestimmt wird. Das Buch kommt zunächst als Bestandsaufnahme sowohl der sogenannten »Bonner Republik«, die mit dem Mauerfall 1989 sukzessive »abdankte« (aber erst fast ein Jahrzehnt später, 1999 mit der ersten Plenarsitzung des Bundestages im neuen Reichstags zu Berlin endgültig zu Ende ging) als auch einer Art Zwischenbilanz der scheinbar noch immer sinn- bzw. rollensuchenden »Berliner Republik« daher.
Die These des Autors: Die Demokratie der alten Bundesrepublik war stabiler (weil besser) in der Bevölkerung verankert als im neuen, souveränen Deutschland. Dabei wird die fast behagliche Situation der »Bonner Republik« aus einer selbstverordneten (und von anderen erwarteten!) Zurückhaltung heraus zu agieren (bzw. zu reagieren) und sich in die Bipolarität des Kalten Krieges, die EWG (später dann EG bzw. EU) und NATO willig einbinden zu lassen als unausweichlich betrachtet. »Nie wieder Krieg« lautete das Grundbekenntnis (und, die intellektuelle Variante, »Nie wieder Auschwitz«, die allerdings – von Lucke erwähnt das durchaus – 1999 plötzlich zu einer Art Staatsraison pervertiert wurde und als Kriegsrechtfertigung diente). Da die Außenpolitik letztlich fast als Indienstnahme von Auschwitz stattfand, konnte man sich auf das Innere konzentrieren; zutreffend ist vom Primat der Innenpolitik die Rede.