Der Hin­ter­welt­ler und die Igno­ranz

    Tat­säch­lich war es viel­leicht noch zu kei­ner Zeit we­ni­ger schwie­rig als heu­te zu Wir­kung und Gel­tung zu ge­lan­gen; und ge­ra­de weil es so leicht ist zu »wir­ken«, scheint es un­mög­lich zu wir­ken.

    Von je­der Pla­kat­säu­le droht ein neu­er, be­son­de­rer Welt­um­sturz, schrei­en Ent­hül­lun­gen, locken frisch ent­deck­te Di­men­sio­nen. Die Fol­ge ist, daß sich nie­mand mehr dar­über auf­regt; au­ßer den Leu­ten na­tür­lich, die von ih­rer Auf­re­gung le­ben.

    Wir sind über­füt­tert mit Ge­dan­ken.*

Ist das die Kla­ge ei­nes gut be­zahl­ten Re­dak­teurs ei­nes (so­ge­nann­ten) Qua­li­täts­me­di­ums, der sei­ne Mei­nungs­füh­rer­schaft durch neue, ob­sku­re Kräf­te un­ter­mi­niert sieht? Oder ein­fach nur ei­ne Fest­stel­lung ei­nes des­il­lu­sio­nier­ten Blog­gers, der das sou­ve­rä­ne Ig­norieren durch die eta­blier­ten Me­di­en sträf­lich un­ter­schätzt hat­te und trotz al­ler An­stren­gun­gen sei­ne re­gel­mä­ßi­gen Be­su­cher pro­blem­los in ei­nem Mit­tel­klas­se­wa­gen un­ter­brin­gen könn­te? Und mit­ten­drin der seuf­zen­de Le­ser, Zu­schau­er, Zu­hö­rer: Wir hin­ge­gen stöh­nen un­ter der Last von [...] Mei­nun­gen, von de­nen je­de ein­zel­ne nicht Un­recht hat und die doch we­der ein­zeln, noch mit­sam­men das Ge­fühl der Wahr­heit ge­ben. Es scheint, wir sind mit­ten im ak­tu­el­len Über­for­de­rungs-Kla­ge­dis­kurs à la »Payback«.

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Das un­wür­di­ge Count-Up

Als im Lau­fe des heu­ti­gen Vor­mit­tags (27. Fe­bru­ar 2010) die Mel­dun­gen über das schreck­li­che Erd­be­ben vor der Kü­ste Chi­les auf­ka­men, wur­de dies na­tür­lich auch Ge­gen­stand di­ver­ser Me­di­en. Das bei die­sen Ge­le­gen­hei­ten er­bärm­li­che und wür­de­lo­se »Count-Up« be­gann fast so­fort: Trotz un­si­cher­ster Nach­rich­ten­la­ge wer­den im­mer wie­der sinn­lo­se Zah­len von To­des­op­fern wei­ter­ge­mel­det.

Es be­gann mit ver­meint­lich 16 Op­fern, die auch bei SWR1 ge­mel­det wur­den. Die Geo­gra­phie­kennt­nis­se des Re­dak­teurs wa­ren je­doch eher be­schei­den, wie man se­hen kann:

SWR1

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Fak­tor 13

Las­sen wir ein­mal bei­sei­te, was an den Mel­dun­gen stimmt, dass es ein ge­hei­mes Waf­fen­ge­schäft zwi­schen Nord­ko­rea und dem Iran ge­ge­ben hat. In­ter­es­sant ist der Auf­ma­cher auf tagesschau.de (13.30 Uhr, 29. Au­gust 2009):

Tagesschau.de-Bild vom 29.08.2009, 13:30 Uhr
Tagesschau.de-Bild vom 29.08.2009, 13:30 Uhr

Die Kar­ten­aus­schnit­te der je­wei­li­gen Län­der sug­ge­rie­ren, dass bei­de Staa­ten ei­ne ähn­li­che Grö­sse ha­ben. Ein Blick auf die Fak­ten zeigt aber et­was an­de­res:

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Mit Scheu­klap­pen

Der er­ste Ap­pe­tit scheint ge­stillt. Die Po­stil­len wen­den sich vor­über­ge­hend wie­der an­de­ren The­men zu. Min­de­stens ei­ne ent­blö­de­te sich nicht vom »In­zest-Mon­ster« zu spre­chen. Aus­ge­rech­net sie, die ei­nen gan­zen Schwarm von Lü­gen­mon­stern be­schäf­ti­gen, mit ih­rem Men­tor Kai Diek­mann. Ich spre­che von Deutsch­land; das öster­rei­chi­sche Me­di­en­ge­wit­ter ha­be ich nicht mit­be­kom­men. Viel­leicht ist das gut so.

Ich stel­le die The­se auf: Sie ha­ben Jo­sef F. ge­braucht. Nein: Sie brau­chen ihn. Im­mer noch. Sie ver­zeh­ren sich nach ihm. Wenn es ihn nicht gä­be – so ver­rückt und lüg­ne­risch kön­nen sie gar nicht sein, ihn zu er­fin­den. Sie freu­en sich, dass je­mand ein noch schlim­me­rer Mensch ist, als ih­re Phan­ta­sie es hät­te er­fin­den kön­nen. Sie suh­len sich im Elend sei­ner Op­fer. Sie wei­den sich an ih­nen und ver­brä­men dies mit ei­nem schmie­ri­gen Be­trof­fen­heits­thea­ter.

Ein öster­rei­chi­sches Ge­richt be­ging ei­nen Lap­sus. Es nann­te Jo­sef F.s Frau in ei­nem öf­fent­li­chen Do­ku­ment nicht Ro­se­ma­rie, son­dern »Ma­ria«. Welch’ ein Witz: Jo­sef und Ma­ria in Am­stet­ten. Ihr Kind hat nun ge­lit­ten. Es hat für uns ge­lit­ten. Für un­se­re Sen­sa­ti­ons­gier. Zu un­se­rem Plai­sir. »Thrill« nennt man das im Eng­li­schen. Und jetzt müs­sen sie al­le noch ein­mal lei­den. Mit dem At­tri­but­ge­wit­ter der üb­li­chen Ver­däch­ti­gen.

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