Mit »Amusing ourselves to death»1 stellt Neil Postman eine wichtige Grundfrage: Wirkt das Medium auf seine Inhalte zurück? In der Hauptsache kontrastiert Postman dann zwei unterschiedliche Medienwelten: die Typographische der Zeitungen und Bücher gegen die Piktographische des Fernsehens. Nach Postman bedingen die linear-fortschreitenden Schriftmedien eine andere Konsumweise als die Bewegtbilder. Sie benötigten eine längere Aufmerksamkeitsspanne, setzen gewisse diskursive Vorkenntnisse voraus und zielten von sich aus auf Ganzheit und Kohärenz. In der Fernseh»kultur« hingegen werde der Betrachter nur in einen visuellen Rausch immer neuer Reize ohne größeren Sinn und Einheit versetzt, was letztlich unser fragmentiertes ADHS-Hirn erzeuge.
Dies ist nun der dritte Anlauf meine Gedanken zum Postmanschen Pamphlet zu verschriftlichen, aber vielleicht ist mein graue Matsche auch schon zu verpixelt, um dieses Vorhaben je zu beenden.
1. Die Sapir-Whorf-These der Medienkritik
Weiten wir zunächst ein wenig den Blick, um die Allgemeinheit der Postmanschen These zu erfassen. Es gibt, so denke ich, allerorts ähnlich geartete Ansätze. So zum Beispiel in der Wallraffschen Kritik der Bildzeitung, in welcher er Postman ähnlich das Porträt eines Mediums zeichnet, das alle in ihm gedruckten Inhalte verzerrt und entstellt. Auf noch fundamentalere Weise stellten Sapir-Whorf die These auf, dass sogar die Grammatik unserer Sprache die Weltsicht präge. Auch wenn die These wissenschaftlich meines Wissens nicht unbedingt unangefochten blieb, wurde sie ähnlich verheerend popularisiert wie Gödels Unvollständigkeitssätze, so dass heute die Bedingtheit unseres Weltbildes von unserer Sprache schon die Spatzen von den Dächern pfeifen; meistens mit dem Fehlverweis auf die hunderte Schneewörter der Eskimos. Am weitreichendsten findet sich dieser Denkansatz wohl verwirklicht in dem Diktum, dass kein richtiges Leben im Falschen möglich sei. Das »Medium« findet sich hier geweitet zu den »systemischen, kapitalistischen Umgebungsgegebenheiten«, die jeden existenziellen Ausdruck, den wir suchen könnten, notwendig verfälschen.
"Wir amüsieren uns zu Tode", 1985 ↩