
Die (Feuilleton?)Journalistin Johanna erhält zwischen Mai und August 2020 insgesamt sechs Postkarten von ihrem Freund Max, einem (und ihrem) ehemaligen Universitätsdozenten. Es beginnt mit »Wie geht es Dir?« und einer Ansicht der griechischen Insel Patmos, auf der Max seit Jahren lebt. Die Korrespondenz zwischen den beiden, die nur brieflich möglich ist, da Max keinen Internetanschluss hat, muss wohl ins Stocken geraten sein. Inzwischen ist mindestens die halbe Welt in einer Pandemie. Die Frage nach dem Befinden scheint also berechtigt. Im weiteren Verlauf schickt der »alte Freund« der »lieben Freundin« noch fünf Gemälde-Ansichtskarten mit orakelhaften, handschriftlichen Sprüchen, die im Buch abgedruckt sind. Johanna schickt auf die unregelmäßig eintreffenden Karten insgesamt 16 Briefe (plus einer Karte am Ende) an Max. Streng genommen handelt es sich also um einen Briefroman. Der Briefcharakter wird durch die handschriftlichen Gruß- und Abschiedsformulierungen noch verstärkt; die Briefe selber sind am Computer geschrieben.
Johanna ist nicht nur trauernd und verzweifelt, weil ihre 84jährige Mutter nach einer fahrlässigen Italienreise auf der Intensivstation an der neuen Krankheit verstorben ist, sondern auch wütend über die Umstände dieses Sterbens. Einerseits beklagt sie den Leichtsinn der Mutter, die die Krankheit wohl bagatellisiert hatte und es genoss, in den Uffizien ohne andere Touristen zu sein während in den Nachrichten bereits Schreckensmeldungen liefen. Dann wiederum wirft sie den politisch Verantwortlichen Übervorsichtigkeiten vor. Denn sie wurde nicht mehr zu ihrer Mutter ins Krankenhaus gelassen. »Den Sicherheitsdienst haben sie gerufen, als ich versucht habe, trotzdem in das Gebäude reinzukommen. Irgendwo da drinnen hing meine Mutter an irgendwelchen beschissenen Maschinen, war am Ersticken, Verrecken, und sie haben mich nicht zu ihr gelassen!!!!«
Diese Wut setzt sich bei der Beerdigung fort. Die Mutter war prominent, betrieb eine Schauspieler-Agentur, stand früher selber auf der Bühne. Sie hatte einen Plan entworfen, wie ihre Beerdigung auszusehen hatte – das übliche Fest, auf dem alle fröhlich zu sein haben. Und dann dies: »Wie versprengte schwarze Schäfchen standen Mutters Schauspieler, Mutters Freunde, Mutters ‘Geschöpfe’ auf den beiden Straßen um den Friedhof herum. Ausgesperrt von den Mauern. Bewacht von mindestens zwanzig Ordnungshütern…« Tatsächlich mutet einiges recht skurril an: »Aus Gründen, die einzig die Hygienegötter kennen, durfte keiner Erde ins Grab werfen. Nur Blumen.«