Letz­te Fä­den (V)

Mit et­was Fa­ta­lis­mus könn­te man das Vi­rus als »Rei­se­vi­rus« apo­stro­phie­ren, die Aus­brei­tung als Be­leg über die­sen in­zwi­schen in jeg­li­cher Hin­sicht über­bor­den­den Tou­ris­mus. In der »Welt« wird die Aus­brei­tung von der öster­rei­chi­schen Ski­re­gi­on Ischgl auf­ge­zeich­net. (Er­stes Bild dort: »Aprés Ski«. Furcht­bar!) An­hand der Da­ten der Tou­ri­sten wer­den Kar­ten er­stellt, die zei­gen, wie die Ver­brei­tung in Deutsch­land, Spa­ni­en und an­de­ren Län­dern da­nach fort­ge­schrit­ten ist.

Was ich nicht ver­ste­he: War­um Ischgl? War­um nicht der Saal­kar­ne­val in Düs­sel­dorf, Mainz oder Köln? (War­um in NRW aus­ge­rech­net Heins­berg?) Nord­ita­li­en taucht auf der Kar­te nicht auf. In Ita­li­en kur­siert ja ein Ge­rücht, der »Pa­ti­ent 0« sei ein Deut­scher – je­ner Deut­sche aus Augs­burg, der der er­ste war, der po­si­tiv ge­te­stet wur­de (und in­zwi­schen schon wie­der her­um­mäkeln kann). War­um hört man so we­nig da­von?

Tat­sa­che dürf­te sein, dass Län­der, in de­nen Tou­ris­mus eher sel­te­ner aus­ge­prägt ist, die Aus­wir­kun­gen we­ni­ger bzw. kaum spü­ren. Die Aus­nah­me da­für ist le­dig­lich Chi­na bzw. Hubei. Ja­pan hat hin­ge­gen kaum In­fek­tio­nen, aber es wird auch sehr viel ge­te­stet.

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Ama­zon be­stellt bis En­de April kei­ne Bü­cher mehr bei Ver­la­gen. Man räumt nur noch das La­ger. An­geb­lich um die Ka­pa­zi­tä­ten für Hy­gie­ne­ar­ti­kel u. ä. zu ver­wen­den. Mit Bü­chern ver­dient Ama­zon schon lan­ge kein Geld mehr; es ist ein Ver­lust­brin­ger. Dem Buch­han­del fällt na­tür­lich nichts an­de­res ein, als auf den Händ­ler um die Ecke zu ver­wei­sen (den es hier und auch dort, wo ich vor­her ge­lebt ha­be, nicht gibt). Dass man sel­ber ein um­fas­sen­des, über­re­gio­na­les On­line­an­ge­bot von Bü­chern nicht er­rich­tet hat, fällt ihm jetzt auf die Fü­ße (Nein, »buecher.de« zählt nicht).

Plötz­lich wird be­merkt: Das Buch ist ein Wirt­schafts­gut! Ver­la­ge sind Wirt­schafts­un­ter­neh­men. Wel­che Über­ra­schung. Aber ist es tat­säch­lich so, dass man ein paar Wo­chen Aus­set­zen nicht ab­fe­dern kann? Ist die Bran­che wirk­lich der­art »auf Kan­te ge­näht«? Um­ge­kehrt: Was sagt es über die Füh­rung ei­nes Un­ter­neh­mens aus, wenn der­art schnell schon ein Kon­kurs droht? Si­cher, nie­mand weiss, wie lan­ge die­se Maß­nah­men an­hal­ten. Aber wä­re es nicht viel­leicht auch ein­mal ein Ge­bot der Stun­de, die Pa­nik nicht wei­ter zu stei­gern?

Jetzt wird be­kannt, dass der Buch­han­del kei­ne Tü­ten und Tra­ge­ta­schen hat. Das bö­se Pla­stik­zeug, das man vor­her nicht mehr ha­ben woll­te. Stüm­per über­all.

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In der SZ ein Text wie »Kul­tur­schaf­fen­de« über die Kri­se kom­men kön­nen. Da ist u. a. von Spen­den die Re­de. Wie wä­re es, wenn die SZ ein­fach mehr Raum für Tex­te von Schrift­stel­lern und Künst­lern in ih­rem Blatt ein­räu­men und die­se or­dent­lich be­zah­len wür­de? Wie wä­re es, wenn der öf­fent­lich-recht­li­che Rund­funk ähn­lich ver­fah­ren wür­de? Statt­des­sen ödes Ge­quat­sche des Im­mer­glei­chen in »Talk-Shows«. Das Ra­dio hat in den 1950er-Jah­ren Schrift­stel­ler er­nährt. Was spricht da­ge­gen, von den 8 Mil­li­ar­den Ein­nah­men Geld frei­zu­schau­feln?

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Leu­te, es gibt E‑Books.

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Gu­ter Text von Da­ni­el-Pas­cal Zorn zu den di­ver­sen Ein­las­sun­gen von Phi­lo­so­phen und »Künst­lern«:

Was mir er­heb­lich auf den Keks geht, ge­ra­de:

All die Phi­lo­so­phen und Phi­lo­so­phin­nen – und die, die es gern wä­ren –, die ei­ne rea­le Ex­trem­si­tua­ti­on aus­nut­zen, um sich als Zeit­dia­gno­sti­ker, Kri­sen­au­gu­ren, We­sten­ta­schen­re­vo­lu­tio­nä­re, Hob­by-Ideo­lo­gie­kri­ti­ker in­sze­nie­ren. Das Feuil­le­ton-Per­so­nal plus An­hang, be­kannt aus Print, Funk und Fern­se­hen, dem nichts Ge­schei­te­res ein­fällt, als die An­stren­gung zu ver­dop­peln, Halb- und Vier­tel­durch­dach­tes zum Be­sten zu ge­ben. Ge­ra­de hö­re ich ei­ne Ra­dio­sen­dung, in der ernst­haft die Stoa be­schwo­ren wird, weil der mo­der­ne Mensch Pro­ble­me mit der »Un­ver­füg­bar­keit“« hat, was man ja ge­ra­de gut be­ob­ach­ten kön­ne. Und vor ein paar Ta­gen se­he ich ei­ne Sen­dung, in der mir die Gast­ge­be­rin ernst­haft Ca­mus »Pest« emp­fiehlt, als Buch der Stun­de.

Und so wei­ter.

Ich kann auch die­ses Ge­seie­re von der »Chan­ce«, die man jetzt hat, bei­spiels­wei­se Bü­cher zu le­sen, die man zeit­lich sonst wie ge­schafft hät­te ge­nau­so we­nig wie die Jam­me­rei­en über Krea­tiv­schü­be oder auch Krea­tiv­stopps (je nach dem) nicht er­tra­gen. Seht oben!

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Was die Leu­te aus­har­ren lässt, ist die Aus­sicht, dass es mög­lichst schnell wie­der so wei­ter­geht wie bis­her. Wer ehr­li­che Po­li­tik ma­chen will, müss­te ih­nen die­se Il­lu­si­on rau­ben. Er wür­de aber weg­ge­fegt wie wei­land La­fon­taine 1990.

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Ei­ne Ver­kehrs­mel­dung im Ra­dio. Wie exo­tisch.

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Stel­le fest, das Zeug hier wird nicht ge­le­sen. Macht nichts.

3 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Doch, durch­aus, al­ler­dings wohl(ich ha­be of­fen­sicht­lich kei­nen Zu­gang zu den Track­ing­da­ten ih­rer Web­site) nicht im Übermaß.Da aus ih­rer letz­ten Aus­sa­ge ei­ne la­ten­te Fru­stra­ti­on zu spre­chen scheint, bin ich ein­fach mal so ver­mes­sen und be­dan­ke mich bei ih­nen, in der nai­ven Hoffnung(selbstsüchtig, wie ich bin), dass mir(und wohl auch noch ei­ni­gen an­de­ren Le­sern) die­ser Blog da­durch noch ein we­nig län­ger er­hal­ten bleibe.Ich wer­de die Elo­ge, die wohl die mei­sten re­gel­mä­ßi­gen Be­su­cher die­ses Blogs an­stim­men könn­ten, fol­gen­der­ma­ßen ab­kür­zen:
    Zu­erst ein­mal zum The­ma Literatur:Mir ge­fällt ihr-nur durch das di­gi­ta­le Me­di­um mög­li­ches For­mat-aus­ge­zeich­net und ich le­se ih­re Bei­trä­ge lie­ber als die der mei­sten ih­rer „Kol­le­gen« in bei­de Rich­tun­gen des Spektrums.Ihr Blog, so fin­de ich, ver­eint in ge­wis­ser Wei­se so­wohl die Vor­zü­ge des Feuil­le­tons als auch die der Li­te­ra­tur­blogs, größ­ten­teils oh­ne in die Pro­ble­me der­sel­ben abzurutschen(Lobhudelei, man­geln­de Sach­kennt­niss, Kür­ze der Tex­te usw.)
    Des wei­te­ren ha­ben mir die klar ver­tre­te­nen, dis­kur­siv vor­ge­tra­ge­nen Mei­nun­gen zu al­len er­denk­li­chen The­men-auch wenn ich nicht mit ih­nen über­ein­stim­me-ei­ni­ge an­re­gen­de Denk­an­stö­ße ge­ge­ben so­wie an­de­re, mir bis da­to nicht be­kann­te Per­spek­ti­ven auf­ge­zeigt.
    Hier wa­ren be­son­ders die zahl­rei­chen Ar­ti­kel, in de­nen ei­ne an­de­re Mei­nung als die ak­tu­ell po­pu­lär­ste ge­äu­ssert so­wie mit Fak­ten ge­stützt wur­de, hilf-und lehrreich.Solche ab­wei­chen­den, öf­fent­lich ge­äu­ßer­ten, ar­gu­men­ta­tiv gut for­mu­lier­ten Mei­nun­gen wer­den-so emp­fin­de ich es-im­mer sel­te­ner und da­mit auch um­so wichtiger.Die mei­sten Me­di­en schei­nen sich stets ei­nig zu sein, was be­dau­er­lich ist.
    Zu gu­ter letzt ei­ni­ge Din­ge, die wohl nur auf mich zu­tref­fen: Ich bin noch nicht sehr alt, und ih­re Sei­te war für mich ei­ne Art Erweckungserlebnis.Einerseits ha­be ich mei­ne Be­gei­ste­rung für Bü­cher dank ih­nen auch auf e‑Literatur ausgedehnt(ich ver­wen­de die­sen Be­griff der Ein­fach­heit hal­ber, auch wenn er ver­al­tet sein mag, es scheint mir hier am sinn­voll­sten, um stun­den­la­ge Ab­ir­run­gen be­züg­lich „rich­ti­ger« Li­te­ra­tur usw. zu ver­mei­den) und dank ih­nen ha­be ich ei­ne an­de­re Art des Le­sens ken­nen­ge­lernt, die struk­tur-und sprach­kri­ti­sche Aus­ein­an­der­set­zung mit ei­nem Text, die mir bis da­hin kaum ge­läu­fig war.
    Von ih­nen ha­be ich aber auch ge­lernt, kri­tisch zu den­ken, vor al­lem sie ha­ben mir ge­zeigt, dass auch gro­ße Nach­rich­ten­por­ta­le falsch­lie­gen kön­nen und man auch als gut an­er­kann­te Bü­cher kri­tisch be­trach­ten (kön­nen) muss.Das mag für sie lä­cher­lich klin­gen, ist aber kei­nes­wegs ei­ne Selbstverständlichkeit.So et­was lernt man-fin­de ich-größ­ten­teils von Vorbildern.Und in ge­wis­ser Hin­sicht wa­ren sie-in die­sem Be­reich-ei­nes mei­ner wichtigsten.Ich glau­be, dass ich von ih­rem Blog, den ich erst seit kur­zem ken­ne, ei­ni­ges ge­lernt ha­be, und möch­te mich da­für-am En­de mei­ner lan­gen Re­de an­ge­kom­men-ein­fach ein­mal be­dan­ken.

    Ei­ni­ge An­mer­kun­gen: Wenn ich von ih­nen spre­che, mei­ne ich na­tür­lich auch ih­re Mit­au­toren.
    Ich ha­be bis­her noch nicht kom­men­tiert, da ich-wie ge­sagt-die­sen Blog erst seit kur­zem ken­ne und mir zu vie­len der The­men (noch) das Fach­wis­sen fehlt.Da mir aber ih­re ab­schlie­ßen­de Be­mer­kung-ent­ge­gen ih­res Aus­spru­ches „Macht nichts« auf ei­ne ge­wis­se Fru­stra­ti­on hin­zu­wei­sen schien, hielt ich es für an­ge­bracht, ein Le­bens­zei­chen in Form ei­nes Lo­bes von mir zu geben.Ich hof­fe, dass ih­nen ein sol­ches will­kom­men ist.Natürlich liegt es al­lein in ih­rem Er­mes­sen, den Blog fort­zu­füh­ren oder nicht, ich woll­te nur dar­auf hin­wei­sen, dass noch(ein we­nig) In­ter­es­se vor­han­den ist.

  2. Vie­len Dank für Ih­ren Kom­men­tar.

    Die Fru­stra­ti­on er­greift mich in Wel­len. Mei­ne kur­ze Rei­he der »Fä­den« (Lo­se- bzw. Letz­te Fä­den) war ei­ne Re­ak­ti­on auf die im Über­maß vor­han­de­nen so­ge­nann­ten »Co­ro­na-Ta­ge­bü­cher«, in de­nen mehr oder we­ni­ger be­deu­ten­de Pu­bli­zi­sten oder Schrift­stel­ler ih­re Wohl­stands­weh­weh­chen spa­zie­ren führ­ten bzw. füh­ren. Das Fleisch war schwach auch bei mir, dies eben­so zu tun und ich muss es mir im­mer noch ver­knei­fen, weil ich die­se Sei­te sind für Be­find­lich­keits­po­sen miss­brau­chen möch­te (und wenn oder: vor al­lem, wenn es mei­ne Be­find­lich­kei­ten sind).

    In­zwi­schen ha­be ich ver­nom­men, dass mei­ne Kon­zen­tra­ti­on auf zeit­ge­nös­si­sche Li­te­ra­tur in die­sen Zei­ten auch als Welt- oder Ver­ant­wor­tungs­flucht aus­ge­legt wer­den kann. Da­mit kann ich al­ler­dings le­ben.

    Die Pu­bli­ka­tio­nen wer­den von mei­ner Sei­te in den näch­sten Wo­chen we­ni­ger wer­den. Auf­hö­ren wer­den sie noch nicht. Nur der Ver­su­chung, All­tags­din­ge und All­täg­lich­kei­ten zu kom­men­tie­ren, muss ich wi­der­ste­hen.