A.d.L.e.R: Aus dem Leben einer Rikschafahrerin – Nr. 12
Mein Kollege ist auf eins, und ich bin auf zwei, als von hinten ein unauffällig gekleideter Mann herankommt und meinen Kollegen erst nach dem Weg fragt und dann, wie das so mit der Rikscha gehe. Mein Kollege erteilt Auskunft, legt ihm unsere Dienste zu Füßen, macht ein sehr gutes Angebot, roter Teppich, Silbertablett, alle Register. Aber irgendwie hat der Mann immer noch eine weitere Frage parat: »Was für eine Geschwindigkeit fahren Sie eigentlich so im Durchschnitt?« Dann interessiert er sich dafür, ob die Rikscha eine Gangschaltung habe und mit wie vielen Gängen? Mein Kollege muss sich dauernd wiederholen, der Mann will das meiste doppelt, manches dreifach erklärt haben. Die Antworten meines Kollegen werden immer kürzer. Ich denke: Diesen Dialog muss ich mir wortwörtlich auswendig merken, den setz ich mal in einer Geschichte ein, und dann werden alle glauben, ich hätte eine blühende Fantasie. Da zeigt der Mann mit dem nackten Finger auf mich, sieht meinen Kollegen herausfordernd an und ruft: »Aber das ist ja eine Frau!« Der Kollege nickt. »Ja aber kann die das denn?« Der Kollege schüttelt den Kopf: »Um Himmels Willen, wo denken Sie hin! Wenn die Kollegin jetzt eine Tour kriegt, dann fährt natürlich einer von uns und sie läuft nebenher.« –