Andrea Giovenes Haus der Häuser, Band drei der Autobiographie des fiktiven Giuliano di Sansevero, endet im Juni 1940 mit dem Eintritt Italiens in den Zweiten Weltkrieg, von dem die Hauptfigur während einer Zugfahrt überrascht wurde. Licudi, der Zauberort am Meer, in dem die Welt stillstand, war von Touristen, Immobilienspekulanten und Archäologen eingenommen, die Beschaulichkeit zerstört worden. Knapp fünf Monate später befindet sich Giuliano als Besatzungsoffizier (er steht an der Schwelle zum Hauptmann) in einem zum Quartier umfunktionierten Hotel im französischen Bay. Die Wirtin Denise Digne ist die personifizierte Feindseligkeit, der »Schmerz verschließt ihr Herz wie die Kälte die Poren«, so steht es in seinem (im Fragmenten erhaltenen) Tagebuch, welches im Laufe des Romans häufig herbeizitiert wird, wenn es gilt, den Denkkosmos Giulianos um mitunter skurrile Episoden oder Eindrücke zu ergänzen.
Fremde Mächte heißt der Fortsetzungsband, der den Zeitraum von November 1940 bis Herbst 1945 umfasst. Unverändert ist die Position des weitgehend chronologisch agierenden Ich-Erzählers Giuliano di Sansevero, der nur manchmal aus dem Wissen des Geschehenen heraus vorgreift. In den fast fünf Jahren wird er eine wahre Odyssee durch den europäischen Kontinent unternehmen. Von Bay geht es nach Reggio Emilia, kurz darauf Griechenland, zunächst eine kleine Stadt in Arkadien, dann Athen. Hier erfährt er vom politischen Zusammenbruch Italiens, was sich unmittelbar auf die italienische Besatzung auswirkt. An deren Stelle treten nun die Deutschen. Die italienischen Soldaten stellt man vor die Wahl: Eintritt in die deutsche Wehrmacht, alternativ Soldat in Mussolinis Republik Salò, was unter Umständen Bürgerkrieg mit Süditalienern bedeutet hätte, denn diese kämpften inzwischen mit den Alliierten. Wer beides ablehnt, wird in zum Teil tagelangen Zugfahrten mit 50 Personen pro Waggon in diverse Lager verfrachtet. So soll es insgesamt 300.000 Soldaten ergangen sein.
Giuliano entscheidet sich gegen den Kampf und landet nach elf Tagen in Lemberg (dem heutigen Lviv). Er schmiedet, so weit es geht, Allianzen, findet drei Personen, die, jeder für sich, durch ihr Verhalten außerhalb der normalen Gefangenen stehen. So bewundert er die Frömmigkeit von Téolo, der tagelange Zugfahrten in Waggons mit Beten verbringt, während Pannuzzo sisyphosartig versucht, jeden Morgen einen Fleck auf seiner Jacke zu entfernen, was natürlich nie gelingt. Gerade hier, in Gesellschaft dieser ihn beruhigenden, weil nicht fordernden Menschen, beginnt er mit Aufzeichnungen über die biblische Esther, entwirft sogar ein Drama mit Jesus als Dichter und philosophiert über den Wahrheitswert der Auferstehungsgeschichte (er findet für das leere Grabmal eine pragmatische Erklärung). Zur Verblüffung des Lesers empfindet er trotz der widrigen, vor Schmutz starrenden Umgebung und Massen von krakeelenden Mitgefangenen, »innere Ruhe und Freiheit« und die »Reinheit der Gedanken«.
Als die Rote Armee näher rückt, stehen wieder Entscheidungen an. Ein Anschluss an eine Armee kommt für ihn weiterhin nicht infrage, lieber nach Deutschland, als Zwangsarbeiter, wobei er darauf pochen wird, als Offizier einer fremden Nation nicht zu Arbeiten gezwungen werden zu können (was man auch zu akzeptieren scheint). Er kommt nach Berg, einem Ort, eher ein Dorf, in der Nähe der Elbe; neben Landwirtschaft gibt es vor allem ein Sägewerk. Hier gibt es zahlreiche Zwangsarbeiter und Giuliano pocht nicht auf seinen Offiziersstatus, schippt Kohlen und hilft im Sägewerk. Ein besonderes Auge auf ihn scheint Lore geworfen zu haben, die Frau des Besitzers, mit er sich auf französisch verständigen kann. Er versucht die versteckten Annährungen ins Leere laufen zu lassen, ohne die Frau zu beleidigen, die ihn immerhin mit dem vergötterten fünfjährigen Sohn spielen lässt.
Die Eroberung durch die Amerikaner bringt nicht die erhoffte Ruhe für den Ort. Warum auch immer ziehen diese sich unvermittelt wieder zurück. Marodierende Banden und Plünderer übernehmen kurzzeitig; man holt ehemaligen Wehrmachtssoldaten, die einige Plünderer erschießen. Giuliano erlebt sinnlose Fliegerangriffe der Alliierten, zum Teil werden Menschen direkt aus der Luft beschossen. Plötzlich greift ihn ein deutscher LKW-Trupp auf und er wird erneut Gefangener. Man hat Befehl zum Kampf um Berlin. Der Trupp löst sich schon während der Fahrt zum Teil auf; die Reste werden bombardiert und Giuliano schwer verwundet. Nach mehreren Irrfahrten – der Krieg ist offiziell längst zu Ende – kommt er schließlich in ein Aufnahmelager nach Garmisch. Dort endet der Roman. Er ist 43 Jahre alt.
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