
Die Richtige
Weiß jemand, wie Martin Mosebach dieses hässliche »Spiegel Bestseller-Autor« Etikett auf dem Cover seines neuen Romans Die Richtige gefallen hat? Obwohl nur auf dem turquoisen Hintergrund platziert und das Motiv nicht direkt tangierend, muss es doch jemandem mit seinem ästhetischen Empfinden ein Graus gewesen sein.
Die Lektüre kann erst nach der vorsichtigen, rückstandsfreien Entfernung des Etiketts beginnen. Und siehe: Es ist wie so oft bei Mosebach ein kleiner Kreis, der hier vorgestellt wird. Anlass ist eine Ausstellungseröffnung der Galerie Grünhaus, in der neue Gemälde von Louis Creutz gezeigt werden. Der Meister wird sofort als »Inbegriff der Unbeeindruckbarkeit« vorgestellt und bleibt daher ostentativ dem Beginn der Veranstaltung mit der Rede des Kunstkritikers fern und komponiert in seinem nicht weit entfernt liegenden Atelier traditionsgemäß sein neues Inkarnat. Der Leser erfährt rasch die Gewohnheiten. So malt Creutz nur in seinem Atelier, fast ausschließlich Frauen, freiwillig nie Portraits (nur im Auftrag gegen ein horrendes Honorar: Höhe mal Breite mal fünfundzwanzig), nur Akte, die er aber als solche nur ungern bezeichnet. Er malt auf Bolus und pflegt »eine feinporige Malerei von luftloser Schwere«. Seine Obsession ist die menschliche Haut. »Die eigentliche Aufgabe der Malerei [ist] die Schilderung der Haut«, so Creutz. Hier zeige sich die hohe Schule der Ölmalerei.
Immer bei solchen Veranstaltungen dabei sind die »Getreuen«: Rudolf und Beate, Sammler der ersten Stunde (nebenbei erfährt man, dass sie länger nicht mehr gekauft haben und die Wertsteigerung der frühen Werke abwarten). Im Schlepptau Rudolfs Bruder Dietrich, ein stiller, freundlicher Mensch. Die Brüder führen die von den Eltern geerbte Fabrik fort, mit großem Erfolg, wie es heißt und der beruht vor allem auf Dietrich. Im Schlepptau der drei neu dabei ist eine blonde Frau mit etwas unordentlichen Haaren, Astrid Thorblén, 35 Jahre, »aus dem Norden«, genauer: Schweden, kommend. Die zänkische Beate lässt schon jetzt kein gutes Haar an Astrid, die aber für Höheres vorgesehen ist: Sie soll die Ehefrau des schüchternen, braven Dietrich werden. Sie sei, so hat wohl Rudolf beschlossen, »die Richtige«.