No Time to Kill

Die Kla­ge über die Mit­tel­mä­ssig­keit der Tex­te zum Bach­mann­preis-Be­werb ist fast schon Ri­tu­al. Sie ist zu­wei­len ge­prägt von Ent­täu­schun­gen, wird ge­nährt von ver­klä­ren­den Rück­blicken auf die Ver­gan­gen­heit und ist im­mer na­tür­lich sub­jek­tiv. Aber dass Tan­ja Mal­jart­schuk im letz­ten Jahr den Bach­mann­preis ge­won­nen hat­te, war mir wirk­lich ent­fal­len wie mir auch gänz­lich je­de Er­in­ne­rung an ihr Pro­sa­stück fehlt. Und dass ei­nem beim Le­sen ei­nes Tex­tes das Herz auf­ging, das ist nach Ma­ja Ha­der­lap ei­gent­lich nicht mehr bei mir pas­siert. Die in der Ver­gan­gen­heit durch­aus kind­li­che Vor­freu­de auf das Er­eig­nis weicht ei­nem bei­läu­fig rou­ti­nier­ten An­strei­chen im Ka­len­der.

Es liegt seit lan­gem in der Na­tur der Sa­che, dass sich dem Ur­teil der Ju­ro­ren1 be­reits ar­ri­vier­te Au­toren kaum mehr stel­len. Das hat mit so et­was wie Fall­hö­he zu tun. Vor al­lem Ver­la­ge mö­gen so et­was nicht.

Da ist ein Er­eig­nis wenn ein Au­tor, der, wie es in der Be­schrei­bung heisst »kei­ne Ver­öf­fent­li­chun­gen, Sti­pen­di­en oder Prei­se« vor­zu­wei­sen hat, teil­nimmt. Me­di­en jazzen die­sen Tat­be­stand hoch: »Noch nichts ver­öf­fent­licht: 22-Jäh­ri­ger für Bach­mann-Preis no­mi­niert« schreibt ei­ner (der dann das Vi­deo des Au­tors brav nach­er­zählt). Ich ha­be dann noch über Twit­ter ver­zwei­felt ver­sucht, dem Ver­fas­ser die­ses Ela­bo­rats den Un­ter­schied zwi­schen »No­mi­nie­rung« und »Teil­nah­me« zu er­klä­ren. Ich schei­ter­te. Es soll­te nicht das letz­te Schei­tern sein, wenn es dar­um ging, of­fen­sicht­li­che Feh­ler von Li­te­ra­tur­jour­na­li­sten wir­kungs­voll zu kor­ri­gie­ren. Aber egal.

Kaum je­mand be­merkt, dass die Kri­tik an den Tex­ten auf die Ju­ro­ren ver­weist, die die­se Tex­te aus­wäh­len oder, wie man es auch schon ein­mal hör­te, in Auf­trag ge­ben. Die gu­ten al­ten Zei­ten der Hil­fe­stel­lung durch den Pa­ten­ju­ror, der Lek­to­rie­rung schei­nen vor­bei zu sein. Al­les ist mög­lich: Über­bor­den­de Ad­jek­ti­ve, ei­gen­sin­ni­ge In­ter­punk­ti­on, Fi­gu­ren­na­men, die in un­ter­schied­li­chen Schreib­wei­sen im Text kur­sie­ren. Stoff für In­ter­pre­ta­tio­nen. Aber auch mehr?

Wei­ter­le­sen ...


  1. hier gilt das generische Maskulinum – sorry