Bro­der­line

Da war wohl ge­stern das Af­ter­show-Par­ty-Bier bei »An­ne Will« nicht so gut. Denn was Hen­ryk M. Bro­der in of­fen­sicht­lich ver­ka­ter­ter Stim­mung da auf sei­ner Ach­se des Blö­den ge­gen Ste­fan Nig­ge­mei­ers Bei­trag aus der Fe­der ge­flos­sen ist (oder in die Ta­sta­tur eja­ku­liert hat), be­stä­tigt die Dia­gno­se »Bro­der­line« als be­dau­erns­wer­ten Krank­heits­zu­stand; ei­ne Art neu­me­dia­ler Ver­wir­rung und Wahr­neh­mungs­stö­rung.

Nicht nur, dass er in be­ster »Stürmer«-Manier Men­schen mit Tier­at­tri­bu­ten ver­sieht (wo ist denn Pro­fes­sor Wolfs­sohn, der sich doch sonst für nichts zu scha­de ist?) – er kackt auch noch in die Gär­ten der Nig­ge­mei­er-Kom­men­ta­to­ren, die er in we­nig über­zeu­gen­der Wei­se als »Fan­club […] im Dunst­kreis der „Böhsen On­kelz“ oder hin­ter der Spa­ten­bräu-Fest­hal­le („Och­sen al­ler Art“) auf der Wiesn« be­ti­telt (und über­sieht da­bei, dass es vie­le Bro­der-Fans wa­ren, die ver­sucht ha­ben, ih­rem Mei­ster die Stan­ge zu hal­ten). Da muss der On­kel Hen­ryk wohl noch mal ran.

Das run­det im­mer­hin Bro­ders mu­si­ka­li­sche Spann­brei­te ab – denn er selbst hat sich ja vor we­ni­gen Ta­gen als Fan von Die­ter Boh­len ge­outet. Und in der Tat: Bro­der ist so et­was wie der Die­ter Boh­len des deut­schen Feuil­le­tons. Nur hat er nicht so vie­le Grou­pies, was na­tür­lich be­dau­er­lich ist.

Bro­der ist noch ei­ner letz­ten Kampf­po­sten in Ste­fan Aus­ts un­ter­ge­gan­ge­nem »Spiegel«-Reich des po­li­ti­schen Non­kon­for­mis­mus. Wo­bei die schlei­chen­de Me­ta­mor­pho­se vom »Sturm­ge­schütz der De­mo­kra­tie« zum Fähn­lein Fie­sel­schweif des deut­schen Neo­kon­ser­va­tis­mus si­cher­lich für ei­ni­ge Um­run­dun­gen in Ru­dolf Aug­steins Grab ge­sorgt ha­ben dürf­te.

Bro­ders Strick­mu­ster ist denk­bar ein­fach: Ei­ne De­bat­te, die sich in ei­ne be­stimm­te Rich­tung ent­wickelt, wird da­hin­ge­hend »auf­ge­mischt«, dass man schlicht­weg das Ge­gen­teil des­sen be­haup­tet, was al­le be­haup­ten. Auf das The­ma an sich kommt es da­bei nie an. Es geht nur um Wi­der­spruch um des Wi­der­spruchs wil­len. Bro­der et. al. gei­sseln da­bei stets ei­ne »fal­sche Ta­bui­sie­rung« und ver­spre­chen Ret­tung aus dem Sumpf des Mei­nungs­main­streams – sie ma­chen nichts an­de­res, als den Teu­fel mit ih­rem Beez­le­bub aus.

Nie grei­fen Bro­der und sei­ne Freun­de so­fort in ei­ne De­bat­te ein. Erst war­ten sie ab, in wel­che Rich­tung sich die Waa­ge neigt – um dann zu­ver­läs­sig Ge­gen­par­tei zu er­grei­fen. Ein paar Wind­beu­tel-Flos­keln hier, ein paar un­be­weis­ba­re Schluss­fol­ge­run­gen dort – und schon ist der po­li­ti­sche Jour­na­lis­mus à la Bro­der fer­tig. Wä­ren Eva Her­mans The­sen po­si­tiv auf­ge­nom­men wor­den – Bro­der wä­re es ge­we­sen, der sie de­kon­stru­iert hät­te. Wä­re Boh­len der Lieb­ling der Mas­sen – Bro­der wür­de ziel­stre­big be­wei­sen, wel­cher Un­geist dort agiert.

In ei­nem Punkt ist er zwei­fel­los Trend­set­ter: In sei­nem ver­zwei­fel­ten Kampf als Ret­ter und Be­wah­rer des Abend­lan­des ge­gen Über­frem­dung, Durch­mi­schung und das fin­ste­re Bö­se – ge­treu sei­nem Freund Ge­or­ge W. Bush (wie über­haupt Bro­der es of­fen­sicht­lich nicht ver­win­den kann, dass die­ser Mann noch nicht den Frie­dens­no­bel­preis be­kom­men hat.). Mal be­dient er sich ras­si­sti­scher Blogs da­zu – dann wie­der nicht. Im­mer­hin: Manch­mal ge­be es bei PI »sehr gu­te« jour­na­li­sti­sche Ar­beit und manch­mal wä­re es auch furcht­bar – so Bro­der im »Kulturzeit«-Interview vom 02.11.07. So könn­te im üb­ri­gen ei­ne Re­zen­si­on des »Spie­gel« aus­fal­len.

Was so ein rich­ti­ger Dem­ago­ge ist, der braucht sich na­tür­lich nicht oder nur höchst un­ge­nau an Wahr­hei­ten hal­ten. (Das Vor­bild lief ge­stern, zu­fäl­lig par­al­lel zu »An­ne Will« auf 3sat). Von ge­ra­de­zu er­schrecken­der Dumm­heit ist Bro­ders letz­te Schluss­fol­ge­rung wi­der Nig­ge­mei­er. Aus­ge­rech­net er und sei­ne Ach­sen­freun­de, die beim Kli­ma­wan­del noch auf ein­deu­ti­ge Be­le­ge und Fak­ten poch­ten, be­vor sie po­li­ti­sche und öko­lo­gi­sche Mass­nah­men ak­zep­tie­ren woll­ten, wer­fen Nig­ge­mei­er Ko­rin­then­kacke­rei vor.

Wie die­se Krank­heit jetzt ge­nau heisst, weiss ich nicht. Wenn ich’s weiss, lie­fe­re ich’s nach.

6 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Nach­dem ich Bro­der bei An­ne Will ge­se­hen hat­te, ha­be ich aus­ge­schal­tet. Für die­sen Men­schen op­fe­re ich nicht ei­nen Teil mei­nes Nacht­schlafs. Ich ha­be noch un­se­rem I‑Minister bis zum En­de sei­nes State­ments zu­ge­hört, der rein lo­gisch ge­se­hen wie­der ein­mal voll­kom­men recht hat­te, als er Becks er­ste Stel­lung­nah­me als sach­lich rich­tig be­fand – aber der von Psy­cho­lo­gie nicht die Boh­ne ver­steht.

  2. Mir ging es ge­stern ähn­lich wie Köpp­nick. Kaum hat­te Bro­der wie­der sei­nen Dau­er­bren­ner, den Is­lam, ins Vi­sier und un­ter dem­ago­gi­schen Be­schuss ge­nom­men, fiel es mir leicht dem Wunsch von Frau Black­con­ti zu ent­spre­chen und zum ZDF-Kri­mi um­zu­schal­ten.
    Bro­der hat ei­ne Ma­sche ge­fun­den, die Pro­vo­ka­ti­on, die ihm Me­di­en­prä­senz und Ein­kom­men si­chert. Be­son­ders un­ap­pe­tit­lich da­bei, dass er viel zu in­tel­li­gent ist, sei­nen ei­ge­nen dem­ago­gi­schen Quatsch zu glau­ben, er aber für ge­nü­gend Dumm­beu­tel das isla­mo­pho­bi­sche Denk­sche­ma füt­tert.
    Sein Sta­tus als me­di­en­prä­sen­ter Ju­de er­mög­licht es Bro­der, je­den Kri­ti­ker sei­ner Hetz­ti­ra­den als „An­ti­se­mit“ mund­tot zu ma­chen.
    Hey, Gre­gor, ir­gend­wie wa­ren wir mit dem doch schon mal durch. Igno­rie­ren – ein­fach igno­rie­ren!

  3. Stimmt, man war schon mal durch. Aber die Art und Wei­se wie er aus­ra­stet, hat ei­ne – wie ich fin­de – neue Qua­li­tät. Und ir­gend­wie kann man ihm auch nicht so recht aus dem Weg ge­hen.

  4. Ein gro­ßes Kom­pli­ment, Herr Keu­sch­nig, für die Na­mens­fin­dung die­ses auf­dring­li­chen Krank­heits­bil­des. Mehr als das Syn­drom zu be­nen­nen, ist nicht mehr nö­tig!

  5. Neue Qua­li­tät
    Durch­aus ha­ben sei­ne Äu­ße­run­gen ei­ne neue Qua­li­tät. Dies liegt aber nicht dar­an, dass er sich in ir­gend­ei­ner (schwer vor­stell­ba­ren) Form wei­ter ra­di­ka­li­siert hät­te, son­dern wohl eher dar­an, dass er zu­letzt mit sei­ner Po­le­mik nicht mehr durch­zu­drin­gen ver­moch­te.

    Al­so zieht er es auf die ät­zen­de Schie­ne. Nur hat er eins da­bei ver­ges­sen: Er ver­lässt sein Re­vier – ät­zen kann der Rest der Netz­welt näm­lich viel bes­ser.


    [Kom­men­tar per Mail an G. K. am 09.06.10, 02:52 Uhr er­hal­ten und hier ein­ge­stellt, da kom­men­tie­ren auf­grund tech­ni­scher Pro­ble­me of­fen­sicht­lich nicht mög­lich war]