An­ne We­ber: Bann­mei­len

Anne Weber: Bannmeilen

An­ne We­ber: Bann­mei­len

Bann­mei­len – Ei­nen Ro­man in Streif­zü­gen nennt die seit vie­len Jah­ren in Pa­ris le­ben­de An­ne We­ber ihr neu­es Buch. Nach dem »rück­blicken­den Vor­spiel« fol­gen 18 Ka­pi­tel, in de­nen (bis auf ei­ne Aus­nah­me) ei­ne na­men­los blei­ben­de Ich-Er­zäh­le­rin zu­sam­men mit dem be­freun­de­ten Film­re­gis­seur Thier­ry durch die Pa­ri­ser Ban­lieues, die Vor­städ­te, streift. Ge­nau­er: Es ist das Dé­part­ment Sei­ne-Saint-De­nis, we­gen sei­ner mit 93 be­gin­nen­den Post­leit­zahl auch »das Neun-Drei« ge­nannt, den sich die bei­den da vor­neh­men. Thier­ry plant ei­nen Film über die Neu­bau­ten (Sta­di­en, aber auch Woh­nun­gen) in Pa­ris und spe­zi­ell in »Neun Drei« an­läss­lich der Olym­pi­schen Spie­le 2024.

Die Er­zäh­le­rin leb­te, wie sie fast bü­ße­risch be­kennt, bis­her na­he­zu aus­schließ­lich im Zen­trum mit den »Ki­nos, Lä­den, Mu­se­en«, den schö­nen al­ten Häu­sern, dem Ufer der Sei­ne, und so wei­ter. Sie ha­be »jahr­zehn­te­lang in un­mit­tel­ba­rer Nä­he ei­ner frem­den Welt«, »je­der für sich«, ge­lebt. Und nun al­so ei­ne Art Pro­jekt: »Ge­hen, wo nie­mand geht.« Was gar nicht so ein­fach ist, denn die Er­reich­bar­keit ist um­ständ­li­cher, als die Luft­li­ni­en­ent­fer­nung dies na­he­legt. Mit öf­fent­li­chen Ver­kehrs­mit­teln muss man lang­wie­ri­ge Um­stei­ge­pro­ze­du­ren in Kauf neh­men und auch mit dem Au­to wä­re man auf­grund des Ver­kehrs­ge­wühls nicht schnel­ler. An­ge­kom­men, stellt man fest, dass es oft ge­nug kei­ne Geh­stei­ge gibt und das man »quer­stra­ßen­ein« Au­to­stra­ßen über­que­ren muss. Um­so über­rasch­ter, dass es tat­säch­lich ei­ne Tou­ris­mus­sei­te im In­ter­net für Sei­ne-Saint-De­nis gibt.

Im Lau­fe der sich über meh­re­re Mo­na­te hin­zie­hen­den Tref­fen nimmt bei der Er­zäh­le­rin das be­reits zu Be­ginn an­klin­gen­de Schuld­be­wusst­sein des bis­he­ri­gen Nicht­be­ach­tens der Ban­lieu-Be­woh­ner (nebst der Bau­sün­den der Stadt der letz­ten Jahr­zehn­te) ste­tig zu. Da­bei wird auch Thier­rys Le­bens- und Her­kunfts­ge­schich­te er­zählt. Er ist Jahr­gang 1963, sein Va­ter wur­de 1941 in Al­ge­ri­en ge­bo­ren. 1969 zog die Fa­mi­lie aus der so­ge­nann­ten »Ci­té des 4000«, ei­ner Art Hoch­haus­get­to, das man in­zwi­schen längst ab­ge­ris­sen hat, aus. Da­mals gab es, so Thier­ry, kei­ne Dro­gen und kei­ne Ka­pu­zen­trä­ger. Der Va­ter schaff­te es mit sei­ner Selbst­stän­dig­keit als Elek­tri­ker zu be­schei­de­nem Mit­tel­schicht-Wohl­stand und ei­nem Haus. Sein sehn­lich­ster Wunsch war, nicht mehr als Ara­ber zu gel­ten – ver­geb­lich. Den (fik­ti­ven) Nach­na­men Thier­rys, Ben­sa­lem, er­fährt der Le­ser auf Sei­te 98. Thier­rys vier Jah­re äl­te­rer Stief­bru­der (der Va­ter war Wei­ßer), heißt Jean-Luc Du­bo­is. Die bei­den wa­ren so­gar auf ei­ner Schu­le; nie­mand be­merk­te ih­re Ver­wandt­schaft. Das Ver­hält­nis ist ge­spannt oder viel­leicht auch: nicht vor­han­den.

Den voll­stän­di­gen Text »›Zwi­schen zwei Wo­an­ders‹« bei Glanz und Elend wei­ter­le­sen.

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