
»Wie Medien manipulieren« lautet der Untertitel des Sammelbandes »ARD & Co.« Herausgegeben wurde das Buch von Ronald Thoden, V.i.S.d.P.-Redakteur des seit 2010 online verwaisten Magazins »Hintergrund«, für das im Impressum eine »Verlag Selbrund GmbH« zeichnet. Wenn man nach dem Herausgeber googelt findet man einen Bericht über ein »Querdenker«-Forum 2003 zu den Anschlägen des 11. September 2001, organisiert von Thoden. Dort wurden teilweise absurde Theorien zu den Anschlägen ausgebreitet. Immerhin: Für das Buch »ARD & Co.«, im Selbrund-Verlag erschienen, konnten mit Ulrich Tilgner, Kurt Gritsch und Walter von Rossum Autoren gewonnen werden, deren Urteile ich durchaus schätze (auch wenn ich ihnen nicht immer zustimme).
Leider verläuft die Lektüre recht ernüchternd, wenn man sich durch Titel und Untertitel konditioniert substanzielle Medienkritik erhofft. Die gibt es zwar auch – häufig zu Beginn der jeweiligen Beiträge. Dann jedoch ergreift etliche Autorinnen und Autoren zu oft das Besserwisser-Pathos, mit dem sie nicht nur die medialen Erscheinungen beleuchten und kritisieren, sondern sich in fachliche Gegenargumentationen begeben.
So geißelt Wolfgang Bittner in »Feindbild Putin« durchaus berechtigt die einseitige Dämonisierung Putins und Russlands in der Berichterstattung um die Ukraine-Krise von Ende 2013 bis heute. Aber er belässt es nicht dabei, sondern beginnt seine eigenen Bewertungen, sieht die Krise als Inszenierung der USA mit dem Hintergrund einer politischen Destabilisierung Russlands. Bittner schreibt unter Berufung von Henry Kissinger und seinem Interview vom 2. Februar 2014 mit CNN, dass »der Regime Change in Kiew sozusagen die Generalprobe für das sei, ‘was wir in Moskau tun möchten’ «. Als Quelle wird der Link der »Neuen Rheinischen Zeitung« angegeben. Dort kann man allerdings nachlesen, wie das Kissinger-Zitat von Bittner sinnentstellend verfälscht wurde. Die Frage des CNN-Reporter lautete: »Sie kennen Putin gut. Sie haben ihn häufiger getroffen als jeder andere Amerikaner. Glauben Sie, dass er beobachtet, was in der Ukraine passiert, und denkt, der Westen und die USA würden dies im Grunde als Schritt zur Umzingelung Russlands betreiben?«. Kissingers Antwort: »Ich glaube, dass er denkt, dass dies eine Generalprobe ist, für das, was wir in Moskau tun möchten…« Kissinger hat also nicht gesagt, dass die USA einen »Regime Change« in Russland planten oder ihn machen sollten, er hat lediglich eine Vermutung darüber geäußert, dass Putin dies so empfinden könnte. Der Unterschied ist frappierend.