Pe­ter Slo­ter­di­jk: Theo­rie der Nach­kriegs­zei­ten

Peter Sloterdijk: Theorie der Nachkriegszeiten
Pe­ter Slo­ter­di­jk: Theo­rie der Nach­kriegs­zei­ten

Es ist ja nicht so, dass sich Pe­ter Slo­ter­di­jk dar­über be­klagt, dass das deutsch-fran­zö­si­sche Ver­hält­nis vom He­ro­is­mus zum Kon­su­mis­mus mu­tiert scheint und in­zwi­schen mit wohlwollende[r], gegenseitige[r] Nicht-Be­ach­tung ver­mut­lich zu­tref­fend cha­rak­te­ri­siert ist. Am En­de emp­fiehlt er ja so­gar den gro­ssen Kon­flikt­her­den der Welt, sich nicht zu sehr für­ein­an­der zu in­ter­es­sie­ren. Denn erst ge­gen­sei­ti­ge Des­in­ter­es­sie­rung und De­fas­zi­na­ti­on las­sen Ko­ope­ra­ti­on und Ver­net­zung zu.

Die The­sen ba­sie­ren auf ei­ner Re­de, die 2007 ge­hal­ten wur­de. Ei­ner­seits wird das deutsch-fran­zö­si­sche Ver­hält­nis skiz­ziert (zu­nächst weit aus­ho­lend und dann doch auf die Zeit nach 1945 kon­zen­triert) und zum an­de­ren die Rol­le Deutsch­lands in Eu­ro­pa be­fragt. Ein Eu­ro­pa, für das die Be­zeich­nung »Nach­kriegs­eu­ro­pa« 64 Jah­re nach En­de des Zwei­ten Welt­kriegs lang­sam ob­so­let sein dürf­te.

»Me­t­a­noia« und »Af­fir­ma­ti­on«

Das 50jährige Ju­bi­lä­um des ge­mein­sa­men Got­tes­dien­stes zwi­schen Ade­nau­er und de Gaul­le im Jah­re 1962 in Reims an­ti­zi­pie­rend (Slo­ter­di­jk greift hier spitz­bü­bisch dem »Ju­bi­lä­ums­jahr« 2012 vor [nur die Evan­ge­li­sche Kir­che in Deutsch­land ist da ge­schäf­ti­ger: sie be­ginnt im Jahr 2008 die Fei­er­lich­kei­ten, die so­ge­nann­te »Lu­ther­de­ka­de«, die 2017 ih­ren Hö­he­punkt ha­ben soll]), stellt er trocken, aber wahr­schein­lich zu­tref­fend fest: Es ge­hört fast kei­ne Phan­ta­sie da­zu, um sich die Re­den vor­zu­stel­len, die man…hören wird.

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Pe­ter Slo­ter­di­jk: Falls Eu­ro­pa er­wacht

Peter Sloterdijk: Falls Europa erwacht
Pe­ter Slo­ter­di­jk: Falls Eu­ro­pa er­wacht

Der Es­say von Pe­ter Slo­ter­di­jk ist be­reits 1994 er­schie­nen und wur­de 2002 als Ta­schen­buch neu auf­ge­legt (al­ler­dings wohl nicht über­ar­bei­tet). Er­schreckend ist, dass er von sei­ner Ak­tua­li­tät – au­sser, dass Eu­ro­pa in­zwi­schen aus 25 Mit­glie­dern be­steht – nichts ein­ge­büsst hat.

In teil­wei­se aben­teu­er­lich-lu­zi­den hi­sto­ri­schen Al­le­go­rien er­zählt Slo­ter­di­jk von ei­nem Eu­ro­pa, wel­ches sich durch das Trau­ma von 1945 von der po­li­ti­schen Büh­ne im­pe­ria­ler Mäch­te erst ein­mal ver­ab­schie­den muss­te – ein­ge­zwängt zwi­schen den USA und der So­wjet­uni­on, sym­bo­li­siert durch die Be­sat­zung und Tei­lung Deutsch­lands. Aus dem ehe­ma­li­gen „Sub­jekt“ (ge­schei­ter­ter) wur­de für ein hal­bes Jahr­hun­dert ein halb­mün­di­ges Ob­jekt von Mos­kau­er und Wa­shing­to­ner Kal­kü­len. Slo­ter­di­jk prägt den Be­griff der Ab­sence da­für. In kur­zen Rück­blen­den be­legt er, dass Eu­ro­pa vom Rö­mer­reich über das „Hei­li­ge Rö­mi­sche Reich Deut­scher Na­ti­on“ über die be­gin­nen­de Welt­ko­lo­nia­li­se­rung ab spä­te­stens 1492 im­mer in Reichs- bzw. im­pe­ria­len Struk­tu­ren agier­te (frei­lich un­ter wech­seln­den Ägi­den) – gip­felnd in den Ka­ta­stro­phen der Na­tio­nal­staa­te­rei des 19. Jahr­hun­derts – lau­ter „klei­ne Rei­che“, die, als die Ko­lo­nien ver­teilt wa­ren, ge­gen­sei­tig über­ein­an­der her­fie­len, um ih­ren Vor­bil­dern nach­zu­ei­fern.

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