Troll aus der Tü­te

Ti­mo Stepp­at hat für die FAZ ei­nen Men­schen be­sucht, der sein Le­ben da­mit ver­bringt, On­line­kom­men­ta­re zu schrei­ben. Da­bei liest die­ser Mensch die Ar­ti­kel gar nicht, die er kom­men­tiert, son­dern er über­fliegt sie nur. Schnell ist ein State­ment ge­schrie­ben. Da­bei gilt: Je pro­vo­ka­ti­ver, de­sto bes­ser. Der Mensch, den Stepp­at be­sucht hat, nennt man da­her »Troll«. An ...

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Li­te­ra­tur und li­te­ra­risch. Ver­such ei­ner Nä­he­rung.

Li­te­ra­tur ist Spra­che, ist durch die Spra­che und die­se wie­der­um: ei­ne An­ord­nung von Zei­chen oder Lau­ten: So tri­vi­al die­ser Aus­gangs­punkt er­schei­nen mag, man stol­pert ge­ra­de­wegs ei­ner er­sten Dif­fe­renz in die Ar­me: Mit Li­te­ra­tur be­zeich­nen wir nicht je­de Art von Spra­che, son­dern ei­ne, die ge­wis­se Cha­rak­te­ri­sti­ka in sich trägt, de­ren Ei­gen­schaf­ten un­ter be­stimm­ten Be­din­gun­gen ent­stan­den sind.

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Avant­gar­de als Nörg­ler

Or­na­men­ta­le Wort­kunst reicht nicht. »Der Plu­ri­mi-Fak­tor« von Bo­tho Strauß schwä­chelt an sei­nem ei­ge­nen An­spruch

Im Herbst 2007, ein Jahr nach den Tur­bu­len­zen um den Hei­ne-Preis der Stadt Düs­sel­dorf und sein Ju­go­sla­wi­en-En­ga­ge­ment, sag­te Pe­ter Hand­ke in ei­nem In­ter­view An­dré Mül­ler er wol­le sich aus der Öf­fent­lich­keit zu­rück­zie­hen und be­kann­te in ei­ner Mi­schung aus Re­si­gna­ti­on und Trotz: »Ich bin ein Idi­ot im grie­chi­schen Sin­ne, ein Nicht-Da­zu­ge­hö­ri­ger.« Um­gangs­sprach­lich steht Idi­ot syn­onym für Dumm­kopf. Hand­ke be­nutz­te den Aus­druck je­doch nicht in die­sem Sin­ne, son­dern nimmt ihn so­zu­sa­gen wört­lich. Für ihn ist der Idi­ot ein Pri­vat­mann, je­mand, der sich der Öf­fent­lich­keit ent­zieht, weil er nicht da­zu ge­hört. Der »Pri­vat­mann« Hand­ke hat­te sich jen­seits des ihm (von an­de­ren) zu­ge­wie­se­nen litera­rischen Re­fu­gi­ums in die Öf­fent­lich­keit be­ge­ben – und blieb un­ver­stan­den. Das Wit­t­­gen­stein-Wort aus dem Trac­ta­tus (6.43) pa­ra­phra­sie­rend könn­te man sa­gen: Die Welt des Idio­ten ist ei­ne an­de­re als die des­je­ni­gen, der in der Öf­fent­lich­keit steht.

Bo­tho Strauß’ vor ei­ni­gen Wo­chen im »Spie­gel« ab­ge­druck­ter Es­say heißt »Der Plu­ri­mi-Fak­tor«. Den Be­griff »Plu­ri­mi« er­klärt Strauß nicht di­rekt. Er steht für »die vie­len«, »die mei­sten«. Der sagt nicht »Mas­se«, ob­wohl dies ge­meint ist. Strauß’ be­ginnt sei­nen Es­say mit De­fi­ni­tio­nen des Idio­ten. Er sei »der Un­ver­bun­de­ne, der an­de­ren Un­be­greif­li­ches spricht.« Bo­tho Strauß ver­wen­det den Idio­ten­be­griff, aber er lässt ihn kurz dar­auf wie­der fal­len; er taucht dann nur am En­de wie­der auf. »An­mer­kun­gen zum Au­ßen­sei­ter« ist sein Text un­ter­ti­telt. Folgt man dem An­spruch des Au­tors ist be­reits der Be­griff des »Außen­seiters« ein Zu­ge­ständ­nis. Er ist ei­gent­lich zu un­ge­nau, zu mil­de. Der Au­ßen­sei­ter be­fin­det sich im­mer noch in ei­ner Ge­mein­schaft – er steht nur »au­ßen«. Das Außenseiter­sein ist durch­aus Be­stand­teil ei­nes Ge­mein­schafts­le­bens. Erst der Idi­ot ist der Ver­sto­sse­ne, der Ver­bann­te, der nicht Sa­tis­fak­ti­ons­fä­hi­ge.

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