
Mit Habermas’ retrospektiven Erläuterungen zum Marktfundamentalismus, der Ende der 1990er Jahre auch die politischen Repräsentanten in Deutschland infizierte (wohl vorbereitet durch entsprechendes mediales Pressing), geht man noch konform. Aber wenn dann aus der rhetorischen Mottenkiste der Begriff der »Politikverdrossenheit« hervorgeholt wird, beginnen die Zweifel. Wobei dieses Phänomen als Produkt einer »politischen Unterforderung« des Bürgers abgeleitet wird, dieser damit sozusagen errettet werden soll und für die weitere Verwendung als politisches Subjekt zur Verfügung steht. Habermas hat natürlich Recht, dass eine ambivalente demokratische Legitimationsbasis des »Eliteprojekts« Europäische Union zum Ver- und/oder Überdruss geführt hat. Und auch seine Feststellung, dass Deutschland seit Rot-Grün 1998 ohne festes (außen-)politisches Ziel regiert wird (er sieht diese Entwicklung von 2005 an noch einmal beschleunigt), ist zutreffend.