
Wer kennt sie nicht, diese Zeiten der Leseunlust, einer Mischung aus Überdruß, Melancholie und Trägheit. Eine Art Mikro-Burn-Out (um im Duktus der Zeit zu reden). Wie schön ist es dann, für eine kurze Zeit in Abschweifungen und Verzettelungen zu fallen, die nicht mit dem Anschauen der Übertragung des Fußballspiels zwischen dem VfL Bochum und Energie Cottbus oder dem Verfolgen einer Doku-Soap auf RTL totgeschlagen wird. Wie reinigend diese Leere, dieser Moment, in dem plötzlich alles verblasst und das vormals Wichtige nach hinten geschoben wird. Dieses Phänomen wird in der aktuellen Diskussion um die Gefahren, die das Internet mit sich bringt (bzw. mit sich zu bringen scheint) zumeist als Ablenkung und Unkonzentriertheit beschrieben. Kulturkritische Betrachtungen brandmarken dieses »Herumsurfen« im Netz, dieses von einem Link zum anderen Link herumklicken. Dabei gibt es einen sehr schönen Ausdruck hierfür, der fest in der analogen Zeit verhaftet scheint: Man kommt vom Hölzchen aufs Stöckchen.
Die Lustlosigkeit, einer Sache – warum auch immer – stringent zu folgen ist positiv ausgedrückt die Lust, sich einfach einmal wieder neu überraschen zu lassen. Hierfür brauche ich nicht unbedingt das Internet (eher im Gegenteil: zu oft landet man doch wieder auf das Altbekannte oder im Feuilleton der FAZ) oder diverse Apparate mit oder ohne angebissenes Obst. Es gibt ein Buch, in das ich mich manchmal sehr gerne fallenlasse. Ein Buch, das man zunächst beiläufig zur Hand nimmt um etwas nachzuschlagen – und sich dann in ihm lustvoll verliert. Ich rede vom Etymologischen Wörterbuch der deutschen Sprache, dem »Kluge«.