Flo­ri­an L. Ar­nold: Das flüch­ti­ge Licht

Florian L. Arnold: Das flüchtige Licht
Flo­ri­an L. Ar­nold:
Das flüch­ti­ge Licht

Es be­ginnt als Be­schwö­rung der un­be­schwer­ten Kind­heit in ei­ner Stadt, die nur aus ei­ner Stra­ße be­stand, über­all of­fe­ne Tü­ren, nichts blieb ge­heim und die »Welt blieb Welt, die Stadt blieb Stadt und am En­de ge­nüg­te es, die Stra­ße vom ei­nen En­de zum an­de­ren zu ge­hen und al­les zu wis­sen, was die Welt aus­mach­te«. Hier leb­ten sie, ei­ne »ver­schwo­re­ne Ge­mein­schaft, in der kein Platz war für Frem­de, auch nicht für den Rot­schopf En­zo«, der aus Ar­va­ne kam, ei­nem Vier­tel, in dem Ar­me wohn­ten und eben auch En­zo mit sei­ner Mut­ter, Der Va­ter, der gro­ße Renn­fah­rer San­dro Mai­ga, ver­un­glück­te bei ei­nem Au­to­rennen töd­lich; ein Po­kal und ei­ne Me­dail­le er­in­nern an fer­nen Ruhm. Aber En­zo, der »Zwerg«, der »Selt­sa­me«, der »Un­auf­fäl­li­ge«, der »Un­fall« ist ein Hart­näcki­ger, will da­zu ge­hö­ren, sucht Gi­an­ni und Elio und die gan­ze Ban­de im­mer wie­der auf, lässt nicht ver­trei­ben, lag »in den Bü­schen und sah zu, oh­ne ge­se­hen zu wer­den«, er, »der Lau­schen­de und Seh­nen­de« und Un­er­hör­te, den sie schließ­lich mit nie­de­ren, de­mü­ti­gen­den Auf­ga­ben be­dach­ten, weil sie ihn nicht los­wur­den. Und was die Ban­de dann am mei­sten er­reg­te war, »dass er al­le Zu­rück­wei­sun­gen, je­den Spott und je­des bö­se Wort ein­fach ein­steck­te, als ha­be er es lan­ge schon er­war­tet.«

En­zo »konn­te gut er­zäh­len« und »al­les Er­zäh­len und Ge­schich­ten­er­fin­den ist Gift. Ein Gift, das Men­schen zu Un­ver­nunft bringt, das Sehn­süch­te in die Köp­fe pflanzt« und es war Elio, der zu­erst da­von sprach, weg­zu­ge­hen und sie be­rau­schen sich dar­an mit wei­te­ren, er­fun­de­nen Ge­schich­ten und dann ist es En­zo, der als er­ster geht, plötz­lich nicht mehr da ist und es dau­ert ei­ne Wei­le, bis man sei­ne Ab­we­sen­heit be­merkt.

Flo­ri­an L. Ar­nolds neu­er Ro­man Das flüch­ti­ge Licht ent­wickelt so­fort ei­nen Sog, wo­zu auch der bal­la­des­ke Ein­stieg ge­hört. Da­nach wech­seln die Er­zähl­per­spek­ti­ven zwi­schen den ein­zel­nen Per­so­nen. Mal ist es En­zo, dann, vor­über­ge­hend, Gi­an­ni, spä­ter für kurz, ein be­rühm­ter Re­gis­seur und am En­de ei­ne un­be­nann­te Frau. Die­ses ka­lei­do­sko­pi­sche Er­zäh­len ver­schafft dem Ro­man Tie­fe und in den be­sten Mo­men­ten ei­ne Form von Drei­di­men­sio­na­li­tät.

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Flo­ri­an L. Ar­nold: Die Zeit so still

Al­le sind ein­ge­schlos­sen. Die Tü­ren be­kommt man nicht mehr auf. Al­le zwei Ta­ge gibt es Le­bens­mit­tel­ra­tio­nen bzw. das, was man als Le­bens­mit­tel de­kla­riert. Der Grund ist ein ma­ro­die­ren­des To­des­vi­rus. Die zwei­te, drit­te, wer­weiß­wie­viel­te Wel­le. Da ist von der »gro­ßen In­ter­nie­rung« die Re­de, dem Kon­trol­lie­ren, den Vi­deo­ka­me­ras. Durch­sa­gen pras­seln in den öf­fent­li­chen Raum, »Er­mah­nung und Er­mun­te­rung«, ...

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Flo­ri­an L. Ar­nold: Ein un­ge­heu­er­li­cher Satz

Florian L. Arnold: Ein ungeheuerlicher Satz
Flo­ri­an L. Ar­nold:
Ein un­ge­heu­er­li­cher Satz

»No­vel­le« nennt Flo­ri­an L. Ar­nold sein Buch »Ein un­ge­heu­er­li­cher Satz«. Seit ei­ni­gen Jah­ren be­die­nen sich Ver­la­ge die­ser Gat­tungs­be­zeich­nung ver­mehrt, um kur­ze Er­zäh­lun­gen, die nicht als Ro­man ver­mark­tet wer­den kön­nen, auf­zu­wer­ten. »No­vel­le« dient da­bei Fall als Di­stink­ti­ons­merk­mal ge­gen­über »Er­zäh­lung«. Hier trifft die­se Spie­le­rei je­doch nicht zu. Es han­delt sich tat­säch­lich um ei­ne »un­er­hör­te Be­ge­ben­heit«, wie Goe­thes De­fi­ni­ti­on der No­vel­le lau­te­te. Der na­men­lo­se Ich-Er­zäh­ler, ein 13jähriger Jun­ge (?), wird ei­nes Ta­ges mit ei­nem »un­ge­heu­er­li­chen Satz« sei­nes Va­ters kon­fron­tiert: »Wir ge­hen weg«. Die Fol­gen wer­den ein­schnei­dend sein.

Man lebt in ei­ner Art Wild­nis; für sich, al­lei­ne. Die Zeit, in der die No­vel­le spielt, ist nicht eru­ier­bar. Zwei‑, drei­mal im Jahr fährt die Fa­mi­lie mit ei­nem al­ten, »selbst­mord­ge­fähr­de­ten« Au­to in die Stadt. Dort kauft man un­ter an­de­rem schwar­ze, un­li­nier­te Hef­te, die vom Va­ter ir­gend­wann zwang­haft voll­ge­schrie­ben und von der Mut­ter dann per Post nach »Igna­tu« ver­schickt wer­den. An­son­sten lebt man vom Ge­mü­se­gar­ten. Es scheint we­der Te­le­fon noch In­ter­net zu ge­ben. So­zia­le Kon­tak­te hal­ten sich in Gren­zen, blei­ben schließ­lich bis auf ei­nen ge­wis­sen Rö­sen­mar­rer gänz­lich aus (und so­fort denkt man bei die­sem Na­men an Roit­ha­mer aus Tho­mas Bern­hards »Kor­rek­tur«).

Der Va­ter, ei­ne Her­mann-Bur­ger-Fi­gur, ist ein rau­chen­der Me­lan­cho­li­ker, ge­heim­nis­voll in sei­nem schein­bar kin­di­schen Hass auf das Licht, die Son­ne, die Hit­ze, den Som­mer. Ein Mann, der mit sei­nem Sohn über ei­nen längst ver­wil­der­ten Fried­hof spa­ziert und Grab­steine buch­sta­biert, ent­zif­fert und sich von sei­nem Kind die Le­bens­da­ten aus­rech­nen lässt.

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