Ro­ger Wil­lem­sen: Die En­den der Welt

Roger Willemsen: Die Enden der Welt

Ro­ger Wil­lem­sen: Die En­den der Welt

Von Blai­se Pas­cal sind zwei Aus­sprü­che über das Rei­sen über­lie­fert. Zu­nächst der Leit­spruch al­ler Rei­se­muf­fel: »Al­les Un­heil der Men­schen kommt da­her, daß sie nicht ru­hig zu Hau­se blei­ben kön­nen«. Und schließ­lich das heim­li­che Mot­to all je­ner Fo­to­gra­fien bzw. Vi­deo­fil­mer, die Zu­hau­se­ge­blie­be­ne ge­le­gent­lich an den Rand des Wahn­sinns trei­ben oder ge­trie­ben ha­ben: »Al­lein aus Freu­de am Se­hen und oh­ne Hoff­nung, sei­ne Ein­drücke und Er­leb­nis­se mit­tei­len zu dür­fefn, wür­de nie­mand über das Meer fah­ren.« Der er­ste Satz ist zu tri­vi­al, dass er von Ro­ger Wil­lem­sen in sei­nem Er­zäh­lungs­band »Die En­den der Welt« Ver­wen­dung fin­den könn­te und fin­det al­len­falls noch ei­nem Be­gleit­schrei­ben wie die­sem Ver­wen­dung. Und der zwei­te Satz wä­re in An­be­tracht der Gü­te der Rei­se­be­ob­ach­tun­gen, ‑im­pres­sio­nen, und ‑re­fle­xio­nen die­ses Bu­ches ei­ne Un­ver­schämt­heit ge­gen­über dem Au­tor.

22 Rei­se­er­zäh­lun­gen aus drei­ßig Jah­ren sind hier ver­sam­melt. So un­ter­schied­lich sie sind – ih­re Klam­mer ist die Su­che, die sich im Ti­tel ma­ni­fe­stiert: Die Su­che nach dem/den Ende/n der Welt; ei­nem Platz, der dann viel­leicht der Ort zum Wirk­lich-Wer­den ist. Manch­mal fragt sich der Le­ser: Hat er es nicht dies­mal ge­fun­den? In Pa­ta­go­ni­en, Isaf­jör­dur oder Tim­buk­tu? In der Klau­stro­pho­bie der Wei­te auf Ton­ga? Oder viel­leicht am Nord­pol oder auf Kamt­schat­ka? Wo­bei die Nord­pol­rei­se durch ei­nen Frei­tod über­schat­tet wird und auf Kamt­schat­ka ei­ne Rus­sin mit dem Er­zäh­ler an­ban­deln möch­te (Wil­lem­sen er­zählt die ihm ent­ge­gen­ge­brach­te schüch­ter­ne Zu­nei­gung wie ein Koch, der sein Souf­flé vor der kal­ten Luft be­schützt). Oder viel­leicht auf dem Weg nach Mandalay/Myanmar im Ge­spräch mit dem Paar mit dem Trut­hahn in der Holz­klas­se des Zu­ges, der dort für den Er­zäh­ler en­den muss, weil es die Do­ku­men­te so vor­schrei­ben? Kin­sha­sa wirkt wie ein apo­ka­lyp­tisch-an­ar­chi­scher End­zeit­ort, auf der Rei­se nach Gi­bral­tar ha­dert der Er­zäh­ler mit fort­schrei­ten­der Dau­er mit sei­ner im­mer mür­ri­scher wer­den­den Part­ne­rin und in Hong­kong schleppt er sich mit Knie­schmer­zen zum Post­amt auf ei­nen Brief war­tend und an­son­sten ta­ge­lang das Ho­tel­zim­mer hü­tend. Wäh­rend ei­ner Bus­fahrt in In­do­ne­si­en wird fröh­lich ge­kotzt, im Al­ler­welts­land vor Kap­stadt scheint die Son­ne, da­mit man ei­ne Bril­len­mo­de ge­gen sie ent­wer­fen kann und in Ne­pal ist die Schuld­fra­ge bei ei­nem Ver­kehrs­un­fall wich­ti­ger als die Ver­sor­gung ei­nes Ver­letz­ten – der dann not­falls noch ein­mal über­fah­ren wird, da­mit klar ist, wer nun schuld ist.

Ge­mäß ei­nem Dik­tum von Pe­ter Hand­ke über das Hin­ein­ge­hen in die Na­tur nimmt Wil­lem­sen die Pro­ble­me mit auf sei­ne Rei­se und flüch­tet nicht vor son­dern höch­stens mit ih­nen. Das ist die Ge­gen­ver­si­on des tou­ri­sti­schen »Ab­schal­tens«, ei­ne Sess­haf­tig­keit im Auf­bruch, die in an­de­rer, neu­er Um­ge­bung viel­leicht an­de­re, neue Er­kennt­nis­se lie­fert. Manch­mal wird Wil­lem­sen, der als Ich-Er­zäh­ler ge­nom­men wer­den muss, in den Tex­ten ein biss­chen arg pri­vat. Dann wird aus der Rei­se­er­zäh­lung ei­ne Er­zäh­lung, die an ei­nem frem­den Ort spielt, der dann nur Ku­lis­se ist. Das En­de der Welt ist dann zu­meist das En­de ei­nes Zu­sam­men­seins.

Glück­li­cher­wei­se ist dies sel­ten der Fall. Es wird auch kein »Selbst­fin­dungs­buch«. Wil­lem­sen ist er­staunt, be­frem­det, be­lu­stigt, sel­ten ein­mal trau­rig. Er as­so­zi­iert, plau­dert, schwa­dro­niert, be­lehrt, mut­maßt – und dies in dich­ten, ko­mi­schen, skur­ri­len oder ein­fach nur wun­der­bar leicht er­zähl­ten Im­pres­sio­nen. Et­wa, wenn er in Ma­rok­ko die Ghet­toi­sie­rung der Pro­vinz be­staunt. Be­mer­kun­gen, die im üb­ri­gen auch aus der Ei­fel stam­men könn­ten: Da schlos­sen sich die Wa­gen­bur­gen des so­zia­len Woh­nungs­baus, der Fremd­ar­bei­ter-Sied­lun­gen, in de­nen man von den Schau­fen­stern fer­ner Fuß­gän­ger­zo­nen träum­te, mit ih­ren Ex­port-Im­port-Lä­den, den Ge­mü­se­groß­händ­lern und Bau­stoff­märk­ten. Da­zwi­schen tauch­ten sie auf und ab wie in ei­nem Mo­bi­le, die Ge­sich­ter der ver­zwei­fel­ten, der Schwer­ver­mit­tel­ba­ren, der Brat­wurst­wen­der. Ih­re Ge­sich­ter sa­hen aus wie lee­re Kin­der­wa­gen, und manch­mal er­schien da­zwi­schen je­mand, der sich durch den An­schluss an die in­ter­na­tio­na­le Son­nen­bril­len­mo­de In­di­vi­dua­li­tät zu ge­ben ver­such­te. Oder in ei­nem Lo­kal stand ein Mann an sei­nem per­sön­li­chen Glücks­spiel­au­to­ma­ten und schau­te den blin­ken­den Ka­sten an, als er­war­te er ei­nen Lie­bes­be­weis.

Das Buch ist ge­spickt mit sol­chen or­na­men­ta­len Aus­schmückun­gen, die nur ganz sel­ten ein biss­chen ab­sichts­voll ori­gi­nell wir­ken. Nie stürzt Wil­lem­sen in Spott oder Nar­ziss­mus ab. Im­mer wie­der re­flek­tiert er auch über das Rei­sen sel­ber, wo­bei so manch Neu­es und durch­aus Selbst­kri­ti­sches ge­lingt. So heißt es ein­mal: Der Rei­sen­de muss ne­ben al­len an­de­ren Ge­fah­ren auch die Skep­sis ge­gen­über der An­häu­fung des Nutz­lo­sen über­win­den. Die Neu­gier fin­det ja im­mer auch dies. Vom ei­ge­nen Ich muss sie sich ab‑, der Welt muss sie sich zu­wen­den und weiß nicht ein­mal, was sie fin­den wird. Trotz­dem kann es ge­sche­hen, dass sie schließ­lich den Ho­ri­zont er­wei­tert… Rei­sen­de, so heid­eg­gert Wil­lem­sen dann, sind Auf-dem-Weg-Sei­en­de und ih­re Be­we­gung ver­wan­delt Or­te in Schau­plät­ze. Sie kom­men an, se­hen sich um, be­ob­ach­ten Men­schen da­bei, wie sie in frem­den Räu­men sich und an­de­re be­we­gen, und schon die­ser Blick ver­frem­det die Frem­de. Al­le hier Le­ben­den sind Ge­schich­te und schlep­pen ih­re Ge­schich­te durch den Raum. Nur der Rei­sen­de ist rei­ne Ge­gen­wart, nur er sieht die Stadt in ih­rem Jetzt.

In­so­fern kann es sein, dass der Rei­sen­de mehr und ge­nau­er schaut als der Ein­hei­mi­sche. Aber Skep­sis bricht sich im­mer wie­der Bahn. In Hong­kong, im Ho­tel­zim­mer kommt ihm der Ge­dan­ke, dass das Rei­sen wie ei­ne Pro­jek­ti­on auf die frem­de Ta­pe­te sei. Dort fin­det man das Haus, das man ver­lässt und aus­löscht, fühlt die Ver­an­ke­rung, die man ver­ges­sen woll­te. Und das En­de der Welt…das ist auch das ei­ge­ne Zu­hau­se, von ei­nem be­stimm­ten Stand­punkt der Frem­de aus be­trach­tet, und weil es so ist, sind die­se ent­le­ge­nen Stät­ten, die En­de kei­ne To­re, durch die man aus der Welt hin­aus­ge­langt.

So schließt sich fast der Kreis zur Si­tua­ti­on zu Be­ginn die­ses Bu­ches, als ei­ne Be­kann­te ei­nem acht­jäh­ri­gen Jun­gen er­zäh­len muss, dass die­ser ei­nen bös­ar­ti­gen Hirn­tu­mor hat und nur noch we­ni­ge Mo­na­te zu le­ben hat. Nur we­nig spä­ter nach die­ser nie­der­schmet­tern­den Nach­richt kam der Jun­ge zu den bei­den und be­kann­te in vorwurfsvoll[em] Ton: »Mir ist lang­wei­lig.« Und Wil­lem­sen rei­ste nun mit dem Jun­gen in Ge­dan­ken, in­dem er er­zähl­te, zum Bei­spiel von den Spu­ren im Schnee, der Stel­le, wo al­le Schrit­te in­ne­hal­ten und ging für sich die Welt durch, die die­ser Jun­ge nie mehr se­hen wür­de.

Die­se Ge­schich­te bil­de­te die In­itia­ti­on für die dann fol­gen­den Rei­sen. Und wenn man ei­nen der­art sprach­mäch­ti­gen Schau­er hat wie Ro­ger Wil­lem­sen, er­üb­rigt sich fast die ei­ge­ne Rei­se und man wird – für ein paar Se­kun­den – sel­ber der Jun­ge, der die­se Or­te (ver­mut­lich) nie be­su­chen wird – und dies auch nicht mehr zu brau­chen scheint. Das Schö­ne dar­an ist, dass man da­bei nie zum Tou­ri­sten wird. Wenn Wil­lem­sen den­noch ein­mal in die Tou­ri­sten­fal­le tappt, folgt um­ge­hend die ent­spre­chen­de Ka­thar­sis. Et­wa, als er in Gorée/Senegal weilt, der »Skla­ven­in­sel«, von der Jahr­hun­der­te lang in gro­ßer Zahl Skla­ven in al­le Kon­ti­nen­te »ver­schickt« wur­den und dort die­se Mu­se­ums­in­sel be­sucht und – ent­spre­chend eu­ro­pä­isch – »be­trof­fen« ist: Es gibt Or­te, die den Fla­neur zwin­gen, es nicht mehr zu sein. Or­te, in de­nen das Schwei­fen zum Still­stand kommt. Es gibt Or­te der Zwangs­vor­stel­lung, die Büh­nen der Ma­nie. Es gibt schließ­lich Or­te, die Er­in­ne­rung her­stel­len durch ei­ne Se­quenz von un­aus­weich­li­chen, auf­dring­li­chen, sich ei­gen­mäch­tig vom Bo­den des Be­wusst­seins lö­sen­den Bil­dern, und es gibt Nicht-Or­te, die nichts als das Ver­ges­sen pro­du­zie­ren. Nicht-Or­te, die we­nig mehr sind als Auf­be­wah­rungs­or­te für Men­schen. Am En­de wird die­ser Nicht-Ort Go­rée zu ei­nem Ort der In­sze­nie­rung, als ihm ein Ho­tel­be­sit­zer er­klärt, dass die wah­re Haupt­stadt der Skla­ven­ver­schif­fung nicht der all­ge­mein da­für ge­hal­te­ne Ort ist, son­dern die ehe­ma­li­ge se­ne­ga­le­si­sche Haupt­stadt Saint-Lou­is ge­we­sen ist, die er eher lust­los und nur kurz be­such­te. Da er dort je­doch nicht auf den ent­spre­chen­den Be­trieb traf, as­so­zi­ier­te er des­sen hi­sto­ri­sche Di­men­si­on nicht. Die Idyl­le des Welt­kul­tur­er­bes »ver­kitsch­te« sei­ne Wahr­neh­mung und ma­ni­pu­lier­te sie.

Aber dies sind sin­nes­schär­fen­de Er­leb­nis­se, was sich bei­spiels­wei­se zeigt, wenn er in ‘Bir­ma’ im Ge­spräch mit ei­ner von der Ar­mut »be­trof­fe­nen« eng­li­schen Tou­ri­stin be­fin­det so man­cher Rei­sen­de wä­re wohl ent­täuscht, wenn er an sei­nem Rei­se­ziel oh­ne Bil­der der Ar­mut aus­kom­men müss­te. Wil­lem­sen glaubt – ver­mut­lich nicht zu Un­recht -, dass die­se Bil­der, die das Ge­fühl der Über­le­gen­heit auf­kom­men las­sen, das Wohl­be­fin­den des West­lers stei­gern. Ei­ne Fest­stel­lung, die ihm prompt den Vor­wurf des Zy­nis­mus ein­bringt. Da­zu passt auch die Be­mer­kung zu ei­nem Dorf­fried­hof auf Ton­ga, den ho­hen Grab­hü­geln der Rei­chen und, in schar­fem Kon­trast da­zu, die Grä­ber der Ar­men, auf de­nen oft nur ein paar Kunst­blu­men ab­ge­legt sind. Doch ge­hört nicht den Ar­men das Him­mel­reich fragt Wil­lem­sen, um dann hin­zu­zu­fü­gen: Könn­te man ih­nen nicht die Frei­heit gön­nen, arm zu sein und es so­gar sein zu wol­len?

Wil­lem­sen schreibt zu­wei­len durch­aus shake­speare­haft. Zwar liegt Böh­men nicht am Meer und das Paar im Zug nach Man­da­lay durf­te das Meer nicht se­hen, weil die Re­gie­rung es nicht woll­te. Aber Mum­bai heißt Bom­bay (viel­leicht hieß es ja da­mals wirk­lich noch so), My­an­mar Bir­ma (und Ran­gun ist die Haupt­stadt) und Is­land hat kaum ei­ne Mil­li­on Ein­woh­ner (tat­säch­lich sind es et­was über 300.000). An­ga­ben, wann die je­wei­li­ge Rei­se statt­ge­fun­den hat, un­ter­blei­ben (man be­gibt sich – sel­ten er­folg­reich – auf die Su­che nach In­di­zi­en). Aber ir­gend­wann ist das nicht mehr wich­tig und der Le­ser lässt sich das Buch ein, er­freut sich an den Bil­dern, die Wil­lem­sen da mit ei­nem No­tiz­buch für im­mer und ewig fest­ge­hal­ten hat: Die Wä­sche, die auf der Lei­ne Schat­ten wirft (in Ne­pal). Der Flug­ha­fen Minsk, der wie aus ei­nem Hau­fen von Dunst­ab­zugs­hau­ben zu­sam­men­ge­schweißt aus­sieht und die jun­gen Mäd­chen dort, die un­ter grob­ma­schi­gen Woll­pull­overn ih­re Brü­ste ba­lan­cie­ren. Die süd­afri­ka­ni­sche Fern­seh­an­sa­ge­rin, die für die Dau­er ih­rer Er­schei­nung auf dem Schirm in ih­rem Nicht-Sein, so­gar Nichts-Mei­nen ge­fällt. Der kleb­ri­ge Flie­gen­fän­ger, der von ei­nem in­do­ne­si­schen Haus­mäd­chen zu­nächst für ein christ­li­ches Re­qui­sit ver­ehrt wur­de, weil die drei Mis­sio­nars­schwe­stern die­ses Flie­genleim­band im­mer über dem Kü­chen­tisch hän­gen hat­ten. Oder die spe­zi­fisch afri­ka­ni­sche Ar­ro­ganz im Kon­go dem Wei­ßen ge­gen­über, ei­ner spä­ten Re­van­che und langsame[n] Um­kehr des Ras­sis­mus, die aber ir­gend­wann nur noch ner­vig ist.

Er­grei­fend, als der Er­zäh­ler Wil­lem­sen mit sei­ner Über­set­ze­rin Li­li ein Ge­fäng­nis in Cochrane/Chile mit drei­zehn In­sas­sen be­sucht. Sie sit­zen un­ter an­de­rem we­gen Ver­ge­wal­ti­gung und schwe­rer Kör­per­ver­let­zung; in je­dem Fall Ver­ge­hen oh­ne To­des­fol­ge. Der Kom­man­deur ist ein 24jähriger, bul­li­ger Mann in Uni­form mit ei­nem Stern auf der Schul­ter­klap­pe. Was zu­nächst wie ein Hor­ror­trip zu wer­den scheint, ent­puppt sich als mo­der­ner Straf­voll­zug im be­sten Sin­ne: Die Ge­fan­ge­nen be­trei­ben ei­ne Schrei­ne­rei und neh­men Auf­trä­ge von der ört­li­chen Be­völ­ke­rung ent­ge­gen. Das Wach­per­so­nal ist nur locker be­waff­net und trinkt manch­mal mit den Ge­fan­ge­nen Ma­te oder dis­ku­tiert Fuß­ball­ergeb­nis­se. Und manch­mal fällt ih­nen oder so­gar dem Kom­man­dan­ten ei­ner der Ge­fan­ge­nen ins Wort. Die chi­le­ni­sche Be­glei­te­rin ist über­wäl­tigt: »Es gibt es eben doch, das gu­te Chile…Hast du ge­se­hen: Sie fal­len ihm ins Wort. Sie wi­der­spre­chen ihm so­gar. Ein gu­ter Mann ist das.« Da hat je­mand un­wis­sent­lich ein Le­ben ge­wen­det. Chi­le ist da­mit zum er­sten Mal »ihr Land« ge­wor­den.

Das kann kein Dia- oder Fo­to­abend zei­gen. Je­der Vi­deo­film muss da­vor ka­pi­tu­lie­ren. So et­was schafft nur – das Wort. Wie in ei­nem Dorf in In­do­ne­si­en: Dort sitzt der Ge­schich­ten­er­zäh­ler ne­ben dem Ki­no. Und ra­ten Sie mal, wo Ro­ger Wil­lem­sen Platz ge­nom­men hat.


Die kur­siv ge­setz­ten Pas­sa­gen sind Zi­ta­te aus dem be­spro­che­nen Buch.

4 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Als Be­rufs-Wil­lem­sen ein Rei­se­buch zu schrei­ben, zeugt bei be­kann­ter Fall­hö­he nicht von we­nig Mut. Die in­iti­ie­ren­de Ge­schich­te mit dem tod­kran­ken Jun­gen, der noch das En­de der Welt se­hen möch­te, kam dann auch di­rekt als Draht­seil­akt da­her, bei dem der Au­tor nicht nur ein­mal wank­te. Ich den­ke aber auch, dass ihm der Ver­such nach die­sem En­de zu su­chen, glän­zend ge­lun­gen ist.

    Was ich noch hin­zu­fü­gen wür­de, ist der manch­mal arg ba­rocke Stil, die schie­re Über­macht der end­lo­sen Auf­zäh­lun­gen und teils über­frach­te­ten oder kon­stru­ier­ten Bil­der. Man kann ei­ne Pla­stik­tü­te am We­ges­rand auch ein­fach mal über­se­hen, oh­ne dar­an ei­ne Eth­no-Schnur­re auf­zu­zie­hen. Das hat der Mann gar nicht nö­tig, der den Le­ser mit we­ni­gen Sät­zen an­zu­zün­den ver­mag. Wie z.B. mit der Ant­wort des Weiß­rus­sen, der Pa­ris Hil­ton, auf ei­ner Pro­sec­co-Re­kla­me be­trach­tend, ei­ne auf­re­gen­de Frau nann­te. Der Kul­tur­chau­vi­nist in uns wird in sei­ner Er­war­tung be­schämt:

    »Und wis­sen Sie, was das Auf­re­gen­de an ihr ist?«
    »Der Pro­sec­co?«
    »Ihr Phleg­ma.«

  2. Ja, Sie ha­ben viel­leicht Recht. Aber ich mag ab und ab ba­rocke Schil­de­run­gen ganz ger­ne und auch Pla­stik­tü­ten ha­ben durch­aus ih­ren Reiz. Man kann nur er­ah­nen, wie­viel er da­von dann doch noch gnä­dig über­se­hen hat.

    »Be­rufs-Wil­lem­sen«: Na­ja. Er ist Pu­bli­zist, selb­stän­dig und wie soll er an­ders sei­ne Bröt­chen ver­die­nen?

  3. Be­rufs-Wil­lem­sen

    Das war nicht pe­jo­ra­tiv ge­meint. Aber was soll der Mann sonst sa­gen, wel­cher Tä­tig­keit er nach geht? Ich mag auch sei­nen Stil, ha­be aber trotz­dem häu­fig das Ge­fühl, dass er in der näch­sten Kur­ve um­kippt. Der Ver­such durch in­ne­re Last­ver­la­ge­rung zu kom­pen­sie­ren ist manch­mal schon an­stren­gend.

  4. Dann hat­te ich Sie falsch ver­stan­den. Und schö­nes Bild: ha­be aber trotz­dem häu­fig das Ge­fühl, dass er in der näch­sten Kur­ve um­kippt.

    Ich ha­be sei­ne In­ter­view­sen­dun­gen auf Pre­mie­re (die gab es ko­sten­los) ver­ehrt und »Wil­lem­sens Wo­che« ge­liebt. Den »Li­te­ra­tur­club« hat er tot­ge­quatscht (und schnell auf­ge­ge­ben).