Pe­ter Slo­ter­di­jk: Du mußt dein Le­ben än­dern

Peter Sloterdijk: Du mußt dein Leben ändern
Pe­ter Slo­ter­di­jk:
Du mußt dein Le­ben än­dern

So wie der Tor­so Apol­los im Lou­vre von Pa­ris im Jahr 1908 zum Dich­ter Rai­ner Ma­ria Ril­ke mit sei­ner durchlichtende[n] Äu­ße­rung des Seins in ei­nem an­thro­po­mor­phen Akt zu spre­chen be­ginnt und ihn auf­ruft »Du mußt dein Le­ben än­dern«, so möch­te auch Pe­ter Slo­ter­di­jk den Le­ser mit­rei­ssen und af­fi­zie­ren. Be­gei­stert ob die­ser (sä­ku­la­ri­sti­schen) In­spi­ra­ti­on weist er in sei­ner höchst ori­gi­nel­len Les­art des Ril­ke-Ge­dichts en pas­sant auf die bei­den wich­tig­sten Wor­te die­ses ab­so­lu­ten Im­pe­ra­tivs hin: Zum ei­nen das »Müs­sen« – zum an­de­ren das Pos­ses­siv­pro­no­men: hier sind we­der Aus­flüch­te noch De­le­ga­tio­nen er­laubt und die Kon­se­quen­zen könn­ten ein­schnei­dend sein.

Und so nimmt Slo­ter­di­jk Fahrt auf zur Le­bens­än­de­rungs-Ex­pe­di­ti­on. Da­bei soll (in Pa­ra­phra­se zu Witt­gen­stein) der Teil der ethi­schen Dis­kus­si­on, der kein Ge­schwätz ist, in an­thro­po­tech­ni­schen Aus­drücken re­for­mu­liert wer­den. So wird der Üben­de, der Akro­bat, zur Ga­li­ons­fi­gur des Sich-Än­dern-Wol­len­den in­stal­liert und be­kommt da­bei fast zwangs­läu­fig das At­tri­but »as­ke­tisch«, denn der größ­te Teil al­len Übungs­ver­hal­tens voll­zieht sich in der Form von nicht-de­kla­rier­ten As­ke­sen. Kein Ziel kann da hoch ge­nug sein (und das im wört­li­chen Sinn). Ril­kes Voll­kom­men­heits-Epi­pha­nie als un­um­kehr­ba­res Auf­bruchs­mo­ment, als Vor­bild für den heu­ti­gen Träg­heits­men­schen. Slo­ter­di­jk als Trai­ner (das ist der­je­ni­ge, der will, daß ich will oder doch eher ei­ne Re-In­kar­na­ti­on Za­ra­thu­stras, denn kein Zwei­fel kommt auf, daß hier Nietz­sche der gro­sse Mo­ti­va­tor ist, so­zu­sa­gen der »Über-Trai­ner«.

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Ri­chard Sen­nett: Hand­werk

Richard Sennett: Handwerk
Ri­chard Sen­nett: Hand­werk

He­phai­stos, Schmied und grie­chi­scher Gott des Feu­ers, war nicht nur der Er­fin­der des Streit­wa­gens, son­dern auch Er­bau­er sämt­li­cher Häu­ser auf dem Olymp. Er war der ein­zi­ge Hand­wer­ker un­ter den grie­chi­schen Göt­tern. Aber He­phai­stos ist ge­zeich­net: Er hat ei­nen Klump­fuss. Und in der an­ti­ken grie­chi­schen Kul­tur gal­ten kör­per­li­che Miss­bil­dun­gen als Schan­de. Der Klump­fuss des He­phai­stos – sym­bo­li­siert er bis heu­te den ge­sell­schaft­li­chen Wert des Hand­wer­kers? Zeigt Ho­mers Ka­pi­tel über He­phai­stos in der »Ili­as«, dass die ma­te­ri­el­le häus­li­che Kul­tur den Wunsch nach Ruhm und Eh­re nie­mals zu be­frie­di­gen ver­mag? Und hier­aus speist sich – trotz der mit­tel­al­ter­li­chen Hoch­pha­se der Zünf­te (die aus­führ­lich be­han­delt wird) – auch heu­te noch das Bild des Hand­wer­kers? Und Pan­do­ra, je­nes »rei­zen­de Mäd­chen«, die mit ih­rer Büch­se im­mer auch als Mah­nung für den Zorn der Göt­ter steht, als Ge­gen­pol?

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