Ver­such über die Dicht­kunst im In­ka­reich (I)

Pro­log

Apo­lo­gie an ent­setz­te Wis­sen­schaft­s­pu­ri­sten

Ich ha­be in mei­ner Ju­gend lan­ge ge­nug (natur)wissenschaftlich ge­ar­bei­tet. Jetzt ge­nie­sse ich die Nar­ren­frei­heit des Al­ters und neh­me mir her­aus, mich nur noch mit Din­gen zu be­fas­sen, die mich wirk­lich in­ter­es­sie­ren (mehr noch: die ich lie­be), und dies vor al­lem auf ei­ne Wei­se, die mir ent­spricht. Ich mag nicht ei­nen ein­zi­gen wei­te­ren Tag mei­nes Rest­le­bens in Ernst­haft ver­brin­gen. Ei­ner­seits ha­be ich den Dog­men der Wis­sen­schaft („ob­jek­tiv, re­pro­du­zier­bar, wert­frei“) längst ab­ge­schwo­ren, denn sie sind pu­re Lü­ge und Selbst­täu­schung, an­de­rer­seits wä­re es oh­ne­hin ver­mes­sen, ei­ne Ar­beit auf ei­nem Ge­biet, in dem ich nicht qua­li­fi­ziert bin, als „wis­sen­schaft­lich“ zu be­zeich­nen. Ich ste­he, ganz in Mon­tai­gnes Tra­di­ti­on, zu ra­di­ka­ler Sub­jek­ti­vi­tät, auch wenn ich nicht den Schneid vor­wei­sen kann, der ei­nem raf­fi­nier­ten Es­say­isten an­ste­hen wür­de. Ich ver­ber­ge per­sön­li­che Vor­lie­ben und Ab­nei­gun­gen nicht, er­grei­fe Par­tei, beu­te die ei­ge­ne In­tui­ti­on, Er­fah­rung und das Hö­ren­sa­gen ge­nau­so aus wie die Quel­len­tex­te, fal­le mir mun­ter selbst ins Wort, schwei­fe ab, wo et­was zu span­nend ist, um es zu un­ter­schla­gen, ob­wohl es schein­bar nicht zum Kon­text ge­hört, und las­se auch mal Fün­fe gra­de sein, wenn sich die Re­fe­ren­zen wi­der­spre­chen und die Re­cher­che vom Hun­dert­sten ins Tau­send­ste führt. Da­bei ver­su­che ich aber, ganz wahr­haf­tig und ein biss­chen se­ri­ös zu blei­ben – wo kei­ne Ver­si­on schö­ner ist als die an­de­re, ra­te ich si­cher nicht ins Blaue hin­aus, son­dern prak­ti­zie­re den Über­mut zur Lücke. Für all die ele­gan­ten Un­schär­fen über­neh­me ich die vol­le Ver­ant­wor­tung. Ich wa­ge zu be­haup­ten, dass die­se Vor­ge­hens­wei­se durch­aus im Sin­ne der an­di­nen Dich­ter und Sän­ger und über­haupt kom­pa­ti­bel mit dem Geist des ru­na si­mi ist.

Wei­ter­le­sen ...