Prolog
Apologie an entsetzte Wissenschaftspuristen
Ich habe in meiner Jugend lange genug (natur)wissenschaftlich gearbeitet. Jetzt geniesse ich die Narrenfreiheit des Alters und nehme mir heraus, mich nur noch mit Dingen zu befassen, die mich wirklich interessieren (mehr noch: die ich liebe), und dies vor allem auf eine Weise, die mir entspricht. Ich mag nicht einen einzigen weiteren Tag meines Restlebens in Ernsthaft verbringen. Einerseits habe ich den Dogmen der Wissenschaft („objektiv, reproduzierbar, wertfrei“) längst abgeschworen, denn sie sind pure Lüge und Selbsttäuschung, andererseits wäre es ohnehin vermessen, eine Arbeit auf einem Gebiet, in dem ich nicht qualifiziert bin, als „wissenschaftlich“ zu bezeichnen. Ich stehe, ganz in Montaignes Tradition, zu radikaler Subjektivität, auch wenn ich nicht den Schneid vorweisen kann, der einem raffinierten Essayisten anstehen würde. Ich verberge persönliche Vorlieben und Abneigungen nicht, ergreife Partei, beute die eigene Intuition, Erfahrung und das Hörensagen genauso aus wie die Quellentexte, falle mir munter selbst ins Wort, schweife ab, wo etwas zu spannend ist, um es zu unterschlagen, obwohl es scheinbar nicht zum Kontext gehört, und lasse auch mal Fünfe grade sein, wenn sich die Referenzen widersprechen und die Recherche vom Hundertsten ins Tausendste führt. Dabei versuche ich aber, ganz wahrhaftig und ein bisschen seriös zu bleiben – wo keine Version schöner ist als die andere, rate ich sicher nicht ins Blaue hinaus, sondern praktiziere den Übermut zur Lücke. Für all die eleganten Unschärfen übernehme ich die volle Verantwortung. Ich wage zu behaupten, dass diese Vorgehensweise durchaus im Sinne der andinen Dichter und Sänger und überhaupt kompatibel mit dem Geist des runa simi ist.