Sa­sa Sta­ni­sic: Wie der Sol­dat das Gram­mo­fon re­pa­riert

Saša Stanišić: Wie der Soldat das Grammofon repariert
Saša Sta­nišić: Wie der Sol­dat das Gram­mo­fon re­pa­riert

Na­tür­lich muss­ten die »kri­ti­schen« Ju­ro­ren des In­ge­borg-Bach­mann-Prei­ses 2004 »Was wir im Kel­ler spie­len…« aus­ein­an­der­neh­men. Ei­ner­seits die Blut­lee­re und Er­eig­nis­lo­sig­keit in der jun­gen, deutsch­spra­chi­gen Li­te­ra­tur be­kla­gend, an­de­rer­seits stets das ar­ti­fi­zi­el­le lo­bend – da wird dann ganz ger­ne das kri­ti­siert, was man ei­gent­lich bei den an­de­ren ver­misst (schon, weil es Rei­bungs­flä­che bie­tet). Das »pral­le« Le­ben war noch nie Sa­che der Kri­tik – sie zieht im Zwei­fel im­mer intro­spektive Be­lang­lo­sig­kei­ten dem epi­schen Er­zäh­len vor. So war es kein Wun­der, dass vor zwei Jah­ren Saša Sta­nišić’ Text im Wett­be­werb nicht re­üs­sier­te – beim Pu­bli­kum dar­um um­so mehr: er ge­wann den Pub­likumspreis, der aus ei­ner Ab­stim­mung im In­ter­net her­aus ver­ge­ben wur­de.

Ei­ne Ohr­fei­ge für die Ju­ry, die ih­ren ei­ge­nen Kri­te­ri­en miss­trau­te und ei­nen Bei­trag mit klein­li­cher At­ti­tü­de nie­der­mach­te, der ih­nen ver­mut­lich auch nicht po­li­tisch kor­rekt ge­nug er­schien und statt ei­nes Kla­ge­lie­des ob ei­ner Kind­heit in Ju­go­sla­wi­en (als es noch ein Ju­go­sla­wi­en war) ei­ne le­bens­fro­he Kind­heits­be­schwö­rung las (»ge­zwun­gen« war, zu le­sen), in der der jun­ge Al­eksand­ar zwar von den Schreck­lich­kei­ten des Krie­ges er­zähl­te (in et­wa im Ton ei­nes 12–14 jäh­ri­gen – hier hat­te man dann auch li­te­ra­tur­kri­tisch den He­bel an­ge­setzt), aber nicht im gän­gi­gen Be­trof­fen­heits­jar­gon des heu­tig Wis­sen­den, son­dern in ei­ner far­ben­fro­hen, hei­te­ren, ge­le­gent­lich al­ber­nen, dann aber durch­aus auch tief­grün­di­gen Art (da weiss der Er­zäh­ler dann doch et­was mehr als der jun­ge Al­eksand­ar: war­um auch nicht, denn Li­te­ra­tur ist kei­ne Do­ku­men­ta­ti­on).

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