Der Wald und die Bäu­me (VII)

Ge­ni­al! Die ka­ka­ni­sche Welt, die der Mann oh­ne Ei­gen­schaf­ten be­schreibt, ist ei­ne ge­lähm­te. Zwar wird be­haup­tet, ein gro­ßes Er­eig­nis sei im Ent­ste­hen, aber dann geht nie et­was wei­ter. Die ge­hemm­ten Ak­teu­re ver­hal­ten sich im we­sent­li­chen nicht an­ders als Ul­rich, auch wenn ih­nen des­sen gei­sti­ge Sou­ve­rä­ni­tät, sei­ne Iro­nie und Spott­lust feh­len. In den er­sten Ka­pi­teln des ...

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Drei lee­re Sprech­bla­sen oder Die Es­senz von Mu­sils Mann oh­ne Ei­gen­schaf­ten

Nicolas Mahler nach Robert Musil: Mann ohne Eigenschaften
Mahler nach Ro­bert Mu­sil: Mann oh­ne Ei­gen­schaf­ten

Kann man den Mann oh­ne Ei­gen­schaf­ten, Ro­bert Mu­sils un­voll­ende­ten Tau­send-Sei­ten-Ro­man, dem un­ge­fähr eben­so vie­le Sei­ten un­ver­öf­fent­lich­ter Ab­schnit­te und di­ver­ser Bruch­stücke zur Sei­te ste­hen, auf ei­ni­ge we­ni­ge Sät­ze re­du­zie­ren? Mit rhe­to­ri­scher Be­sorgt­heit stel­len die Re­zen­sen­ten von Ni­co­las Mahlers Co­mic-Ad­ap­tie­rung des Werks die­se Fra­ge. Sie ist falsch ge­stellt, denn na­tür­lich kann man. Die da­hin­ter ste­hen­de Fra­ge ist, ob man darf. Und weil nun schon seit Jahr­zehn­ten so­wie­so al­les geht, darf man (eben­so na­tür­lich). Bleibt al­so nur die Rhe­to­rik, um die auch wir nicht her­um­kom­men.

Mahlers gra­phic no­vel, sein Co­mic (auch im wört­li­chen Sinn), bringt nur we­ni­ge Sät­ze aus dem Ro­man, die Ge­ste des Au­tors ist da­bei schnip­pisch oder pat­zig, et­wa in die­ser Be­deu­tung: »Da habt ihr halt wie­der so ein Sätz­chen von un­se­rem be­rühm­ten Mann.« Die Es­senz die­ser Sät­ze drückt der Gra­phiker auf Sei­te 61 des Co­mics aus, in­dem er die drei Sprech­bla­sen der drei Fi­gu­ren im Sa­lon Diot­imas, wo die be­rühm­te Par­al­lel­ak­ti­on aus­ge­heckt wird, leer läßt. Al­les nur Bla­bla, es wird nichts ge­sche­hen, so lau­tet of­fen­bar die In­ter­pre­ta­ti­on Ni­co­las Mahlers; die Paral­lelaktion ist ein fake. Fragt sich, ob sei­ne In­ter­pre­ta­ti­on trif­tig ist. Mu­sils Ab­sich­ten ent­spricht sie nicht, der plan­te näm­lich, den Ro­man mit dem Aus­bruch des er­sten Welt­kriegs en­den zu las­sen, was die zeit­li­che Be­we­gung der er­sten bei­den der Bü­cher, in die der Ro­man un­ter­teilt ist, dem Au­tor ja fast auf­zwingt: die Hand­lung voll­zieht sich unmißver­ständlich im Jahr 1913 und bricht dann Mo­na­te vor dem Som­mer des Fol­ge­jah­res ab. Die schein­bar so zö­ger­li­che, der Pro­pa­gan­da nach fried­fer­ti­ge Par­al­lel­ak­ti­on – Franz Jo­seph II. soll als »Frie­dens­kai­ser« ge­fei­ert wer­den – trägt ihr Scherf­lein zur eu­ro­päi­schen Kata­strophe bei. Des­halb nun die Fra­ge: Läßt sich der hier nur kurz an­ge­deu­te­te Ge­halt des Ro­mans durch lee­re Sprech­bla­sen, die wit­zig wir­ken mö­gen in den ho­hen Räu­men des Sa­lons, auf den Punkt brin­gen?

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