
Ein Assoziationsrausch. Korallenbäume des Erzählens. Eine mitreissende Suada. Vielleicht ein Menetekel. Manchmal mit feiner Ironie und manchmal (wie die ganz frühe Jelinek) sprachspielerisch-kalauernd (Nahrung, Nehrung, Kurische). Und vor allem mit fast im wörtlichen Sinne wahnsinniger Sprache mit einer gleichzeitig anmutenden, anheimelnden Sprachmelodie; ein in den besten Szenen rhythmisch-poetisches Wutgedicht in Prosaform (die manchmal eigenwillige Kommasetzung will erst erlesen werden). Und dabei meilenweit von einer faulen Entrüstungsmetaphorik oder schalem Gewitzel entfernt. Ein Buch für die sprichwörtliche Insel – es verlangt nach mehrmaliger, intensiver Lektüre und jedes Mal erscheint ein neuer Aspekt, ein neues Detail, ein neuer Ton, der alles vorherige nicht konterkariert, sondern ergänzt und man wird und wird mit dem schmalen Büchlein so schnell nicht fertig.
Am Anfang begeht man vielleicht noch den Fehler, der Frau, der offensichtlich jedes soziale Verhalten fremd ist, einfach eine Krankheit anhängen zu wollen, nach ihr zu fahnden, zu diagnostizieren. Ihre Somnambulität einerseits und rastlose Unruhe andererseits; ihr animistisches Denken, ihre Betrachtungsversessenheit (wer hat jemals eine zermatsche Erdbeere am Boden so schön und metaphorisch geradezu zelebriert?), ihre Baumliebe, die in den Wunsch gipfelt, zu einem Baum zu werden (auch hier eine Bilderfülle), ihre Begeisterung für Jane Campions »Piano«. Man sammelt eine Zeit lang Indizien. So, als müsse man allem gleich einen Stempel aufdrücken, um es / um sie dann besser beherrschen zu können. Aber dann wird man glücklicherweise irgendwann endgültig verzaubert. Verzaubert und gebannt, hineingesogen in diese Wortkaskaden, in dieses wilde Getümmel, welches oft genug scheinbar unzusammenhängendes herbeiphantasiert und verbindet.