Ein Gespräch mit Emine Sevgi Özdamar
geführt von Leopold Federmair und Naoko Yuda
Das Gespräch findet im März 2013 in einem Café im Berliner Stadtteil Kreuzberg statt.1
Im Jahr 2009 haben Sie trotz Ihrer Flugangst die Einladung japanischer Universitäten angenommen, dort mehrere Lesungen zu halten. Wir wissen von Ihrer Verehrung für den Filmregisseur Yasujirō Ozu. War das ein Grund, nach Japan zu fahren?
Als ich das Grab von Yasujirō Ozu besuchte, habe ich geweint. Es war der Tag, an dem Barack Obama nach Japan kam.2 Ich musste meinen Koffer am Bahnhof deponieren, damit es am nächsten Tag kein Problem gab bei dem Verkehr, um zum Flughafen zu fahren, Rückflug nach Deutschland. Aber die Schließfächer waren alle verschlossen, man durfte nichts deponieren, damit keine Bomben hochgehen können. Eine Sicherheitsvorkehrung... Und dann sind wir mit meinem Koffer, es regnete auch, in die Stadt, wo Ozu begraben liegt, gefahren. Ich fragte meine Begleiterin, ob sie nicht die Besitzerin des Restaurants, wo wir gegessen hatten, ob sie die nicht bitten kann, den Koffer aufzubewahren. Und die Frau sagte ja. Wir sind zum Grab gegangen, es war eines der Gräber mit diesen unglaublich schönen japanischen Inschriften. Da habe ich gesehen, dass die Leute zu Ozus Grab hinpilgern wie zum Grab von Bertolt Brecht in Berlin. Auch Alkoholflaschen und Zigaretten hatten sie hingetan, wie bei Brecht.
