(Nicht) in Stein gehauen
Und die Musik? Das ist die, die wir auch sonst aus unseren Nachtfahrten hören: 60er. Keine Farben mehr, ich will, dass sie alle zu schwarz werden. Als hätten wir, auch musikalisch Heimatlose, da noch irgendwelche Anschlüsse zu schaffen. (Dabei sangen wir längst lauthals mit. Es war das ein bisschen wie mit dem eher wenig geschätzten, aber dir einzig vertrauten Song in der Jukebox, und wenn ihn dann einer drückt, kannst du seine Eingängigkeit nicht verweigern.)
Weithin ragende Turmaufbauten über der Landschaft, schwarz. Schwarz verwucherte Vegetation der Gleisanschlüsse. Auf den Rollstahltüren der Fabriken ein schwarzer Auftrag, der sogar die Graffitis verschluckt. Noch das Quarzglas der Oberlichter in den Maschinenhallen war schwarz angelaufen gewesen, und jeder verirrt in die Augen treffende Lichtstrahl wie ein Träger der Idee, er müsste aus jungfräulicheren Welten sein. Mit schwarzen Fingerrändern.
Klar, dass einem auch die Gifte, dauernd eingespeist, zu homöopathischen Lebensstoffen werden, nach denen es einen verlangen muss, werden sie einem dann entzogen. Und dass einer jeder seinem Verfall auch seine eigene Poesie abgewinnen muss. Radium gewinnen. Bilder kamen mir von öl-schlickigen Herzkammern mit vor Drang schwarz quellendem Blut, von unterm kochendheißen Wasserstrahl dampfenden Männern, die wieder zu weißen werden, walspeckig wie Manatis, eine Seekuhart. Und zum Schichtwechsel ein Gleißen wie auf Schwarzteerschindeln an einem Frostmorgen, wie der Glanz auf den Schuhen, die Majakowski auf der Rodtschenko-Serie von ’24 trägt. – Aber auch das wohl schon zu pre-post retro-avant. Gesang von der Straße, und dann flogen schon Steine in unsere Fenster ...