Ko­stüm- und Ku­lis­sen­brei

Filmplakat Deutschstunde - © Artwork Darius Ghanai, Fotografie Sammy Hart
Film­pla­kat Deutsch­stun­de – © Art­work Da­ri­us Gha­nai, Fo­to­gra­fie Sam­my Hart

Chri­sti­an Schwo­chow ver­filmt Sieg­fried Lenz’ Deutsch­stun­de. Aber war­um nur?

Die »Deutsch­stun­de« ist neu ver­filmt wor­den (Ki­no­start: 3. Ok­to­ber). Die »Deutsch­stun­de« von Sieg­fried Lenz? Ge­nau die. War­um? Und, vor al­lem, wie? Da war doch der zwei­tei­li­ge Film von Pe­ter Be­au­vais von 1971. 600 Sei­ten auf drei­ein­halb Stun­den kom­pri­miert; ad­ap­tiert. »Von den Freu­den der Pflicht« schreibt Sig­gi Jep­sen im Buch als ei­ne Art Straf­ar­beit, aber auch zur Selbst­auf­ar­bei­tung in ei­ner Zel­le. Ei­ner Ge­fäng­nis­zel­le. Weil er vor­her, in an­dert­halb Stun­den, nichts hat­te schrei­ben kön­nen, weil die Mas­se der Bil­der und Ein­drücke zu vie­le wa­ren.

1968 er­schien das Buch »Deutsch­stun­de«. Mit­ten in den APO-Zei­ten. Nun war Sieg­fried Lenz kein Ak­ti­vist; sei­ne po­li­ti­schen Auf­trit­te be­schränk­ten sich in den 1970er Jah­ren dar­auf, Wil­ly Brandt im Wahl­kampf zu un­ter­stüt­zen. Mit den Re­vo­luz­zern der 67er oder 68er konn­te er nichts an­fan­gen. Den­noch ging das Buch nicht un­ter – im Ge­gen­teil. Es wur­de ein Best­sel­ler, viel­leicht weil es, wie bei mei­nen El­tern, als »Bücherbund«-Exemplar ver­schickt wur­de, wenn man im Halb­jahr nichts an­de­res aus­ge­wählt hat­te (so ist mei­ne Er­in­ne­rung). Die Kri­tik war da­mals eher ver­hal­ten, aber das Buch trotz­te eben dem re­vo­lu­tio­nä­ren Zeit­geist.

Sig­gi Jep­sen, der, als er die­sen Mam­mut­auf­satz in ‑zig Schul­hef­ten nie­der­schreibt, ge­ra­de »er­wach­sen« ge­wor­den ist (al­so 21 Jah­re), er­zählt von sei­nem Va­ter, dem Po­li­zi­sten von Rug­büll. Und vom Ma­ler Nan­sen. Die Män­ner wa­ren Freun­de; Nan­sen ret­te­te Jep­sen einst ein­mal das Le­ben. Aber es ist 1943. Und die Bil­der Nan­sens ge­fal­len den Macht­ha­bern nicht. Da­mit ge­fal­len sie auch sei­nem Freund nicht. Aber der ist nicht nur als Po­li­zist der Über­brin­ger der schlech­ten Nach­richt. Er ist be­seelt da­von, dass es sei­ne Pflicht ist, das Mal­ver­bot der Na­zis um­zu­set­zen.

Wei­ter­le­sen ...

Deutsch­stun­de

Da ist sie wie­der: Die Sehn­sucht nach der »sau­be­ren Kunst«. Mo­ra­lisch ein­wand­frei. Kein Stäub­chen des Zwei­fels. Al­les an­de­re soll in den Or­kus. Jo­chen Hie­ber möch­te die »Deutsch­stun­de« von Sieg­fried Lenz dort­hin be­för­dern. Das sagt er nicht di­rekt, aber es schim­mert zwi­schen den Zei­len deut­lich her­vor. Der Ma­ler Emil Nol­de war kein Wi­der­ständ­ler wäh­rend der NS-Zeit, ...

Wei­ter­le­sen ...