
Das Cover, diese blutrote Schrift auf pinkem Untergrund, kann ich nur schwer ertragen. Kopfschmerzen stellen sich ein. Es verführt zum Umblättern, zum Lesen. Also los. Eine Frau befindet sich in Polizeigewahrsam. Sie rebelliert nicht, scheint fast einverstanden mit der Freiheitsberaubung und erkundet stattdessen präzise die Umgebung, die Polizisten. Sie rasten an einer Tankstelle. Ein Herrgottswinkel mit Haider-Bildchen. Kärnten also. Es geht im Gefängnisauto nach Wien, ins OWS, »Otto-Wagner-Spital«. »Der Himmel wird schon kitschig«, heißt es. Die Ich-Erzählerin ist Eva Gruber. Sie soll eine Kindergartenklasse erschossen haben.
Kamerabeobachtung, eine Hose mit Gummizug, jeden Tag Kartoffeln als Beilage in Variationen. Kein Spa, aber auch kein Gefängnis. Eva entdeckt Bernhard, ihren Bruder. Bernhard ist für sie der »einzige Mensch, dessen Furcht für mich schlimmer ist als meine eigene«. Muttergefühle der Schwester. Die beiden werden nicht zusammengelegt; Anstaltsgesetz. Bernhard ist abgemagert, leidet unter Essstörungen, reserviert sich von seiner Schwester. Er hat so etwas wie eine Freundin, die Eva »Dumbo« nennt.
Eva erzählt, berichtet. Der Leser weiss trotzdem wenig bis nichts. Sie ist forsch, lässt sich vom eher schüchternen, etwas umständlichen Therapeuten, Doktor Korb, nicht beeindrucken; im Gegenteil: sie fordert ihn, was ihn überfordert. Immer wieder gibt es Rückblenden in die Kindheit, an den schüchternen, geduldigen Vater, die merkwürdig blass bleibende Mutter, die sich einmal mit Bernhard in einem Zimmer eingeschlossen hatte und auch Schläge von Eva ertrug. Der Vater hat Selbstmord begangen, erfährt man. Die Mutter sei »auch tot«.