An­ge­la Leh­ner: Va­ter un­ser

Angela Lehner: Vater unser
An­ge­la Leh­ner: Va­ter un­ser

Das Co­ver, die­se blut­ro­te Schrift auf pin­kem Un­ter­grund, kann ich nur schwer er­tra­gen. Kopf­schmer­zen stel­len sich ein. Es ver­führt zum Um­blät­tern, zum Le­sen. Al­so los. Ei­ne Frau be­fin­det sich in Po­li­zei­ge­wahr­sam. Sie re­bel­liert nicht, scheint fast ein­ver­stan­den mit der Frei­heits­be­rau­bung und er­kun­det statt­des­sen prä­zi­se die Um­ge­bung, die Po­li­zi­sten. Sie ra­sten an ei­ner Tank­stel­le. Ein Herr­gotts­win­kel mit Hai­der-Bild­chen. Kärn­ten al­so. Es geht im Ge­fäng­nis­au­to nach Wien, ins OWS, »Ot­to-Wag­ner-Spi­tal«. »Der Him­mel wird schon kit­schig«, heißt es. Die Ich-Er­zäh­le­rin ist Eva Gru­ber. Sie soll ei­ne Kin­der­gar­ten­klas­se er­schos­sen ha­ben.

Ka­me­ra­be­ob­ach­tung, ei­ne Ho­se mit Gum­mi­zug, je­den Tag Kar­tof­feln als Bei­la­ge in Va­ria­tio­nen. Kein Spa, aber auch kein Ge­fäng­nis. Eva ent­deckt Bern­hard, ih­ren Bru­der. Bern­hard ist für sie der »ein­zi­ge Mensch, des­sen Furcht für mich schlim­mer ist als mei­ne ei­ge­ne«. Mut­ter­ge­füh­le der Schwe­ster. Die bei­den wer­den nicht zu­sam­men­ge­legt; An­stalts­ge­setz. Bern­hard ist ab­ge­ma­gert, lei­det un­ter Ess­stö­run­gen, re­ser­viert sich von sei­ner Schwe­ster. Er hat so et­was wie ei­ne Freun­din, die Eva »Dum­bo« nennt.

Eva er­zählt, be­rich­tet. Der Le­ser weiss trotz­dem we­nig bis nichts. Sie ist forsch, lässt sich vom eher schüch­ter­nen, et­was um­ständ­li­chen The­ra­peu­ten, Dok­tor Korb, nicht be­ein­drucken; im Ge­gen­teil: sie for­dert ihn, was ihn über­for­dert. Im­mer wie­der gibt es Rück­blen­den in die Kind­heit, an den schüch­ter­nen, ge­dul­di­gen Va­ter, die merk­wür­dig blass blei­ben­de Mut­ter, die sich ein­mal mit Bern­hard in ei­nem Zim­mer ein­ge­schlos­sen hat­te und auch Schlä­ge von Eva er­trug. Der Va­ter hat Selbst­mord be­gan­gen, er­fährt man. Die Mut­ter sei »auch tot«.

Wei­ter­le­sen ...