Ma­rit Heuß: Pe­ter Hand­kes Bild­poe­tik

Marit Heuß: Peter Handkes Bildpoetik

Ma­rit Heuß: Pe­ter Hand­kes Bild­poe­tik

Zu­nächst ein­mal über­rascht das Vo­lu­men der Ar­beit von Ma­rit Heuß’ Werk über die Bild­poe­tik Pe­ter Hand­kes. Es sind – ex­klu­si­ve Li­te­ra­tur- und Ab­bil­dungs­ver­zeich­nung 460 Sei­ten. Von den 61 durch­gän­gig schwarz-wei­ßen Ab­bil­dun­gen sind 50 aus den No­tiz­bü­chern Hand­kes. Zehn zei­gen für Hand­ke es­sen­ti­el­le Kunst­wer­ke, un­ter an­de­rem von Paul Cé­zan­ne, Ni­co­las Pous­sin und Fran­cis­co de Zur­barán.

Heuß hat in akri­bi­scher Re­cher­che Hand­kes No­tiz­bü­cher von En­de 1975 bis Ju­li 1990 im Hin­blick auf Hand­kes Be­schäf­ti­gung mit bil­den­der, ge­nau­er: bild­ne­ri­scher Kunst un­ter­sucht und de­ren Ver­ar­bei­tung schwer­punkt­mä­ßig in sechs Bü­chern un­ter­sucht: Die links­hän­di­ge Frau, Lang­sa­me Heim­kehr, Die Leh­re der Sain­te-Vic­toire, Die Wie­der­ho­lung und Hand­kes Bild­ver­lust-»Pro­jekt (Hand­ke hasst die­ses Wort), wel­ches in zwei Bü­chern mün­de­te: Mein Jahr in der Nie­mands­bucht und Der Bild­ver­lust. Die Si­gna­tur der No­tiz­bü­cher über­nimmt Heuß vom Deut­schen Li­te­ra­tur­ar­chiv in Mar­bach; frü­her da­tier­te Klad­den wer­den so­mit nicht be­rück­sich­tigt.

Die Haupt­the­se des Bu­ches lau­tet, dass »Zeich­nen und Kunst­werk-Re­zep­ti­on« bei Hand­ke in »zwin­gen­der Ab­hän­gig­keit von Schreib­pro­jek­ten« ste­hen und des­sen »Sprach­kunst« be­ein­flus­sen. Die­se auf »die Werk­ge­stalt aus­strah­len­de li­te­ra­ri­sche Ver­fah­rens­wei­se« wird Bild­poe­tik ge­nannt.

Bis da­hin ist es noch ein Weg. Heuß be­ginnt mit der Prä­fi­gu­ra­ti­on, den Zeit­raum vom Be­ginn sei­nes Schrei­bens 1966 bis 1973. An­hand von Hand­kes Erst­ling Die Hor­nis­sen, der Er­zäh­lung Das Um­fal­len der Ke­gel auf ei­ner bäu­er­li­chen Ke­gel­bahn, die als Pro­dukt von Hand­kes de­kon­struk­ti­vi­sti­scher Äs­the­tik ge­se­hen wer­den müs­sen, wird mit dem auf­kei­men­den Er­zäh­len der Rei­se­ge­schich­te Der kur­ze Brief zum lan­gen Ab­schied von 1972 ver­knüpft. Bei al­ler Un­ter­schied­lich­keit ver­ber­ge sich, so Heuß, in al­len drei Tex­ten »ein Glau­be an die Wir­kungs­kraft poe­ti­scher Bild­spra­che«, wo­bei die Au­torin sich vor al­lem – und dies mit Ge­winn – »mit den gei­sti­gen Bil­der der Ima­gi­na­ti­on, die der blin­de Se­her Gre­gor Be­ne­dikt in Hand­kes De­büt­ro­man Die Hor­nis­sen ent­wirft« be­schäf­tigt. Da­bei zeigt Hand­ke in sei­nem Erst­ling den Ver­lust »des ört­li­chen und iden­ti­täts­stif­ten­den Zu­stands durch Aus­fall der Ein­bil­dungs­bild« (wo­bei »Ein­bil­dungs­kraft« nicht mit »Phan­ta­sie« ver­wech­selt wer­den darf) – ein Zu­stand, der mehr als drei­ßig Jah­re spä­ter im Bild­ver­lust wie­der auf­ge­nom­men wer­den soll­te.

Den voll­stän­di­gen Text »Schau­en und Schrei­ben« bei Glanz und Elend le­sen.