Stöckl/Schmidt

Be­mer­kens­wer­te Sen­dung auf Ö3 mit Ha­rald Schmidt und der »Früh­stücke­rin« Clau­dia Stöckl1. Be­mer­kens­wert aus zwei Grün­den: Zum ei­nen ist die Mo­de­ra­to­rin sehr gut vor­be­rei­tet und schlag­fer­tig (das ist sie fast im­mer, fällt aber bei je­man­dem wie Schmidt wo­mög­lich schwer). Und zum an­de­ren wirkt Schmidt wirk­lich be­freit, lä­stert über Gott­schalk, der bes­ser auf­hö­ren sol­le und hat Mit­leid mit Mar­kus Lanz. Am in­ter­es­san­te­sten die ge­le­gent­lich her­vor­blit­zen­den In­si­der­ein­blicke.

Schmidt hat, das wird hier deut­lich, die mei­sten Prot­ago­ni­sten die­ses, sei­nes Busi­ness ver­ach­tet. Ei­gent­lich ver­ach­tet er auch das Pu­bli­kum, wel­ches nur auf Af­fek­te ab­zielt. Man ahn­te das, jetzt weiss man es. Zwei­mal fällt wie ei­ne Hei­li­ge der Na­me Ann-So­phie Mut­ter. Ich ha­be zwei oder drei­mal Sen­dun­gen mit Schmidt ge­se­hen, in der Mut­ter Stu­dio­gast war. Es wa­ren Stern­stun­den von Schmidt – er schau­te zu die­ser Frau auf, sah es als Eh­re, sie am Kla­vier be­glei­ten zu dür­fen (hier kann man das min­de­stens er­ah­nen). Da wirk­te et­was. Das Pu­bli­kum stör­te dann be­sten­falls nicht. Aber es war zu sel­ten. Scha­de.


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  1. Ich den­ke so­wie­so, Fern­se­hen wä­re viel bes­ser, wenn man öf­ter mal den Zu­schau­er ver­gä­ße. »Fuck the EU« – wo­mög­lich der glei­che gut-dass-es-mal-je­mand-aus­spricht-Ef­fekt wie bei den Sar­ra­zi­ni­sten.

    Und dass der Emp­fän­ger die Bot­schaft be­stimmt, ha­ben ja jetzt noch die letz­ten Trot­tel-Kan­di­da­ten ver­stan­den. Jetzt müss­te man das Selbst­ver­ständ­lich­ste mal wie­der weg- und und dem »Sen­dungs­be­wusst­sein« mehr Platz ein­räu­men.

    Dass Schmidt fast al­le ver­ach­tet hat, konn­te man aber, mei­ne ich, schon im­mer wis­sen / se­hen – und es war so­gar, wenn er in sei­ner Rol­le gut war (es durch­blit­zen zu las­sen), Teil da­von. Aber noch bes­ser war er eben, wenn es ihm doch um et­was ging. Dann näm­lich war der eh blö­de Rest um­so of­fen­sicht­li­cher egal. Und das reich­te mei­ste schon, um ein­mal her­aus­zu­ste­chen aus dem pro­fes­sio­na­li­sier­ten aber to­ten Ein­heits­brei des nicht um­sonst so ge­hei­ße­nen Pro­gramms. Wer er­war­tet denn wirk­lich noch Sen­sa­tio­nen im Zir­kus?

  2. Na­ja, Dok­tor D’s Trau­rig­keit ha­be ich auch ge­spürt wie ei­gent­lich nie zu­vor. Da ich kein sky ha­be, war Schmidt für mich ver­schwun­den; Tei­le der Sen­dung im Netz zu se­hen, hat­te ich nicht ge­macht. Er war im­mer noch als Mög­lich­keit da, ob­wohl es na­tür­lich schon zu sa­t1- und ARD-Zei­ten sehr viel Leer­lauf in den Sen­dun­gen gab, was mir im­mer auf­fiel, wenn ich mal drei, vier Wo­chen hin­ter­ein­an­der schau­te. Ge­blie­ben sind dann die High­lights, die dann eben doch mehr wa­ren als von ver­gleich­ba­ren Sen­dun­gen. Am be­sten war er in »Schmidtein­an­der« mit dem kon­ge­nia­len Feu­er­stein, aber die gu­ten Si­de-kicks hat Schmidt frü­her oder spä­ter al­le ver­prellt und oft ge­nug durch schlech­te er­setzt.

    Wenn man schon nicht die Sen­sa­ti­on mehr im Zir­kus er­war­tet – dann viel­leicht nur noch den Ab­sturz? Den Feh­ler?

    Es geht mir durch den Kopf, dass die­ser Mann ver­mut­lich noch zwan­zig Jah­re lebt. Und da wer­de ich schon ele­gisch in An­be­tracht die­ses schein­bar für im­mer schwei­gen­den Bärs. Vor al­lem wenn man all die an­de­ren Mäus­chen sieht.

    Oder ist viel­leicht das Fern­se­hen an sei­ne Gren­zen ge­sto­ssen? Nicht in dem Sinn, dass es die­ses La­ger­feu­er nicht mehr gibt (nur noch im »Dschun­gel­camp« viel­leicht noch für ein paar Jah­re). Son­dern der­art, dass in der »Ta­ges­schau« An­ge­la Mer­kel im­mer noch mit »An­ge­la Mer­kel CDU« un­ter­ti­telt wird. Schmidt spricht das ein­mal an: Man muss um 20.15 Uhr noch El­ton John er­klä­ren, da­mit auch wirk­lich al­le mit­kom­men – aber ge­nau das ist, was dann zu sei­ner selbst­er­fül­len­den Pro­phe­zei­ung wird: Ir­gend­wann sit­zen nur noch die Blö­den vor der Ki­ste. Aber wo sind die an­de­ren?

  3. Er war ja gar­nicht im­mer gut, aber er hat­te ja auch wirk­lich kei­ne ernst zu neh­men­den »Geg­ner«. Ir­gend­wann – und das schon in den öf­f­recht­li­chen – merk­te man es sehr deut­lich, dass Schmidt das al­les um ihn her­um ver­ach­te­te. In­klu­si­ver sei­ner Ver­eh­rer in den Feuil­le­tons, die glaub­ten, sich mit ihm über das Un­ter­schich­ten­fern­se­hen er­he­ben zu kön­nen. Ich ha­be den EIn­druck, er ver­ach­tet je­den, der Fern­se­hen guckt. Er selbst guckt ja keins, er lässt gucken (für die Sen­dung). Ich ten­die­re da­zu, im Recht zu ge­ben: Fern­se­hen heu­te ist ei­ne Blöd­ma­schi­ne.
    Hier in Stutt­gart ha­be ich ihn ei­ni­ge Ma­le im Thea­ter ge­se­hen und da merk­te man: Der fühlt sich im Fern­se­hen völ­lig un­ter­for­dert, der will was ganz an­de­res – und ist ex­trem furcht­los ge­we­sen, was den ei­ge­nen Ruf an­geht. Ge­gen die Pro­fi-Schau­spie­ler hat er oft schlecht aus­ge­se­hen, aber er hat trotz­dem wei­ter ge­macht – und mit die­sem Un­ter­schied ge­ar­bei­tet. Das war oft sehr span­nend. Und man merk­te, dass er Pol­lesch (Au­tor / Re­gis­seur) und ei­ni­ge der Schau­spie­ler sehr, sehr be­wun­dert.
    Aber wie trau­rig ist das denn: In ei­nem Be­reich hof­fent­lich ei­nen Hau­fen Geld ver­dient zu ha­ben, wo man so ziem­lich al­les und je­den nicht ernst neh­men konn­te.

  4. Trau­rig­keit?

    Der Zy­nis­mus kam ja, den­ke ich, da­her, dass Schmidt so oder so auch „be­die­nen“ muss­te: näm­lich ein Pu­bli­kum, das, au­ßer dem Wil­len, sich un­ter­hal­ten zu las­sen, egal wo­mit, kein The­ma, kei­ne Ge­mein­sam­kei­ten mehr hat – au­ßer, was die Kon­sens­ma­schi­ne mut­maß­lich so aus­spuck­te. Des­halb hat­te ich ir­gend­wann auf­ge­hört, ihm zu­zu­se­hen: ich wuss­te oft gar nicht, wor­über, über wel­che Sen­dung, wel­ches Sport­er­eig­nis, wel­che ge­ra­de BILD-ak­tu­el­le „Me­di­en­per­sön­lich­keit“ usw. er re­de­te.

    Was aber, glau­be ich, noch schlim­mer für ihn, H. S. selbst, ist, dass er auch bei sei­ner Thea­ter­lie­be und der Be­wun­de­rung für die Gu­ten da wuss­te, dass selbst sol­che Leu­te wie Pol­lesch Mit­tä­ter wie Ohn­mäch­ti­ge sind, dass sie ver­meint­lich kunst-pri­vi­le­giert auch nichts be­we­gen, dass sie au­ßer in Ein­ge­weih­ten­krei­sen auch nichts be­deu­ten. Und dass auch die­se „Kunst“ (die avan­cier­te­re Be­scheid­wis­se­rei als Spiel für an­de­re Be­scheid­wis­ser) ir­gend­wie nur Zir­kus, al­so trau­rig, näm­lich bald wie­der auf­zu­fe­gen­des Sä­ge­mehl, al­so ver­geb­lich ist. Ich fin­de da steckt ei­ne noch grö­ße­re Trau­rig­keit. So­gar ei­ne, die man Schmidt sel­ber manch­mal an­merk­te, als Lust­lo­sig­keit. Mit der Ver­ach­tung kam er schon klar. Aber dann wuss­te er zu­letzt mit all sei­nen Mög­lich­kei­ten und all sei­ner Chuz­pe nichts wirk­lich Po­si­ti­ves da­ge­gen zu set­zen.

    (Und, wie ich mal von je­mand na­he sei­ner Pro­duk­ti­ons­fir­ma in Köln hör­te, in­ter­es­sier­te ihn nicht mal Geld. Au­ßer, im Ran­king mit an­de­ren Ab­ge­half­ter­ten oben mit­hal­ten zu kön­nen, als letzt­li­cher Ehr­geiz: Das kann ei­nen schon trau­rig ma­chen.)

  5. Ko­mi­scher­wei­se spricht Schmidt ja nur von »Iro­nie«; die Fra­ge nach dem gro­ßen Bru­der Zy­nis­mus un­ter­bleibt. Schmidt nimmt Be­zug auf Jün­ger; »Sgraf­fi­ti«. We­nig spä­ter steht dort »Die Iro­nie ver­küm­mert oh­ne das so­zia­le Sub­strat«. Was ei­ner­seits den Drang zur Öf­fent­lich­keit er­klä­ren könn­te; ei­ner Öf­fent­lich­keit, die man dann ver­ach­tet.

    Schmidt hät­te re­üs­sie­ren kön­nen mit ei­ner Ge­sprächs­sen­dung von 30 Mi­nu­ten pro Wo­che mit ei­nem Gast, den er aus­sucht; ei­nem Gast, den er ver­ehrt, mag, schätzt.

  6. Ein klei­ner Hin­weis, dass man bei You­tube die Auf­zeich­nung ei­nes kürz­lich in Wien (schon wie­der die Öster­rei­cher) ge­führ­ten Ge­sprä­ches von Pe­ter Hue­mer mit Ha­rald Schmidt fin­det: https://www.youtube.com/watch?v=kJLjKEHoCRI Es dau­ert knapp zwei Stun­den, aber es lohnt sich mei­ner Mei­nung nach, wenn man die Zeit und das In­ter­es­se da­für üb­rig hat, zum Schluss gibt es so­gar noch ein paar (auch »fre­che«) Pu­bli­kums­fra­gen an Schmidt. Ei­ne Un­ter­hal­tung im be­sten Sin­ne, scha­de, dass so et­was nicht (mehr) im deut­schen Fern­se­hen statt­fin­det.

  7. Dan­ke, Wolf­gang B. Das ist wirk­lich be­ste Un­ter­hal­tung al­lei­ne schon we­gen Schmidts »...uuuuuund«. Er ist und bleibt ei­ne Ram­pen­sau. In­ter­es­sant, dass er dann doch noch schau­spie­lert (»Traum­schiff«), aber da­zu kei­ne ein­zi­ge Fra­ge vor­kommt.