Sten Reen: Korn­blum

Sten Reen: Kornblum

Sten Reen: Korn­blum

Ro­bert Korn­blum, halbintellektuelle[r], alternde[r] Pen­ner, (vul­go: ar­beits­lo­ser Stu­di­en­ab­bre­cher, 35 Jah­re), Dach­decker und Ge­le­gen­heits­bau­ar­bei­ter, wacht nach durch­zech­ter Ge­burts­tags­fei­er zu Hau­se auf. Ein­mal im Jahr er­laubt er sich zu trin­ken, an­son­sten ist er seit drei Jah­ren trocken. Er hat ei­nen Film­riss und weiß nicht mehr, was letz­te Nacht pas­siert ist. Zum Glück er­wei­sen sich die Mark­ierungen auf sei­ner Stirn nicht als Tat­toos, son­dern ab­wasch­bar. Aber das uri­nie­ren fällt ihm schwer und er wirft ei­nen Blick nach un­ten und sieht das Kon­dom. Was war ge­sche­hen?

Korn­blum re­ka­pi­tu­liert müh­sam die letz­te Nacht und dem Le­ser er­öff­net sich ei­ne gänz­lich frem­de Welt. Zu­nächst denkt man an ei­ne Art Rot­licht­idyl­le à la »Der Kö­nig von St. Pau­li«, aber dann merkt man, dass das Gan­ze in Ber­lin spielt und mit Pro­sti­tu­ti­on al­len­falls am Ran­de zu tun hat. Die gro­ße Fa­mi­lie trifft sich bei Hus­si, dem ser­bi­schen Wirt (mit kroa­ti­scher Frau). Da ist Ron­ny, noch ein Quoten-Trockene[r]. Ihm ge­hört ei­ne Gerüst­baufirma, bei der Ro­bert schon mal ei­nen Hilfs­job an­nimmt. Beim Ein­tre­ten ruft Ron­ny stets sein »Heil Hit­ler«, aber we­he, ir­gend­je­mand er­wi­dert die­sen Gruß – die­ser fin­det sich dann durch­ge­prü­gelt auf der Stra­ße wie­der, denn Ron­ny ist rot wie zehn Sowjet­partei­tage. Oder Man­fred, ein Con­ter­gan-Fall, der ei­ne Fir­ma für Grab­krän­ze be­treibt. Zwar schiss ihm beim Wett­fur­zen manch­mal das Dün­ne ein, aber an­son­sten läßt man nichts auf Man­nel kom­men. Dann Hau­ke Brett­schnei­der, Korn­bl­ums be­ster Freund (der Mann des Dau­er­schmer­zes), Phi­lo­soph und Rat­ge­ber in al­len Le­bens­la­gen. Schließ­lich ein Herr Dich­ter­sän­ger, der prak­ti­scher­wei­se gleich nach sei­ner Müt­ze DEKRA be­nannt wird. Und die zwei weib­li­chen »An­ge­hö­ri­gen«: Die lie­bes­tol­le Ka­ro­la und ei­ne Frau, herr­lich wie ein Back­stein-Scheiß­haus, im wei­te­ren Ver­lauf kurz Back­stein ge­nannt (ei­ne Pro­sti­tu­ier­te auf ei­ge­ne Rech­nung). Ge­stor­be­nen Freun­den wird ei­ne Vier-Ce-Ell Dop­pel­korn-Mahn­wa­che nebst Fo­to Kork­pinn­wand zu­teil. Die bier­se­li­ge Sen­ti­men­ta­li­tät der knuf­fi­gen Vorstadt­krokodile für Er­wach­se­ne ist hin­ter ei­ner ge­hö­ri­gen Por­ti­on Raub­ei­nig­keit ver­steckt, die sich durch­aus auch schon ein­mal non­ver­bal ent­la­den kann.

»Vor Glück de­ment«

Müh­se­lig schält sich her­aus, dass Korn­blum die Nacht mit ei­ner Frau ver­bracht hat – mit The­re­sa, ge­nannt Ter­ri, Nach­na­me Mind (ein durch­aus spre­chen­der Na­me). Die kommt kurz nach sei­nem Auf­wa­chen mit den Früh­stücks­bröt­chen zu­rück. Korn­blum ist über­rascht und fas­zi­niert von der Frau mit den Hus­ky-Au­gen (die Vor­zü­ge der an­de­ren Kör­perregionen mö­ge der ge­neig­te Le­ser bit­te sel­ber her­aus­fin­den). Er siezt sie an­fangs so­gar, was ent­spre­chend kom­men­tiert wird: »Mein Be­ster, wir ha­ben ge­vö­gelt wie die Kar­nickel. Du hast mir ei­nen An­trag ge­macht und ich hab Ja ge­sagt. Sie? Sa­gen wir jetzt S i e?« Ro­bert Korn­blum steht am Ran­de der Ehe. Er­freut, schockiert, zwei­felnd, ver­liebt – und schließ­lich dann vor Glück de­ment. Und sie hat nun den er­sten ge­mein­sa­men Ein­kaufs­zettel im Kopf. Ein Schwan­ken zwi­schen Sehn­sucht und Angst vor der Ver­bürger­lichung, so et­wa à la: »Wenn ich groß bin, will ich auch mal Spie­ßer wer­den.«

Es kommt, wie es kom­men muss: Korn­blum hebt sein Trocken­heits­ge­bot auf und wird ter­ri­siert. Nie­mand scheint ih­rem Charme ge­wach­sen; fast al­les fliegt ihr zu. Korn­blum sonnt sich mit ihr. Und die Be­schwö­run­gen »mein Mann«, »mei­ne Frau«, ja so­gar mein Mensch bil­den von nun an die Klam­mer und gleich­zei­tig Ver­hei­ßung ih­rer Be­zie­hung. Nach ei­ni­gen Ta­gen wird er von den Kum­pels ver­misst. Man er­kun­digt sich brief­lich und mit ei­nem Rot­käpp­chen-Korb be­stehend aus zwei Li­ter­fla­schen Ro­ten, ei­ne Groß­packung Küm­mer­ling, zehn War­stei­ner, ei­ne Büch­se Rind­fleisch im ei­ge­nen Saft, Aspi­rin nach dem Wohl­be­fin­den. So zärt­lich klingt das Mill­jöh.

Das al­les wird in ho­hem Tem­po im schnodd­rig-iro­ni­schen Stil ir­gend­wo zwi­schen Sven Re­ge­ner und Charles Bu­kow­ski er­zählt. Ins­be­son­de­re der Be­ginn mit der Dar­stel­lung ei­ner Ter­ri in sechs Ver­sio­nen (Rotz­gö­re, Schlam­pe, Lu­der, kat­zen­haft Be­ob­ach­ten­de, Haus­frau und Hand­wer­ke­rin und Schla­fen­de) ist pla­stisch und mit­rei­ßend, we­der pein­lich noch ob­szön, ob­wohl durch­aus def­tig und mit ent­spre­chend ru­sti­ka­lem Vo­ka­bu­lar er­zählt.

Reen greift zu ei­nem er­zäh­le­ri­schen Trick: Ins­be­son­de­re zu Be­ginn (spä­ter sel­te­ner) wech­seln die Er­zähl­po­si­tio­nen der ein­zel­nen Ka­pi­tel ab. Es be­ginnt mit dem Ich-Er­zäh­ler Korn­blum. Über die Er­eig­nis­se, die ihm zwang­läu­fig un­be­kannt sein müs­sen, wird ein aukt­oria­ler Er­zäh­ler be­müht. Hier er­fährt der Le­ser früh, dass Korn­blum ei­nem Ide­al an­hängt, dass es so gar nicht gibt: Bei­spiels­wei­se an dem Mor­gen, als er noch sei­nen Rausch aus­schläft, treibt sie es auf dem Weg zur Bäcke­rei mit ei­nem frem­den Mann, ei­nem Schot­ten, dem sie zu­fäl­lig auf der Stra­ße be­geg­net. Das passt zu ih­rem un­ste­ten We­sen. Ter­ri ist ei­ne Ge­trie­be­ne, die mit ih­rem vier­ein­halb­jäh­ri­gen Sohn Ju­les durch Ber­lin irr­lich­tert, fi­nan­ziert von omi­nö­sem Geld (das wird spä­ter auf­ge­klärt). So weiß der Le­ser früh mehr als der lie­bes­blö­de Korn­blum ge­wusst hat.

In die­sem Ver­fah­ren liegt auch ei­nes der Pro­ble­me des Bu­ches: bei­de Stim­men er­zäh­len im na­he­zu glei­chen Duk­tus; sie spre­chen im glei­chen derb-opu­len­ten, ge­le­gent­lich kalau­ernden Knei­pen­jar­gon. Ein aukt­oria­ler Er­zäh­ler müss­te in ei­nem deut­lich an­de­ren Ton spre­chen als ein Ich-Er­zäh­ler, schon, um nicht ei­ne Gleich­för­mig­keit beim Le­ser zu er­zeu­gen, der beim er­sten Mal nur zu­fäl­lig den Per­spek­tiv­wech­sel be­merkt.

Das Fall­beil ‘Bor­der­line’

In­ter­es­sant wä­re es ge­we­sen, wenn Sten Reen Ter­ri als zwei­te Ich-Er­zäh­le­rin ein­ge­führt hät­te. Al­ler­dings fällt nach ziem­lich ge­nau ei­nem Drit­tel des Ro­mans das Wort »Border­line« in Be­zug auf Ter­ris Ver­hal­ten wie ein Fall­beil auf die Prot­ago­ni­sten nie­der. So­mit dürf­te sich ei­ne halb­wegs kon­zi­se Er­zähl­hal­tung ei­ner der­art Ge­zeich­ne­ten sehr schwer rea­li­sie­ren las­sen. Da der Ro­man je­doch im Prä­ter­itum er­zählt wird und Korn­blum beim Er­zäh­len al­le Kennt­nis hat, ist der Per­spek­tiv­wech­sel zu ei­nem aukt­oria­len Er­zäh­ler nicht ein­zu­se­hen, zu­mal die­ser nicht aus­rei­chend vom Ich-Er­zäh­ler ab­grenzt. Hin­zu kommt noch, dass der Le­ser ei­nen In­for­ma­ti­ons­vor­sprung er­hält, den er in die­sem Fall viel­leicht gar nicht möch­te.

So sieht man Korn­blum in die Ka­ta­stro­phe hin­ein­schlit­tern. Nach fünf Wo­chen wird zum er­sten Mal das Pul­ver knapp, aber es kommt zur »Ver­lo­bungs­fei­er«. Die­se ge­lingt als stim­mungs­vol­les Fest mit ei­nem wah­ren Gang­bang der Grü­ße, Wün­sche, Küs­se, quet­schen­den Um­ar­mun­gen, wird dann plötz­lich aber fast wört­lich ge­sprengt, als Ter­ris »Ex« Han­nes, der Va­ter von Ju­les, auf­taucht. Je­der prü­gelt sich schließ­lich mit je­dem (wie in ei­nem Bud Spencer/Terence Hill-Film) und Ter­ri macht sich aus dem Staub. Der Le­ser reibt sich kurz dar­auf die Au­gen, aber es ist kei­ne Rück­blen­de, die ihm da er­zählt wird: Ter­ri schläft mit Han­nes – und das im Nach­klapp der Ver­lo­bungs­fei­er mit Ro­bert.

Die­se Af­fä­re lässt sich nicht ver­heim­li­chen. Aber die­ser Ro­bert hat ein gro­ßes Herz; sei­ne Ver­liebt­heit (und Geil­heit) ist im­mens. Er ver­zeiht ihr, ver­klärt Ter­ris Aus­rei­ßer als Schluss­akt der Hy­gie­ne, igno­riert den The­ra­peu­ten-Be­fund, dass sie ei­ne Art Pend­le­rin zwi­schen zwei Män­ner­ty­pen ist und ver­traut auch an­son­sten ger­ne Glücks­keks-Wei­s­hei­ten. Bei­de fah­ren nach Rü­gen zu Ter­ris Freun­din Jac­que­line Vogt, die ein klei­nes Ho­tel be­treibt. An­fäng­lich wäh­nen sich die bei­den in ih­rem not­dürf­ti­gen Cam­ping­bus wie im Pa­ra­dies und verwilderten…wie im Zeit­raf­fer. Aber auch hier zer­bricht die Idyl­le; Ter­ri ist die Über­für­sor­ge Korn­bl­ums satt und emp­fin­det die Ak­zep­tanz von Ju­les ihm ge­gen­über (er, Ju­les, will ihn, Korn­blum, als Gu­te-Nacht-Er­zäh­ler) als per­sön­li­che Krän­kung. Sie wird wü­tend und be­schimpft Korn­blum.

Des­wei­te­ren muss er sich auch noch Avan­cen ei­nes weib­li­chen Ho­tel­ga­stes er­weh­ren, was Ter­ri noch zu­sätz­lich ei­fer­süch­tig macht. Schließ­lich treibt sie es mit Vogt, ob­wohl die­se auf dem Weg war ei­ne ein­sa­me, un­ge­fick­te, al­te Schab­racke zu wer­den. Wie­der steht die Be­zie­hung vor dem Bruch, Korn­blum ist schon weg­ge­fah­ren, aber im letz­ten Mo­ment rau­fen sich die bei­den zu­sam­men und wie Reen das be­schreibt ist gro­ßes Ki­no, wie über­haupt ge­le­gent­lich Da­vid Lynchs »Wild at He­art« und die­se künst­lich-kleb­ri­ge Lie­bes­ge­schich­te der bei­den durch­ge­knall­ten Sail­or und Lu­la durch­schim­mert, wo­bei meist der Kitsch ge­bannt bleibt, manch­mal je­doch nur auf­grund der pom­pös in­sze­nier­ten, ge­le­gent­lich an­stren­gen­den und an­ge­strengt wir­ken­den Wort­as­so­zia­ti­ons­spiel­chen.

Zu­rück in Ber­lin fin­den sie ei­ne Woh­nung und rich­ten die­se ter­ri-ge­mäß ein. Sie blüht auf, hat ei­ne Auf­ga­be in­dem sie sich dem Pro­jekt LEBENSKUNST wid­met; be­fin­det sich im mes­sia­ni­schen Hoch: Sie und Ro­bert fo­to­gra­fie­ren mög­lichst au­then­tisch ih­re Freun­de und möch­ten die­se Bil­der dann aus­stel­len (ein äs­the­ti­sches »Pro­gramm« gibt es nicht). Tat­sächlich fin­det sich nach vie­lem Su­chen Ro­berts Zahn­ärz­tin Fran­ka (ei­ne Ehe­ma­li­ge?), die auch ein biss­chen durch­ge­knallt und den­noch (oder ge­ra­de des­we­gen) ei­ni­ge Pro­mis als Pa­ti­en­ten hat (Milch­kaf­fe­säu­fer nennt sie Korn­blum) und die Aus­stel­lung schließ­lich in ih­rer Pra­xis aus­rich­tet.

»Kopf­schnup­fen«

Aber auch die­se Ar­beit Ter­ris läuft nicht oh­ne Pro­ble­me. Sie be­trügt Ro­bert im­mer wie­der, oft mehr­mals am Tag und ver­führt so­gar Hau­ke, was sie spä­ter je nach Stim­mung mit gro­ßem Tri­umph oder un­end­li­cher Scham be­rührt. Die Er­öff­nung der sozial­porno­grafische[n] Aus­stel­lung scheint dann fast wi­der Er­war­ten ein vol­ler Er­folg zu wer­den, aber es kommt aber­mals zu ei­ner def­ti­gen Prü­ge­lei. Et­li­che Teil­neh­mer fin­den sich im Kran­ken­haus wie­der und Ro­bert und Ter­ri ler­nen Frau Dr. Ben­net­ter (Ro­bert macho­haft: weib­lich und brun­nen­tief) ken­nen, die sich mit Bor­der­line-Pa­ti­en­ten aus­kennt und Ter­ri zu ei­nem Kli­nik­auf­ent­halt über­re­det.

Spä­te­stens als Bor­der­line am En­de des zwei­ten Drit­tels als ma­ni­fe­stes, be­droh­li­ches Krank­heits­bild auf­taucht, wird Ter­ri vom Au­tor, den Prot­ago­ni­sten und vom Le­ser pa­tho­lo­gi­siert. Noch am schön­sten ist die Be­zeich­nung, die Ju­les ge­fun­den hat: Kopf­schnupfen. Der Er­wach­se­ne be­kommt die Ge­wiss­heit ei­ner all­gül­ti­gen Dia­gno­se: Dass sich Ter­ri von Ro­bert ei­ner­seits zu sehr be­mut­tert und so­gar re­gle­men­tiert, an­de­rer­seits je­doch nicht aus­rei­chend re­spek­tiert fühlt, ih­re la­ten­te Pro­mis­kui­tät (von der Ro­bert kei­ne Ah­nung hat), die Sauf­ein­la­gen, Be­lei­di­gungs­läu­fe und (ge­gen­sei­ti­gen) Rau­fe­rei­en – al­les wird von Ro­bert und Hau­ke fein säu­ber­lich no­tiert und als Be­stand­tei­le der Persönlich­keitsstörung sub­su­miert. Das be­kommt strecken­wei­se ei­nen leicht un­an­ge­neh­men, päd­ago­gi­schen Zei­ge­fin­ger-Un­ter­ton, als woll­te uns der Au­tor ne­ben­bei ein biss­chen »auf­klä­ren« und sei­nen Ro­man mit Be­deu­tung auf­la­den. Es über­rascht dann nicht mehr, dass der Ar­beits­ti­tel »Bor­der­line. Lie­be als Kamp­fer­klä­rung« war, wie man bei »Face­book« nach­le­sen kann.

Ter­ri bricht die The­ra­pie ab; sie fühlt sich nach kur­zer Zeit wie­der stark. Den­noch er­langt sie nur ei­nen Zu­stand der stabile[n] In­sta­bi­li­tät. Ro­bert über­schätzt sei­ne the­ra­peu­ti­schen Fä­hig­kei­ten, glaubt mit sei­ner Lie­be und viel Ver­ständ­nis al­les hei­len zu kön­nen. Die Aus­sicht auf das Fa­mi­li­en­idyll mit Hund und Kind ver­ne­belt ihm die kla­re Sicht. Die Aus­nah­me­zu­stän­de (Ter­ri hat dann im­mer das Ge­fühl, dass sie stark schwitzt und stinkt; Reen be­schreibt die­sen Zu­stand sehr schön) wech­seln im­mer schnel­ler mit den Ver­söhnungen. Je­de Milch ver­füg­te über sta­bi­le­re Halt­bar­keits­da­ten. Im Ge­spräch mit Han­nes kommt Ro­bert auf die Spur für die ver­meint­li­che Ur­sa­che ih­rer »Persönlichkeits­störung«. Han­nes er­zählt aus Ter­ris Kind­heit. Sie ist die Toch­ter ei­ner Pro­sti­tu­ier­ten und ei­nes Rot­licht­bos­ses. Die Mut­ter trennt sich von Ter­ris Va­ter als die­se ein Kind ist und hei­ra­tet ei­nen an­de­ren Mann in der hes­si­schen Pro­vinz. Der Stief­va­ter, Horst Jan­sen, ist an­fangs rüh­rend be­sorgt. Ab dem 12. Le­bens­jahr wird sie je­doch für min­de­stens vier Jah­re von ihm sy­ste­ma­tisch und re­gel­mä­ßig se­xu­ell miss­braucht. Als sie es ih­rer Mut­ter er­zählt, er­fährt sie schrof­fe Ab­leh­nung und Un­ver­ständ­nis.

Gro­ße Wut bei Ro­bert. Gleich­zei­tig tre­ten die Ver­wir­run­gen, Tren­nun­gen und Es­ka­pa­den in noch schnel­le­ren Rhyth­men auf. Ein­mal »be­freit« Ro­bert die un­ter Al­ko­hol und Koks ste­hen­de Ter­ri aus ei­nem Sex­club, in dem sie sich von vier Män­nern gleich­zei­tig pene­trieren lässt. Fast wie Er­trin­ken­de be­schlie­ßen die bei­den dann an ei­nen Plan, der das Bö­se für im­mer und ewig be­sei­ti­gen soll. Ih­re Aus­rü­stung mu­tet skur­ril an: 2750 Eu­ro, ei­nen Packen Bil­der, ei­ne Fo­to­aus­rü­stung und ein Trom­mel­re­vol­ver – Ver­mächt­nis des »rich­ti­gen« Va­ters; für den Not­fall.

Road Mo­vie in den Ex­or­zis­mus

Kurz be­vor die bei­den zu ih­rem Bon­ny-und-Cly­de-haf­ten Road-Mo­vie von Ber­lin ins Hes­si­sche auf­bre­chen gibt es die an­rüh­rend­ste Sze­ne im Buch, ei­nes der sel­te­nen kon­tem­pla­ti­ven Mo­men­te:

Sie leg­te sich wie­der an mich und ich gab auf. Lie­gen und lie­gen las­sen ka­lau­er­te mein Hirn. Al­le mei­ne le­bens­er­hal­ten­den Sy­ste­me fuh­ren her­un­ter. Ich lag da, so matt und oh­ne Au­ßen­rand, als wür­de ich mich auf­lö­sen und in die Ma­trat­ze sup­pen. Sie strei­chel­te mich. Lang­sam. Fast nach­läs­sig. Mu­sik setz­te ein. […] Ei­ne Oboe, et­wa drei Stock­wer­ke über uns. Ein Kön­ner. Kei­ne ner­vi­gen Ton­lei­tern, kein Weg­quiet­schen und Neu­an­set­zen. Lag es an uns oder lag es an ihm? Muss­te man sich erst ein­mal die See­le aus dem leib ge­dro­schen ha­ben, erst rest­los leer sein, um Mu­sik hö­ren zu kön­nen?

Tö­ne oh­ne Gra­vi­ta­ti­on. Abend­him­mel im Fen­ster, Ker­zen um ihn, ein Glas Wein – so, ge­nau so glücks­wehmü­tig muss­te er da oben sit­zen. So spiel­te er. Die gan­ze Welt war ver­sickert und er füll­te sie neu auf. Die­se wei­chen, ge­dul­di­gen Tö­ne, Ter­ris Hän­de (hei­len­de Hän­de plötz­lich) – mir schien, als wenn das gan­ze Haus wie ein ein­zi­ger Kör­per still wur­de und mit uns lausch­te.
[…]
Wir woll­ten nichts Hy­ste­ri­sches, wir woll­ten ihr nur hel­fen, der Oboe. So­lan­ge wir auf ih­re Si­gna­le ant­wor­te­ten, konn­te, durf­te sie nicht auf­hö­ren. Und wir hal­fen ein­an­der die­sen schwer­mü­ti­gen Un­ter­ton zu hal­ten, die Zärt­lich­keit. Wie lan­ge spiel­te er? Viel­leicht ei­ne Stun­de?

Als es vor­bei war, tat es ein we­nig weh. Wir lausch­ten noch ein paar Se­kunden ins Lee­re und seufz­ten ge­mein­sam auf. Ter­ri sah mich an, sie hat­te Trä­nen in den Au­gen und lä­chel­te. […] Die­se Stun­de war wahr­schein­lich die ein­zi­ge, in der wir uns tat­säch­lich ge­liebt hat­ten. Rich­tig ge­liebt, kei­ner mehr, kei­ner we­ni­ger als der an­de­re.

Als Kon­trast da­zu en­det die Sze­ne mit dem üb­li­chen Ge­ram­mel und dem merk­wür­dig re­si­gnie­ren­den Satz Was soll­ten wir sonst tun, wir wuss­ten es nicht bes­ser.

Die me­lan­cho­li­schen Ab­schieds­pas­sa­gen zu Be­ginn der Fahrt sug­ge­rie­ren dem Le­ser, dass man den Stief­va­ter er­mor­den will. Man kommt un­ter bei Üw­chen, ei­nem (pla­to­ni­schen) Ju­gend­freund Ter­ris und lau­ert mit der Fo­to­aus­rü­stung dem Stief­va­ter auf (sie ist ent­setzt, wie alt er jetzt aus­sieht). Die bei­den ver­schicken De­nun­zia­ti­ons­brie­fe und kle­ben Pla­kate, in de­nen sie Jan­sen als Kin­der­schän­der im gan­zen Dorf bloß­stel­len. Das mu­tet an wie ein Ex­or­zis­mus, mit dem die bei­den den bö­sen Geist aus Ter­ri aus­trei­ben wol­len, in dem man die Öf­fent­lich­keit auf­klärt und da­mit am ei­ge­nen Schick­sal teil­ha­ben lässt. Der Schluss ist fu­ri­os, über­ra­schend und ver­stö­rend und soll hier nicht ver­ra­ten wer­den.

Auf und ab

Wun­der­bar zärt­lich er­zählt sind die Pas­sa­gen über Ju­les, Ter­ris Sohn (er ist am En­de des Bu­ches sechs Jah­re alt), die ei­ne gro­ße Kön­ner­schaft des Au­tors er­ken­nen las­sen. Ro­bert liebt die­ses Kind ab­göt­tisch und der et­was alt­klu­ge Bur­sche ge­winnt in den Er­zäh­lun­gen und Epi­so­den tat­säch­lich auch das Herz des Le­sers.

Korn­blum sel­ber er­scheint als groß­mü­ti­ger, rüh­ri­ger Ber­ser­ker; ein biss­chen trot­te­lig (da­her pas­sen die bil­dungs­bür­ger­li­chen An­spie­lun­gen in Be­zug auf Li­te­ra­tur nicht so gut; in min­de­stens ei­nem Fall liegt Ro­bert auch falsch). Sei­ne Lie­be ist so stark, dass er die Be­leidigungen und De­mü­ti­gun­gen bis zum En­de weg­steckt. Man fragt sich ir­gend­wann all­erdings, war­um das Buch nach ihm be­nannt ist und nicht »Ter­ri« heißt, da sie über wei­te Strecken die hand­lungs­be­stim­men­de Fi­gur ist (das En­de legt die Ant­wort dann na­he). Vie­le an­de­re Fi­gu­ren (auch aus der Knei­pen­idyl­le) blei­ben arg sche­men­haft, auch wenn sie ka­pi­tel­wei­se durch­aus phy­si­sche Prä­senz ha­ben. Sie blei­ben den­noch nur Ku­lis­se.

Lei­der büßt das Buch durch die Mo­tiv­set­zun­gen »Bor­der­line« und »Miß­brauch« gro­ße Tei­le sei­nes herb-wil­den Charmes ein, da von nun an das Käst­chen­den­ken be­ginnt. Der Le­ser kann die­se Dia­gno­sen nicht mehr ab­schüt­teln; je­de Ver­hal­tens­wei­se wird da­durch ir­gend­wie er­klärt, und am En­de so­gar gou­tiert. Die selbst­ge­plan­te und exe­ku­tier­te Ra­che am Stief­va­ter be­kommt den Rit­ter­schlag der gu­ten Tat, die se­xu­el­len Ex­zes­se Ter­ris nimmt man nach­her als so selbst­ver­ständ­lich zur Kennt­nis wie ein Abend­essen.

Es gibt auch ei­ni­ge klei­ne­re Un­ge­reimt­hei­ten, wie zum Bei­spiel die fi­nan­zi­el­le Si­tua­ti­on Korn­bl­ums, die mal als hoch­ver­schul­det dar­ge­stellt wird (Ge­richts­voll­zie­her in Sechser­reihen vor der Tür wer­den da an­ge­kün­digt), dann je­doch über wei­te Strecken gar kei­ne Rol­le spielt und man sich fragt, wo­mit die bei­den das al­les be­zah­len. Den­noch ist »Korn­blum« ein fu­rio­ses Buch. Es ist sprach­lich vie­len an­de­ren au­then­ti­zi­täts-si­mul­ie­ren­den Ro­ma­nen der ak­tu­el­len deut­schen Ge­gen­warts­li­te­ra­tur über­le­gen. Sten Reen ist ein plot-ori­en­tier­ter Er­zäh­ler und im­mer wie­der setzt es über­ra­schen­de Wen­dun­gen. Der Er­zähl­sound wird über die ge­sam­ten 500 Sei­ten des Ro­mans durch­ge­hal­ten. Das ver­langt vom Le­ser Durch­hal­te­ver­mö­gen. Zwi­schen­zeit­lich ist ei­nem die­ses fort­lau­fend ma­ni­riert-iro­ni­sie­ren­de Wort­ge­wit­ter durch­aus schon mal zu viel. Die letz­ten ein­hun­dert Sei­ten liest man dann wie­der wie in ei­nem Rausch.

Es ist zu be­fürch­ten, dass »Korn­blum« ir­gend­wann ver­filmt wird. Viel­leicht mit San­dra Spei­chert oder Fran­ka Po­ten­te als Ter­ri (oder Alex­an­dra Ma­ria La­ra?) und Det­lev Buck (na­tür­lich!) als Korn­blum. Aber das spricht ja nicht ge­gen das Buch.

Ach ja: Ich freue mich jetzt schon auf Sten Reens zwei­ten Ro­man.


Die kur­siv ge­setz­ten Pas­sa­gen sind Zi­ta­te aus dem be­spro­che­nen Buch.

15 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Nach die­ser Be­spre­chung be­daue­re ich es, dass mei­ne Le­se­li­ste doch schon zu lang ist, als dass die­ser Ti­tel noch hin­zu­ge­fuegt wer­den koenn­te. – Aber so scheint es nicht zu un­recht, dass in ei­ni­gen Kom­men­ta­ren, die ich ir­gend­wo las, die­ses Buch emp­foh­len wur­de. – Und jetzt weiss ich auch et­was dif­fe­ren­zier­ter war­um. Vie­len Dank!

  2. Ir­gend­wie scha­de, denn Sie wer­den ver­mut­lich nie die­sen Schluss le­sen...

    (Na­tür­lich: Vol­les Ver­ständ­nis für be­grenz­te Res­sour­cen.)

  3. Ich mel­de mich ein we­nig spät, Ih­re Buch­vor­stel­lung steht ja schon ei­ni­ge Ta­ge on­line. Aber ir­gend­wie ha­be ich auf ei­ne grö­ße­re Re­so­nanz ge­war­tet, denn es ist Ih­nen wie­der ge­lun­gen, mit „Korn­blum“ dem in­ter­es­sier­ten Le­ser ak­tu­el­le deutsch­spra­chi­ge Li­te­ra­tur zu prä­sen­tie­ren.

    Ich weiß si­cher, die­ses Buch wer­de ich im Som­mer­ur­laub le­sen ( ei­gent­lich viel lie­ber frü­her, aber die 500 Sei­ten schrecken ein we­nig ab, im „nor­ma­len“ All­tag lässt es sich kaum ein­bau­en. Das ha­be ich mit Plesch­inskis Ro­man erst kürz­lich wie­der fest­stel­len müs­sen).
    Bin wirk­lich auf Ih­re näch­ste Re­zen­si­on neu­gie­rig, Sie span­nen ei­nen Bo­gen, der ist wirk­lich be­acht­lich.
    ( Ein so schö­ner Link: »Wenn ich groß bin, dann will ich auch Spie­ßer wer­den« :) )

  4. Wo soll die Re­so­nanz her­kom­men? (1.) ist das Buch re­la­tiv neu, (2.) wird es nicht ge­hypt und (3.) hat die­ser Blog nur sehr we­ni­ge Le­ser. In­so­fern bin ich schon mit zwei Kom­men­ta­ren gut be­dient.

  5. Ha­be im Netz ei­gent­lich um die­se Uhr­zeit nichts zu su­chen, es liegt viel Ar­beit auf an­de­ren Bau­stel­len an.
    Nur flugs ein Vi­deo­link rü­ber­ge­schickt, es kommt ge­gen das Spie­ßer­vi­deo nicht an, aber in der 33. Se­kun­de löst es ein Grin­sen aus. John West is the best oder ...

    zu (1):stimmt
    zu (2): stimmt auch
    zu (3): kann ich nicht be­ur­tei­len, ken­ne die Le­ser­sta­ti­stik nicht
    „In­so­fern bin ich schon mit zwei Kom­men­ta­ren gut be­dient.“
    No ja, ...
    ... o.k., ich ver­wei­se auf den obi­gen Link.

  6. In der Tat..
    scheint es in den Feuil­le­tons noch kei­ne Be­spre­chung ge­ge­ben zu ha­ben (von der ein­ma­li­gen Er­waeh­nung hat­te ich faelsch­li­cher­wei­se zu ei­ner groe­sse­ren Be­kann­heit ex­tra­po­liert). Statt­des­sen ar­bei­tet man sich jetzt wie­der an ir­gend­ei­nem Schlues­sel­ro­man ueber Suhr­kamp ab, und raeumt die­sem schon vor Er­schei­nen ge­wal­tig Platz ein, i n d e m man sich dar­ueber be­schwert, dass dies nicht ge­sche­hen soll­te.. und es oben­hin der Ro­man ver­mut­lich gar nicht Wert wae­re – Trotz­dem laeuft die Ma­schi­ne­rie der pro­phy­lak­ti­schen Skan­dal­be­schwe­rer ( – schon wie­der? – viel­leicht soll­te ich mal ei­ne Sta­ti­stik fueh­ren, wie vie­le der Bei­trae­ge, in so ei­ner Sa­che sich ueber den [dann manch­mal noch nicht ein­mal statt­ge­fun­de­nen] Skan­dal echauf­fie­ren und ihn dann so for­cie­ren..) –

    Igno­rie­ren ist doch ei­ne Kunst (die ich hier auch haet­te an­wen­den sol­len, denn so ha­be ich die­sem Aer­ger­nis, auch schon wie­der zu­viel Zei­len ge­wid­met – aber ich bin froh, dass es das hier nicht gibt, und auch Be­spre­chun­gen von klei­ne­ren Bue­chern ab­seits – ge­ra­de im Ver­gleich mit dem oben er­waehn­ten Noch-Nicht-Skan­dal kommt man sich doch auf Ih­rem Blog vor wie auf ei­ner In­sel der ru­hi­gen, ge­las­se­nen Ver­nuenf­tig­keit.. oder gar Zu­rech­nungs­fae­hig­keit?)

  7. Na­ja, über He­ge­mann hat­te ich ja auch ei­ni­ges ge­schrie­ben, wo­bei mir der Skan­dal we­ni­ger bei den Ab­schrei­be­kün­sten der Da­me lag, son­dern bei der all­zu wohl­wol­len­den Hal­tung di­ver­ser Feuil­le­to­ni­sten, die sich als Wer­be­bot­schaf­ter exkul­pier­ten.

    Was da jetzt ge­gen Frau Un­seld-Ber­ké­wicz ab­lau­fen soll, ist schon er­bärm­lich. Da schreibt ein aus­ge­brann­ter Au­tor ei­nen Schlüs­sel­ro­man (den wo­mög­lich nie­mand kennt), um je­man­den zu dis­kre­di­tie­ren, der ei­nem nicht passt. (Es geht wohl auch um das Buch »Üb­er­leb­nis« – was mich üb­ri­gens be­ein­druckt hat­te.) Un­ver­ständ­lich, dass der Han­ser-Ver­lag (vul­go Mi­cha­el Krü­ger) so et­was in­sze­niert. Ekel­haft.

    Das al­les ist na­tür­lich ein­fa­cher, als sich mit Li­te­ra­tur zu be­schäf­ti­gen.

  8. Nicht Wie­der­auf­rueh­ren..
    woll­te ich die­ses un­wuer­di­gen The­ma (He­ge­mann), aber ich schnei­de es na­tuer­lich wie­der an. – Die Auf­merk­sam­keits- oder Er­re­gungs­struk­tu­ren von Oef­fent­lich­keit fin­de ich sehr ver­driess­lich – als ich zu He­ge­mann doch recht viel ge­le­sen ha­be kam ich mir vor wie ein Vouy­eur a la Bild. (Ich fand hin­ge­gen die Sebst­re­fe­ren­tia­li­taet schon kleb­rig – der Um­blaet­te­rer lobt die­se ja ge­ra­de, und das mag ich auch ver­ste­hen, wenn da ein Ge­flecht er­zeugt wird, des­sen Re­zi­pier-Ge­nuss ge­ra­de in dem Ver­ste­hen der auf­ge­stell­ten Be­zue­ge be­steht -.. aber so ist es doch manch­mal auch ein bunt­miss­toe­nen­des Ka­rus­sel, das um sich selbst dreht und von dem ich mir fast ge­wuenscht haet­te, man haet­te das schmud­de­li­ge Ding in ir­gend­ei­ner Ecke wei­ter ro­tie­ren las­sen).

    Geht es al­so dar­um: Auf­merk­sam­keit zu be­kom­men, in Zei­tung und Blog. Und da­zu muss man ei­nen Nerv tref­fen, sich dem Zeit­geist an­bie­dern, um ueber­haupt noch ein Stueck vom Oef­fent­lich­keits­ku­chen ab­zu­be­kom­men, vom knap­pen Gut der Zeit sei­ner Le­ser ? -

  9. reen
    ich glau­be, reen hat den nach­teil, daß er nicht so sty­lish wie ju­dith her­mann oder sven re­ge­ner da­her­kommt – son­dern dem le­ser ein­fach ei­ne span­nen­de ge­schich­te er­zählt.

    das ist für das feuil­le­ton ver­mut­lich »ba­stei-lüb­be«, statt li­te­ra­risch-wert­vol­les re­zen­si­ons­fut­ter.

    gut er­zählt ...
    nein, das ist strand!
    und au­ßer­dem: wer ist denn das? reen? kei­ne vi­ta? ein ber­li­ner pyn­chon? oder doch nur ein hob­by­bast­ler?

    ich wün­sche dem ro­man den er­folg, wel­chen er ver­dient – ob mit oder oh­ne interesse/goutierung der li­te­ra­tur­kri­tik.

  10. @soul
    Mit Her­mann hat Reen nun gar nichts zu tun; mit Re­ge­ner schon eher. Kei­ne Ah­nung, war­um das Feuil­le­ton kei­ne No­tiz da­von nimmt. Die Cha­rak­ter­sie­rung »Strand« ge­fällt mir sehr gut.

    Vi­ta hat er na­tür­lich – aber eher ei­ne sei­nes Al­ter ego Korn­blum. Das ist ver­mut­lich auch nicht so prickelnd für die Mei­nungs­ma­cher.

    (Ich ha­be nichts ge­gen »Hob­by­bast­ler« – für mich zählt nur das Re­sul­tat.)

  11. ich ha­be mir das buch nach ih­rer be­spre­chung hier ge­kauft, es lag ei­ni­ge ta­ge, ich las es in der u‑bahn an, hat nicht funk­tio­niert weil es vol­le auf­merk­sam­keit for­dert. zu­min­dest mei­ne. nach ter­rys er­stem ein­satz als er­zäh­le­rin war ich so­weit, das buch in die ecke zu klop­pen. es war mir zu­viel, ich ha­be es nicht ver­stan­den. und dann ha­be ich die­se er­ste und für mich ein­zig lang­wei­li­ge, trotz al­ler kon­fu­si­tät, aber viel­leicht auch einführende/weiterleitende (fast wie be­loh­nung fürs durch­hal­ten) strecke ge­schafft und war froh, wei­ter­zu­le­sen. ich dach­te zwi­schen­durch, der mann muss doch ei­ne frau sein. und, der muss doch durch je­des loch schon selbst ge­kro­chen sein. sonst geht das al­les gar nicht. ein tol­les buch. ein groß­ar­ti­ges en­de. dan­ke für ih­re emp­feh­lung.

    und schön, dass es ihr blog gibt. ganz ehr­lich.

  12. Soul (Nr.9) hat,ohne es zu mer­ken, das Pseud­onym entarnt.Wer War´s? Er­set­ze ein t durch ein v,nehme ein g und ner weg und schon er­scheint ein alt­be­kann­ter »sty­li­scher« Au­tor.
    Keu­sch­nig hat recht:es ist schon erstaunlich,daß die deut­sche Li­te­ra­tur­kri­tik kei­ner­lei Lust verspürte,den Au­tor zu ent­tar­nen.

  13. Merk­wür­dig: Das Ge­burts­jahr bei­der ge­nann­ten Au­toren stimmt wohl über­ein ( ) – und im Taz-Blog for­der­te auch schon je­mand Sven Re­ge­ner sol­le doch end­lich mit sei­nem Buch »Korn­blum« auf Tour­nee ge­hen,.. oder (ein an­de­rer?) es sei bes­ser als al­le an­de­ren Ro­ma­ne von ihm. Die Ta­ges­spie­gel-Re­zen­si­on von Korn­blum star­tet mit dem Re­ge­ner-Ver­gleich ( http://www.tagesspiegel.de/kultur/die-ohnmacht-des-engels/1863438.html ).
    (Et­was fru­strie­rend, nun würd’ ich’s ja auch gern wis­sen – wie es an­de­re an­schei­nend wis­sen.. aber für die Bü­cher is­ses ja auch egal, die soll­te man ein­fach le­sen..)

  14. @Phorkyas
    Ich hat­te beim Ver­lag an­ge­fragt und auch prompt ei­ne Ant­wort be­kom­men. Man be­stä­tig­te mir, dass es sich bei »Sten Reen« um ein Pseud­onym han­delt. »Al­les wei­te­re« woll­te man »un­kom­men­tiert las­sen«. Ich neh­me das als Zu­stim­mung.

    Wo­mit sich dann wie­der zeigt, wie sehr doch der Li­te­ra­tur­be­trieb auf Na­men fi­xiert ist. Wä­re die­ses Buch näm­lich un­ter Re­ge­ners Na­men er­schie­nen, wä­re die Auf­merk­sam­keit un­gleich grö­ßer ge­we­sen. Die Re­zen­sen­tin des »Ta­ges­spie­gel« ist ja der­art hin­ge­ris­sen von der Mög­lich­keit, dass es sich um Re­ge­ner han­deln könn­te, dass sie fast ver­gißt, das ei­gent­li­che Buch zu be­spre­chen. Zur Si­cher­heit wur­de der Ar­ti­kel dann aber mit »De­büt­ro­man« über­schrie­ben.

    (»De­büt­ro­man« – auch wie­der so ei­ne blöd­sin­ni­ge Ru­brik. Wer weiß das schon? In­dem ich vom »zwei­ten Buch« spre­che, dass ich von Sten Reen le­sen möch­te, ha­be ich auch noch die­se Ka­te­go­rie über­nom­men. Schan­de über mich.)