Pos­sen­spie­le

»Ich bin psy­chisch sta­bil«, sagt die Schrift­stel­le­rin Mi­chel­le Stein­beck in ei­nem In­ter­view mit dem Schwei­zer »Ta­ges­an­zei­ger«. Ein merk­wür­di­ges State­ment, aber es ist fast schon er­zwun­gen, da die Hil­de Ben­ja­min der deut­schen Li­te­ra­tur­kri­tik, El­ke Hei­den­reich, wie­der ein­mal ei­nen ih­rer Aus­set­zer hat­te und im letz­ten »Li­te­ra­tur­club« der Au­torin ei­ne »ernst­haf­te Stö­rung« at­te­stier­te – und dies ein­zig al­lei­ne, weil ihr, Hei­den­reich, das Buch von Stein­beck (»Mein Va­ter war ein Mann an Land und im Was­ser ein Wal­fisch«) nicht ge­fällt.

Hei­den­reich ent­wicke­le sich zu ei­ner Hy­po­thek für den »Li­te­ra­tur­club« stell­te dann auch Gui­do Kal­be­rer im »Ta­ges­an­zei­ger« fest. Die Li­ste der Hei­den­reich-Es­ka­pa­den sind längst Le­gi­on. Aus Grün­den, die nicht nach­voll­zieh­bar sind, steht und stand die Re­dak­ti­on zu ihr. Als sie mit Ste­fan Zwei­fel an­ein­an­der­ge­riet, weil sie ein fal­sches Zi­tat ver­wen­de­te, muss­te nicht sie ge­hen, son­dern Zwei­fel. Die Gran­dez­za, mit der sie neu­lich die­sen Vor­gang ver­dreh­te, muss man erst ein­mal nach­ma­chen.

All­ge­mein wur­de das State­ment von Stein­beck als be­son­nen und rich­tig be­zeich­net. Die Un­ge­heu­er­lich­keit die­ses Vor­gangs an sich ist da­bei ir­gend­wie un­ter die Rä­der ge­kommen: Müs­sen dem­nächst Schrift­stel­le­rIn­nen auf Mut­ma­ssun­gen von so­ge­nann­ten Kri­ti­kern mit ärzt­li­chen At­te­sten re­agie­ren? Wei­ter ge­spon­nen: Muss ein Kri­mi­nal­ro­man-Au­tor dem­nächst pro­phy­lak­tisch ein po­li­zei­li­ches Füh­rungs­zeug­nis vor­le­gen, das er/sie nicht sel­ber ge­mor­det hat?

Na­tür­lich stell­te man schnell fest, dass Hei­den­reich Werk und Au­torin nicht hin­rei­chend ge­trennt hat­te. Ge­schenkt. Die­se Tren­nung fin­det im per­so­na­li­sier­ten Feuil­le­ton kaum noch statt. Die Le­bens­läu­fe der Au­toren wer­den in der Re­gel so lan­ge ab­ge­klopft, bis sich au­to­bio­gra­phi­sche Par­al­le­len aus dem Buch her­aus­le­sen las­sen. Dann wird oft ge­nug pars pro to­to ge­schlos­sen. Die­ses Ver­fah­ren ent­la­stet von »um­ständ­li­chen« li­te­ra­ri­schen Ana­ly­sen.

Dar­an ist nicht nur die Li­te­ra­tur­kri­tik Schuld. Das Mar­ke­ting der Ver­la­ge setzt vor al­lem auf die Per­son des Au­tors, der Au­torin. Bei Neu­erschei­nun­gen lie­fern sich Me­di­en oft ge­nug ei­nen Wett­be­werb um In­ter­views, die dann häu­fig ge­nug in Ba­na­li­tä­ten ab­rut­schen. Jür­gen Kau­be hat neu­lich in der FAZ dar­auf hin­ge­wie­sen, wie das funk­tio­niert. Er hat­te al­ler­dings ver­ges­sen zu er­wäh­nen, dass die FAZ (und auch FAS) ähn­lich ge­ar­bei­tet hat­ten und ar­bei­ten. Mit­te der 1980er Jah­re pro­gno­sti­zier­te Hans-Ma­gnus En­zens­ber­ger hell­sich­tig den Sturz des Li­te­ra­tur­kri­ti­kers hin zum Zir­ku­la­ti­ons­agen­ten.

Die Öf­fent­lich­keit wird kon­di­tio­niert auf ei­nen Gleich­klang zwi­schen Werk und Au­tor. Der Fe­tisch heißt Au­then­ti­zi­tät. Dass Kri­ti­ker hier mit­ma­chen, ist längst All­tag. Im gün­stig­sten Fall steht oder fällt ir­gend­wo noch ein­mal ein re­la­ti­vie­ren­der Satz. Aber dem Sog des Bio­gra­phis­mus kann man sich, erst ein­mal aus­ge­spro­chen, kaum mehr ent­zie­hen.

Und was, wenn ein Au­tor sei­ne psy­chi­sche Stö­rung zum Ge­gen­stand sei­nes Ro­mans macht? Das ak­tu­el­le Bei­spiel ist Tho­mas Mel­le, der sei­ne bi­po­la­re Stö­rung of­fen­siv au­to­bio­gra­phisch in ei­nem Ro­man ver­ar­bei­tet hat. Hier hät­te Hei­den­reich ei­ne psy­chi­sche Stö­rung at­te­stie­ren kön­nen, oh­ne auf den (eher ver­hal­te­nen) Wi­der­spruch der Mit­diskutanten rech­nen zu müs­sen. Spä­te­stens bei ei­nem sol­chen Buch hät­te sich ge­zeigt, wor­auf es in der Li­te­ra­tur­kri­tik wirk­lich an­kommt: Mel­les Per­son nebst der bi­po­la­ren Stö­rung kann und darf bei der Be­ur­tei­lung des li­te­ra­ri­schen Tex­tes, den er vor­ge­legt hat, kei­ne wer­ten­de Rol­le spie­len. Dass die­se Tren­nung in der Pra­xis schwie­rig ist, muss so­fort ein­ge­stan­den wer­den. Aber Li­te­ra­tur­kri­tik ist eben mehr, als in ei­ner lau­ni­gen Run­de zu sit­zen und Ge­schmacks­ur­tei­le ab­zu­ge­ben. Das kann näm­lich in­zwi­schen fast je­der.

Und da­mit kommt man wie­der zum Kern­punkt: Der Aus­schnitt, der Hei­den­reichs Faux­pax zeigt, do­ku­men­tiert näm­lich die Be­lu­sti­gung des Pu­bli­kums bei der An­häu­fung der ne­ga­ti­ven Ei­gen­schaf­ten, sie dem Buch zu­spricht. Die Wort­wahl er­in­nert an Mar­cel Reich-Ra­nicki, der in ähn­li­cher Ve­he­menz agi­tier­te; ak­tu­ell neigt Ma­xim Bil­ler im »Li­te­ra­ri­schen Quar­tett« eben­falls da­zu, wo­bei Bil­ler im­mer­hin noch nach­träg­lich ver­sucht, für sei­ne fall­beil­haf­ten Ur­tei­le Ar­gu­men­te zu fin­den. Wer den »Li­te­ra­tur­club« mit El­ke Hei­den­reich sieht, stellt re­gel­mä­ssig sol­che Pu­bli­kums­an­bie­de­run­gen fest. Wenn dann noch Phil­ipp Tin­gler zu­sam­men mit ihr auf­tritt, wird dem Af­fen (vul­go: Pu­bli­kum) rich­tig Zucker ge­ge­ben. Das Pu­bli­kum will ei­ne Show. Da­bei geht es nicht mehr um die Bü­cher. Sie sind nur Ku­lis­se. Es geht um die Dy­na­mik der Kom­mu­ni­ka­ti­on zwi­schen den Dis­ku­tan­ten. Ver­mut­lich war Frau Hei­den­reich neu­lich nur lang­wei­lig; es gab we­nig bis gar kei­ne Aus­ein­an­der­set­zung. Tin­gler fehl­te. Al­so muss­te in die Run­de ein biss­chen in Schwung ge­bracht wer­den.

Mei­ne vor ei­ni­gen Jah­ren schon ge­äu­ßer­te Be­fürch­tung, dass aus dem »Li­te­ra­tur­club« ein »Bü­cher­club« wird, in dem die Li­te­ra­tur­kri­tik kaum mehr Platz hat, son­dern nur das Ge­schmacks­ur­teil do­mi­niert, ist längst ein­ge­tre­ten. Die Dis­kus­sio­nen be­schrän­ken sich zu­meist auf in­halt­li­che An­ga­ben, Be­mer­kun­gen zum Au­tor oder krei­sen um den Plot. Zu ei­nem Ro­man von Jo­na­than Fran­zen woll­te Ni­co­la Stei­ner die Be­zie­hun­gen der Per­so­nen des Ro­mans mit Play­mo­bil­fi­gu­ren dar­stel­len.

Die Li­te­r­a­ri­zi­tät ei­nes Bu­ches spielt kaum noch ei­ne Rol­le – äs­the­ti­sche De­bat­ten wer­den ent­we­der ab­würgt oder mit Flos­keln ab­ge­fer­tigt. Wer auf Li­te­ra­tur­kri­tik pocht, wird schnell in die eli­tä­re Ecke ge­stellt. Das Wört­chen »Li­te­ra­tur« im »Li­te­ra­tur­club« dient nur noch als Schmuck. Die Li­te­ra­tur­wis­sen­schaft­ler im Team sind den In­fa­mi­en und Takt­lo­sig­kei­ten der Kra­wallan­ten lei­der nicht ge­wach­sen. Ni­co­la Stei­ner, die Mo­de­ra­to­rin, ist we­der in der La­ge noch wil­lig, ver­mit­telnd ein­zu­schrei­ten. Ver­mut­lich ist dies aber auch Teil des Kon­zepts der Sen­dung.

Das Pu­bli­kum möch­te näm­lich – so die The­se – nicht über Ge­bühr mit li­te­ra­ri­schen Fra­ge­stel­lun­gen be­lä­stigt wer­den. Das fei­xen­de La­chen, wenn die ne­ga­ti­ven At­tri­bu­te nur so pur­zeln, legt die­sen Schluss na­he. Schon dass man sich der Sen­dung wid­met (durch Be­such oder am Fern­se­her) gilt als bil­dungs­bür­ger­li­che Lei­stung. An­son­sten wünscht man Kauf­emp­feh­lun­gen und ein biss­chen Un­ter­hal­tung. Stei­ner fragt denn auch häu­fig am En­de der so­ge­nann­ten Dis­kus­si­on: »Le­sen?« Im ZDF-»Quartett« bi­lan­ziert Wei­der­mann nach Fuß­ball-Art die Pro und Con­tras. Bei De­nis Schecks Best­sel­ler-Prü­fun­gen stellt sich die Fra­ge: Ton­ne oder Sta­pel? Die Sen­dun­gen könn­te man der­art auf sech­zig Se­kun­den re­du­zie­ren. Dau­men hoch oder Dau­men run­ter – in­zwi­schen hat selbst Face­book mehr Aus­druck­mög­lich­kei­ten.

Die Li­te­ra­tur­kri­tik wer­de durch sol­che Sen­dun­gen »kor­rum­piert« und »der Ver­lu­de­rung preis­ge­ge­ben«, so Ro­man Bu­che­li in ei­ner sehr em­pha­ti­schen Re­plik. Bei al­ler Sym­pa­thie für sei­nen Text muss man ihm wi­der­spre­chen: Das, was er kri­ti­siert, ist eben kei­ne Li­te­ra­tur­kri­tik, son­dern ma­xi­mal mit­tel­klas­si­ges Pos­sen­spie­le, in­dem ei­ni­ge Schmieren­komödiantInnen so et­was wie Li­te­ra­tur­kri­tik si­mu­lie­ren (die ehr­li­chen See­len er­kennt man dar­an, dass sie ir­gend­wann re­si­gniert-schwei­gend und un­ver­stan­den in ih­rem Stuhl zu­rück­blei­ben).

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  1. Schö­ner Kom­men­tar! End­lich le­se ich ein­mal ei­nen sta­bi­len Ver­riß der Li­te­ra­tur­kri­tik. Ich bin zur Zeit nicht in der Si­tua­ti­on so­viel zu le­sen, wie es mir ein­mal mög­lich war. Es gab Zei­ten, da kam ich auf drei Bü­cher in der Wo­che. Für mich sind Bü­cher oder Li­te­ra­tur (Über-)Lebensmittel und da­mals war ich sehr hung­rig. Manch­mal fand ich in den Me­di­en Li­te­ra­tur­kri­ti­ken zu Bü­chern, die ich ge­ra­de in Ar­beit hat­te. Ich bin kein Li­te­ra­tur­wis­sen­schaft­ler und mit den al­ler­mei­sten Kri­ti­ken konn­te ich fast nichts an­fan­gen, weil mei­ne Wahr­neh­mung der ge­le­se­nen Bü­cher fast im­mer kom­plett an­ders war. Auch ich un­ter­lag (und un­ter­lie­ge noch im­mer) den Drang, die Wer­ke mit der Bio­gra­phie des/der Schrei­ben­den ab­zu­glei­chen. Oft hat es mir da­bei ge­hol­fen ei­nen bes­se­ren Zu­gang zu fin­den, aber oft auch nicht. Ir­gend­wann war ich aber auch in der La­ge, das Werk als Werk an­zu­neh­men oh­ne im­mer dem Zwang zu un­ter­lie­gen, mich erst über den Au­tor aus­führ­lich zu in­for­mie­ren. Ich ge­be al­ler­dings zu, bis heu­te ge­lingt mir dies aber nicht im­mer mit Au­toren, von de­nen mir be­kannt ist, dass sie ei­ne voll­kom­men an­de­re po­li­ti­sche Sicht auf be­stimm­te Din­ge ha­ben, als ich. Da sträubt sich et­was in mir, für de­ren Bü­cher Geld aus­zu­ge­ben. Aber auch die­sen per­sön­li­chen Ma­kel kann ich mitt­ler­wei­le ak­zep­tie­ren, weil: Ich bin ja kein Li­te­ra­tur­kri­ti­ker und ich muß nicht den sinn­lo­sen Ver­such un­ter­neh­men, ein Buch »ob­jek­tiv« zu be­ur­tei­len. Ich hal­te dies für schlicht nicht mög­lich und von da­her je­den Ver­such für sinn­los! Im be­sten Fall han­delt es sich um ei­ne fun­dier­te Dar­stel­lung des Wer­kes, die aber auch nie kom­plett wert­frei sein kann.
    Ich le­se da­her sub­jek­tiv be­wer­tend mit dem Ziel ei­nes per­sön­li­chen Ge­winns von Er­kennt­nis, ei­ner in­tel­li­gen­ten Un­ter­hal­tung und ei­ner Nach­hal­tig­keit durch An­re­gun­gen oder Ideen des Au­tors, mit de­nen ich mich spä­ter aus­ein­an­der­set­zen kann. Ich finde/fand »mei­ne« Bü­cher bis heu­te fast im­mer nur durch stun­den­lan­ges stö­bern in Buch­hand­lun­gen, ganz sel­ten durch et­was an­de­rem.
    Ich glau­be von da­her wird deut­lich, was ich ge­ne­rell von Li­te­ra­tur­kri­tik hal­te. Die mei­sten so­ge­nann­ten Li­te­ra­tur­kri­ti­ker frö­nen ih­ren nar­zi­sti­schen Nei­gun­gen und und nut­zen ih­re Chan­ce, ein Buch zu be­spre­chen eher zum Ab­stecken ih­rer per­sön­li­chen Spiel­wie­se und um die Mei­nungs­ho­heit (ger­ne ver­knüpft mit lu­kra­ti­ven Ne­ben­ver­dienst!) zu ge­win­nen, die dann meist auch noch sehr ag­gres­siv und in der Re­gel eher un­sach­lich ver­tei­digt wird.
    Frau Hei­den­reich mit Hil­de Ben­ja­min zu ver­glei­chen ist viel­leicht et­was hart, aber ich ver­ste­he Ih­re In­ten­ti­on. Ich bin mir auch nicht si­cher, ob sie da­mit Recht ha­ben, wenn sie sinn­ge­mäß schrei­ben, dass die jäm­mer­li­che Struk­tur oder Kon­zep­ti­on von »TV-Li­te­ra­tur­kri­tik« vom Pu­bli­kum so ge­wünscht wird. Was ist denn die Al­ter­na­ti­ve?
    Ma­xim Bil­ler mit sei­ner un­er­träg­li­chen Ar­ro­ganz be­rei­tet mir Übel­keit und ei­ne fast im­mer hilf­los wir­ken­de und we­nig li­te­ra­risch ar­gu­men­tie­ren­de Frau We­ster­mann ir­ri­tiert mich sehr und ich fra­ge mich fast je­des Mal, war­um ich mir so ei­nen Mist an­schaue. Wahr­schein­lich ist es bei mir der im­mer noch vor­han­de­ne Wunsch, an­re­gen­de oder sach­li­che In­for­ma­tio­nen zu be­kom­men, mit de­nen ich mich auch noch ein­paar Ta­ge nach so ei­ner Sen­dung aus­ein­an­der set­zen kann.
    Wir le­ben in ei­nem me­dia­len Zeit­al­ter des Ca­sting­shows-Den­ken, d.h. al­les oder je­der wird un­ter ei­ner ver­meint­li­chen und »ge­heu­chel­ten« Teil­nah­me des Pu­bli­kums be­wer­tet (»Li­ke« oder »Dis­li­ke«) be­wer­tet, tritt in ei­nem kon­stru­ier­ten »Wett­be­werb« ge­gen­ein­an­der an und wer oder was am En­de ge­winnt, wird als »rich­tig« oder neu­er »Trend« ver­kauft. Es gibt ja kaum noch et­was an­de­res als sol­ches For­ma­te und dies führt zwangs­wei­se zu ei­ner ma­ni­pu­lier­ten Ver­blö­dung des Pu­bli­kums.
    Als im ehe­ma­li­gen »Ost­block« die Me­di­en noch streng re­gu­liert wur­den, konn­te man si­cher sein, dass sehr vie­le Men­schen z.B. klas­si­sche Mu­sik lieb­ten und hör­ten und auch ei­ni­ges fun­dier­tes da­zu sa­gen konn­ten. Das ist Ma­ni­pu­la­ti­on an­ders her­um, über­wie­gend Ge­schich­te und vor­bei. Was ich da­mit sa­gen will, ist, dass ich si­cher bin, wenn die Me­di­en dem Pu­bli­kum mehr (Al­ter­na­ti­ven) zu­trau­en wür­den, kä­me dies auch bei vie­len Men­schen an, die jetzt noch kei­ne an­de­re Wahl ha­ben, weil sie fast nichts an­de­res ken­nen.
    Dar­um le­se ich z.B. »Be­gleit­schrei­ben«, weil ich hier von Zeit zu Zeit an­spre­chen­de An­re­gun­gen fin­de, die es sonst nicht gibt.
    Noch ein­mal, schö­ner Text von Ih­nen! Vie­len Dank da­für!

  2. Vie­len Dank für Ih­ren Kom­men­tar. Ei­ner Sa­che muss ich wi­der­spre­chen: Die Zei­ten der gu­ten Do­tie­run­gen ist (bis auf we­ni­ge Aus­nah­men) vor­bei. Die mei­sten Kri­ti­ker sind so­ge­nann­te »fe­ste Freie« und wer­den fast zu Mo­de­ra­tio­nen oder ähn­li­chen Ver­an­stal­tun­gen ge­zwun­gen. Bei Rad­datz kann man nach­le­sen, dass das mal an­ders war.

    Ich ha­be ei­gent­lich kei­nen Ver­riss über die Li­te­ra­tur­kri­tik schrei­ben, son­dern die Si­mu­la­ti­on von Li­te­ra­tur­kri­tik her­aus­stel­len wol­len. Die mei­sten Kri­ti­ker üben näm­lich ihr Hand­werk nur noch sehr sel­ten aus; in­zwi­schen dürf­ten sie viel­leicht auch ver­lernt ha­ben. Aber es gibt durch­aus noch mich be­fruch­ten­de Li­te­ra­tur­kri­tik.

  3. Ja, ich ha­be Ih­re In­ten­ti­on schon ver­stan­den. Aber aus ei­ge­ner Er­fah­rung im Um­gang mit selbst­ver­fass­ten Tex­ten ist mir be­kannt, dass au­sser der be­ab­sich­tig­ten Aus­sa­ge sich auch manch­mal – al­so eher un­be­ab­sich­tigt – noch an­de­re, der ur­sprüng­li­chen Idee er­gän­zen­de »Neben»aspekte mit »ein­schlei­chen«.

    Auch für mich gibt es manch­mal noch be­fruch­ten­de Li­te­ra­tur­kri­tik. Die­se sind mei­stens die, in de­nen der Kri­ti­ker sei­ne Wahrnehmung/Interpretation usw. ver­sucht an Hand des Tex­tes zu be­le­gen. So kann ich dann für mich selbst ent­schei­den, ob ich mich der Kritik/Besprechung an­schlie­ßen kann oder ei­ne an­de­re An­sicht da­zu ha­be.
    Dies ist aber nun mal z.B. in TV-Sen­dun­gen, in de­nen z.B. in 30 Mi­nu­ten 4–6 Bü­cher be­spro­chen wer­den oder in 20 – 40 Zei­len in ir­gen­ei­nem Print­me­di­um so gut wie kaum mög­lich.
    Für mich sind sol­che For­ma­te platt und über­flüs­sig, denn mei­stens tau­gen sie noch nicht ein­mal zum neu­gie­rig ma­chen.

  4. Dies ist nun ein­mal der Zu­stand der Welt; man kann es da­bei be­las­sen und sich zu­rück­zie­hen, man kann dar­über zum Re­ak­tio­när oder Re­vo­lu­tio­när wer­den, be­dau­er­lich ist nur, wenn das Halb­ga­re für gar ge­hal­ten wird, die Äp­fel für Bir­nen und das Was­ser für Wein. — Dann näm­lich könn­te nach ei­ni­ger Zeit die An­ge­le­gen­heit selbst und das Ge­spräch dar­über zu zer­fal­len be­gin­nen, was al­ler­dings wie­der nur die­je­ni­gen küm­mert, die es vor­her auch schon ge­küm­mert hat. — Mit Stein­becks Fest­stel­lung »Wenn Hei­den­reich mein Buch gut ge­fun­den hät­te, hät­te ich wirk­lich ein Pro­blem ge­habt!« ist der Da­me Eh­re ge­nug ge­tan, der lo­gi­sche Schluss lau­tet, dass man auf sol­che Ver­mitt­ler in Zu­kunft ver­zich­ten soll­te, Igno­ranz ist was sie fürch­ten und erst ei­ne par­al­le­le Welt der Kri­tik, die auf die tra­dier­ten Struk­tu­ren ver­zich­ten kann, wird sie zu ei­nem Kurs­wech­sel zwin­gen, auf den dann al­ler­dings kei­ner mehr Wert le­gen wird.

  5. @chargesheimer
    ...mei­stens tau­gen sie noch nicht ein­mal zum neu­gie­rig ma­chen.
    So ist es. Und das ist – in An­be­tracht des Auf­wands, der da ge­trie­ben wird – trau­rig.

    @metepsilonema
    Die Fra­ge ist, ob man vom Re­ak­tio­när zum Re­vo­lu­tio­när wird oder ob es nicht ge­ra­de um­ge­kehrt wird.

    Na­tür­lich kann man auf sol­che Ver­mitt­ler in Zu­kunft ver­zich­ten (ich ver­su­che das schon und bin drei Li­te­ra­tur­clubs »im Rück­stand«). Aber die Wir­kung die­ser Pos­sen­spie­le, die sich dann auch in der Li­te­ra­tur sel­ber zei­gen, kann man manch­mal nicht igno­rie­ren. Stein­becks Aus­sa­ge zu Hei­den­reich, die Du zi­tierst, ist ja nicht mehr als Trotz. Hät­te E. H. das Buch näm­lich ge­lobt, wä­re es der Ver­lag ge­we­sen, der ei­nen oder zwei Sät­ze da­von zu Wer­be­zwecken ver­wen­det hät­te.

    (Die Eman­zi­pa­ti­on des Au­tors, der Au­torin, von der Pos­sen­spiel-Kri­tik darf nicht erst dann be­gin­nen, wenn das Ur­teil ge­spro­chen ist. Es müss­te vor­her ge­sche­hen. Das ist schwe­rer ge­tan als ge­sagt, weil ja doch al­le auf den Mul­ti­pli­ka­ti­ons­ef­fekt hof­fen – der jetzt mit die­ser ex­tre­men Vol­te auch ein­ge­tre­ten ist.)

  6. Ja na­tür­lich, Trotz: Stein­beck ist, wenn ich die zwei Fo­tos, die an dem ver­link­ten Ar­ti­kel kle­ben und ihr Al­ter als Hin­wei­se neh­me, ein­ge­bun­den. Sich gar nicht erst ge­mein ma­chen und die­sen Ver­zicht auch durch­hal­ten, das wä­re schwie­rig woll­te man von An­fang an als Schrift­stel­ler sein Aus­kom­men fin­den, aber muss man das? Viel­leicht liegt in die­ser Be­schrän­kung mehr Frei­heit und Selbst­be­stim­mung als zu­nächst zu ver­mu­ten wä­re? An­son­sten fän­de der Le­ser halt et­was schwie­ri­ger zu sei­nen Bü­chern. — Na, und?

    Die Sen­dung ist, wenn ich die paar Mi­nu­ten, die ich mir an­ge­se­hen ha­be, als leicht wi­der­leg­ba­ren Maß­stab neh­me, ganz klug kon­zi­piert: Ein Ele­fant im Por­zel­lan­la­den und zwei an­de­re, die be­dach­ter agie­ren, mit­un­ter so­gar aus dem Buch zi­tie­ren. Ich ha­be durch­aus Be­mü­hen her­aus­ge­hört, aber die ca. zehn Mi­nu­ten sind für ein Buch et­was kurz. (Und es ist, wie so oft schwie­ri­ger und auf­wän­di­ger als man denkt et­was Sub­stan­zi­el­les zu ei­nem Buch zu sa­gen oder schrei­ben.)

    Mitt­ler­wei­le muss man den Re­ak­tio­när wohl als Re­vo­lu­tio­när be­grei­fen oder letz­te­ren mit er­ste­rem zu­sam­men den­ken.

  7. Reich-Ra­nicki be­en­de­te frü­her schein­bar lang­at­mi­ge Ex­kur­se zu den Bü­chern mit der Kin­der­fra­ge: »Taugt das Buch nun et­was oder nicht?« Es gibt Leu­te, die glau­ben, dass die­se Ver­kür­zung im­ma­nent für das Fern­se­hen ist. Tat­säch­lich ist es ir­gend­wann schwie­rig und wo­mög­lich auch lang­wei­lig für den Zu­se­her (oder Zu­hö­rer) den Dis­ku­tan­ten zu fol­gen, wenn sie sich über ein Buch aus­tau­schen, von dem sie zu 99% kei­ne Ah­nung ha­ben (weil es ge­ra­de erst er­schie­nen ist). Die Fein­hei­ten des Plots, die der ein oder die an­de­re da her­aus­fin­den, blei­ben nicht nach­voll­zieh­bar. Ei­gent­lich müss­te man die Li­ste der Bü­cher, die man be­spricht, drei, vier Wo­chen vor­her pu­bli­zie­ren (was ja min­de­stens teil­wei­se ge­schieht). An­de­rer­seits er­le­be ich es, dass mir, wenn ich das Buch ken­ne, die Dis­pu­ta­tio­nen nach­träg­lich oft sehr ein­di­men­sio­nal vor­kom­men.

  8. @ Gre­gor Keu­sch­nig, Char­ges­hei­mer – aber auch Me­tep­si­lo­n­e­ma

    El­ke Hei­den­reich als deut­sche Wild­sau in der kli­nisch rei­nen Schwei­zer Mit­ten?

    Rein­hard Baum­gart, Gui­do Kal­be­rer, Her­mann Kin­der, Al­fred Leo­pold, Sig­mund Freud und Gre­gor Keu­sch­nig; Tom Wol­fe, Do­ro­thee El­mi­ger, das Ap­pen­zell und das Tog­gen­burg; die Schweiz und die USA so­wie, Ach­tung, kein Witz: – Ha­ber­mas, Ril­ke, und schon wie­der – - El­ke Hei­den­reich

    Oha Char­ges­hei­mer – der Köl­ner Char­ges­hei­mer – - oder wie?

    Un­ter Kr­ah­nen­bäu­men, dol­ler Bild­band!

    Hei­den­reich (auch Köln – Zu­fäl­le gibt’s!) hat ge­sagt, wenn das kri­ti­sier­te Pro­sa­bänd­chen von Mi­chel­le Stein­beck k e i n e (!) Fik­ti­on wä­re, müß­te man fra­gen, ob die Au­torin noch rich­tig tickt, so ver­ste­he ich die Sa­che bis­her. Dann hat sie noch­was ge­sagt: Das kur­ze Buch von Mi­chel­le Stein­beck sei über­kon­stru­iert und sein emo­tio­na­ler Ge­halt sei durch schie­fe Bil­der, for­cier­te Kon­struk­ti­on und kli­schee­haf­ten Ein­satz all­zu be­kann­ter Ver­satz­stücke des Hor­ror-Gen­res ein Pseu­do­ge­halt, mit dem die Au­torin nicht er­grei­fe, son­dern ner­ve.

    Alain Clau­de Sul­zer und Ni­co­la Stei­ner ging es mit die­sem Buch ziem­lich gleich. Sul­zer sprach ei­ne klei­ne Wahr­heit sehr ge­las­sen aus: Man muss – au­ßer als Li­te­ra­tur­kri­ti­ker, kei­ne Bü­cher le­sen, die ei­nem be­reits we­gen ih­rer for­ma­len (= hand­werk­li­chen) Män­gel auf die Ner­ven ge­hen.
    Das ist schon mal ein Be­fund: Drei ge­gen Tho­mas Sträss­le, der au­ßer, dass er für ei­ne jun­ge und un­be­kann­te Au­torin wirbt, eben­falls we­nig Über­zeu­gen­des über das Buch zu sa­gen wuss­te. Viel­leicht, weil es nicht viel Über­zeu­gen­des da­zu zu sa­gen gibt? Kann sein.
    Aus der gan­zen Sa­che wg. hei­den­rei­chi­schem Über­schwang ei­ne An­ge­le­gen­heit von – hal­ten zu Gna­den, bei­spiel­haft schlech­ter Na­zi- und, weil’s grad so herr­lich gru­se­lig ist: Die grad noch mit: – Sta­lin- und Pol Pot-usw. ‑Ver­gan­gen­heits­be­wäl­ti­gung zu ma­chen, mit El­ke Hei­den­reich als deut­sche Wild­sau im an­hei­meln­den schwei­ze­ri­schen Sa­lon, wie es nun Gui­do Kal­be­rer im Ta­gi ver­sucht, hat kei­nen Sinn.

    Hei­den­reich vor­zu­wer­fen, sie mö­ge nun mal n u r Bü­cher, die so­zu­sa­gen mit dem »Brigitte«-Geist kom­pa­ti­bel sei­en, hat auch kei­nen Sinn. Zu lang schon macht sie, was sie macht, und zu vie­le höchst ver­stö­ren­de Bü­cher hat sie be­reits auf ih­re na, klar: lau­te und schril­le und nach­drück­li­che Art ge­lobt. Zum Teil über­aus grau­sa­me und höchst ver­stö­ren­de Ro­ma­ne mit größ­tem Nach­druck ge­lobt – und, ja, auch das: Mit ver­kauft (s. u. v. Loven­berg). – - -
    – - – Was aus ih­rer flap­si­gen und hie und da ein we­nig über­grif­fi­gen (das schon) Stein­beck-Kri­tik her­aus­zu­hö­ren ist, ist: Man soll so­zu­sa­gen mit dem Schreck­li­chen kein Schind­lu­der trei­ben. – Die­se Re­ser­ve ist aber ge­ra­de durch ei­ne exi­sten­ti­el­le Ernst­haf­tig­keit ge­kenn­zeich­net, für die Hei­den­reich in aber­dut­zen­den an­de­rer Fäl­le auch öf­fent­lich ein­ge­stan­den ist.
    Ge­nau die­sen Punkt, der so­zu­sa­gen fri­vo­len, kal­ku­lier­ten, aber ä s t h e t i s c h fehl­ge­schla­ge­nen Nut­zung ent­spre­chen­der ge­sell­schaft­li­cher Auf­merk­sam­keits­be­reit­schaft (manch­mal auch: Sen­sa­ti­ons­gier), hat auch Ni­co­la Stei­ner ge­macht – und ge­sagt, dass sie das Buch des­halb für miss­lun­gen hält: Und das ist nach­voll­zieh­bar, und al­les an­de­re als skan­da­lös. Sie hat in­so­fern Hei­den­reichs äs­the­ti­sche Vor­be­hal­te 1:1 nach­ge­spro­chen und oben­drein prä­zi­siert, wie in der näm­li­chen Sen­dung Alain-Clau­de Sul­zer Hei­den­reich vor­ge­spro­chen hat­te. Ne­ben­bei: Ni­co­la Stei­ner ist auch des­we­gen ei­ne her­vor­ra­gen­de Be­set­zung auf die­sem Lei­tungs­stuhl, weil sie so un­ei­tel ist, wie auch die­ses Bei­spiel zeigt.

    Nun ein we­nig grund­sätz­li­cher

    Die Idee, dass es nur 1) Bü­cher oh­ne Au­torIn­nen und da­mit 2) oh­ne in­ter­fe­rie­ren­de Bio­gra­phien gä­be, oder ge­ben soll­te, ist be­son­ders in der zwei­ten Aus­prä­gung die­ser Idee ein we­nig ab von der so­zia­len Wirk­lich­keit.

    Die­se Idee – egal ob 1) oder 2) – al­so fol­gen­der­ma­ssen: Man müs­se Bü­cher prin­zi­pi­ell oh­ne ih­re Ver­fas­se­rIn­nen se­hen, ist ei­ne ge­gen den Au­gen­schein auf­ge­bo­te­ne Hy­po­the­se. Man kann sol­che Hy­po­the­sen auf­stel­len – aber wo­zu?
    Bleibt noch das Drei­ge­stirn Reich-Ra­nicki, El­ke Hei­den­reich, Fe­li­ci­tas von Loven­berg.
    Ich bin nun be­gei­ster­ter Fran­zen-Le­ser – nicht zu­letzt we­gen der Ernst-Mayr-Schie­ne, auf der die Vö­gel und die Men­schen ir­gend­wie in Be­zie­hung zu­ein­an­der ge­setzt wer­den.

    Ich ha­be gut ver­stan­den, dass man so ein Werk wie das Fran­zens nicht aus dem Stand
    aus­ein­an­der­neh­men und so­zu­sa­gen end­gül­tig wie­der zu­sam­men­set­zen kann. Des­halb war ich erst­mal mit al­len ein­ver­stan­den, die den Bü­chern Fran­zens Auf­merk­sam­keit ver­schafft ha­ben; nicht zu­letz die Pfer­de­n­är­rin von Loven­berg. Es gibt auch bei Fran­zen in der Ge­stalt der Jes­si­ca in Free­dom ei­ne enor­me Pfer­de­n­är­rin, und sie wird bei ih­rem Aus­flug von NYC nach Pa­ta­go­ni­en zu ih­ren Lieb­lings­rössern ge­schil­dert. Phan­ta­stisch und ein we­nig grau­sam mit an­zu­se­hen, wie ihr Be­glei­ter Joey an­ge­sichts der Pfer­de an Prä­senz ver­liert. Von Loven­berg hat nicht viel dar­aus ge­macht. Mergwürdsch. Aber viel­leicht ging es ihr ein­fach wie Jes­si­ca: Und auch sie war, beim Le­sen, im per­fek­ten Pfer­de­rausch.

    Bei Tom Wol­fe ist es der Su­per-Bau­un­ter­neh­mer Char­lie Cro­ker in Ein gan­zer Kerl, der von der Groß­stadt aus aufs Land zu den Zucht­pfer­den fliegt, die er sich da hält.

    Ich fin­de das sind in­ter­es­san­te Din­ge, und über­haupt kei­ne ober­fläch­li­chen Ge­mein­sam­kei­ten zwi­schen den bei­den Bü­chern, und ich kann an­neh­men, ich bin mit die­ser An­sicht nicht al­lein.

    Dann ist es aber noch­mal ei­ne an­de­re Sa­che, der­lei so­zu­sa­gen öf­fent­lich ver­han­delt zu se­hen. Das geht, wo es sub­stan­ti­ell sein soll, lang­sam und folgt chao­ti­schen Mu­stern (cf. En­zens­ber­gers Auf­satz Vom Blät­ter­teig der Zeit in Zick­zack). Dem­nach wä­re es kein Wun­der, wenn die o. a. Par­al­le­le zwi­schen Un­schuld und Ein gan­zer Kerl ei­ner­seits nie­mand be­rühr­te, – und an­de­rer­seits viel­leicht frucht­ba­res Neu­land er­schlös­se.

    El­ke Hei­den­reich hat zu die­sem Pro­zess, so­weit er mich in­ter­es­siert, im­mer wie­der bei­getra­gen, wenn auch im Fal­le des wie­der­um emi­nen­ten Fran­zen-Ro­mans Un­schuld nicht mehr: Sie sag­te, das Buch ge­he über ih­re Hut­schnur. Ok. In mei­nen Au­gen: Voll­kom­men ok.

    Sa­fran­ski in der glei­chen Sa­che re­de­te eben­falls im TV in der rou­ti­nier­ten Art al­ter Ha­sen ge­konnt an dem Buch vor­bei. Das war schon we­ni­ger ok, weil er fak­tisch fal­sche Din­ge über das Buch sag­te. Und zu al­lem Über­fluss: nach dem Mot­to, wenn schon Mist, dann aber rich­tig: Sich in hä­mi­scher und tri­um­pha­li­sti­scher Ma­nier über das Buch äu­sser­te.

    Am un­glaub­lich­sten und ver­fehl­te­sten sprach die CH-Lit­wiss­le­rin Chri­sti­ne Lötscher vom de­kon­struk­ti­vi­sti­schen Ufer. Ihr Bei­trag war, wür­de man ein­fach for­ma­le Kri­te­ri­en der Li­te­ra­tur­kri­tik zu Ra­te zie­hen, am dif­fe­ren­zier­te­sten und mit­hin im Sin­ne Kau­bes und Keu­sch­nigs am höchst­ste­hen­den. Per­fi­der Wei­se sprach aber Lötscher zu­gleich am al­ler­wei­te­sten am Text vor­bei. Klar aus­ge­drückt hat sie: Ich will das Buch nicht mö­gen, es ist ein schreck­li­ches Buch, am lieb­sten wä­re mir, ich hät­te es nicht ge­le­sen (kann sein, ich spit­ze jetzt ein we­nig zu).

    Das hin­wie­der­um, so funk­tio­niert Fern­se­hen, war für vie­le Zu­schau­er doch wie­der ei­ne Nach­richt, weil sie sich ent­we­der sag­ten: So wie die tickt, ticke ich auch, al­so las­se ich die Fin­ger da­von, oder: Das ist ei­ne über­aus ver­kopf­te Frau, wenn die das Buch nicht lei­den kann, dann viel­leicht, weil es ge­ra­de nicht so über­aus ver­kopft ist – und bin­go: Ge­hen sie in den La­den und fan­gen an zu le­sen und – to be ctd. ....

    Das sind schon kom­ple­xe Kon­stel­la­tio­nen, die die theo­re­ti­sche Auf­fas­sungs­ga­be de­rer, die sich über­haupt für der­lei in­ter­es­sie­ren, ganz schön in An­spruch neh­men, hie und da so­gar über­for­dern. Ob­wohl in Sa­chen Ro­man zu­nächst ein­mal je­de le­se­kun­di­ge Per­son mit­re­den kann. Schon. Aber nur bis zum Punkt X – und auf ein­mal ver­lie­ren vie­le den Fa­den.

    In­des­sen wei­len wir im Kern­be­reich der Er­ör­te­rung von Li­te­ra­tur. Das Merk­mal sol­cher De­bat­ten ist, dass sie, um ei­ne ein­schlä­gi­ge Idee zu be­mü­hen – : – - Dass der In­ter­pre­ta­ti­on li­te­ra­ri­scher Wer­ke gel­ten­de De­bat­ten struk­tu­rell und ih­rem ei­ge­nen We­sen nach va­ge sind. Sie be­nö­ti­gen, an­ders als die Er­ör­te­rung no­mo­lo­gi­scher Fra­gen, viel Zeit (ei­ne her­me­neu­ti­sche Er­fah­rungs­tat­sa­che) und: kul­ti­vier­te, ar­ti­ku­lier­te, spie­le­ri­sche Sub­jek­ti­vi­tät.

    Das aber mar­kiert ei­nen Un­ter­schied ums Gan­ze.

    Wenn wir hier von Li­te­ra­tur­kri­tik re­den. Es gibt ei­ne Münch­ner Schu­le der­sel­ben, zu de­ren vir­tuo­sen Ver­tre­tern ich Rein­hard Baum­gart und Pe­ter Hamm rech­ne. Au­ßer­dem gibt es in der SZ Chri­sto­pher Schmidt. Viel­leicht hängt der auch da mit drin. Er ist je­den­falls oft auf­fal­lend gut. Seibt ist mal so mal so. Stein­feld eher so.
    Nun: Baum­gart hat die­se Sa­che mit dem er­kennt­nis­theo­re­ti­schen Sta­tus der Li­te­ra­tur­kri­tik als Teil des hu­ma­ni­sti­schen Selbst­ver­stän­di­gungs­dis­kur­ses – und das heißt aus­drück­lich: Nicht als Teil des em­pi­risch-ana­ly­ti­schen Dis­kur­ses (so wur­de das da­mals – auch von Baum­gart – - mit Be­zug auf das in die­sem Fall ein­wand­frei ein­schlä­gi­ge Buch Er­kennt­nis und In­ter­es­se – - auf­ge­fasst) – oh: Wo bin ich jetzt: Baum­gart hat dies haar­scharf ge­se­hen. Un­ge­fähr so scharf wie Char­ges­hei­mer sein Köln (al­so: Char­ges­hei­mer jet­ze, nicht »Char­ges­hei­mer«). Und er (al­so Baum­gart), hat ent­spre­chend dif­fe­ren­ziert ge­ur­teilt.

    Hei­den­reich hat der­lei nicht zur Hand, eh kloa, aber sie macht im Hin­blick auf Ha­ber­mas’ Kri­te­ri­um er­staun­lich we­nig Feh­ler.

    Sie hat, wenn ich die Auf­re­gung um den neue­sten Fall rich­tig ver­ste­he, er­neut k e i n e n Feh­ler in die­ser Hin­sicht ge­macht, zu­al­ler­min­dest kei­nen gro­ben Feh­ler oder gar : Ei­nen so­zu­sa­gen prä­fa­schi­sti­schen oder pro­to­sta­li­ni­sti­schen Feh­ler osä. Um die Sa­che rich­tig chao­tisch zu ma­chen, ma­chen aber et­li­che de­rer, die sie kri­ti­sie­ren, selbst er­heb­li­che Feh­ler – un­ter an­de­rem auf der Ebe­ne der theo­re­ti­schen Di­stink­ti­on, die mir un­ver­zicht­bar er­scheint: In­dem sie ver­ken­nen, dass der theo­re­ti­sche Re­kurs auf die Bio­gra­phie, die Mo­ti­va­ti­on, das Kal­kül ei­nes Au­tors / ei­ner Au­torin per se kein Kunst­feh­ler ist, weil es das Pri­vi­leg der Fik­ti­on ist, u. a. mit Bio­gra­fien, Dis­po­si­tio­nen, Ab­sich­ten (=Kal­kü­len) usw. – und ins­be­son­de­re mit dem Be­reich z w i s c h e n tat­säch­li­cher Bio­gra­fie und fik­tio­na­lem Text – zu spie­len. Dich­tung und Wahr­heit all­über­all.

    Das ist span­nend, das kann hoch ekel­haft und hoch ge­lun­gen sein, das kann an der Ober­flä­che to­tal bie­der und doch ge­lun­gen sein usw. usf. – das und der­lei sind die Haupt­merk­ma­le der (nicht mehr...) schö­nen Kün­ste und über all das soll die Kri­tik be­fin­den.
    Her­mann Kin­der hat un­ter dem Bann des le­gen­dä­ren Poe­tik und Her­me­neu­tik-Ban­des über Die nicht mehr schö­nen Kün­ste die­ses li­te­ra­ri­sche Wirk­feld aus­ge­spon­nen (u. a. Der Mensch, ich Arsch) und: In ei­nem Wal­ser-Hul­di­gungs­text die zen­tra­le Pro­ble­ma­tik buch­stäb­lich vor der Haus­tür ei­nes Schrift­stel­lers fort­ge­spon­nen. Dort er­schei­nen rea­le Kon­stan­zer (= Poe­tik und Her­me­neu­tik-ge­stähl­te) Li­te­ra­tur­wis­sen­schaft­ler, die den lie­ben lan­gen Tag von der Ei­gen­stän­dig­keit des li­te­ra­ri­schen Wer­kes re­den, um dann, im rea­len Nuß­dor­fer An­ge­sicht ei­nes zeit­ge­nös­si­schen Mei­sters die­ses Spiels und des­sen Ehe­frau, eben doch wie­der Fik­ti­on und bio­gra­phi­sche Tat­sa­chen durch­ein­an­der­zu­wür­feln. Al­ler jahr­ein- jahr­aus flei­ssig ge­üb­ten dies­be­züg­li­chen stäh­len­den pro­fes­sio­nel­len As­ke­se zum Bos­sen.

    Dass bio­gra­phi­sches und Fik­ti­on auf manch­mal un­ent­wirr­ba­re Wei­se in­ein­an­der­spie­len ist im üb­ri­gen nichts be­son­de­res. Da­her trifft es auch Kri­ti­ker. Das ist das per­sön­li­che Ri­si­ko an ih­rem Be­ruf, dass sie plötz­lich als Ein­äu­gi­ge un­ter Se­hen­den öf­fent­lich sicht­bar wer­den. Dies könn­te im Fal­le Hei­den­reich / Stein­beck durch­aus mit­spie­len. Denn Hei­den­reich war, ge­nau wie das Kind im Kof­fer bei Stein­beck, ein bei ih­rer leib­li­chen Mut­ter nicht will­kom­me­nes Kind. Sie wuchs bei ei­ner Pfle­ge­fa­mi­lie auf.
    Da­mit könn­te die Wut zu tun ha­ben, mit der sie auf das Buch re­agier­te. – Und so­mit ist nicht aus­ge­schlos­sen, dass ein bio­gra­phi­scher Kno­ten (D. Laing) ei­ner Kri­ti­ke­rin ei­nem von ihr mit gu­ten for­ma­len Grün­den ab­ge­lehn­ten Buch – durch den ho­hen Ge­fühls­auf­wand, mit­tels des­sen sie die Ab­leh­nung vor­trug, er­heb­li­che me­dia­le Auf­merk­sam­keit ver­schaff­te, ob­wohl die Kri­ti­ke­rin das über­haupt nicht woll­te. Die Welt stickt vol­ler Merk­wür­dig­kei­ten mit Goe­the zu re­den – und nein, stickt ist kein Va­tip­pa.

    Von Loven­berg hat nun zwei­er­lei ge­macht. Sie hat – in ih­rer neu­en Rol­le als Ver­le­ge­rin – ge­sagt: Reich-Ra­nicki und Hei­den­reich ha­ben in ei­ner Li­ga ge­spielt, was den Ein­fluss auf die Buch­ver­käu­fe in Deutsch­land an­geht. Wenn nicht an­ders, dann macht sie sich end­gül­tig von der FAZ-Fron los mit die­ser Aus­sa­ge, weil sie Reich-Ra­nicki und Hei­den­reich in ei­nem Atem­zug nennt, was in der FAZ zu­zei­ten die rei­ne Un­bot­mä­ßig­keit dar­ge­stellt hät­te, die sie so­lan­ge sie dort ab­hän­gig be­schäf­tig­te war, nicht aus­sprach, viel­leicht, weil sie klug ist. Jetzt kann sie das und macht es auch. Aber auch das ist nur ei­ne Mar­gi­na­lie.

    Hei­den­reich und Reich-Ra­nicki als Groß­buch­ver­käu­fer gibt es in Deutsch­land nicht mehr. Und Nach­fol­ge­rIn­nen sind kei­ne in Er­schei­nung ge­tre­ten. So­weit die su­per­sym­pa­thi­sche und hoch­ge­er­de­te und si­cher nicht doo­fe aber li­te­ra­tur­theo­re­tisch evend­öll (Al­fred Leo­pold) ent­wick­lungs­fä­hi­ge Fe­li­ci­tas von Loven­berg.

    Ich wür­de fort­fah­ren: In der Schweiz geht das mit den Me­di­en und den Buch­ver­käu­fen in ho­hem Ma­ße gut – aber mehr als Kol­lek­tiv-Ver­an­stal­tung, was ei­gent­lich viel bes­ser ist als mit dem deut­schen Star­sy­stem. Wenn ich hö­re, was die ein­hei­mi­schen schwei­ze­ri­schen Au­torin­nen für Ver­kaufs­zah­len und An­er­ken­nun­gen und Gra­ti­fi­ka­tio­nen zu­sam­men­brin­gen – auch eher sper­ri­ge Leu­te wie Lu­kas Hart­mann, oder sag ich jetzt noch ab­sicht­lich: Lud­wig Hohl der­einst, oder voll­sper­ri­ge wie die Ap­pen­zel­le­rin Do­ro­thee El­mi­ger und der Tog­gen­bur­ger Pe­ter We­ber, und der frei­lich gar nicht sper­ri­ge Alex Ca­pus oder Pe­ter Bich­sel gar, dann sa­ge ich: Die Schweiz ist noch im­mer ein Land, in dem der li­te­ra­risch-öf­fent­li­che Dis­kurs blen­dend funk­tio­niert.
    Die win­zi­ge Deutsch­schweiz kann sich, was die­sen Punkt an­geht, mit den USA mes­sen. Mir wür­de in den USA fürch­te ich in vie­len Ge­gen­den lang­wei­lig wer­den vor gei­sti­ger Öd­nis. Aber in der Schweiz glau­bich nicht.

    Nicht zu­letzt dank sol­cher flei­ßi­gen Leu­te wie Mar­tin Ebel im Ta­ge-An­zei­ger und Ste­fan Zwei­fel und der Ni­co­la Stei­ner beim Fern­seh’ (Hen­scheid). Ich las­se auch Ju­ri Stei­ner gel­ten, ob­wohl er manch­mal schon sen­sa­tio­nel­le Mo­men­te hat. Zu­letzt im Au­gust im Ge­spräch mit Greil Mar­cus. Hol­la, die Wald­fee. Aber wurscht! Und dann die vie­len Ra­dio­sen­dun­gen, die man für voll neh­men kann, und die NZZ und ei­ne gan­ze Rei­he wei­te­rer Re­gio­nal­zei­tun­gen und litt­le mags (das Sankt Gal­ler SAITEN) und Li­te­ra­tur­häu­ser usw.

    Ich nen­ne noch­mal die bei­den ein­schlä­gi­gen Ha­ber­mas-Re­fe­ren­zen in Er­kennt­nis und In­ter­es­se -

    1) Baum­gart hielt ins­be­son­de­re das Psy­cho­ana­ly­se­ka­pi­tel für über­ra­gend: Selbst­re­fle­xi­on als Wis­sen­schaft – Freuds psy­cho­ana­l­ti­sche Sinn­kri­tik so­wie: Das szi­en­ti­sti­sche Selbst­miss­ver­ständ­nis der Me­ta­psy­cho­lo­gie. Zur Lo­gik all­ge­mei­ner In­ter­pre­ta­ti­on

    2) Au­ßer­dem nen­ne ich aus­drück­lich die­se The­se, die die ge­sam­te hoch­mö­gen­de abend­län­di­sche her­me­neu­ti­sche Tra­di­ti­on bün­delt – und wis­sen­schaf­theo­re­tisch ein­ord­net: »(...) der In­ter­pret be­wegt sich, in­dem er in sei­ner Mut­ter­spra­che so­zia­li­siert und zum In­ter­pre­tie­ren über­haupt an­ge­lei­tet wor­den ist, nicht un­ter tran­szen­den­ta­len Re­geln, son­dern auf der Ebe­ne tran­szen­den­ta­ler Zu­sam­men­hän­ge sel­ber. (...) Theo­rie und Wis­sen­schaft tre­ten hier n i c h t (dk) wie in den em­pi­risch – ana­ly­ti­schen Wis­sen­schaf­ten aus­ein­an­der.«

    1 & 2) zu­sam­men­ge­le­sen er­ge­ben die fol­gen­den Schlüs­se: Wer­ke für sich zu le­sen – oh­ne bio­gra­phi­sche Kon­ta­mi­na­tio­nen so­zu­sa­gen, ist ei­ne mög­li­che, aber nicht un­be­dingt ge­bo­te­ne Va­ri­an­te der Li­te­ra­tur­kri­tik.
    Li­te­ra­tur­kri­tik soll nicht ent­kop­pelt sein von Per­so­nen- und Welt­deu­tung. Das macht sie so span­nend wie an­greif­bar. Wer meint, die­se Ei­gen­schaf­ten der kri­ti­schen Tä­tig­keit durch mehr Ob­jek­ti­vi­tät im Sin­ne der Na­tur­wis­sen­schaf­ten ver­bes­sern zu sol­len, de­poten­ziert die Kri­tik, an­statt sie pro­duk­ti­ver zu ma­chen. Es darf ru­hig ums Groß­egan­ze ge­hen, wo von Li­te­ra­tur die Re­de ist.
    Ob das die Zu­hö­rer über­zeugt, hängt an ei­ner My­ria­de von Rand­be­din­gun­gen, de­ren wich­tig­ste mir per­sön­lich die ist: Ar­gu­men­tiert die Kri­ti­ke­rin a u c h im Hin­blick auf den in Re­de ste­hen­den Text und sei­ne Be­schaf­fen­heit: – - Kom­pe­tent, strin­gent, lu­zi­de, wit­zig, neu­gie­rig, zu­ge­wandt usw. – und be­greift sie, dass der Text al­lein – - sim­pel ge­sagt: Nicht funk­tio­niert. Die Büh­ne des fik­tio­na­len Spiels ist in al­ler Re­gel: – Die gan­ze Welt u n d ih­re Prot­ago­ni­stIn­nen! Aus­nah­men – bei­spiels­wei­se äs­the­ti­zi­sti­scher Art, sind mög­lich, – be­stä­ti­gen aber – ih­rer hinfälligen***(Rilke) Na­tur we­gen hand­kehrum die ein­fa­che Re­gel, die ich hier auf­stel­len will:

    Die Büh­ne des fik­tio­na­len Spiels ist »an sich« (Al­fred Leo­pold) die gan­ze Welt mit­samt al­len Köp­fen und See­len dar­in, ein­schließ­lich al­ler ein­schlä­gi­gen Tat­hand­lun­gen, Tra­di­tio­nen, Träu­me, Ideen, Ge­füh­le über­haupt und Ver­gan­gen­hei­ten und Zu­künf­te son­der Zahl.

    Und da wird ei­nem frei­lich hie und da schwind­lig wer­den. Doch selbst das kann schön und rich­tig sein.

    Aus­klang mit Rai­ner Ma­ria Ril­ke:

    *** Viel­leicht wür­de das klei­ne Kirch­lein fin­ster und hin­fäl­lig wer­den, wenn es von die­sen Ri­va­len er­füh­re.
    (Er­zäh­lun­gen)

    Aus »Ein Mor­gen«, 1899
    (...) Viel­leicht wür­de das klei­ne Kirch­lein fin­ster und hin­fäl­lig wer­den, wenn es von die­sem Ri­va­len er­füh­re. Aber es gibt ei­ne Stun­de vor Tag, da ist es wie die ein­zi­ge Kir­che auf der Welt. Und kei­ne von den Frau­en wird dar­in zu ih­rer Nach­ba­rin et­was von der neu­en Kir­che sa­gen. Sie sind ja über­haupt ganz still, als ob kei­ne von der an­de­ren wüß­te. Und auch der al­te Prie­ster weiß nicht, ob Leu­te da sind, oder nicht. Er liest das Evan­ge­li­um und denkt nur manch­mal da­zwi­schen, wenn er die Stein­käl­te in den Fü­ßen fühlt: »Ge­stern war doch ein Tep­pich da ...« Aber das sind an fünf­zig Jah­re her, daß ein Tep­pich über den Stu­fen lag.
    Ich bin nicht mehr nach Chia­ra­no ge­gan­gen aus Furcht, die­se klei­ne Kir­che nicht wie­der­zu­fin­den.

  9. @Dieter Kief

    Auf­ge­schreckt aus der Kracht-Lek­tü­re die­ser opu­len­te Kom­men­tar (und plötz­lich weiss man, war­um man die­sen Blog noch be­treibt). Aber gleich ei­ne ge­wis­se Ver­stö­rung: Was wol­len Sie mit Ih­rem mehr­fa­chen »kei­nen Sinn« ei­gent­lich sa­gen? Dass Ein­wän­de über­flüs­sig sind (dann muss ich die Lei­stung, mehr als 2500 Wör­ter als Kom­men­tar dar­auf zu schrei­ben, noch hö­her ein­schät­zen)? Was hat Rein­hard Baum­gart (2003 ver­stor­ben) mit EHs Phra­sen­dre­sche­rei zu tun? Muss man Ha­ber­mas be­mü­hen, wenn man Die­ter Boh­lens Ca­sting­show ana­ly­sie­ren will (letzt­lich macht EH nichts an­de­res als Boh­len). Das kann man na­tür­lich, aber mit wel­chem Ge­winn? Ge­nau dar­auf zielt am En­de auch mein Text: Man soll Sen­dun­gen wie »Li­te­ra­tur­club« und »Li­te­ra­ri­sches Quar­tett« aus dem li­te­ra­tur­kri­ti­schen Dunst­kreis ent­fer­nen, neue Na­men fin­den (am be­sten per­so­na­li­sie­ren: »Hei­den­reich« und »Wei­der­mann und Bil­ler«) und sie zum Gen­re der »Talk­shows« sub­su­mie­ren. »An­ne Will« oder »hart aber fair« sind ja auch kei­ne Par­la­ments­de­bat­ten, son­dern Sur­ro­ga­te der Po­li­tik – zu­ge­ge­ben mit Po­ten­ti­al (was ich aber nicht mag, aber das ist mei­ne Sa­che).

    Zur Sa­che:

    »…und wenn das ernst ge­meint ist, dann hat die Au­torin ei­ne ernst­haf­te Stö­rung«.

    So das Zi­tat (fal­sche Zi­ta­te in die Welt set­zen soll­ten wir als Pri­vi­leg von EH be­las­sen). Was be­deu­tet denn »ernst ge­meint« in ei­nem Ro­man? Die Kon­gru­enz zwi­schen Au­torin und Ge­schrie­be­nem? Das wä­re Au­then­ti­zi­tät, oder, bes­ser: Do­ku­men­ta­ti­on. Das hät­te we­nig bis nichts mit li­te­ra­ri­scher Fik­ti­on zu tun (wo­bei na­tür­lich auch ei­ne Do­ku­men­ta­ti­on li­te­ra­risch sein kann).

    Das Buch mag ja »ent­setz­lich« und »grau­en­haft« sein, aber war­um ist es dann auch, so EH, »un­ehr­lich« und »ver­lo­gen«. Hier liegt der An­spruch be­grün­det, die Rea­li­tät in Form des tat­säch­li­chen Le­bens­laufs der Au­torin ab­zu­bil­den. Denn ein Buch kann gar nicht »un­ehr­lich« sein – das kann nur der Au­tor, die Au­torin. Die­ser Vor­wurf ist im­mer im­pli­zit auf den Ver­fas­ser. Aber: War Kaf­ka un­ehr­lich? Oder Ro­bert Wal­ser? Bret Ea­ston El­lis?

    War­um ist es denn wich­tig, dass Stein­beck im Heim auf­ge­wach­sen ist? War­um schreibt man dann nicht, wo EH auf­ge­wach­sen ist, die be­rühm­te Pfle­ge­fa­mi­lie, dass sie die Uni­ver­si­tät ab­ge­bro­chen hat. Was wür­de dies über ih­re Li­te­ra­tur, ihr so­ge­nann­tes Kri­ti­ker­tum aus­sa­gen? – Mei­ne Ant­wort ken­nen Sie: Nichts! Und war­um sich EH er­regt, soll sie eben sa­gen und nicht ih­re ta­li­ba­nes­ken At­tri­bu­te zu La­sten der Au­torin ab­feu­ern. (Viel­leicht ist das Buch ja wirk­lich schlecht und viel­leicht ist die Po­si­tio­nie­rung auf der Longlist zum Buch­preis ein Feh­ler, aber man darf, ja: muss mehr als ein Ge­schmacks­ur­teil er­war­ten. Und noch et­was Ket­ze­ri­sches: Wä­re Stein­becks Buch bei Han­ser oder Kein & Aber er­schie­nen, hät­te sie ge­mä­ssig­ter ge­spro­chen; so kommt das Buch aus ei­nem Ver­lag, mit dem sie kei­ner­lei »Ver­bin­dun­gen« hat.)

    Sträss­le ist Li­te­ra­tur­wis­sen­schaft­ler, die­ser Dampf­wal­ze Hei­den­reich kann er nichts ent­ge­gen­set­zen. Sie re­det ja ein­fach wei­ter, wenn man ih­re In­vek­ti­ve kri­ti­sie­ren will. Und al­le ak­zep­tie­ren das; nie­mand steht auf und geht (was das rich­ti­ge ge­we­sen wä­re)-

    Dan­ke für den Witz (ich ha­be schal­lend ge­lacht), EH ei­ne »exi­sten­ti­el­le Ernst­haf­tig­keit« zu at­te­stie­ren. Da­bei ist ih­re Äs­the­tik nie über den Bri­git­te-Sta­tus hin­aus­ge­kom­men. Es macht für mich »kei­nen Sinn« das zu leug­nen, schön­zu­rech­nen. Na­tür­lich hat sie auch Stern­stun­den ge­habt; eher Stern­mi­nu­ten. Aber sie war sich mit Reich-Ra­nicki fast im­mer in der Rhe­to­rik ei­nig: Was sie nicht ver­stand, was ih­ren Ho­ri­zont über­schritt, hat sie nie ver­sucht, zu ver­ste­hen oder min­de­stens gel­ten zu las­sen. Sie hat kein Selbst­be­wusst­sein, son­dern Hy­bris. Da­für brauch­te sie auch nicht zu le­sen: Wal­ser und Grass schrie­ben »Alt­her­ren­li­te­ra­tur« sag­te sie und spä­ter dann ge­stand sie, dass sie die Bü­cher gar nicht ge­le­sen hat­te. Ihr Ge­schimp­fe auf Le­witschar­off – bis die­se ent­hüllt, dass EH bei ihr nach­ge­fragt hat­te für ei­ne Kat­zen-An­tho­lo­gie (!) et­was zu schrei­ben (SL lehn­te ab).

    2008 hat­te Chri­stof Sie­mes ei­ne schö­ne Glos­se auf die »hei­li­ge Jo­han­na der Hoch­kul­tur«, ih­re »Pro­mi­nen­ten­show« (»Le­sen!«) ge­schrie­ben. Und ihr »Trom­pe­ten­ton«, der mit ei­nem ve­ri­ta­blen An­ti-In­tel­lek­tua­lis­mus kor­re­spon­diert (der im­mer nur für an­de­re gilt und galt, aber nie für sich sel­ber). Sie sprach mit Pro­mis wie Ma­rio Adorf, Iris Ber­ben oder Joa­chim Król – bit­te das Buch schön in die Ka­me­ra hal­ten. »Dau­er­wer­be­sen­dung« hät­te die Ein­blen­dung hei­ssen müs­sen und das hat die­se Fehl­be­set­zung Ni­co­la Stei­ner schein­bar ver­in­ner­licht, wenn sie am En­de die Fra­ge »Le­sen?« stellt – wie ge­sagt: in 60 Se­kun­den wä­re man da­mit dann durch; 1 Stun­de 14 Mi­nu­ten Le­bens­zeit ge­won­nen. (Stei­ner hat im­mer wie­der Sul­zers Re­de er­gänzt, ihm Wör­ter aus dem Mund ge­nom­men; so spricht man mit ei­nem Kind, aber nicht mit in ei­ner Li­te­ra­tur­sen­dung, aber es ist schon klar: es gibt kei­ne Zeit für Wort­fin­dun­gen, al­les muss im Heidenreich’schen Stak­ka­to her­auspur­zeln.)

    Na­tür­lich ist die Bio­gra­phie ei­nes Au­tors nicht aus­blend­bar, ob­wohl man bei Wett­be­wer­ben ge­nau dies be­ab­sich­tigt, wenn es dort manch­mal heißt, die Ma­nu­skrip­te sei­en oh­ne Na­mens­zug ab­zu­ge­ben. Schon klar, was das be­deu­ten soll. Ich glau­be aber, dass je­mand der das Feuil­le­ton liest, den Bio­gra­phis­mus nicht über­le­sen kann. Be­son­ders in­ter­es­sant wird es, wenn die Iden­ti­tät ei­nes Au­tors dif­fus bleibt, wie jetzt bei Ele­na Ferran­te. Oder sich je­mand ver­krü­melt (Pyn­chon). Das macht das Werk der Kri­ti­ker schein­bar schwe­rer und im Zwei­fel (Ferran­te) wird ein­fach ge­nau das noch mal zu­sätz­lich the­ma­ti­siert. Wie ver­wirrt ei­ne Ju­ro­rin des Bach­mann­prei­ses einst war, als An­dre­as Mai­er dort las und auf ein Vi­deo ver­zich­te­te – sie hat­te kei­ner­lei bio­gra­phi­schen An­satz­punkt (sie hat­te das öf­fent­lich ein­ge­stan­den). Es wird nicht nur hin­ge­se­hen auf die Bio­gra­phie, son­dern sie wird so­fort mit dem Text ab­ge­gli­chen. Das führt zu vor­ei­li­gen Schlüs­sen, schon be­vor die er­ste Sei­te auf­ge­schla­gen wur­de. Neu ist das Phä­no­men nicht; man den­ke an Karl May und B. Tra­ven (okay, eher Tri­vi­al­li­te­ra­tur, aber Frau Lötscher ne­giert ja die­sen Aus­druck). (Dem­nächst in die­sem Thea­ter ei­ne Be­spre­chung über ein Buch, das ei­nen drit­ten Weg neu skiz­zie­ren möch­te, da­her al­so hier­über erst ein­mal nichts mehr.)

    Noch kurz ein zwei­tes Pro­blem: Es in­ter­es­siert mich über­haupt nicht, ob ei­ne Ni­co­la Stei­ner ein Buch für »miss­lun­gen« oder »ge­lun­gen« hält. Es in­ter­es­siert mich nur, wie ei­ne Le­se­rin, die Ni­co­la Stei­ner heißt, zu die­sem Ur­teil kommt (oft spie­len da­bei üb­ri­gens – wei­te­re Ge­mein­sam­keit mit EH – ge­sin­nungs­äs­the­ti­sche Fak­to­ren ei­ne ge­wich­ti­ge Rol­le). Die­ses »Wie« ent­schei­det am En­de, ob man dann der Kri­ti­ke­rin à la longue »ver­traut« oder ob ei­nem ein Ge­fühl der Gleich­gül­tig­keit be­fällt. Die Kri­se der Kri­tik hat auch da­mit zu tun, dass man bei den Prot­ago­ni­sten die­se ehr­li­che, äs­the­ti­sche Aus­ein­an­der­set­zung nicht mehr fin­det. Je­der Voll­depp kann sa­gen, ob das Buch »gut« ist oder »schlecht«, aber Kri­tik be­deu­tet auch, von der ei­ge­nen Sicht ab­stra­hie­ren zu kön­nen. Si­cher­lich ist die Li­te­ra­tur­kri­tik kei­ne po­si­ti­vi­sti­sche Wis­sen­schaft; das wä­re schön und schreck­lich zu­gleich. Das be­deu­tet aber nicht, sie zum rei­nen sub­jek­ti­ven Nar­ziss­mus zu er­klä­ren, Wenn sein »Emp­fin­den« zum aus­schließ­li­chen Kri­te­ri­um er­hebt, wird es nur noch Stamm­tisch. Da ha­be ich dann oft (frü­her) in der Volks­hoch­schu­le an­re­gen­der dis­ku­tiert.

  10. @ Gre­gor Keu­sch­nig No. 9 @ me­tep­si­lo­n­e­ma No. 4 u No. 6

    Noch­mal wg. Wir­kung des Ge­sprächs über, und der Kri­tik von Li­te­ra­tur in sämt­li­chen heu­ti­gen Me­di­en – zu­ge­ge­be­ner­ma­ßen: Lang­sam son­der Zahl!

    McLu­han war si­cher ein nur ganz be­grenzt zu­rech­nug­ns­fä­hi­ger Kopf – aber er hat – wie so oft bei freaks, et­was kom­men se­hen – - tat­säch­lich et­was kom­men se­hen – - – und Tom Wol­fe hat’s als ei­ner der er­sten ka­piert.
    Ha­ber­mas ist da na­tür­lich auch ein­schlä­gig, wenn­gleich er oft nur noch we­ni­ge zu­sätz­li­che Dif­fe­ren­zie­run­gen bringt, und da­für ei­nen manch­mal schon gro­tesk an­mu­ten­den Auf­wand treibt. An­de­rer­seits sind die Din­ge, die der dann schreibt, oft sehr dicht und ge­le­gent­lich auch ober­kom­pakt – wie das von mir auf­ge­führ­te Zi­tat aus Er­kennt­nis und In­ter­es­se über die Her­me­neu­tik. Dem wur­den Sie lei­der nicht ge­recht, um nun mit der Tür ins Haus zu fal­len: Weil das, was da steht, auf die sy­ste­ma­ti­sche Not­wen­dig­keit von Selbst­re­fle­xi­on hin­aus­läuft, die ich – von al­len an die­sem Li­te­ra­tur­ge­spräch be­tei­lig­ten mei­ne – - mit Ha­ber­mas so­zu­sa­gen als Ver­stär­ker – - ab­for­dern zu sol­len.
    Nie­mand soll sich hin­stel­len und et­was ex ca­the­dra de­kre­tie­ren und an­eh­men, es ha­be im Li­te­ra­tur-Dis­kurs be­stand. Hat es nicht, so­lan­ge es sich der Selbst­re­fle­xi­on ver­wei­gert. Hat es auch dann nicht, wenn ein aus­ge­wie­se­ner Ex­per­te wie Sie sich über min­de­re Ge­gen­stän­de beugt. Dass man, wie Sie rich­tig schrei­ben, von der eig­nen Sicht ab­stra­hie­ren kön­nen soll – ich mei­ne zu ver­ste­hen, was sie da mei­nen, – die­se selbst­kri­ti­sche Ein­stel­lung ist un­ver­zicht­ba­rer Teil des Spiels, bis da­hin sind wir voll­kom­men ei­ner Mei­nung. Was ich fürch­te ist, dass Sie im­pli­zit die Hoff­nung mit­lau­fen ha­ben bei Ih­rer Schluß­be­mer­kung, dass der Kri­ti­ker im Ge­gen­satz zum Fern­seh­dis­ku­tan­ten von die­sem Im­pe­ra­tiv ver­schont sei.

    Falls es das n i c h t ist, auf was sie hin­aus­woll­ten, blie­be noch die De­fla­tio­nie­rung der Ge­sprächs­kul­tur durch die Mas­sen­ge­sell­schaft – durch die Mas­se, durch die Mas­sen­me­di­en – - das ist das glei­che Pro­blem auf ei­ner so­zu­sa­gen tech­ni­schen Ebe­ne. Es ist das al­te Lei­den der Eli­te an der Mo­der­ne sel­ber. Ein ed­les Lei­den, gar kei­ne Fra­ge. Aber ei­nes, das uns auf­ge­ge­ben ist, wie mir scheint.
    Au­ßer­dem ist es so­zu­sa­gen po­rös: Das kön­nen Sie ja selbst se­hen an dem, was hier auf Ih­rem blog ge­schieht. Odr it­te?!

    Ja, der Stamm­tisch – der Li­te­ra­tur­stamm­tisch und die VHS – sehr gu­te Or­te! – : »So­wohl als auch« – - muss hier die Pa­ro­le lau­ten. Das Ge­spräch su­chen – ins Ge­spräch kom­men – (auch) über Li­te­ra­tur all­über­all.

    Al­so ich halt noch­mal fest: Die Ur-Tu­gend der Li­te­ra­tur­kri­tik, dass man am Text ent­lang ar­gu­men­tiert, wur­de im Li­ter­tur­club ja er­füllt in Sa­chen Stein­beck – mei­ne zu­ge­ge­be­ner­ma­ssen et­was de­tail­lier­ten ent­spre­chen­den Aus­füh­run­gen grei­fen Sie ja nicht an. Heißt: Sie stim­men im­pli­zit mei­nen ent­spre­chen­den de­tail­lier­ten Fest­stel­lun­gen, Be­schrei­bun­gen, Be­haup­tun­gen zu.

    Ih­re Idee, man soll­te die Fern­seh­for­ma­te ein­fach an­ders be­nen­nen – ist ja längst er­füllt: Es heißt gar nicht Li­te­ra­tur­kri­tik-Club – es heißt Li­te­ra­tur­club!
    Und es heißt nicht Kri­ti­sie­rens­wert, son­dern »le­sens­wert« und – na­ja, so­viel wei­ter geht es gar nicht mehr – ah doch: Quar­tett – - li­te­ra­ri­sches Quar­tett, n i c h t kri­ti­sches Quar­tett.
    Kommt mir fast so vor, als renn­ten Sie nun, lie­ber Herr Keu­sch­nig, of­fe­nen Tü­ren ein.
    Und so­fort fragt man sich: War­um denn bloss? Was hat er denn? Er wird doch nicht von den gan­zen Durch­ein­ader über Li­te­ra­tur und Me­di­en ir­gend­wie ver­un­si­chert und gar sau­er dar­über sein?

    Ich bin oben et­was lang ge­ra­ten – aber das ist die Na­tur von Re­kon­struk­tio­nen: Sie sind im­mer ein we­nig we­ni­ger knackig als das Le­ben selbst (=das Ge­spräch, oder das ge­sen­de­te Ge­spräch – cum gra­no sa­lis).

    Und dann die Wir­kung. Das ist für die, die die müh­se­li­ge Ar­beit auf sich neh­men, zu schrei­ben, ja auch noch ein Aspekt: Wie ist die Wir­kung?

    Von Loven­berg hat sich nicht nur was ge­dacht, als sie sprach, wie sie sprach, son­dern sie hat auch Er­fah­rung. Ih­re Aus­sa­ge, dass Hei­den­reich als Buch­ver­käu­fe­rin zu­sam­men mit Rein-Ra­nicki ein­sam rag­te, grei­fen sie auch nicht auf – al­so stim­men Sie der zu?
    Je­den­falls ge­fällt mir an von Loven­berg die­se Di­rekt­heit und Of­fen­heit, ob­wohl sie sonst ja auch ganz schön zu wün­schen üb­rig ließ – sie ist auch ei­ne von de­nen, die oft mehr als sub­kom­plex über ein be­stimm­tes Buch schrie­ben. Mein Bei­spiel wei­ter oben mit Fran­zen ist hier ein­schlä­gig: Sie hält bei­de Bü­cher ein­fach für Fmi­li­en­ge­schich­ten. Was sie frei­lich a u c h sind. Welt ist kom­plex, Welt der Li­te­ra­tur – s t r u k t u r e l l – kom­ple­xer.
    Aber auch da sag­te ich: Lass’ von Loven­berg nur ma­chen, ich re­gi­strie­re die De­fi­zi­te und su­che dann halt an­ders­wo – ge­le­gent­lich im ei­ge­nen Kopf.

    Ins­ge­samt ist die kri­ti­sche Tä­tig­keit ei­ne der an­spruchs­voll­sten, die es gibt, wie ich mei­ne. Weil es im Grun­de um al­les geht.

    Dass man mit dem Na­zi- und To­ta­li­ta­ris­mus-Ham­mer gleich mit auf Hei­den­reich ein­schlägt ist un­sin­nig, so­viel Kon­sens wür­de ich auch von Ih­nen er­war­ten.

    Ob­wohl: Sie ka­men – von mir ge­drängt, zu­ge­ge­ben – aber trotz­dem, auch mit Hei­den­rei­chi­schen Bio­gra­phia­na. Hm! Stu­di­um ab­ge­bro­chen, usw. – wusst ich gar nicht, jet­ze, aber man lernt eben nie aus! Of­fen­bar ken­nen sie die Da­me et­was nä­her – auch das kann schwie­rig sein, ist klar.

    Na­ja, und dass man Wor­te nicht ein­fach so neh­men kann, wie sie ge­sagt wer­den, son­dern ei­nen Zu­sam­men­hang stif­ten muss, im­mer auf’s Neue – auch das ist ja her­me­neu­ti­scher Stan­dard. Ich blei­be da­bei: Hei­den­reich ziel­te dar­auf zu sa­gen, »wenn das ernst ge­meint sein soll, was im Text steht, dann« – und da ist nun gar nix da­bei. Das heißt ein­fach, die Au­torin Stein­beck ver­han­delt men­tal schrä­ge Din­ge.

    Üb­ri­gens: Noch­mal wg. Wir­kung: Mein be­reits aus­ge­führ­ter Ge­dan­ke, dass Hei­den­reich dem Buch nutz­te: Der Ta­gi, nach­dem er sich wie­der be­ru­higt hat­te und das Na­zi-Ban­ner ge­gen Hei­den­reich nun nicht mehr flie­gen lässt (es wur­de aber auch Zeit – denn das hat­te gar kei­nen gu­ten Sinn, und das ha­be ich in der Tat auch gemeint...und, ge­bich zu: Hier auch ge­schrie­ben, be­reits...) – - al­so der Ta­gi sagt jetzt – in ei­nem wei­te­ren In­ter­view mit Stein­beck wg. – - Hei­den­reich (cf. Stich­wort Wir­kung... s. o. Loven­berg usw. ...):
    »Sind Sie froh um die­se De­bat­te? Sie bringt Ih­nen und Ih­rem Buch doch mehr Pu­bli­ci­ty als ein fa­des Lob?«

    Und die Frau Stein­beck ant­wor­tet:

    »Ja, be­stimmt. Ich ha­be nicht er­war­tet, dass mein Buch ein gro­sses Pu­bli­kum fin­det. Aber ei­ne sol­che Dis­kus­si­on kann hel­fen, es be­kann­ter zu ma­chen. Das freut mich, zu­mal ich se­he, dass es doch ei­ni­ge Men­schen an­spricht.«

    Wenn Frau Stein­beck jetzt noch ein Pro­blem hat mit dem Buch, dann even­tu­ell wg. zu v i e l Auf­merk­sam­keit. Und ja: Auch das kann ein Pro­blem sein: Das Lei­den auf die­ser Welt – es hö­ret nim­mer auf. (Je­sus Si­rach // cf. »Ott­fried« Hon­ecker: Der So­zia­lis­mus in sei­nem Lauf /Verliert im Le­ben nicht den Schnauf – - – : – - – und so wei­ter...: – - – In den mar­gi­na­lia des gro­ßen abend­län­di­schen Ab­hubs brennt im­mer wei­ter Licht (auch tags­über (seufz, und da­bei wird es oh­ne­hin im­mer wär­mer).

    En­de gut – al­les auf An­fang!

  11. Aus­ge­rech­net Selbst­re­fle­xi­on bei EH fest­zu­stel­len oder ein­zu­for­dern ist in et­wa so, als sol­le ein Metz­ger auf ve­ga­ne Kü­che um­stel­len. Die Frau ist da­zu nicht fä­hig – und, dass ist das ent­schei­den­de: nicht wil­lig. Ihr Trotz macht sie zur Tu­gend, was man schon am Duk­tus sieht: Sie lässt sich nicht un­ter­bre­chen, re­det ein­fach wei­ter (wie Bil­ler, aber der ist noch zu­gän­gig) und un­ter­bricht ih­rer­seits – als sei sie die Mo­de­ra­to­rin – nach Be­lie­ben. Wo­bei das Un­ter­bre­chen nicht per se schlecht oder falsch ist, aber es ge­schieht im­mer dann, wenn die Kom­ple­xi­tät ins »Spiel« kommt, denn das mag sie nicht, weil sie dann ent­tarnt wird als po­pu­li­sti­sche Dem­ago­gin.

    Na­tür­lich scha­det im Gut/Böse‑, Rich­ti­g/­Falsch-Rhyth­mus des Fern­se­hens so et­was wie Zwei­fel oder Selbst­re­fle­xi­on, wenn es am En­de hei­ssen muss »Le­sen?« oder »1:0« oder »0:1«. Schon der Ge­dan­ke, dass EHs In­vek­ti­ve eben des­halb auch dem Buch nut­ze, ist li­te­ra­tur­äs­the­tisch per­vers (öko­misch na­tür­lich rich­tig). Na­tür­lich hat auch Reich-Ra­nicks Zer­rei­ssen auf dem Spieg­fel-Ti­tel von »Ein wei­tes Feld« dem Buch von Grass »ge­nutzt«, so­fern man kom­mer­zi­el­len Er­folg als Nut­zen be­zeich­net. Da ist man dann bei En­zens­ber­gers Zir­ku­la­ti­ons­agen­ten (Ver­schrei­ber ge­ra­de von mir: Zir­kusla­ti­ons­agent) und man glaubt die An­ek­do­te ja schon hun­dert­mal ge­hört zu ha­ben, in der ein Ver­le­ger den Re­zen­sen­ten bit­tet: »Wenn Sie das Buch schon nicht lo­ben kön­nen, dann ver­rei­ssen Sie es doch bit­te!«

    Wä­re al­so die Un­ter­stel­lung der Stö­rung der Au­torin durch den Ver­kauf des Bu­ches so­zu­sa­gen le­gi­ti­miert? Den­ke an Kracht, der, als »Im­pe­ri­um« er­schien, von Diez als Neu­rech­ter quan­ti­fi­ziert wur­de (weil er in ei­nem an­de­ren Ver­lag ei­nen Brief­wech­sel mit ei­ner schein­bar zwie­lich­ti­gen Fi­gur pu­bli­ziert hat­te). Macht nix, Haupt­sa­che es hilft? Um die An­ek­do­te wei­ter­zu­spin­nen: »Kein Lob? Nicht ein­mal ein Ver­riss? Dann doch we­nig­stens ei­ne Un­ter­stel­lung, ei­ne klei­ne De­nun­zia­ti­on?«

    Kon­sen­se kann man nicht ein­for­dern. Wenn je­mand von ei­nem ihm miss­lie­bi­gen, von mir aus auch miss­lun­ge­nen (ich kann es nicht be­ur­tei­len) Buch auf den psy­chi­schen Zu­stand des Ver­fas­sers zielt, dann ist das ein in to­ta­li­tä­ren Sy­ste­men üb­li­cher Weg der De­nun­zia­ti­on, des Mund­tot-Ma­chens. Mein Stich­wort ist dann meist die so­ge­nann­te chi­ne­si­sche Kul­tur­re­vo­lu­ti­on. Was na­tür­lich vor­aus­setzt, dass das Ge­gen­über ei­ni­ger­ma­ßen weiss, was das ist (da­her ver­wen­den man­che Zei­len­knech­te wohl grif­fi­ge­re Me­ta­phern; das al­te Lied).

    Was denn nun: Geht es um Al­les oder sind das nur »Mar­gi­na­lia«? EH ist ei­ne Mar­gi­na­lia – da ha­ben Sie recht, aber sie steht ja ex­em­pla­risch für ein Teil ih­rer Zunft und die me­dia­le Ver­hack­stückung von Li­te­ra­tur. In zwan­zig Jah­ren wird kaum noch je­mand EH ken­nen, aber 90% so »kri­ti­sie­ren«. Es geht näm­lich wirk­lich um Al­les – und das im­mer. Nur: Das wis­sen die mei­sten nicht.

  12. Ver­zei­hen Sie – aber von Loven­berg hat an­ge­fan­gen. Und ih­re Fest­stel­lung ist be­rech­tigt, wie mir scheint.
    Buch­ver­käu­fe sind in der gan­zen luf­ti­gen De­bat­te ein fak­ti­scher An­ker, und des­halb nicht auf die leich­te Schul­ter zu neh­men, wie ich fin­de.

    Die spe­zi­fi­sche Funk­ti­ons­wei­se des Fern­se­hens ist nä­her am Ge­fühl als ein Text – und in der Kom­mu­ni­ka­ti­on sind Ge­füh­le sehr wich­tig – -

    Ich se­he die Chi­ne­si­sche Kul­tur­re­vo­lu­ti­on weit und breit nicht, weil ich EH nicht da ver­or­te, son­dern bei den Cou­ra­gier­ten – wenn auch nicht bei den ana­ly­tisch Ori­en­tier­ten.

    Was – glau­ben Sie, – be­wog mich, der ich we­der ver­wandt noch ver­schwä­gert mit Frau Hei­den­reich bin, das al­les hier hin­zu­schrei­ben?

    Darf ich: Dass es tat­säch­lich sinn­voll ist, sich ge­nau an­zu­se­hen, wann die Ge­fühls­ma­schi­ne Fern­se­hen – oder Ge­spräch, Bier­tisch usw. funk­tio­nert und wann nicht.

    Ich hal­te das für ei­ne pro­duk­ti­ve Fra­ge­stel­lung. Ich mei­ne, es ha­be Sinn, sich dar­über Ge­dan­ken zu ma­chen. We­gen mir kann man ger­ne da­mit an­fan­gen, mal ver­schie­de­ne Na­men für die ver­schie­de­ne Äu­sse­rungs­ar­ten in Sa­chen Li­te­ra­tur zu su­chen, war­um nicht.
    Man soll den Un­ter­schied ru­hig mar­kie­ren – aber ins­be­son­de­re be­ackern: schauen,was geht wo?

    Me­tep­si­lo­me­na hat das auch be­ob­ach­tet: Ich mei­ne, wenn man ge­nau hin­schaut, und die Prot­ago­ni­sten solch über­durch­schnitt­lich ge­bil­de­te Leu­te wie beim Li­te­ra­tur­club sind, dass die ei­ne er­heb­li­che In­for­ma­ti­ons­dich­te zu­sam­men­brin­gen. Ich hab me­tep­si­lo­me­nas bei­trag auch so ver­stan­den – dass er in die­se Rich­tung zie­le.

    Tex­te über Bü­cher le­se ich dann ger­ne, wenn sie dicht sind.
    Ich wa­ge ei­ne Hy­po­the­se: Ins­be­son­de­re im Fal­le von sich wi­der­strei­ten­den An­sich­ten ist das Fern­se­hen nur mä­ßig gut – weil die Ge­füh­le eben das Den­ken er­schwe­ren.
    Aber nicht nur. Die Denk-Tex­te sind in der Tat ein an­spruchs­vol­les Gen­re, und ich weiß nur we­ni­ge Prot­ago­ni­sten in der deut­schen Me­di­en­sze­ne, die das hin­brin­gen.
    Macht aber nichts, gu­te Tex­te kann es wahr­schein­lich gar nicht wie Sand am Meer ge­ben – oder wir kön­nen sie nicht in be­lie­bi­ger Men­ge le­sen.
    Im­pe­ri­um war ein wie ich fand sehr gu­tes Buch – weit über­durch­schnitt­lich. Diez hat­te was am Wickel wg. des Brief­ban­des – die Sot­ti­sen über Theo van Gogh wa­ren un­ter­ir­disch. Da hat­te Diez recht. Was er aber über­haupt nicht rich­tig be­ar­bei­te­te war die Fra­ge, wel­ches rech­te Ge­dan­ken­gut ok ist, und wann es an­ge­zeigt ist, da­ge­gen mit mas­si­ven Mit­tel im Dis­kurs oder gar mit ad­mi­ni­stra­ti­ven und po­li­zei­li­chen Mit­teln usw. vor­zu­ge­hen. Jetzt geht er erst­mal 1 Jahr stu­die­ren. Das ist ei­ne gu­te Idee. Er hat so Ber­ge von frag­wür­di­gen Ar­ti­keln ver­fasst, dass ich mich im­mer wie­der frag­te, wann die das beim Spiegel(-online) end­li­che mer­ken; ir­gend­wann hat’s ei­ner ge­merkt – und wenn er es selbst war. Wer ist wurscht.

    Weil Sie das Ra­dio er­wäh­nen: Im Schwei­zer Ra­dio im 2. Pro­grmm gibt es 52 be­ste Bü­cher – ei­ne ein­stün­di­ge Sen­dung – und oft so gut! (so guet – sa­gen die CH-ler.)
    Meist ist ein Au­tor im Stu­dio und ei­ne ex­zel­lent vor­be­rei­te­te Re­dak­teu­rin oder ein Re­dak­teur. Das gibt oft­mals Sen­dun­gen, wo man das Ge­fühl hat: Jetzt weiß ich aber sehr ge­nau über die­ses Buch be­scheid.
    So sind wir mit ei­nem un­se­rer Nef­fen in CH Au­to ge­fah­ren, die Sen­dung kam, und als sie um war – es ging um Lu­kas Hart­manns neu­en Ro­man – sag­te er : Den Na­men müs­se er sich jetzt auf­schrei­ben, das Buch ist in­ter­es­sant! Ich war vor al­lem des­we­gen über­rascht, weil er sonst kaum liest! Das ha­ben ein­fach die bei­den Leu­te am Mi­kro ge­schafft – aber auch Hart­mann mit sei­nem Ro­man.
    Der gut ist: Auf bei­den Sei­ten – nicht zu­letzt des­we­gen, weil er an­ti-pa­ra­no­isch ist in sei­ner An­la­ge – und weil er Fi­gu­ren hat, die viel Zeit­geist ver­kör­pern – aber nicht nur sol­chen von ei­ner Sor­te. Ein Kunst­stück!

  13. Von Loven­berg ha­be ich nie ernst ge­nom­men. Sie hat u. a. Char­lot­te Ro­che in der FAZ ganz schön hoch ge­hypt. An­son­sten: eher so­was hier...
    Mein Pro­blem ist, dass Hei­den­reich als Li­te­ra­tur­kri­ti­ke­rin sa­tis­fak­ti­ons­fä­hig sein soll. Das war sie nie und ist sie nicht und wird sie nicht sein. Das Fern­seh­for­mat des »Li­te­ra­tur­club« hat mit »Li­te­ra­tur« nichts zu tun; Leu­te wie Sträss­le oder Sul­zer oder auch Lötscher und – in Gren­zen – Sa­fran­ski und Hil­de­gard E. kel­ler die­nen nur als Ca­mou­fla­ge für ei­ne ver­lot­ter­te Pseu­do-Kri­tik­sen­dung. Da spie­len sehr vie­le an­de­re Din­ge ei­ne wich­ti­ge­re Rol­le: Emo­ti­on, Un­ter­hal­tungs­wert, Lä­cher­lich­ma­chung, an­ti­in­tel­lek­tu­el­le Af­fek­te. Das hat EH von Reich-Ra­nicki ge­lernt, der Zeit sei­nes Le­bens ge­gen Li­te­ra­tur­wis­sen­schaft­ler und Uni­ver­si­täts­pro­fes­so­ren wet­ter­te – aber die Eh­ren­dok­tor­wür­den dann doch ger­ne an­nahm.

    Diez ist auch so ei­ne Kra­wall­schach­tel. Ihn in­ter­es­siert Li­te­ra­tur nicht die Boh­ne. Na­tür­lich kann man in Brief­wech­seln oder son­sti­gen Kas­si­bern po­li­ti­sche Zwei- oder Drei­deu­tig­kei­ten ent­decken. Aber ein biss­chen mehr Fut­ter als Res­sen­ti­ment darf es doch wohl sein. Das Elend ist, dass sol­che Leu­te über­haupt ei­ne der­ar­ti­ge Dis­kurs­macht ha­ben. Es ist mit Diez und Hei­den­reich ähn­lich wie mit dem Ter­ro­ris­mus: Man soll­te es igno­rie­ren, um es nicht stär­ker zu ma­chen.

    Oh­ne die­se Ra­dio­sen­dung zu ken­nen glau­be ich Ih­nen blind. Das Ra­dio hat Mög­lich­kei­ten, die das Fern­se­hen nicht hat. Das hängt da­mit zu­sam­men, dass sich beim­Ra­dio wirk­lich nur die­je­ni­gen ver­sam­meln, die ein In­ter­es­se ha­ben oder sich die­ses In­ter­es­se beim Hö­ren bil­det. Das Hö­ren for­dert ja die Sin­ne viel mehr als das Schau­en beim TV. Da­her »funk­tio­niert« (mea cul­pa) Kul­tur im Ra­dio eher als im Fern­se­hen.

  14. Darf ich ei­nen im­mer noch po­pu­lä­ren Künst­ler (auch ein Dich­ter) zi­tie­ren?
    =
    Leicht kommt man an das Bil­der­ma­len
    Doch schwer an Leut’, die’s be­zah­len
    Statt ih­rer ist, als ein Er­satz
    Der Kri­ti­kus so­fort am Platz.